Aus dem neuen Südafrika – V. Vom Deutschtum in Südafrika

Das Haus des Deutschen Klubs in Kapstadt

In Kimberley war ich zum erstenmal in einem wirklichen Theater. Liebenswürdige Deutsche redeten mir die Ueberzeugung ein, daß man nicht nur zusehen müsse, wie hier die Leute Politik treiben und arbeiten, sondern auch, wie sie sich amüsieren. Ich möchte hier einschalten, daß das Vergnügungsleben begreiflicherweise erst jetzt wieder aufzuflackern beginnt, nachdem die ernstesten Tage vorbei sind. Aber es dürfte, selbst England nicht ausgenommen, das dem Südafrikanischen Gesellschaftsleben unfehlbar den Stempel seiner Wesenheit aufgedrückt hat, wenige zivilisierte Länder auf der Erde geben, wo das Vergnügungsleben, wie man es sich nach deutschem Begriff formt, ein ärmlicheres Pflänzchen ist, als hier.

Daran hat selbst der allerdings kleine gesellschaftliche Einfluß des deutschen Elements nichts zu ändern vermocht. Daß es hier und dort Vereine und Klubs giebt, daß Familien hier und da gesellige Abende veranstalten, daß Bälle arrangiert werden, ist selbstverständlich, aber es erscheint das alles wie ein Abgehen von dem Normalen, nicht wie das Resultat einer inneren Notwendigkeit, die aus dem Volkscharakter heraus entsteht. Phäaken sind die Afrikaner sicherlich nicht. Außer dem „Sport“ im englischen Sinn, dem hier genau die gleiche, über alles Maß hinausgehende Wichtigkeit zugemessen wird, wie in England, wird man an Regungen des Volksvergnügens wenig finden, und an den seltenen Vergnügungen, die sich mit der Kunst paaren, beteiligt sich in der Hauptsache nur die gesellschaftlich und pekuniär hervorragende Klasse. Daß es auf dem flachen, spärlich bevölkerten Land mit alle dem noch kärglicher bestellt ist, versteht sich von selbst. Die natürliche Nüchternheit einer vorwiegend der Arbeit, dem Gewinn, der Ueberwindung schwieriger, natürlicher Verhältnisse eines jungen Kulturlandes gewidmeten Lebensführung läßt das erklärlich erscheinen. Noch mehr aber der Umstand, daß Vergnügungen hier erheblich teurer sind, als anderwärts, ob sie in materiellen oder künstlerischen Genüssen bestehen. Wenn schon englische Theatergesellschaften – andere haben sich wohl noch nicht hier herausgewagt – ihren Thespiskarren nach Südafrika rollen, so sind sie gezwungen, sehr hohe Eintrittspreise zu nehmen. Wenn in dem gemütlichen Heim der Deutschen zu Port Elizabeth, in dem außerordentlich traulich und geschmackvollen Liedertafelhaus ein Tanzkränzchen gefeiert wird, so wird dafür der an sich nicht enorme, aber doch für unsere Begriffe schon ganz erhebliche Preis von etwa 6 Mark festgesetzt. Dieser niedrige Betrag wird aber nur dadurch ermöglicht, daß die Damen, d. h. die Hausfrauen der deutschen Gesellschaft, die Lieferungen für den Speisentisch, die eine den Braten, die andere die Kompotts und Salate, eine dritte die Süßspeisen u.s.w. in freiwilliger Kontribution übernehmen. Das giebt also so eine Art von gesellschaftlichem „Picknick“. Uebrigens, wenn Schmausereien in einem Land, wo alles aber buchstäblich auch alles importiert werden muß, Fleisch, Eier, Geflügel, Butter, Gemüse, wo so gut wie nichts produziert wird, wo selbst der lumpigste Kücheneimer nicht am Ort von irgendeinem schöpferisch veranlagten Klempner gebaut wird, sondern weit übers Meer herübergeholt werden muß, sehr kostspielig sind – wer will sich darüber wundern!

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Doch ehe ich allzuweit abschweife, will ich zu meinem Theaterbesuch zurückkehren, den ich eigentlich nur erwähnte, um einen drastischen Possenwitz zu erzählen. In dem Kunsttempel von Kimberley, einem innen und außen sehr stattlichen Gebäude, wurde ein zweiaktiger Burleskenunsinn, echt englischen Geschmacks, betitelt „The french maid’“ gegeben. Im Verlauf der sogenannten Handlung sagt die niedliche französische Zofe zu ihrem Liebhaber mit dem Ausdruck nationalen Stolzes „I am a french maid!“ Dieser antwortet: „I dont care what you are, as long as you are not made in Germany“… Der laute Beifallsjubel, der diesen artigen, in seinem hübschen Wortspiel zwischen maid und made unübersetzbaren Scherz belohnte, galt natürlich weniger dem Wortspiel, als dem Abscheu des Liebhabers vor dem made in Germany an sich.

Nun noch eine wahre, kleine Geschichte, die mir ein deutscher Arzt im Innern des Landes erzählte. Es war gegen Ende des Kriegs, als er einer Patientin Emser Pastillen verordnete. Nach wiederholten Anfragen gelang es ihm endlich, festzustellen, daß die Dame seine Anordnung nicht befolgt hatte. Etwas verlegen rückte sie schließlich mit der Erklärung heraus, daß es ihr fatal sei, eine Arznei zu nehmen, die – made in Germany sei, und bat, ihr doch ein englisches Fabrikat zu verordnen. Worauf der Arzt ihr erwiderte: „Verzeihn Sie, aber da ich selbst made in Germany bin, muß ich Sie bitten, sich anderweit ärztlichen Rat zu holen!

Es wird niemand einfallen, die Beziehungen von Nationen untereinander nach witzigen Possenschlagern oder nach den Puscheln querköpfiger alter Damen zu beurteilen.

Ebensowenig wird man dadurch sich in seinen eigenen Neigungen oder Abneigungen bestimmen oder gar sich zu einer sittlichen Entrüstung anfachen lassen. Wenn die Possenscherze und Coupletwitze, zu denen bei uns England, Chamberlain, der Burenkrieg u.s.w. das Thema hergegeben haben, den größten Beifall erregten, so darf man sich über die gleiche Wirkung hier zu Lande nicht entsetzen. Aber als Symptome betrachtet, sind solche Erscheinungen doch nicht so ganz bedeutungslose Blasen, die die öffentliche Meinung wirft.

Das Heim der Deutschen in Port Elisabeth
Das Heim der Deutschen in Port Elisabeth

Angeführt habe ich diese kleinen Blüten der „Germanophobie“ nur, um zu zeigen, was freilich wohl nicht überraschend ist, daß ein Nährboden für deutschfeindliche Gefühle in Südafrika vorhanden ist. Es soll aber hier gleich hinzugefügt werden, daß die Saat, die ihm entsprossen, keineswegs so üppig ist, wie man glauben könnte. Da für die Weiterentwicklung der politischen, wie der wirtschaftlichen Beziehung zwischen Anglo-Afrika und Deutschland der gegenwärtige Zustand des Deutschtums hier und die Lebensbedingungen, unter denen er geworden ist, besteht und weiter gedeiht, sicherlich ein wertvolles Beurteilungsmaterial bilden, so sah ich mir auf meinen Kreuz- und Querzügen unsere Landsleute besonders genau an.

Der Deutsche spielt hier keineswegs eine so untergeordnete Rolle, und der deutsche Geist ist hier keineswegs so verblaßt, daß man bei uns daheim etwa in Bezug auf Südafrika sagen könnte, „was ist uns Hekuba!“ Es ist sogar als eine der interessantesten Folgen des Krieges festzustellen, daß er nicht nur, wie ich früher ausführte, die Afrikanderidee gestärkt, sondern auch das Deutschtum konsolidiert hat, soweit es im Engländertum nicht aufgegangen ist. Der engere Zusammenschluß erfolgte unter dem Druck der gemeinsamen Gefahr. Das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum alten Vaterland erwachte unter der häufigen Notwendigkeit, den Schutz des Reichs anrufen zu müssen, selbst in den Reihen derer, die bei der Leichtigkeit, mit der äußerlich das deutsche Indigenat verloren geht, halb Engländer, halb Amerikaner geworden waren und sich ihres Deutschtums kaum noch erinnerten. Ich wunderte mich nach dieser Erfahrung nicht, an maßgebender Stelle zu hören, daß niemals so viele Matrikeleintragungen, so viele Renaturalisationsgesuche von hier lebenden Deutschen bei den hiesigen Konsulaten nachgesucht worden sind, als in der jüngstverflossenen Zeit. Zur Förderung und ersprießlichen Ausnutzung dieser Erscheinung könnte von Seiten der deutschen Reichsregierung noch manches geschehn, was dazu beitragen würde, dem hier angesiedelten und vielleicht noch fernerhin sich hier ansiedelnden Deutschtum mehr Kraft, mehr Rückgrat, mehr Lust an der Erhaltung der Nationalität und damit auch mehr Gelegenheit zur Teilnahme an dem Bau der Zukunft dieser Länder zu geben, als jetzt thatsächlich vorhanden ist.

Von größter Bedeutung erscheint mir da besonders die möglichst baldige Verabschiedung des Reichsangehörigkeitsgesetzes. Wenn den hier lebenden Familienvätern die Gelegenheit gegeben wird, ihre Söhne zur Erfüllung der Wehrpflicht irgendeiner der deutschen Kolonien zuzuführen, wie dies, irre ich nicht, schon jetzt in unserm südwestafrikanischen Schutzgebiet möglich ist, dann wird der Erhaltung des Deutschtums in Südafrika der stärkste Impuls gegeben werden.

Ein anderes Feld der Arbeit liegt auf dem Gebiet des deutschen Schulwesens in Südafrika und auch der deutschen Kirchengemeinschaften, welch letztere hier keineswegs bloß von religiöser Bedeutung sind. Mir sind Fälle bekannt geworden, in denen deutschgewesene, aber anglisterte Eltern wieder zum Deutschtum zurückgekehrt sind, als sie ihre Kinder hiesigen deutschen Erziehungsanstalten übergaben. Da handelt es sich also ebensowohl um Neugründung, wie um stärkere pekuniäre Unterstützung deutscher Schulen. Die Verhältnisse liegen da sehr verschieden. Reindeutsche Schulen, die auch Reichsunterstützung beziehn, sind unter anderm in Port Elizabeth, in East London und in Berlin bei East-London. In der erstgenannten Stadt hat der deutsche Konsul Rolfes auf eigenem Grund und Boden ein sehr schmuckes Schulhaus gebaut, wo etwa siebzig deutsche Kinder, auch solche unbemittelter Eltern, die sonst englische Schulen besuchen müßten, aufgenommen werden. Hier haben wir es mit einem Musterinstitut zu thun, das vielleicht maßgebend für das deutsche Schulwesen Südafrikas werden wird, indem es den Wert deutscher Erziehungsart, die Bedeutung nationaler Erziehung der Bevölkerung vor Augen führt. Die Richtung führt auf die deutsche Reformschule hin. In East-London und seiner Umgebung ist die deutsche Schule um so mehr eine Notwendigkeit, als dort – worauf ich später noch komme – eine förmliche Oase deutschen Gewerbfleißes, insbesondere auf dem Feld des Garten- und Kleinackerbaus zu finden ist. Man muß eine aufrichtige Freude empfinden, wenn man sieht, wie sich das Deutschtum diesen Kernen, Kirche wie Schule, förmlich ankrystallisiert.

Aber mir scheint, daß eine Schwierigkeit der Erhaltung solcher Krystallisationspunkte darin liegt, daß die Bewilligungen aus Reichsmitteln immer nur von Jahr zu Jahr geschehn und damit der dauernde Zustand einer gewissen Unsicherheit erzeugt wird. Würden die Subventionen auf mehrere Jahre zugesichert werden, so könnten in Bezug auf Anstellung von Lehrern, Anschaffung von Lehrmitteln u. .w. ungleich festere und bessere Organisationen geschaffen werden.

In Kapstadt, in Johannesburg, in Bloemfontein sind die deutschen Schüler nicht vom englischen Einfluß unabhängig. Der Unterricht wird bis auf einige Fächer, wie Religion, Gesang und natürlich die tägliche deutsche Sprachunterrichtsstunde, in englischer Sprache erteilt und untersteht der Ueberwachung der englischen Schulbehörde. Das gleiche Verhältnis existiert neuerdings auch in Transvaal, wo bisher der deutschen Schule nur die Verpflichtung auferlegt war, Unterricht in der holländischen Sprache zu erteilen. Man wird sich erinnern, daß vor wenigen Monaten der Leiter der Johannesburger deutschen Schule in Deutschland war und mit Erfolg sowohl unsere Regierung, als private Kreise für die Erhaltung der Schule interessierte. Jedenfalls ist dieser Zustand noch immer dem totalen Verkümmern des deutschen Schulwesens vorzuziehn, und man sollte ihn unter allen Umständen in dem gegenwärtigen Uebergangsstadium so lange unangetastet lassen, als die Schulen nicht finanziell auf die Dauer gesichert sind. Eine solche finanzielle Unabhängigkeit müßte natürlich sogleich überall da möglich gemacht werden, wo etwa seitens der englischen Schulbehörde eine gänzliche Eliminierung des Deutschen als Unterrichtssprache verlangt würde.

Das Haus des Deutschen Klubs in Kapstadt
Das Haus des Deutschen Klubs in Kapstadt

Wenn man so viel über die Verflachung des Deutschtums im Ausland klagt – und diese Klage ist durchaus nicht etwa ganz grundlos – so muß ich mich immer fragen, ob denn nicht auch das Mutterland bis zu einem gewissen Grad einen passiven Anteil von Schuld daran hat. Man unterschätzt bei uns recht sehr die Bedeutung von Förderungen der Art, wie oben ausgeführt. Es ist noch lange nicht so schwer, die Alten vor dem Verlust ihres nationalen Wesens zu schützen, als die Jungen, die unter den Traditionen der neuen Heimat aufgewachsen sind. Man sieht hier neben manchem Bild vollständigster Assimilation prächtige Züge hartnäckigen Deutschtums. Ich verlebte glückliche Stunden im Haus eines in Afrika geborenen Gelehrten deutscher Abkunft, der sein ganzes Haus und die Seelen seiner Kinder rein deutsch erhalten hat und doch ein treuer Mitarbeiter an dem Interesse seines afrikanischen Vaterlandes und ein guter englischer Staatsbürger ist. Der rief mir zu; „Sagen Sie doch Ihren Leuten draußen, daß das schönste Mittel zur Erhaltung deutschen Geistes- und Gemütslebens in unsern Kolonien darin bestehen würde, wenn Ihre Regierung sich entschlosse, besonders würdigen Söhnen hier lebender unbemittelter deutscher Eltern Stipendien zum – sei es auch nur einjährigen – Besuch Deutschlands zu gewähren. Das hieße ein frischer Trunk an der deutschen Quelle. So verkümmern oft genug die jungen Leute im englischen Ozean.“

Ich glaube nicht an die praktische Verwirklichung dieses Gedankens. Sie kostet Geld. Aber der Gedanke selbst hat mich als ein symptomatisches Zeichen erfreut, und es kommt mir ganz besonders für Südafrika, das unter Umständen für den Deutschen eine Art von Vorschule für die Kolonisierung der naheliegenden südwestlichen Schutzgebiete werden könnte, sehr gescheut vor, wenn man nicht vergißt, daß die Anknüpfung von Handelsbeziehungen allein nichts nützen kann, wenn nicht auch intellektuelle Beziehungen angeknüpft werden.

Ein Umstand noch muß hier erwähnt werden, der mir für die Kräftigung des Deutschtums in Südafrika von Wichtigkeit erscheint, das ist die Regelung der Ersatzansprüche der durch den Krieg geschädigten Angehörigen des Deutschen Reichs. Ich habe durch vielfaches hin- und herfragen nicht den Eindruck gewonnen, als ob in diesem Punkt mit der großen Energie vorgegangen wird, die man anfangs erhoffte und die aus national-moralischen, wie auch aus praktischen Gründen sehr wünschenswert erscheint. Es giebt hier und wohl auch in Deutschland eine recht große Anzahl von Deutschen, die seitens der englischen Militärbehörde gemaßregelt, oder durch den Krieg ihres Besitztums, ihres Erwerbs beraubt wurden und nun, mehr oder minder mittellos, fern von der Stätte ihrer früheren gewinnbringenden Thätigkeit, sich elend durchschlagen. Sie harren auf Entschädigung, während da, wo sie früher arbeiteten, Konkurrenten das Feld abgrasen und sich in das verlassene Nest setzen. Diese Schadenersatzangelegenheit spielt sehr lange schon, nachdem seitens des Reiches zur Untersuchung der Einzelansprüche ein Kommissar, der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Sieveking, hierhergesandt wurde. Zur Zeit aber scheint sich die Sache bei dem Specialcommissioner for foreign claims, Oberstleutnant Edmunds in Pretoria, wo sich sämtliche Akten befinden, totgelaufen zu haben. Ich möchte hier einen Vorwurf gegen die Konsulate nicht aussprechen, weil diese beim gegenwärtigen Stand der Sache absolut nichts thun können. Das deutsche Generalkonsulat in Kapstadt hat, wie mir von Deutschen versichert wird, alles mögliche gethan. Ich möchte überhaupt die Gelegenheit nicht verfehlen, hier öffentlich festzustellen, daß nach den mir gegebenen Auskünften von zufriedenen und unzufriedenen, lauen und strammgesinnten Deutschen in verschiedenen Teilen des Landes der deutsche Generalkonsul für Südafrika, Berr von Lindequist, sich das volle Vertrauen der hiesigen Deutschen durch seine Energie sowohl, als auch durch seinen diplomatischen Takt in sehr schweren und heiklen Zeiten in vollstem Maß erworben hat. Daß er in Kapstadt selbst bei den englischen Regierungsbehörden nicht trotz, sondern wegen seines festen und doch versöhnlichen Auftretens Ansehen und Beliebtheit genießt, davon habe ich mich persönlich überzeugen können. Aber die Schadenersatzsache liegt eben jetzt in England. Wenn irgendwo ein Hebel angesetzt werden kann, um den zu Unrecht schwer Geschädigten zu ihrem Recht zu verhelfen und damit dem neuerwachten solidarischen Gefühl der hiesigen Deutschen einen weiteren Impuls zu geben, so muß dies dort geschehen.

Ich schreibe diese Zeilen in Port Elizabeth, einer der nicht schönsten, aber in ihrem inneren Wesen anmutigsten, intelligentesten, freundlichsten Städte Südafrikas, dem Zentrum des Imports und Exports, dem Ort, wo die größten angesehensten Firmen deutsche Namen tragen, und von dem aus in einer Tagereise blühende deutsche Farmerkolonien um East-London und King-Williamstown herum zu erreichen sind. Das eröffnet den Ausblick auf die wirtschaftliche Bedeutung Südafrikas für das Deutschtum, auf die ich in einem weiteren Artikel über die Deutschen in diesem Land zurückkommen will. Jeder Tag fast bringt mir neue Lehre, und immer stärker wird mir das Bewußtsein von dem wunderbaren Wandel der Dinge, der sich hier vollzieht.

Dieser Artikel von Hugo von Kupffer erschien zuerst in Die Woche 52/1902.