Cecil Rhodes und Südafrika

Zu den in Deutschland bestgehaßten englischen Politikern gehört der jetzt aus seiner Einschließung in Kimberley befreite Cecil Rhodes, dessen Geschick in ganz England das lebhafteste Interesse erweckt.

So ungeheuer wertvoll auch der Besitz von Kimberley mit seinen Diamantgruben an und für sich ist, so bildete doch die Thatsache, daß Cecil Rhodes sich jetzt dort befand, den Hauptansporn für die Buren, ihr Aeußerstes an die Eroberung des Platzes zu setzen. Und aus dem gleichen Grunde machten die Engländer so verzweifelte Anstrengungen, Kimberley zu entsetzen. Man fürchtete in England, daß es Cecil Rhodes übel ergehen könnte, wenn er den Buren in die Hände fiele, und die Wirkung, die der Verlust dieser Persönlichkeit in England hervorgebracht hätte, wäre ganz unabsehbar gewesen, da Cecil Rhodes ja der Hauptträger des Gedankens eines großafrikanischen britischen Kolonialreichs ist. Cecil Rhodes betrachtet man allgemein als den Urheber des berüchtigten Jamesonschen Einfalls in Transvaal und neben oder nächst dem Kolonialminister Chamberlain als hauptsächlich verantwortlich auch für den jetzigen südafrikanischen Krieg. Er selbst weist den Gedanken allerdings weit von sich und behauptet, er habe den Krieg weder erwartet noch sei er ihm willkommen. In der That spricht manches dafür, daß man ihm in diesem Fall nicht ganz gerecht wird; wie ja überhaupt vielfach die Behauptung aufgestellt wird, daß die ganze Rhodessche Gefolgschaft die Entwicklung, die die Dinge genommen, nicht gewünscht habe. Die Herrschaften hätten sich vielmehr von der Hoffnung leiten lassen, daß das entschiedene Auftreten der englischen Regierung genügen werde, um die Buren zum Nachgeben zu veranlassen. Thatsache ist, daß Cecil Rhode kurz vor Ausbruch der Feindseligkeiten noch seinem Glauben an die Aufrechterhaltung des Friedens Ausdruck gab. Auch soll er, als er im Frühjahr vorigen Jahres eine Audienz bei unserm Kaiser erhielt, diesem gegenüber geäußert haben, einmal, beim Jamesoneinfall, hätte er die Dummheit gemacht, zu einem Gewaltstreich gegen Transvaal zu raten, ein zweites Mal aber würde er es nicht wieder thun.

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Cecil Rhodes ist, wie es damals hieß, sehr befriedigt aus der deutschen Reichshauptstadt abgereist. Wenn Kaiser Wilhelm II. an ihm Gefallen fand, so erklärt sich dies daraus, daß ihm in Cecil Rhodes eine ausgesprochene Persönlichkeit gegenübertrat voll rastloser Energie und Thatkraft. Der Mann ist der Typus des Engländers: er verrichtet ein Stück Kulturarbeit, aber er verrichtet sie ohne besonderes Bedenken in der Auswahl seiner Mittel und stets unter Wahrung des eigenen Vorteils. So hat er in Südafrika ein ungeheures Vermögen erworben, das nach Hunderten von Millionen zählt, und seine große Diamantmine de Beers bei Kimberley, die unsere Abbildung veranschaulicht, vermehrt noch dauernd seinen Reichtum. Allein er giebt sich im Bewußtsein seines großen Besitzes nicht einem ruhigen, vergnüglichen Leben procul negotiis hin, sondern arbeitet unermüdlich weiter als Geschäftsmann und Politiker.

Cecil Rhodes Hauptdiamantenmine de Beers bei Kimberley

Wie ist nun Rhodes geworden, was er ist? Im Jahr 1853 als Sohn eines Geistlichen in Bishop Rortford geboren, wanderte er in jugendlichem Alter nach Südafrika aus, wo er als Diamantminendirektor den Grund zu seinen Vermögen legte. Charakteristisch für seinen Bildungstrieb ist, daß er nun, da er im Besitz auskömmlicher Mittel war, die Universität Oxford bezog, um sich dort mehrere Jahre wissenschaftlichen Studien hinzugeben. Dann kehrte er nach der Kapkolonie zurück, wo er bald eine außerordentlich einflußreiche Stellung gewann. Als Gordon, mit dem ihn Dankbarkeit und Freundschaft verband, ihn aufforderte, mit ihm nach Khartum zu ziehen, lehnte er dies ab und nahm den Posten eines Schatzministers der Kapkolonie an. Von 1890 -96 war er Premierminister und wäre es wohl heute noch, wenn nicht der Jamesoneinfall dazwischen gekommen wäre. Da begab er sich ins Matabeleland, wo er einen neuen Aufstand niederschlug; daher heißt das Gebiet Rhodesia. Sein Hauptziel ist eine Verbindung von Kapstadt nach Kairo.

Cecil Rhodes
Rhodes Diamant ‚Porter‘ (natürliche Größe)

Als guter Engländer treibt Cecil Rhodes natürlich auch mancherlei Sport; so reitet er jeden Morgen zwei Stunden und spielt vorzüglich Billard. Im übrigen beschäftigt er sich in seinen Mußestunden gern mit Lektüre; sein Lieblingsbuch ist der Roman „Der Jahrmarkt des Lebens“ von Thackeray.

Grote Schnuur – Cecil Rhodes Wohnhaus bei Buluwajo
Aussicht von Rhodes Haus Grote Schnuur

Sein Haus „Grote Schuur“ beweist, daß Rhodes auch ein eifriger Sammler von alten Möbeln und Kuriositäten ist.

Dieser Artikel erschien zuerst 1900 in Die Woche.