Bilder vom Tage – 18/1900

Großjährigkeitserklärung unseres Kronprinzen

Zur Großjährigkeitserklärung unseres Kronprinzen ist Kaiser Franz Josef (Portr.), der zum letztenmal im Jahr 1889 in unseren Mauern weilte, wiederum in Berlin eingetroffen und hat begeisterten Empfang gefunden. Die Reichshauptstadt arbeitete schon seit längerer Zeit an dem Festkleid, in dem sie jetzt prangt, um mit dem betagten Herrscher des uns befreundeten und verbündeten Nachbarreichs noch eine große Anzahl anderer ausländischer und deutscher Fürsten oder Prinzen gastlich zu begrüßen.

Unter den fürstlichen Gästen befinden sich die Kronprinzen von Italien und von Rumänien, der Herzog von York, der russische Großfürst Konstantin Konstantinowitsch, die Prinzen Karl von Schweden, Albert von Belgien, Leopold von Bayern und Herzog Albrecht von Württemberg, deren Porträts unsere Leser auf den folgenden Seiten finden.

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Alle, ob sie größere oder kleinere Staaten vertreten, haben als Gäste des Kaiserhauses den herzlichsten Empfang bei der Berliner Bevölkerung gefunden; aber die größte Genugthuung erregt doch die Anwesenheit Franz Josefs, der den achtzehnten Geburtstag unseres Kronprinzen zum willkommenen Anlaß nimmt, seine Freundschaft für das Deutsche Reich und den Deutschen Kaiser aufs neue vor aller Welt zu bekunden. Ihm hat Berlin eine prachtvolle Feststraße gebaut; der Pariser Platz ist mit Ehrenpforten geziert und das Brandenburger Thor prangt im Festschmuck.

Bilder vom Tage 01

Mit Freuden sind die städtischen Behörden dazu geschritten, ihm den festlichen Empfang zu bereiten, den sie sich vor 11 Jahren versagen mußten. Kaiser Franz Josef hat in seinem langen Leben als Kaiser und als Mensch viel Unglück ertragen müssen, aber die alles lindernde Zeit hat mählich auch seinen Schmerz gelindert. Als er zum letzten mal zu uns kam, brannte hingegen noch frisch die Wunde, die der vorzeitige Tod seines einzigen Sohnes des Kronprinzen Rudolf, seinem herzen geschlagen. Nun hat er sich mit dem Gedanken abgefunden, die Krone der Habsburger nicht dem eigenen Kind, sondern dem Erzherzog Franz Ferdinand zu hinterlassen, der jetzt, wie vor 11 Jahren, in Berlin an seiner Seite weilt. Das Pflichtbewußtsein ist es, das Franz Josef in allen Schmerzen und Sorgen aufrecht erhalten hat. Als die Kunde von der Ermordung der Kaiserin Elisabeth nach Wien, nach Schönbrunn gekommen war, und ihn sein Generaladjutant Graf Paar, der sich auch jetzt mit dem Feldzeugmeister A. Bolfras von Ahnenburg in seinem Gefolge befindet, mahnte, sich Ruhe nach den ungeheuren Aufregungen zu gönnen, antwortete er: „Die Staatsgeschäfte leiden keinen Aufschub.“ Das ist der Fürst, der jetzt als vornehmster Gast unseres Kaisers im Königlichen Schloß in Berlin wohnt. Er ist gekommen, nicht weil ihm der Sinn nach Festesjubel steht, sondern weil es ihm ein Bedürfnis war, für seine Freundschaft zum Deutschen Reich und dem Hohenzollernhaus Zeugnis abzulegen.

Der Kronprinz

Bilder von der Pariser Weltausstellung

Bilder vom Tage 04

Auf der neuen Avenne Nikokaus II die mit der breiten Alexanderbrücke ein prachtvolles Bild bietet, erhebt sich hart an dieser monumentalen Verbindung der Elysäischen Felder mit der Invaliden-Esplanade die große Ausstellungshalle, die nicht mit den andern Ausstellungsgebäuden verschwinden, sondern dauernd der Stadt Paris zur Zierde gereichen wird. Der kleine Kunstpalast wird eine historische Ausstellung der französischen Kunst enthalten. Nach Schluß der Weltausstellung geht dies architektonische Meisterwerk in den Besitz der Stadt Paris über, die ihr Eigentumsrecht mit 20 Millionen Franken bezahlte. In der großen Ausstellungshalle werden die schönen Künste in ihren neuesten Werken Unterkunft finden. Das italienische Haus am Quai d’Orsay befindet sich in der vorteilhaftesten Tage, da es den Reigen der fremden Paläste eröffnet und somit dem Beschauer drei gänzlich freie Fassaden bietet. Der Baumeister, der sich seine Vorbilder ausschließlich in Venedig geholt hat und sich besonders an den Dogenpalast und die Markuskirche gehalten, hat die byzantische Gotik dieser Gebäude trefflich kopiert. Dagegen hat sich der spanische Architekt weder in der Alhambra zu Granada noch im Dom von Burgos Rats erholt, sondern in dem spanischen Haus nur ein Muster spanischer Renaissance bieten wollen, wie sie vorzugsweise in kastilischen Städten zu finden ist. Der Hauptsaal der Gartenbauausstellung weicht in keiner Weise von den diesen Zwecken gewöhnlich dienenden Sälen ab, während das Gebäude, in dem sich das „Panorama der Reise um die Welt“ befindet, eine Musterkarte des Stils aller Länder bietet, durch die den Besucher das Innere des originellen Baus im Fluge führt. Von den Gebäuden von Schweden, Griechenland und Monaco steht letzteres an der Seine halb auf in das Flußbett eingetriebenen Pfählen, während die Gebäude von Rumänien, Persien und Portugal, halb auf festem Land gelegen, im Hintergrund des Quai d’Orsay verschwinden. Fremdartig stellt sich der Holzbau Schwedens dar, der mit seinem von vier Pfeilern, die in verschiedener Höhe durch Plattformen verbunden sind, gebildeten Turm an in den Aesten mächtiger Bäume sitzende Vogelnester gemahnt. Das Ganze macht einen ebenso überraschenden wie amüsanten Eindruck.

Bilder vom Tage 05

Einen in seinen charakteristischen Einzelheiten überaus fesselnden Anblick bietet die Ausstellung der Kolonien Tunis und Senegambien, die den Beschauer mit einem Schlag in eine dem modernen Großstädter fremde und farbenprächtige Märchenstadt versetzt.

Bilder vom Transvaalkrieg

Bilder vom Tage 07

Der Tod des Oberbefehlshabers Joubert und die Gefangennahme des tapferen Cronje, die auch seine ganze Artillerie in die Hand des Siegers lieferte, hat mannigfache Aenderungen im Oberkommando der Burenarmeen nach sich gezogen. An erster Stelle steht jetzt General Louis Botha, der bereits die Schlacht am Tugelafluß gewonnen hat. Da sogleich mit seiner Uebernahme des Oberbefehls mit der alten Defensivtaktik der Buren gebrochen wurde und sich überall, sogar auf den Schlachtfeldern in Natal, ein starke Offensivtendenz bemerkbar machte, meinte man, Louis Botha wäre vielleicht ein europäisch geschulter Soldat. Manche machten ihn sogar schon zu einem früheren ungarischen Husarenoffizier. Keine dieser Nachrichten war richtig. Louis Botha ist ein richtiger Bur wie alle andern Heerführer. Vielleicht ist es nur seine Jugend – er ist erst 40 Jahre alt – die ihm größere Thatkraft verleiht. In Friedenszeiten ist Botha Mitglied des ersten Volksraads und Vorsitzender des Ausführenden Rats. Lukas Meyer, der namentlich im Anfang des Krieges viel genannt wurde, ist 55 Jahre alt und Vorsitzender des ersten Volksraads. Kriegerische Fähigkeiten und politische Tüchtigkeit scheinen in diesem primitiven Staatswesen noch fast so eng wie in der Zeit des Altertums verschmolzen zu sein. Auch der General Erasmus, den unser Bild neben den beiden andern Heerführern im Hauptquartier im Oranjefreistaat zeigt, hat sich ebenfalls in mehreren Gefechten ausgezeichnet. Auch im englischen Lager haben die Führer vielfach gewechselt. Manchen General hat eine Burenkugel dahingestreckt, mehr Opfer hat aber noch der Umstand gefordert, daß man in England allmählich die Unfähigkeit der Generäle einsah. Einer der ersten, der vom Schauplatz abtrat, war der bei Stormberg so vernichtend geschlagene Divisionär Gatacre. An seine Stelle trat General Pole Carew, der sich bei den letzten Vorstößen der Engländer von Bloemfontein aus hervorthat. Auch General Rundle, dem die Wiedergewinnung der Bloemfonteiner Wasserwerke zum größten Teil zu verdanken ist, gehört zu den Generälen, die erst später in Afrika eintrafen.

Deutsche Gartenbauausstellung in Dresden.

Eröffnungsfeier der Deutschen Gartenbauausstellung in Dresden am 21. April

In feierlichster Weise ist am 27. April im Kuppelsaal des Dresdner Ausstellungspalastes die Eröffnung der Ausstellung durch das sächsische Königspaar vollzogen worden. Begleitet von den Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, fuhren die Majestäten zu der für die Eröffnung festgesetzten Zeit, um 10 Uhr morgens, am Hauptportal vor und wurden daselbst vom Geh. Finanzrat Oberbürgermeister Beutler ehrfurchtsvoll begrüßt. Nach der von dem Vertreter der Stadt gehaltenen Begrüßungsrede unternahm das Königspaar einen Rundgang durch die im herrlichsten Blütenschmuck prangenden Ausstellungsräume, in denen sie über eine Stunde verweilten. Die Ausstellung, die von den hervorragendsten Firmen beschickt ist, enthält eine Fülle der seltensten und farbenprächtigsten Blumen und stellt der deutschen Gartenbaukunst ein schönes Zeugnis aus.

Das Rheinische Kürassierregiment Nr. 8, Graf Geßler

Bilder vom Tage 03

feierte vergangene Woche ein fünfzigjähriges Garnisonjubiläum, ein halbes Jahrhundert nämlich ist verflossen, seit es nach Deutz verlegt wurde. Aus diesem Anlaß fand eine große militärische Feier statt, an der aber nicht nur die Garnison, sondern auch die Bürgerschaft von Köln Deutz regsten Anteil nahm. Die Straßen, durch die das Regiment von der Kaserne nach dem Neumarkt ritt, wo es von den Spitzen der Behörden feierlich begrüßt wurde, waren reich beflaggt. Mit lauten Jubelrufen wurden die schmucken Reiter mit ihrem Kommandeur, dem Obersten Willich, genannt von Poellnitz, an der Spitze von der Bevölkerung auf dem ganzen Weg begleitet, ein Beweis des guten Einvernehmens, das zwischen dem Regiment und der Bürgerschaft herrscht, und das auch in den Reden des Obersten und des Oberbürgermeisters Becker bei dem feierlichen Festmahl besonders betont wurde.

Berliner Theaterleben.

Die interessante Frau und große Künstlerin Eleonora Duse, die den Ruhm ihres Landsmanns d’Annunzio durch ihre seelenvolle Verkörperung der Silvia in dem an Leid und Thränen reichen Drama „Gioconda“ in alle Lande trägt, wird voraussichtlich ihrem erfolggekrönten Gastspiel in Berlin für längere Zeit kein weiteres folgen lassen. Die geniale Künstlerin, die unser Bild in der Rolle der Dulderin in obengenanntem Stück wiedergiebt, ist zur Feit in Frankfurt erkrankt und entsagt auf lange ihrer Bühnenthätigkeit, eine Nachricht, die ihre zahllosen Bewunderer mit aufrichtigem Bedauern erfüllen wird. – Otto v. d. Pfordtens Schauspiel „Der König von Rom“, das anläßlich seiner Erstaufführung im Berliner Königl. Schauspielhaus in dieser Zeitschrift eine eingehende Besprechung erfuhr, erweist sich trotz seiner inneren Unzulänglichkeit als Zugstück, nicht zum mindesten durch die Reklame, die seiner Zeit dem Rostandschen „L’Aiglon“ zu teil wurde, das das gleiche Thema vom Leben und Sterben des jungen Herzogs von Reichstadt behandelt.

Bilder vom Tage 06

Personalien.

Der Komponist Eduard Lassen feierte in Weimar, wo er mehr als ein Vierteljahrhundert, von 1869 – 1895, als Hofkapellmeister thätig gewesen ist, seinen siebzigsten Geburtstag. Lassen, der in Kopenhagen geboren ist und in Brüssel seine musikalische Ausbildung genossen hat, brachte in sein Amt das nötige Verständnis für die deutschen Tondichter mit und wurde ein deutscher Kapellmeister. An seinem Jubeltag wurden ihm mannigfache Ehrungen zu teil. – Karl Lautenschläger, der Maschinendirektor der Königlich bayrischen Hofbühnen in München, feierte sein vierzigjähriges Bühnenjubiläum. Lautenschläger, einer der hervorragendsten Vertreter seines Faches, hat sich große Verdienste um die Münchener Musteraufführungen erworben; in den letzten Jahren wurde seine Erfindung der drehbaren Bühne viel besprochen.

Personalien

Er hat auch das Festspielhaus in Oberammergau eingerichtet, auf dem demnächst die Passionsspiele wieder ihren Anfang nehmen. – Zwei Wiener Künstler, der Maler Heinrich Lefler und der Architekt Joseph Urban, haben sich schon wiederholt zu gemeinsamen Arbeiten zusammengethan, die bedeutende Erfolge erzielten. Neuerdings haben sie die Originale zu dem in der Reichsdruckerei in Berlin gedruckten photolithographischen Prachtwerk „Die Bücher der Chronika der drei Schwestern“ von Musäus geliefert, das auf der Wiener Jahresausstellung die große goldene Staatsmedaille erhielt.

Lefler, der seine Studien in München gemacht hat, ist jetzt 37, Urban erst 29 Jahr alt, beide sind in Wien geboren. Der kürzlich verstorbene Bildhauer Falguiére gehörte zu den bedeutendsten französischen Plastikern der Gegenwart. Er hielt sich stets frei von den grotesken Uebertreibungen der Modernen, ohne jedoch im erstarrten klassischen Formalismus stecken zu bleiben. Diese künstlerische Mäßigung frug ihm denn auch viele Aufträge für öffentliche Standbilder ein. Noch kürzlich wurde ein von ihm entworfenes Standbild des Dichters Alphonse Daudet enthüllt, und eine Balzacstatue, zu der er den Auftrag erhielt, nachdem die geniale, aber bizarre Skizze Rodins zurückgewiesen war, hinterläßt er unvollendet.

Eröffnung des Meraner Sportplatzes .

Am Sonntag, den 22. ds. Mts., wurde der neue Sportrennplatz des Kurorts Meran eingeweiht. Der mächtige Platz mit seinen ausgedehnten Einrichtungen für Sport und Rennwesen ist zwar noch nicht ganz vollendet, aber die herrliche Lage, mitten im Thalkessel von Meran, überragt ringsum von den Riesen des Hochgebirgs in den schönsten Formationen, den neben umsponnenen Hügeln mit den vielen Schlössern und Burgen, wird diesen Platz zu einem Lieblingsaufenthalt für Kurgäste und Einheimische machen. „Kurgäste und Sportplatz?“ wird mancher Leser fragen. Aber Meran hat unter seinen fremden Gästen mindestens siebzig Prozent Gesunde oder Rekonvaleszenten, das zeigen am besten die vielbesuchten Feste, Bälle und die vielen Ausflüge, die in das Mittel- und Hochgebirge gemacht werden.

Die Einweihung des neuen Sport- und Rennplatzes geschah in Form eines Bauernpferderennens, das höchst interessant für den Kenner des Reitsports und besonders aber für den Flachländer war, der nicht verstehen will, wie der Bergbauer auf den steilen Gebirgspfaden eigentlich als Reiter zu denken sei.

Eröffnug des meraner Sportplatzes

Feuersbrunst in Wildeshausen.

Zum zweitenmal innerhalb fünf Jahren ist die etwa 2000 Einwohner zählende oldenburgische Stadt Wildeshausen von einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht worden. Im Jahr 1895 fielen nahezu 50 Gebäude den Flammen zum Opfer, jetzt sind gar 69 Wohnhäuser und 44 Nebengebäude eingeäschert worden.

Bilder vom Tage (Brand in Wildeshausen)

Das Feuer kam nachmittags gegen vier Uhr in einem Haus der Burgstraße aus, dessen Bewohner sich zur Zeit alle auf dem Feld zur Arbeit befanden, so daß der Brand nicht gleich im Entstehen bemerkt wurde. Da die Häuser zum größten Teil nur leicht gebaut und mit Holzgiebeln versehen waren, verbreiteten sich die Flammen, von einem kräftig wehenden Südost noch verstärkt, mit so großer Schnelligkeit, daß die Feuerwehr fast machtlos war und ihre Aufgabe darin suchen mußte, wenigstens ein Ueberspringen des Brandes auf andere Stadtteile zu verhüten, was denn auch glücklich gelang. Durch den Brand sind mehrere hundert Leute obdachlos geworden, aber Menschenleben gingen erfreulicherweise nicht zu Grunde.

Dieser Artikel erschien zuerst 1900 in Die Woche.