Das Immermann-Denkmal in Magdeburg

Das Immermann-Denkmal in Magdeburg

Nachdem jüngst zum 1. April d. J. das Bismarck-Denkmal in Magdeburg enthüllt worden ist, folgte zum 24. dess. Monats das Immermann-Denkmal, wie jenes ein Werk des Hrn. Prof. Carl Echtermeier in Braunschweig.

Karl Leberecht Immermann wurde am 24. April 1796 in Magdeburg geboren. Als im Jahre 1896 von der Hauptstätte seines Wirkens Düsseldorf her die Anregung erfolgte, dem Dichter der „Epigonen“ und des „Münchhausen“ dort ein Denkmal zu errichten, mochte es sich seine Vaterstadt nicht versagen, unbeschadet sonstiger Ehrung am Rheine, selbst ein solches zu schaffen. Es konnte kein geeigneterer Platz ausgewählt werden, als der in der Hauptaxe des Lucae’schen Stadttheaters, vorn am Bürgersteige der Kaiserstrasse. Aus dem der Hauptfront des Theaters vorliegenden Theatergarten ist eine Sandstein-Exedra herausgeschnitten, welche sich nach der Strasse öffnet. Trotz der nicht erheblichen Abmessungen der nach dem Segmentbogen gebildeten Wand von 6,5 m Länge und 3 m Tiefe der untersten Stufenplatte, von 2,25 m Höhe der Exedra und 3,70 m Höhe des Mitteltheils hinter der Büste, gelangt doch das kleine Denkmal dem mächtigen Aufbau des Theatergebäudes gegenüber zur vollen Geltung. Es liegt eine Entfernung von 30 m zwischen Denkmal und Theater; zur Wirksamkeit des ersteren trägt wesentlich die Farbenstimmung bei, auf die nicht wohl verzichtet werden durfte.

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Ueber dem Stufen- und Sockel-Unterbau von weissem Fichtelgebirgs-Granit ist der weitere Aufbau aus warmrothem Main-Sandstein gebildet, gegen welchen sich die Bronzetheile des Reliefs, der Kolossal-Büste und des wasserspeienden Drachenkopfes wirksam abheben. Ausserdem aber sind der besseren harmonischen Zusammenstimmung zwischen der Farbe des Werksteins und der Bronze halber einige Architekturtheile durch eine spatsame Vergoldung hervorgehoben – so die Ränder und Henkel der beiden Vasen auf den Eckpfeilern, die Blattspitzen der beiden Lorbeer-Gehänge über den Eckvoluten der Büsten-Rückwand, das Unter- und Halsglied unter dem Abschluss-Gesims, die Widmungs-Inschrift und Theile der darunter befindlichen beiden beiden Schauspielmasken – wobei übrigens der Glanz der Vergoldung sorgsam zum Bronzeton abgedämpft ist.

Das Immermann-Denkmal in Magdeburg
Das Immermann-Denkmal in Magdeburg

In der Architektur des Aufbaues klingen die Formen der Kunstrichtung der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts, der „Biedermänner-Zeit“, nach Möglichkeit an, ohne sich jedoch mit den Formen der Lucae’schen Bauweise am Theater irgend in Widerspruch zu setzen. Den bedeutsamsten Schmuck des Denkmales bilden vier Reliefs aus dem klassischen und Hauptwerke des Dichters, dem „Oberhof“, welche die wichtigsten Szenen dieser Perle der deutschen Erzählungs-Litteratur darstellen: der Hofschulze zeigt das Schwert Karls des Grossen, Lisbeth und Oswald, das Vehmgericht und des Hofschulzen Vertheidigung vor Gericht. Je zwei dieser Bronzetafeln von 85 cm Länge und 66 cm Höhe sind nur durch einen schmalen Metallsteg getrennt und unmittelbar aneinander gefügt. Die Abbildung lässt die meisterliche Behandlung der Reliefs leider nur schwach erkennen, die sich durch Lebensfrische der Darstellung und charakteristische Wiedergabe der dichterischen Gestalten auszeichnen. Für den Denkmal-Aufbau kommt übrigens noch die augenblicklich mangelnde grüne Umrahmung von dichtem Strauchwerk des Theatergartens inbetracht, wodurch die Loslösung von dem Hintergrunde zu selbständiger Erscheinung sich um so leichter vollzieht. Die Kosten des hübschen Werkes, das dem Werthe des Dichters Immermann in so sinniger Weise gerecht wird, haben einschl. aller Nebenarbeiten nur 13 000 M. betragen.

Es mag zum Schluss noch erwähnt werden, dass sich die Stadt Magdeburg augenblicklich eines bemerkenswerthen Denkmaleifers erfreut: ausser dem jetzt fast gleichzeitig errichteten Standbilde des Fürsten Bismarck und der Brunnennische Immermann’s ist in diesen Tagen das Marmor-Denkmal der Königin Luise dem Bildhauer Johann Goetz in Charlottenburg bereits in Auftrag gegeben. Endlich ist die Errichtung eines Bronze-Denkmals des Bürgermeisters und Erfinders der Luftpumpe Otto v. Guericke zur Feier der 300jährigen Wiederkehr seines Geburtstages (1902) geplant. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 24.05.1899 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „P.“.