Architekt: Prof. Bruno Schmitz, Bildhauer: Prof. Emil Hundrieser in Charlottenburg. Am 31. August d. J. ist im feierlichen Gepränge, unter Theilnahme der kaiserlichen Majestäten und zahlreicher deutscher Fürstlichkeiten das Denkmal enthüllt worden, das die Rheinprovinz unserem dahin geschiedenen ersten grossen Kaiser an der Stätte errichtet hat, mit der denselben einst enge und langjährige persönliche Beziehungen verbanden.
Den grossartigen Schöpfungen gleicher Bestimmung, die in den letzten Jahren zur Vollendung gekommen sind – den Kaiser Wilhelm-Denkmälern auf dem Kyffhäuser, an der Porta westphalica, in Breslau, Berlin usw. – hat sich damit ein Werk angereiht, das nach Maasstab und künstlerischer Bedeutung unter ihnen nicht die letzte Stelle einnimmt, in seiner Eigenart aber geradezu einzig dasteht.
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Verhältnissmässig lange hat es gedauert, ehe der schon i. J. 1888 gefasste Beschluss des rheinischen Provinzial-Landtages auf Errichtung dieses Denkmals verwirklicht worden ist. Und zwar waren es hier, wie überall, die Meinungs-Verschiedenheiten über den für dasselbe zu wählenden Standort, welche als schwer zu überwindendes Hinderniss sich geltend machten. Da für eine solche Wahl in erster Linie künstlerische Gesichtspunkte inbetracht kommen müssen – bekanntlich hat man denselben anderwärts zum Schaden der Sache nicht immer genügendes Gewicht beigelegt – so entschloss man sich, zunächst die Vorschläge der Künstler über diesen Punkt entgegen zu nehmen. Man schrieb daher i. J. 1889 für den Entwurf des Denkmals einen öffentlichen Wettbewerb aus, bei dem die Art und der Standort desselben – ob auf einer Uferhöhe des Rheins oder einer Rheininsel – dem Ermessen der Theilnehmer überlassen blieben. Unter den öffentlichen Stimmen, die sich zu der Angelegenheit hören liessen, befürworteten die meisten einen Platz im Siebengebirge; doch fehlte es auch nicht an solchen, denen vor allem die leichte Zugänglichkeit des Denkmals am Herzen lag und die es daher in einer Stadt – nach der Lage der Dinge konnte nur Koblenz infrage kommen – errichtet zu sehen wünschten, Der Ausgang des Wettbewerbs, an dem 24 Künstler sich betheiligten, ergab, dass nicht weniger als 18 für ein Insel-Denkmal (auf einer Spitze von Grafenwerth oder Nonnenwerth), 3 für ein Höhen-Denkmal (an der Felswand des Drachenfels, auf der Erpeler Ley und dem Hardtberge) sich entschieden hatten, während seitens der 3 übrigen ein Brücken-Denkmal, ein Denkmal vor dem Koblenzer Schloss und ein solches ohne Platzbestimmung entworfen worden waren. Der Streit der Meinungen nahm indessen seinen Fortgang und erschien vielen so unlösbar, dass sogar der Vorschlag auftauchen konnte, auf die Errichtung eines Denkmals ganz zu verzichten und die dafür bestimmte Summe zur Gründung einer milden Stiftung zu verwenden.
Auch dass eine Aeusserung der verstorbenen Kaiserin Augusta bekannt wurde, nach der sie sich das Denkmal ihres kaiserlichen Gemahls nur in Koblenz u. zw. am Zusammenflusse von Rhein und Mosel, am sogen. „Deutschen Eck“ denken könne, brachte zunächst keine durchschlagende Wirkung hervor. Denn als im Dezember 1890 der Rheinische Provinzial-Landtag nach langer Debatte zur Abstimmung über die Denkmalfrage schritt, ergab sich, dass unter 128 Anwesenden 36 für die milde Stiftung, 54 für ein Denkmal im Siebengebirge, 32 für ein solches am Deutschen Eck und 53 für ein solches in Koblenz schlechthin einträten, eine Mehrheit also nicht erzielt war. Bei dieser Sachlage entschloss man sich nahezu einmüthig, auf eine Entscheidung durch Abstimmung ganz zu verzichten, eine solche vielmehr S. M. dem Kaiser anheim zu stellen. Und dieser bezeichnete im März 1891 das Deutsche Eck als Standort für das Denkmal.
Ein volles Jahr ist sodann noch vergangen, ehe die Vorbereitungen getroffen waren, um einen neuen, nunmehr lediglich der künstlerischen Gestaltung des Denkmals auf dem gegebenen Platze geltenden Wettbewerb einleiten zu können. Die Form des Werkes war dahin festgelegt, dass es aus einem „Reiterbilde in Bronze auf einem architektonischen oder aus Felsblöcken gebildeten Sockel“ bestehen solle; die Kosten der Ausführung sollten innerhalb einer Summe von 500 000 M. sich halten. Unter 26 eingegangenen Arbeiten errang der von Bildhauer Prof. Emil Hundrieser und Architekt Bruno Schmitz aufgestellte Entwurf den ersten Preis und, nachdem er anfangs auf das lebhafteste bekämpft worden war, auch die Zustimmung des Provinzial-Landtages, der im Dezember 1892 mit grosser Mehrheit beschloss, die Ausführung desselben in Aussicht zu nehmen. Die weitere Durcharbeitung des Entwurfs, an dem mehrfache Abänderungen gewünscht wurden, beanspruchte jedoch noch eine geraume Frist, so dass die Geldbewilligung für das mittlerweile auf rd. 1 Mill. M. veranschlagte Werk durch den Landtag erst im Sommer 1894 erfolgte, während mit der Ausführung selbst sogar erst im Herbst 1895 begonnen werden konnte. Um so rüstiger ist diese sodann, unter der örtlichen Leitung des Kgl. Reg. Bmstr. Sandmann, gefördert worden, so dass nach nicht ganz 2 Jahren nunmehr die Einweihung des Denkmals hat bewirkt werden können.
Ganz vollendet ist dasselbe allerdings auch heute noch nicht. Es fehlen noch einzelne Bestandtheile desselben und ebenso hat seine Umgebung noch nicht ihre endgiltige Gestalt erhalten. Unter diesen Umständen und weil erst im letzten Augenblick die Gerüste fielen, sind wir auch noch nicht imstande, unseren Lesern ein getreues Bild des Werks in seiner thatsächlichen Erscheinung vorzuführen. Wir begnügen uns zunächst mit der Wiedergabe eines Grundrisses und einer Zeichnung von Prof. Schmitz, von der jedoch später verschiedentlich abgewichen worden ist, behalten uns aber vor, später noch einige ergänzende Abbildungen zu bringen. An der Hand der letzteren soll dann etwas näher auf die Einzelheiten der grossartigen künstlerischen Schöpfung eingegangen werden, während der Zweck dieser vorläufigen Mittheilung kein anderer ist, als die allgemeine Anordnung derselben ersichtlich zu machen und in aller Kürze ihre künstlerische Bedeutung zu würdigen.
Wir stellen diese Bedeutung ausserordentlich hoch.
Und der treffliche Bildner, dem der figürliche Theil des Denkmals seine Entstehung verdankt, wird schwerlich dagegen Einsprache erheben, wenn wir das Verdienst an dem Erfolge des Ganzen vorwiegend doch der Leistung seines baukünstlerischen Mitarbeiters zuschreiben. Man vergegenwärtige sich nur, dass das Programm des Wettbewerbs v. J. 1892 einfach ein Reiterbild auf einem Sockel verlangte, also offenbar von der Ansicht ausging, dass der architektonische Theil des Werks nur eine völlig untergeordnete Rolle zu spielen habe. Eine Schöpfung solcher Art, selbst von den grössten Abmessungen, würde an der gegebenen Stelle inmitten der weiten Landschaft, geradezu verschwunden sein und einen mehr als dürftigen Eindruck gemacht haben. Wie hat dagegen Bruno Schmitz es verstanden, aus den natürlichen Bedingungen des Platzes und der Lage heraus jenen „Sockel“ zu einem selbständigen architektonischen Gebilde zu entwickeln, das der krönenden Figuren-Gruppe erst die volle Wirkung sichert, das ihren Standort nicht als einen zufälligen und willkürlichen, sondern als den durch innere Nothwendigkeit vorgezeichneten erscheinen lässt! Angesichts dieses Werkes, das hinter den beiden von Schmitz geschaffenen Höhendenkmälern auf dem Kyffhäuser und dem Wittekinds-Berge in nichts zurück steht, dürften auch diejenigen Söhne der Rheinprovinz, die bis jetzt gegen die kaiserliche Entscheidung gegrollt haben, mit dem gewählten Standorte – der freilich vor 7 Jahren einen wesentlich anderen Anblick darbot – inbälde sich versöhnen. Denn neben dem Vortheil der leichten und andauernden Zugänglichkeit des Denkmals, der früher allein zugunsten von Koblenz ins Treffen geführt wurde, sind für dasselbe nunmehr auch nahezu alle künstlerischen Reize eines Inseldenkmals gewonnen, die einst die Künstler bestimmt hatten, sich in so überwiegender Zahl für ein solches zu entscheiden.
Wir glauben, dass alle Betheiligten und nicht zum letzten die Angehörigen der deutschen Kunst, Ursache haben, sich dieses siegreichen Erfolges von Herzen zu freuen. Den grössten Dank schuldet den beiden Meistern freilich die Stadt Koblenz. Denn durch den Besitz dieses Denkmals, das nicht nur die Ansicht von Rhein und Mosel her, sondern auch den Blick von den breiten, vermuthlich theilweise mit Gartenanlagen zu schmückenden Kaiflächen an beiden Flüssen beherrscht, ist sie mit einem Schlage zu einem künstlerischen Range erhoben worden, an den der bisher von ihr behauptete – trotz aller sonstigen Schätze des Ortes – doch nicht entfernt hinan reichte.
Dieser Artikel erschien zuerst am 04.09.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-F.-“.