Das neue Gerichtsgebäude in Bremen

Architekten: Klingenberg & Weber. Während die schlechtberathenen und missgeleiteten Bremer Behörden sich anschicken, das altehrwürdige Rathhaus, ein Kunstjuwel ersten Ranges, in seiner grossen Halle für immer zu zerstören, indem sie den Raum zu verschönern vermeinen, sind im Herzen der Altstadt zwei Bauwerke entstanden, die, jedes in seiner Weise, auf alte Muster zurückgreifen und durch ihre charaktervollen Züge bestimmt zu sein scheinen, für die Stadt Epoche zu machen.

In der neuen Westfront des alten Domes spiegelt sich aus gewissenhaftem und unermüdlichem Studium des Wiederherstellers heraus die ganze keusche, ernste und doch lebensfrische Formenwelt des sog. Uebergangsstils des 12. Jahrhunderts. Im Gerichtsgebäude dagegen ist mit ursprünglicher Kraft angestrebt worden, in die mittelalterlichen Formen frisches, neuzeitiges Lebensblut hineinzugiessen und Bausteine für eine romanische Renaissance zusammen zu tragen und zwar-im bewussten Gegensatz zur heutigen Modekunst.

Das Gebäude hat eine recht lange und wechselvolle Vorgeschichte. Bereits im Jahre 1854 wurde für annähernd denselben Platz ein Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem der ältere Bruder des Erbauers, Hofbaurath E. Klingenberg, als Sieger hervorging. Erwägungen und Zwiespältigkeiten aller Art liessen es damals nicht zum Bau kommen. Dann kamen die Neubildung der Rechtspflege im neuen Reiche und damit gänzlich andere Programm-Anforderungen. Für diese richtete man sich nothdürftig, immer „provisorischer“ an allen Enden und Ecken der Altstadt ein und würde sich auch wohl bei der Kassen-Ebbe und den anderweitigen grossen Unternehmungen (Weser-Korrektion usw.) noch Jahre lang so weiter beholfen haben, wenn nicht am Neujahrsmorgen 1889 Gott Loge sich dieser bejammernswerthen Zustände erbarmt hätte, indem er die „alte Börse“, den Sitz des Landgerichts, niederbrennen liess. Hiermit war in Wahrheit die Neubaufrage brennend geworden und die Behörden entschlossen sich denn auch nach abermaligen schwierigen Verhandlungen im nächsten Jahre, einen allgemeinen Wettbewerb auszuschreiben. Die Aufgabe war bei der unregelmässigen Baustelle und den ungemein verwickelten praktischen Anforderungen schwierig, aber auch interessant genug. Es ist s. Z. im Jahrg. 1890 eingehend darüber berichtet worden und wir können uns daher darauf beschränken, es als erklärlich zu wiederholen, dass der Natur der Sache nach kein Entwurf heraussprang, der nach allen Richtungen hin der Aufgabe entsprach. Der erst prämirte Entwurf war zu akademisch gedacht und zu wenig den örtlichen Verhältnissen und. Bremer Gepflogenheiten angepasst, um bei den nun folgenden Berathungen und Erwägungen ernstlich infrage kommen zu können.

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Anders verhielt es sich mit dem an zweiter Stelle prämiirten von Klingenberg & Weber in Oldenburg. Es stellte sich immer mehr heraus, dass der Entwurf thatsächlich den praktischen Bedürfnissen nach allen Richtungen am besten entsprach und aus der Baustelle gemacht hatte, was sich nur daraus machen liess. Auch neue Entwürfe des städtischen Bauinspektors und des verstorbenen Oberbaudirektors Endell konnten hieran nichts ändern, da sie die Vorzüge des Konkurrenzplanes nicht erreichten. So erhielt denn die Firma Kl. & W. im Juli 1890 den Auftrag, nach ihrem Entwurf den eigentlichen Bauplan aufzustellen. Dieser Plan wurde – nicht ohne abermalige Fährlichkeiten, da eine Strömung dahin ging, das Gerichtsgebäude nach Vorgang Hamburgs vor die Thore der Stadt hinauszuschieben – endgiltig im Sommer 1891 genehmigt; mit der Ausführung konnte bereits im Oktober 1891 der Anfang gemacht werden.

Im Herbste 1893 wurde auch das Untersuchungsgefängniss inangriff genommen, und nach Schluss der Gerichtsferien, – im Herbste 1895, der ganze Gebäudekomplex als fix und fertig von den Gerichtsbehörden in Benutzung genommen.

Das Gebäude liegt im Herzen der Stadt. An demselben Platze befinden sich die Reichspost und das alte Refektorium des Doms, der jetzige Künstlerverein. Unmittelbar an die Domshaide schliesst sich die kurze Strasse „Am Dom“, es folgen der Markt, der Domshof und der Kaiser Wilhelmsplatz, wo das Rathhaus, die Börse, der Dom, die U. Liebenfrauenkirche, der Schütting (Kaufmanns-Gildenhaus) und fast alle Bankgebäude liegen, also eine Fülle von öffentlichen und dem Geschäftsverkehr dienenden Gebäuden aneinander gereiht ist, wie sie in dieser Konzentration und Wechselwirkung kaum in einer anderen Stadt wiederzufinden sind.

Abbildg. 5 – Fassaden an der Bucht- und Violenstrasse

Dieser abwechslungsreichen, höchst malerischen Kette von Bauwerken reiht sich nun das neue Gerichtsgebläude in wirkungsvoller und würdiger Weise an. Es liegt an drei Strassen, der Osterthorstrasse, Violenstrasse und Buchtstrasse, und an dem Platz „Domshaide“. Die erstere Strasse ist ein Theil der Hauptverkehrsader der Stadt, die sich im Grossen und Ganzen von Nordwest nach Südost erstreckt, oben auf der alten Dünenkette längs der Weser sich hinziehend. Damit war die Haupteintheilung gegeben, dass sich der grössere Gebäudetheil mit den wichtigsten Räumen im Südwesten des Bauplatzes an der Osterthorstrasse lagern müsse, während das Gefängniss nach der untergeordneten Buchtstrasse gewiesen wurde. Durch den durchschlagenden Gedanken, dem letzteren eine spitzwinklige Form zu geben, erreichten die Künstler die nothwendige innige Verbindung beider Gebäudetheile, ohne die überall vollkommen weiträumigen und hellen Höfe zu beeinträchtigen.

Im Erdgeschoss des Gerichtsgebäudes nimmt die ganze Front nach der Domshaide hin die grossräumig wirkende Eingangshalle mit dahinter liegendem Haupttreppenhause ein. An der Osterthorstrasse liegen Steuerbüreaus und Gerichtskasse, die Räume für das Erbe- und Handfestenamt und die Vormundschafts-Behörde; letztere beide jedes mit besonderem Eingang und Treppenhause. Der Flügel an der Violenstrasse enthält das Katasteramt, ebenfalls mit eigenem Eingang und Treppenhaus von der Buchtstr. aus.

Das erste Obergeschoss nehmen die Räume des bürgerlichen Gerichts, das zweite Obergeschoss die des Strafgerichts ein. Dabei ist die Anordnung so getroffen, dass das Amtsgericht im südlichen Theile des Osterthorstrassen-Flügels liegt, damit eine etwaige Erweiterung bequem durch einen schon vorgesehenen Ergänzungsbau bis zur Ecke der Buchtstr. vorgenommen werden kann. Im zweiten Obergeschoss liegt das Schöffengericht an der Violenstrasse, mit besonderem Eingang im Eckbau der Buchtstrasse. Die Front nach der Domshaide nimmt der grosse Schwurgerichtssaal ein. Zu den beiden grossen Strafsitzungssälen führen für die Zuhörer besondere abgeschlossene Treppen.

Im Dachgeschoss liegt eine stattliche Anzahl von Akten-, Geräthen- und anderen Zimmern; im Kellergeschoss ist reichlich Platz für Wohnungen – für den Hausmeister, Heizer und einen Gerichtsdiener usw. – für Sezier- und Leichenkammer, Aktenräume und die umfangreiche Heizungs- und Lüftungsanlage.. An der Violenstrasse ist sogar ein grosser Keller für eine Gastwirthschaft vorgesehen, der allerdings vorläufig noch nicht seiner Bestimmung übergeben ist. So zeigt das ganze Gebäude eine äusserst selbstverständliche klare Gliederung, die sich aus dem Betrieb des Gerichtswesens heraus entwickelt hat.

Ebenso einfach baut sich das Untersuchungs-Gefängniss auf. Das eigentliche Zellenhaus liegt, wie schon erwähnt, im spitzen Winkel mit einem mächtigen Rundbau im Treffpunkte der Schenkel, ganz im Innern des Bauplatzes, während die Front an der Buchtstrasse das niedrige Verwaltungsgebäude einnimmt, das somit das Dreieck schliesst.

Dieses enthält Keller-, Erd- und Obergeschoss und ein plattes Dach, um möglichst viel Licht in den inneren Hof gelangen zu lassen. Das Zellenhaus hat 3, der Rundbau 5 Obergeschosse,

Im Keller liegen die Räume der Heizanlage, Badezellen, die Waschanstalt, Vorrathskeller und 3 Zellen für Dunkelarrest. Das Erdgeschoss enthält die Eingangs- und Vorhalle, die durch 2 Geschosse reicht, vom Inspektor-Büreau aus zu übersehen ist und zugleich die Männer-Abtheilung von der Weiber-Abtheilung trennt, Büreauräume für die Verwaltung, die grosse Kochküche und in 17 Zellen Unterkunft für 25 Männer, in 6 Zellen für 11 Weiber, daneben Aufseherräume und 2 Vorarrestzellen.

Hofansicht des Gefängniss-Gebäudes mit den Brücken

Im ersten Obergeschoss befindet sich an der Buchtstrasse die Wohnung des Aufsichtsbeamten, in der Männerabtheilung 19 Zellen für 27 Personen, bei den Weibern 6 Zellen für 11 Personen. Im 2. und 3. Obergeschoss liegt über der Vorhalle der geräumige Betsaal. Diese Geschosse enthalten ausserdem etwa dieselbe Zellenzahl, so dass imganzen in 119 Zellen 180 Gefangene untergebracht werden können, während die Behörden nur für 120 Gefangene Raum verlangt hatten.

Ein besonders glücklicher Gedanke war es, die Höheneintheilung so vorzusehen, dass der Fussboden des zweiten Obergeschosses des Gerichtsgebläudes mit dem Fussboden des dritten Obergeschosses des Untersuchungs-Gefängnisses in einer Höhe liegt. Hierdurch war es möglich, 4 Brücken anzuordnen, die eine Verbindung beider Gebäudetheile in dem der Strafgerichtspflege zugewiesenen Geschosse herstellen. Diese Brücken bildeten einen weiteren wichtigen Vorzug des ersten Entwurfes und haben in der Ausführung neben dem ungemein praktischen Zweck Veranlassung gegeben, den Höfen überaus reizvolle Durchblicke zu schenken, Es werden jetzt die Angeklagten unmittelbar in die Räume der Staatsanwaltschaft und des Untersuchungsrichters sowie in die Säle des Schöffengerichts, des Strafgerichts, des Schwurgerichts geführt, ohne ins Freie zu brauchen, oder im Gerichtsgebäude Treppen steigen zu müssen. Das Untersuchungs-Gefängniss hat nur einen Eingang und zwar vom südlichen Hofe aus, in der Axe der zweiten Einfahrt in der Osterthorstrasse. Von den Hofräumen des Gerichtsgebäudes wird es durch eine Mauer mit Eisengitter abgeschieden, innerhalb der sich der Kontrollgang und der Vorhof des Gefängnisses befindet. Die Männer- und Weiber Abtheilungen haben ihre entsprechenden Spazierhöfe innerhalb des Gefängnisses, die vom Inspektions-Büreau aus zu übersehen sind. Der Kontrollgang hat von drei verschiedenen Seiten Zugänge, so dass jede unbequeme Neugier bei Abführung oder Entlassung von Untersuchungs-Gefangenen vermieden werden kann.

Die Wohnung des Inspektors hat einen besonderen Eingang an der Buchtstrasse und steht durch eine kleine gesicherte Wendeltreppe mit allen Geschossen in Verbindung.

Die Beschreibung der sonstigen besonderen Gefängniss-Einrichtungen würde hier zu weit führen. Es ist selbstverständlich, dass sie durchaus den heutigen Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit gerecht geworden sind und in dieser Beziehung auch auf der Höhe der Zeit stehen.

Aus dem Grundriss geht hervor, dass in jedem Geschoss der Aufseher der Männer-Abtheilung nur einen Schritt aus seinem Zimmer zu machen braucht, um beide Gänge vollkommen übersehen zu können.

Haupteingangshalle an der Domshaide

Aus dieser klaren Grundriss-Anordnung der ganzen Bauanlage heraus hat sich nun ein Auf- und Ausbau entwickelt, dessen gesunde, kraft- und saftvolle und durchaus wahre Durchbildung aus den Abbildungen zu erkennen ist.

Trotz der an einigen Stellen fast überreichen Ausschmückung verliert das Gebäude nirgendwo seine ernste Haltung, die sich im allgemeinen an frühmittelalterliche Burgen (Pierrefond z. B.) anlehnt, aber durch die Renaissanceformen der Einzelheiten in ihrem Trutz gemildert erscheint. Als Material sind Obernkirchner Sandstein und Siegersdorfer Verblender für die Strassenfronten, letztere allein für die Hofseiten, Granit für die Sockel, Fensterbänke und Abdeckungen, Teakholz für die Fenster, Eichenholz für die innere Ausstattung verwendet worden. Die Dächer haben Kupferdeckung erhalten. Durch die hohen Dächer, durch die geschickt vertheilten Thürme, durch Erker und Risalite entwickeln die über 800 m langen Fronten belebte, abwechslungsreiche Bilder, die ringsherum je nach ihrer Lage und Bedeutung der Innenräume aufs beste gegen einander abgestimmt und abgetönt sind. Die meiste Pracht entfaltet naturgemäss die Portalseite nach der Domshaide hin, mit ihrem Zinnenkranz, mittlerem Wappenaufbau, mit den Seitenthürmen, den grossen Schwurgerichtsfenstern und den ungemein wirkungsvollen ganz offenen Eingangsbögen. An Haltung und Wucht wird sie aber unserem Gefühl nach übertroffen von dem einfacheren Eckbau an der Buchtstrasse, der in seinen runden Zwillingsthürmen und dem frischen Portalbogen mit der leichten Balkongallerie die herbe Strenge des Rechts mit Entschiedenheit vor Augen führt. Sehr günstig theilt auch der grosse Uhrthurm die Seite an der Osterthorstrasse – auf der Abbildung fehlt noch die Strassenuhr selbst, die a la St. Mary-le-bow, Cheapside in London, quer gestellt ist -, der in der Bruchlinie der Front und der Ausmündung einer kleinen Querstrasse (Dechanatstrasse) gegenüber liegt. Er bildet eine allerdings aus der reinen Bedürfnissfrage der Aufgabe etwas hinausgewachsene, sehr willkommene Zuthat, die in dem Hauptstrassenzuge der Stadt schon von fern her auf das Gebäude hinleitet. Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass die künstlerische Richtung und Begabung der Erbauer sie davor bewahrt hat, auch nur an irgend einer Stelle ein gezwungen-akademisches Schema sichtbar werden zu lassen.

Durch die sichere und freie Behandlung der Flächen und Formen ist es ihnen geglückt, überall scheinbar selbstverständliche und einfache Lösungen zu finden.

In dieser Hinsicht bieten namentlich auch die Höfe mit ihrer einfachen Ausführung in Backstein-Fugenbau eine Reihe interessanter Beispiele, denen sich zur Erhöhung der Wirkung die oben erwähnten Brückenbauten charakteristisch anschliessen.

Neben dem abwechslungsvollen, aus der Struktur herausquellenden Formenreichthum im einzelnen fällt bei näherer Betrachtung die Fülle der sinnreichen und glücklichen Symbolik auf, mit der der bildnerische und ornamentale Schmuck durchflochten ist. Auf diesem gefährlichen und klippenreichen Gebiete haben sich die Künstler fast durchgängig mit Geist und Glück bewegt. Sie sind weder an den Klippen der Allegorie gescheitert, noch auf den Sandbänken der Banalität zum Festsitzen gekommen. Mit flottem Humor, bitterem Sarkasmus und drohendem Ernst sprechen rings um das Gebäude zu uns die Masken, Köpfe, Thier- und Menschenbilder, Pflanzenformen und Inschriften ihre eindringliche Sprache im Lapidarstil.

Abbildg. 2 – Erdgeschoss

Den Hauptschmuck der Domshaidefront bilden die Standbilder von 6 Männern mit ihren Wappen, die sich um das deutsche und bremische Reichswesen verdient gemacht haben.

Die Reihe beginnt mit Otto dem Grossen, der der Stadt das Marktrecht verliehen hat; dann folgen Daniel von Büren, Heinrich Krefting, Heinrich Meyer, Johann Smidt, 4 Bremer, die an dem Ausbau und der Kodifizirung des hansischen und stadtbremischen Rechtes gearbeitet haben. Den Schluss macht Kaiser Wilhelm I. als der Träger des deutschen Handels- und Strafrechtes. Die Bögen der dazwischen liegenden Fenster enthalten Kindergruppen in starkem Relief, die in ihrer Folge Spiel, Todschlag, Verhaftung, Verurtheilung und Nachgericht darstellen. Die entsprechender Schlusssteine tragen menschliche Gesichter mit dem Ausdruck von Freude, Schrecken, Schmerz, Trauer und Entsetzen. In den oberen Fensterbrüstungen sitzen die zehn Gebote in Goldbuchstaben in Glasmosaik in knapper alter- und volksthümlicher Form – jedesmal mit „Du sollst“ beginnend abgefasst. Die Pfosten der Schwurgerichtsfenster sind mit Kinderfiguren in Tracht und Haltung der römischen Liktoren geschmückt, nebenbei eine unbeabsichtigte Kritik unseres heutigen Juristenrechtes.

An den Säulensockeln der Vorhalle finden wir die Masken der verschiedenen Charaktere und Temperamente, des Sanguinikers, Cholerikers, des Brutalen, Dummen, Demüthigen, Scheinheiligen u. s. f.

Die grossen Bogenfelder des ersten Obergeschosses an der Violenstrasse enthalten die Kardinaltugenden, den Glauben (Kreuz, Kelch, Passionsblume), die Liebe (Pelikan, Rose), die Hoffnung (ein der Sonne zusteuerndes Schiff), die Gerechtigkeit (Waage mit gutem und bösem Engel), die Klugheit (die sich selbst erkennende, in einen Spiegel blickende Schlange), die Treue (zwei sich umschliessende Hände von Epheu umrankt), die Keuschheit (eine sich vor dem Monde verhüllende Jungfrau) und die Stärke (eine den Wolf an der Kehle packende Mannesfaust).

Als Hauptgesimsträger dienen an allen drei Fronten Löwenköpfe, abwechselnd mit Erinnyen-, Megären- und Medusen-Häuptern. Dazwischen sitzen in Majolika ausgeführte Wappen alter Hansestädte.

Abbildg. 4 – I. Obergeschoss

Einen weiteren wesentlichen symbolischen Schmuck bilden die Kragsteine des Bandgesimses über dem Erdgeschoss. Hier sind ringsherum Thiersymbole der Todsünden, Laster und Leidenschaften eingefügt, nämlich: die Schmähsucht als Kröte, die Heuchelei als Schlange, die Verleumdung als Hyäne, die Furcht als Hase, die Habgier als Geier, die Verlockung als Fuchs, der Hochmuth als Frosch, die Undankbarkeit als Esel, die Gottlosigkeit als Bock, die Völlerei als Bär, die Eitelkeit als Affe, die Rachgier als Kameel, die Raubgier als Wolf, die Thorheit als Strauss, die Unsauberkeit als Rabe und endlich die Sinnlichkeit als Schwein.

An der Osterthorstrassenseite sind noch die als kraftvolle Germania aufgefasste Justitia zu erwähnen, die hierüber befindliche, in Kupfer getriebene Strassenuhr, die von einem Triton und einer Nereide getragen wird und ferner die Symbole von Handel und Schiffahrt, den Quellen bremischen Wohlstandes!

Als Kämpfer des Portalbogens an der Buchtstrasse des Eingangs zu den Bagatellsachen des Schöffengerichts sind rechts und links Katze und Hund angebracht. Dieser bellt: „Kat, wat deist Du mit mienem Knaaken?“ Jene keift zurück: „Hund, dat sind miene Saaken!“ – Dahinter sitzen die Elster und die Eule. Im Innern des Gebäudes hat vor allem der Schwurgerichtssaal an seiner Holztäfelung eine reichere symbolische Ausschmückung erhalten. Hier sind an den vier Pfeilern der Fensterwand die Jahreszeiten angebracht. An der gegenüber liegenden Wand sind die zwölf Zeichen des Thierkreises dargestellt. Zwischen je zweien derselben sitzen der Reichsadler, das Bremer und das Hansawappen. An der Richterwand sind die sieben Todsünden, ihr gegenüber die sieben Kardinaltugenden angebracht, alles in Thier- und Ornamentsymbolik.

Mit Absicht haben wir etwas eingehender bei der Anführung der Symbole verweilt, da dies Gebiet unleugbar viel zu wenig von den Baukünstlern beackert wird und sich manches öffentliche Gebäude der Neuzeit trotz aller Pracht in dieser Beziehung durch eine wahrhaft trostlose Oede auszeichnet. Wenn in unserem Falle auch manches nicht ganz die Absicht Erreichendes, manches Schiefe – fast jeder Vergleich hinkt ja! – mit untergelaufen ist, so besticht doch der ganze grosse, sich darin aussprechende Ideen- und Gedankenkreis ungemein und regt zum Nachdenken und hoffentlich zur Nacheiferung an. Wir hielten es daher für keineswegs überflüssig, auch nach dieser Richtung die geistige Arbeit der Künstler klar zu legen. Denn das Bauwerk – als Baugedanke – soll auch in seiner Ausbildung ebenso durchdacht wie durchgefühlt und durchgestimmt werden!

So hat schon während des Baues diese ungewöhnliche Fülle von Andeutungen und Beziehungen die Bevölkerung zu näherer Betrachtung und Kritik gereizt. Einer Darstellung ist es dabei sogar herzlich schlecht ergangen, da sie einen bitteren Zeitungsstreit, Fehde und Misstimmung hervorzurufen drohte, und infolge dessen leider jetzt wieder entfernt ist. Unserer Ansicht nach mit vielmehr Unrecht, als die berühmte Inschrift in der Kaiser Wilhelm Gedächtnisskirche. Hier war es ein kecker „Bremer Junge“, der aus einem Gitter brach und „es lebe die Freiheit“ rief. Er sass über dem zweiten Obergeschossfenster des Erkers an der Osterthorstrasse. Aengstliche Gemüther und grüne Tuchherren meinten, an ein Gerichtsgebäude gehöre doch keine Aufmunterung des Eingekerkerten, auszubrechen!

Abbildg. 3 – II. Obergeschoss

An die Deutung dachten sie natürlich nicht, dass eine Strömung im neuen Recht die sittliche und moralische Freiheit des Einzelnen anstrebt! Jetzt sitzt an seiner Stelle ein nichtssagender Reichsadler.

Der innere Ausbau ist einfach und kräftig gehalten, dabei durchweg gediegen und die Konstruktion zeigend oder charakterisirend. Eine besondere, sicherlich gerechtfertigte Abneigung haben die Künstler vor dem „gewalzten Eisen“ gehabt. Die verwandten I-Träger werden kaum das Dutzend voll machen. Kaum irgendwo ist das Eisen bei Konstruktionen in anderer Weise als auf Zug verwandt. Die Gänge und Treppenhäuser sind durchweg massiv oder gewölbt hergestellt. Die grossen Sitzungssäle haben sichtbare Holzdecken erhalten. Das Kellergeschoss wurde zwischen Gurten mit Kreuzgewölben eingewölbt. Im übrigen ist für die Balkenlagen und Dachkonstruktionen das alte solide Holz verwandt.

Interessante und vielseitige Konstruktionslösungen bieten die Vorhallen, Gänge und Treppenhäuser dar; ihre Durchblicke sind zumtheil von reizvoller malerischer Wirkung. Ueberall haben sie bis Kopfhöhe eine Wandbekleidung von dunkelbraunen und grünlichen glasirten Backsteinen erhalten, über denen sich die hell bemalten und fast überall geschickt ornamentirten Wände und Gewölbe äusserst günstig abheben.

Die durchweg steinernen Treppen sind in der Haupttreppe mit Sandstein-, in den übrigen Treppen mit schmiedeisernen Geländern versehen. Besonders reich und vornehm wirkt das Haupttreppenhaus mit der grossen Ringangshalle, ganz in Handmalerei ausgemalt.

Von.den Sälen hat der Schwurgerichtssaal eine Holz-Kassettendecke erhalten, die auf einem Sandstein-Bogengesims ruht. Sie hebt sich aufs wirkungsvollste mit ihrer reichen ornamentalen Bemalung und stumpfer Vergoldung von den hell gemusterten Wandflächen ab. Einen noch kräftigeren Eindruck macht der Strafgerichts-Sitzungssaal mit seiner an englische Vorbilder erinnernden Holzbalkendecke und den Wandflächen in Backsteinfugenbau, an deren kurzen Seiten Wappen mit reichem Gehänge und frei ausflatterndem Spruchband und Blattgezweige unmittelbar auf den Backsteinuntergrund gemalt sind. In allen Sälen findet sich eine grosse Zahl auf Recht und Gericht passender Kernsprüche. Die Täfelungen der Säle – unserem Gefühl nach leider reichlich „modern“ und elegant ausgefallen – Thüren, Schränke und Möbel sind durchweg in Eichenholz ausgeführt, zum grössten Theile in höchst sauberer Arbeit, wie denn überhaupt die Ausführung überall grosse Achtung vor der Leistungsfähigkeit der Bremer Gewerkmeister abnöthigt. Die bauleitenden Künstler haben sich dabei in den Einzelnheiten vielfach nur anregend verhalten und den mit der Ausführung betrauten Meistern mehr rathgebend und Wünsche äussernd, als unbedingt fordernd zurseite gestanden. Auf diese Weise ist vielleicht ab und zu etwas zu Tage gefördert, das nicht unbedingt zu dem Vollkommenen zu zählen ist; dafür aber steckt überall im Gebäude frisches individuelles und zumtheil sehr glückliches naives Leben, frei von handwerksmässigen und technischen Schnitzern und namentlich frei von allem akademisch-büreaukratischen – auch in Architektenbüreaus herrscht heutzutage manchmal der „Kratismus“ des grünen Tisches! Schablonenthum.

Die ganze Gebäudegruppe hat elektrische Beleuchtung erhalten. Ebenso ist eine grössere Anzahl elektrischer Uhren durch das Gebäude angemessen vertheilt. Auserdem wird es durch ein sehr verwickeltes elektrisches Telephon-, Telegraphen- und Leutsystem durchzogen, das für den Verkehr und die Sicherheit zu dienen hat und sich auch nach aussen zu anderen Behörden (Polizei, Feuerwehr usw.) erstreckt.

Die Zentralheizungs- und Lüftungsanlage – unter besonderer Aufsicht des Hrn. Prof. Fischer in Hannover von der Hamburger Firma Rud. Otto Meyer in vorzüglicher Weise ausgeführt – geht in beiden Häusern von je einer Stelle aus. Die Erwärmung geschieht durch Niederdruck-Dampfheizung. Im Gerichtsgebäude sind für die Dampferzeugung von 0,15 Atm. Spannung sechs stehende Kessel, im Gefängniss vier angeordnet. Jeder der ersteren hat 16 qm Heizfläche, jeder der letzteren 10 qm. Jeder einzelne Kessel kann beliebig für sich beheizt und ausgeschaltet werden. Die acht grossen Säle haben Dampfluft-Heizung erhalten, wofür die frische, durch Stoffilter- gereinigte Luft in vier Heizkammern im Keller erwärmt wird. Die Kammern sind mit Mischschiebern versehen, um nach Bedarf warme und kalte Luft zu mischen. Bei 2-5 maligem Luftwechsel in der Stunde beträgt die höchste Luftwärme nie mehr als 40° C. Die Zuluft tritt in die Säle über Kopfhöhe ein. Dabei haben die Landgerichts-Säle im ersten Obergeschoss über der Eingangshalle in den Hohlräumen des Fussbodens besondere glatte Heizungsröhren erhalten. Zur Wärmeregelung sind Fernthermometer angelegt, die im Kesselhause die in den Sälen herrschende Wärme angeben. Die Abluft wird im Dachboden durch zwei Ventilatoren von 1,80 m Durchmesser abgesaugt, von elektrischen Motoren getrieben, die im Kesselhause ein- und ausgeschaltet und regulirt werden. Durch die Ventilatoren ist ein stündlicher Luftwechsel von etwa 34 000 cbm gesichert. Die 119 Dienst- und Wohnräume sowie die Gänge werden unmittelbar durch Heizkörper erwärmt, die mit Isolirmänteln versehen sind.

Zur Lüftung dieser Räume wird die vorgewärmte Luft der Gänge durch Schiebgitterverschlüsse in den unteren Thürfüllungen in die Zimmer eingeführt, während die Abluft zum Dachboden entweicht. Die Klosets werden durch stehende Dampfröhren erwärmt und unter Unterdruck gehalten. Die Heizkörper der Zimmer stehen grösstentheils in den Ecken der Innenwände, während die Gänge von den Fensternischen aus erwärmt werden. Zur Beurtheilung der Arbeitsleistung diene, dass etwa 17000 cbm zu erwärmen sind und bei 20°C. Kälte dafür 730 000 W. E. erfordern.

Im Gefängniss geschieht die Erwärmung der Zellen durch stehende Zylinderöfen mit Luftröhren, die entsprechend übereinander mit einem gemeinschaftlichen senkrechten Dampfrohr im Gange verbunden sind. Jeder Strang ist im Keller für sich auszuschalten. Eine Regelung der Wärmeabgabe der Zylinderöfen geschieht durch Einstellen oder Schliessen von Drehscheiben am Luftrohr. Die Dampföfen sind fest mit der Mauer verbunden, ohne die Wärmeausdehnung zu beeinträchtigen. Für die Zellenlüftung ist 20 cbm Luftwechsel für den Kopf und die Stunde vorgesehen.

Schwurgerichts-Saal

Die frische Luft wird ebenso wie im Gerichtsgebäude in drei Heizkammern im Keller erwärmt und nach Bedarf gemischt.

Sie tritt in den Gängen über Kopfhöhe aus und gelangt durch vergitterte abschliessbare Oeffnungen über den Zellenthüren in die Zellen. Die Abluft saugt im Dachboden ein elektrisch getriebener Ventilator von 1,2 m Durchmesser ab, der eine stündliche Leistungsfähigkeit von 12000 cbm Luft hat. Die Dampf-Heizkörper der Dienst- und Wohnräume werden ebenso wie im Gerichtsgebäude durch Isolirmäntel regulirt. Der Betsaal hat unter dem Podium gleichmässig vertheilte Heizrohre, an die die frische Luft unmittelbar von aussen gelangt. Ausserdem werden noch drei Badezellen erwärmt. Die ganze Leistung bezieht sich auf 8700 cbm Raum und erfordert bei – 20° C. Kälte etwa 333 000 W. E. für die Stunde.

Dieselbe Firma hat die Anlagen für den Betrieb in der Dampfkochküche und Dampfwaschküche, für die Desinfektion und Warmwasserbereitung der Bäder im Gefängnissgebäude hergestellt. Diese Anlagen werden von einem Kessel der Heizung durch besondere Dampf- und Kondensleitungen für Sommer- und Winterbetrieb gespeist.

In der Dampfwaschküche stehen ein Kochherd mit 6 Kesseln für 200 Personen mit 600 l Gefässinhalt, ein Kartoffelsiede-Apparat mit 150 l Inhalt, ein Wärmschrank mit Wärmeplatte und ein grosser Bratherd mit besonderem Feuer.

Zur Lüftung der Küche wird dem Kochherd frische Luft von aussen zugeführt, die sich an den Kesseln erwärmt und seitlich austritt. Zum Absaugen des Dunstes ist oben am Herd ein vergitterter Zylinder angebracht, der mit einem ansteigenden Fussbodenkanal und dadurch mit einem geheizten senkrechten Kanal in Verbindung steht.

Hierdurch wird der Dunst zum Dachboden geführt. Ebenso ist beim Bratherd ein besonderer Steigeschacht angeordnet.

Diese Anlage hat sich durchaus bewährt; denn die Küche ist stets dunstfrei.

Sitzungssaal der Strafkammer

In der Dampf-Waschküche stehen ein gusseiserner, emaillirter Waschkessel (Doppelkessel) von 350 l Inhalt, ein hölzerner Einweichbottich mit Dampfschlange von 700 l Inhalt, eine Zentrifuge für Handbetrieb von 350 kg Leistung, ein Trockenapparat mit sechs Kulissen und eine Handmangel. Im Desinfektionsraum im Keller befindet sich ein Apparat für Sprühdampf und trockene Wärme, 101° C., mit 2 cbm Nutzraum. Dieser ist in der Mitte durch eine Mauer abgetheilt. Auf der einen Seite wird die unreine Wäsche eingebracht, auf der anderen Seite die reine Wäsche herausgenommen.

Bei der Ausführung des ganzen Bauwerks ist eine ungemein grosse Schaar von Hilfskräften, Gewerkmeistern und Lieferanten betheiligt gewesen, wovon die grösste Mehrzahl Einheimische. Den Künstlern zur Seite standen während der ganzen Bauzeit der Architekt Ed. Thürmer, dem die Durcharbeitung der Einzelheiten oblag, und der Bauaufseher Felix. Zeitweilig im Baubüreau beschäftigt waren der Architekt H. Deetjen als Bauführer, Architekt Lassen als Möbelzeichner und die Architekten Alfred Klingenberg, Thiessen und Hans Franzius. Die Erdarbeiten wurden von Gebr. Lutter und Gebr. Conradi, die Maurerarbeiten von H. Schäfer und Joh Fr. Meeyer geleistet. 14 Lieferanten besorgten die Lieferung der verschiedenen Maurermaterialien, worunter namentlich die Siegersdorfer Werke für die Verblender und Joh. Odorico in Frankfurt a. M. für die Terrazzi der Gangfussböden zu erwähnen sind. Die zumtheil schwierigen und aussergewöhnlichen Steinmetzarbeiten hatten Schmalhausen und Freckmann, sowie Schmidt und Schäfer zu leisten. Zimmermeister war Herm. Tietjen. Nicht weniger als 26 Tischlermeister und 17 Schlossermeister waren am Bau thätig, bis auf 5 Firmen sämmtlich aus Bremen. Unter den ersteren erwähnen wir J. H. Schäfer & Co., Kellermann & Wildhagen und Heinr. Bremer, unter den letzteren J. v. Ameln, F. Höper, C. Kramer, W. Rennert und J. Leidenberg. Vier Klempner- und Kupferschmied-Meister wurden beschäftigt; 5 Firmen besorgten die Asphalt- und Pflasterarbeiten, von 3 Firmen wurde die Glaserarbeit bezogen. 11 Malermeister, bis auf einen alle Bremer, lieferten die umfangreiche und zumtheil künstlerische Ausmalung. Hierbei ist besonders O. Bollhagen hervorzuheben, der die reichen Dekorationen der Hallen, Gänge und Säle in ausgezeichneter und wirkungsvollster Weise herstellte. Die besonders schwierigen Arbeiten der Blitzableiter und elektrischen Leitungsanlagen leistete J. F. Biermann. Die elektrische Beleuchtungsanlage stammt von Schuckert & Co. Die meistens nach romanischen Vorbildern künstlerisch durchgeführten Beleuchtungskörper in den Sälen und Hallen lieferte A. Riedinger in Augsburg, die der übrigen Räume die Bronzewaarenfabrik in Wurzen, ersterer durch Baldewein & Sohn, letztere durch J. E. Neddermann. Unter 7 Bildhauer wurden die vielen figürlichen und ornamentalen Arbeiten vertheilt, davon lieferte Gundelach in Hannover die Figuren der Kaiser Otto und Wilhelm, die Brüder Fr. & W. Everding die übrigen vier Standbilder der Domshaidenfront. Lauer fertigte die Justitia an, Abbehusen alle Schnitzereien im Schwurgerichtssaal. Die vielen Sitzmöbel, Betriebsgegenstände, Utensilien und anderen kleineren Arbeiten wurden von 39 Bremer Firmen bezogen. Im ganzen Gebäude sind Tornado-Klosets verwandt, die von der Firma Theodor Huck geliefert wurden.

Das neue Gerichtsgebäude in Bremen. Ansicht von der Domshaide. Aufnahme von L. Koch in Bremen

Die Herstellungskosten des Bauwerks haben 2 250 000 M. betragen. Es stellt sich 1 qm der Fläche für das Gerichtsgebäude auf rd. 500 M., für das Untersuchungsgefängniss auf rd. 400 M. und 1cbm umbauten Raumes für das Gerichtsgebäude auf rd. 24 M., für das Untersuchungsgefängniss auf rd. 23 M.

Hierzu kommen die Kosten der inneren Ausstattung, der Beleuchtungsanlage, Telephonleitung, Wasserleitung, Beleuchtungskörper, Stoffe usw. mit rd. 334.000 M. Die in den Baukosten inbegriffene Heizungs- und Lüftungsanlage hat 111 000 M. ohne Ziermäntel erfordert. Mit Grunderwerb wurden rd. 1 213 000 M. aufgewandt, Mithin war eine Gesammtansgabe von rd. 3 800 000 M. erforderlich.

Darüber herrscht nirgendwo Zweifel, dass dieses Geld in der besten, zweckentsprechendsten Weise bei dem Gebäude ausgegeben wurde. Das Recht, dieses Schwert und Schild eines gesitteten Volkslebens, hat eine ihm würdige durch die Kunst geadelte Stätte gefunden, in der es zu Nutz und Frommen des Guten, zur Abwehr und Strafe des Bösen hoffentlich eine lange Zeit wirken wird. Die Stadt aber können wir freudig beglückwünschen, dass sie in diesem Falle die richtigen Künstler für die rechte Stelle gefunden hat!

Dieser Artikel erschien zuerst in zwei Teilen am 04.04. & 11.04.1896 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „R.“