Das Verkaufsgebäude der Siegel Cooper Company zu New-York

Architekten: de Lemos & Cordes. Im Jahre 1895 gelang es der Siegel Cooper Company zu Chicago, für die Zwecke eines mächtigen Verkaufsgebäudes ein sehr werthvolles Grundstück in der besten Geschäftslage von New-York zu erwerben, worauf die Bearbeitung der Pläne wie auch die Ausführung selbst den deutschen Architekten de Lemos und Cordes übertragen wurde.

Das neue sechstöckige Waarenhaus, dessen Erhöhung um zwei weitere Geschosse vorbehalten ist, hat bei einer Tiefe von 460 Fuss (an der 18. und 19. Strasse) seine Hauptfront (von 184 F.) an der vornehmen 6. Avenue (1 Fuss—= 0,805 m). Die Aussenmauern sind durchweg in Eisen und Stahlfachwerk mit einer Verblendung aus hellgelben Ziegeln und Terrakotten ausgeführt, die Haupteingänge aber durch hohe Rundbogenhallen mit kassettirter Wölbung aus Werkstein, sowie durch polirte Granitsäulen mit Bronzekapitellen hervorgehoben.

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Das gleichmässig durchgehende System breiter Schaufenster in allen Geschossen erfährt in der Mittelaxe, wie an den Ecken des Gebäudes eine wohlthuende Unterbrechung durch grössere Flächen, die durch die wirkungsvolle architektonische Zusammenfassung von drei übereinander angeordneten reicher umrahmten Fenstern der ganzen Front eine gewisse Kraft giebt. Aufbau, Theilung und Gliederung des Gebäudes lassen durch gutes Abwägen der Flächen, wie durch die maassvolle Haltung des Schmuckes den Einfluss der älteren Berliner Schule erkennen. Vor allem ist das auch mit dem Thurme der Fall, der in seiner mit einem elektrischen Scheinwerfer versehenen offenen Kuppel bis zu einer Höhe von 220 Fuss ansteigt und darin dem Rathhausthurm zu Berlin (73 m) gleichkommt. –

Untergeschoss
Erdgeschoss
Obergeschoss

Die Stockwerkshöhen betragen im Lichten für den Keller 12 Fuss, im Erdgeschoss 22 Fuss, im 1. Stock 16 Fuss, im übrigen 13 Fuss 6 Zoll. – Alle Fussböden werden von eisernen Säulen in Abständen von 19 bezw. 21 Fuss getragen, ein Maass, das in den Mittelgängen sich auf 21 Fuss steigert; die Böden selbst bestehen aus 12 Zoll tiefen, flach eingewölbten Hohlziegeln zwischen Stahlträgern, die ihrerseits die Fussbodenlagerhölzer aufnehmen. Die Spannweite der Gewölbe beträgt 7-8 Fuss. Mit Rücksicht auf Feuersicherheit sind alle Eisentheile mit Terrakotten ummantelt, auch unterhalb der Böden grössere Terrakottablöcke in Zement versetzt, um jeden Luftzug im Falle eines Brandes auszuschliessen. Die eisernen Säulen des Innern sind durchweg mit verputztem Drahtwerk umgeben. Im Erdgeschoss ist mit grossem Aufwande in der Mitte des ganzen Gebäudes ein geräumiges Treppenhaus angelegt, dessen Schmuck eine Marmorfontaine mit dem Standbilde der Republik (von Däniel French) bildet. Neben der 16 Fuss breiten Haupttreppe aus Eisen und Marmor, die bis zu dem obersten Geschosse führt, sind noch 4 weitere bequeme Treppen von 7 Fuss Breite an den Längsfronten vorgesehen. Der Haupttreppe gegenüber sind im Halbkreis 8 Personenaufzüge angeordnet; dem Verkehr zu den Anlagen über der Attika dienen zwei besondere Aufzüge an der Hauptfront. An der schmalen Rückseite nach Osten stehen dem Personal 2 Aufzüge und eine Diensttreppe zur Verfügung; ebendort liegen zum Keller hinab von jedem einzelnen Stockwerk Luftkanäle und Abfallschächte, sowie 4 Fahrstühle zur Beförderung der ankommenden Waaren. Der grösste derselben hat eine Abmessung von 12 x 16 Fuss. – Die verkauften Waaren gelangen durch einen Fahrstuhl nach der 19. Strasse in den Pack- und Expeditionsraum im Kellergeschoss und werden von dort durch 3 Aufzüge zur Strassenhöhe an die Wagen befördert.

Die Raumtheilung im Innern ist die folgende. Im Kellergeschoss liegt ausser den erwähnten Geschäftsräumen für Packen und Expediren noch eine Bade- und Waschanstalt für das Personal, ein Barbierladen, ein grosses Restaurant, ein Verkaufsladen und der Kesselraum für 10 Kessel mit 2000 Pferdekräften.

Im Maschinenraum stehen u. a. 8 Dampfmaschinen von 200 bis 250 Pferdekr., 1 solche von 75 Pferdekr. und rd. 40 elektrische Motoren für verschiedene Zwecke (Heizung, Beleuchtung, Lüftung, Küche usw.). – Die elektrische Beleuchtung leistet bis zu 20 000 Lampen von je 16 Lichtstärken; thatsächlich im Gebrauch sind 600 Bogen- und 8000 Glühlampen.

Das Erdgeschoss ist fast ausschliesslich als Verkehrsraum eingerichtet (Sales Room); im ersten Stock befinden sich daneben noch Damenzimmer (mit Toiletten), Arzt- und Krankenzimmer, Schreib- und Kinderzimmer; im zweiten und dritten die Büreaus des Geschäftes, im vierten und fünften Speise-, Lese- und Ankleidezimmer für das Personal.

Schliesslich ist oberhalb des Daches noch eine Ausstellung photographischer Aufnahmen und Ansichten, sowie daneben ein Pflanzenhaus von 6000 Quadratfuss angelegt.

Das Verkaufsgebäude der Siegel Cooper Company zu New-York (Arch. de Leomos & Cordes)

Das Gesammtgewicht der Konstruktionen in Eisen und Stahl beträgt 7500 t, zu deren Förderung an jeder der beiden Langfronten ein Dampfkrahn thätig war; die Arbeit ging dadurch so rasch voran, dass ein ganzes Stockwerk bezüglich der Eisenkonstruktion in nur zehn Arbeitstagen bewältigt werden konnte.

Bei Prüfung aller Theile während der Herstellung derselben musste Stahl eine Festigkeit von 60-65 000 Pfund auf den Quadratzoll zeigen; für die Elastizitätsgrenze galt die Hälfte dieser Beanspruchung.

Der Stahl, Bessemer oder „Open-Hearth-Stahl“, musste eine Biegung von 180 Grad gestatten bei einem Durchmesser von gleicher Dicke, wie die des zu prüfenden Konstruktionstheiles.

Die Gründung des Gebäudes erfolgte auf Felsboden und zwar in einer durchschnittlichen Tiefe von 24 Fuss; an der Rückseite mussten Sprengungen vorgenommen, an der Hauptfront die Versenkung der Kästen pneumatisch ausgeführt werden. Der Keller wird durch dauernde Abpumpung mittels eines vollständigen Entwässerungssystems trocken gehalten.

Die Ausführung des Riesengebäudes, an dessen Stelle vorher 42 Häuser standen, wurde am 1. Juni 1895 mit der Ausschachtung in Angriff genommen; im Januar 1896 war das Werk grösstentheils unter Dach und bereits im September 1896 konnte der Betrieb in demselben eröffnet werden – das Alles, trotzdem durch einen Streik noch etwa 10 Wochen verloren gingen! Ausserdem konnte die Westecke in der 6. Avenue erst am 1. Mai 1896 in Angriff genommen werden, weil dann erst der Miethsvertrag für ein kleines zweistöckiges Haus ablief, dessen Besitzer das Angebot einer Entschädigung von 10 000 Dollars für 6 Monate einfach ablehnte!

Betreffs der Inneneinrichtung sei erwähnt, dass alle Stockwerke mit einem selbstthätigen feuerlöschenden Netz von Röhren versehen sind, die einen Staubregen ergiessen. Die Gesammtkosten für das Gebäude betrugen (einschliesslich des Grunderwerbs von 2 Millionen) 3 608 000 Dollars, im Ganzen mit der Einrichtung nahezu 4 Millionen Dollars oder 16 Millionen M; im einzelnen für den Kubikfuss rund 13 ½ Cents. – Die Baukosten des Geschäftshauses Siegel Cooper Comp. setzten sich folgendermaassen zusammen: Ausgrabungen und Sprengung 80 000 Doll., Pfeilergründung und Kästen 40 000 Doll., Maurerarbeiten, Ziegel, Terrakotten, Verputz, Mosaik 460 000 Doll., Eisenarbeiten, Treppen und Gitter 430 000 Doll., Fussböden, Thüren, Fenster, Spiegel usw. 130 000 Doll., elektr. Aufzüge 70 000 Doll., Dampfkessel, Heizung, Ventilation 120 000 Doll. Zu- und Ableitung des Wassers 50 000 Doll., elektr. Installationen 120 000 Doll., andere Arbeiten, Honorare, Ueberschreitungen und Fehlbeträge, insgemein 108 000 Doll.

Von den ausführenden Architekten ist der eine ein Holsteiner, der andere ein Hamburger. Architekt de Lemos, früher (unter Geh. Baurath Kühtze) bei der Intendantur des 9. Armeekorps für das Kasernement in Altona beschäftigt, baute in New-York zunächst das Edenmuseum. Hr. Wilh. A. Cordes besuchte die Bauakademie zu Berlin, wurde dort Schüler von Martin Gropius, nachher von Hansen in Wien und siedelte 1880 nach New-York über. Der gemeinsamen Thätigkeit entstammen seit 1884 u. a. das Klubhaus des deutschen Männergesang-Vereins „Arion“, das damals im „Wochenbl. f. Baukunde“ veröffentlicht wurde, ferner der Grand Central Palace für Ausstellungszwecke und eine grössere Zahl moderner Geschäfts- und Wohngebäude.

Dieser Artikel erschien zuerst am 03.07.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „P. W.“.