Die Brücke Alexander’s III. in Paris

Der in der Diplomatie als ein Ereigniss ersten Ranges betrachtete Besuch des Zaren Nikolaus II. in Paris im Herbste des vergangenen Jahres ist die Veranlassung gewesen, in das aus diesem Anlass entworfene Festprogramm auch die Grundsteinlegung für eine neue Brücke aufzunehmen, die im Zuge der Esplanade des Invalides in breiter Fahrbahn die Seine überspannen und wichtige Theile des Geländes der Weltausstellung des Jahres 1900 mit einander verbinden soll.

Der Umstand, dass die Brücke einen Theil der Festbauten der Weltausstellung bilden wird und zwar einen hervorragenden Theil, war die Veranlassung, ihr eine ungewöhnlich reiche künstlerische Ausbildung zu geben, und da sie durch diese Ausstattung zu einem Bauwerke vornehmsten Ranges gestempelt wurde, so hielt man sie für würdig, einem Akte der Huldigung als Unterlage zu dienen, welchen man dem hohen Besuch dadurch erwies, dass man die Brücke nach seinem verstorbenen Vater zu benennen beschloss, unter dessen Regierung die „entente cordiale“ zwischen Russland und Frankreich sich entwickelte. Zar Nikolaus II. wurde eingeladen, die feierliche Grundsteinlegung der Brücke vorzunehmen und diese erfolgte am 7. Oktober 1896. Eine schöne Beilage der „Architecture“ ermöglicht es uns, unseren Lesern ‚ein anschauliches Bild des stattlichen Bauwerkes vorzulegen.

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Dasselbe ist in seinem konstruktiven Theil von den Ingenieuren Résal und Alby, in seinem künstlerischen Theil von den Architekten Cassien-Bernard und G. Cousin, die auch an den Ausstellungsbauten wesentlich betheiligt sind, entworfen worden. In einem kühnen eisernen Bogen von rd. 110 m Spannweite bei verhältnissmässig geringem Stich überspannt die Brücke die Seine. Dem eisernen Gefüge beabsichtigt man eine ähnliche architektonische Einkleidung zu geben, wie sie in so vortrefflicher und künstlerisch sehr zufriedenstellender Weise bereits die Brücken Morand und Lafayette in Paris erhalten haben, die den Fluss in mehren Bögen mit aufnehmenden steinernen Strompfeilern überspannnen und die in dem rhythmischen Wechsel von Steinpfeilern und umkleideter Konstruktion eine glückliche Massenabwägung zeigen. Für die Brücke Alexanders III. hat man nur einen Bogen gewählt, doch ist zu erwarten, dass bei der perspektivischen Verschiebung von den Ufern her die umkleidete Konstruktion, die überdies noch einen reichen ornamentalen Schmuck erhält, mit solcher Massenwirkung in die Erscheinung tritt, dass der Gegensatz zu der allerdings zerklüfteten Masse der Brückenköpfe nicht zu hart empfunden wird.

Die Brücke Alexander III. in Paris

Die erwähnten bereits ausgeführten Pariser Brücken zeigen den ungemein interessanten Versuch, die durch die Konstruktion und Bauökonomie beschränkte Masse des Metalles durch eine Umkleidung in ein künstlerisches Gleichgewicht zu bringen mit den aus Stein aufgeführten Theilen, wie z. B. Strompfeiler, Brückenköpfe usw. An beiden Brücken hat der Versuch eine glückliche Lösung gefunden und insbesondere der Pont Morand scheint für die Ausbildung der Fahrbahnstützen für die Brücke Alexanders III. vorbildlich gewesen zu sein. In beiden Fällen ist eine Verbindung der Stützen durch flache Korbbögen versucht worden; bei letzter Brücke ist die reine Linienwirkung durch dekorative Gehänge etwas beeinträchtigt.

Ueber die Anlage und Gestaltung der Brückenköpfe geben die Abbildungen genügenden Aufschluss. Es ist ein Fortissimo künstlerischen Reichthums, welches hier angeschlagen ist. Die Architektur ist sehr vornehm und würdig, das Ganze eine Meisterleistung dekorativer. Anlage.

Die Brücke Alexander III. in Paris
Die Brücke Alexander III. in Paris

Die Arbeiten an der Brücke sollen schnell gefördert werden. Bereits im Februar d. J. sind die Gründungsarbeiten um die Summe von 1 875 000 Frcs. an die Unternehmerfirma Letellier & Boutrinquien, welche auch die Gründungsarbeiten des Pont Mirabeau ausgeführt hat, vergeben worden.

Dieser Artikel erschien zuerst am 22.05.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-“.