Personenverlehr und Unterkunft der Passagiere. – Billetpreise. – Fahrt im Winter – Sibirische Ströme. – Landschaftliches – Die wichtigsten Stationen. – Irkutsk – Sibirische Ostrogs – Die unvollendete Umgehungsbahn. – Die Eisbrecher „Baikal“ und „ Angara“. – Station Baikal. – Etwas vom Baikalsee. – Die Transbaikal. und die chinesische Ostbahn. – Die Strecke Nagadan-Tsitsikar-Wladiwostok. – Folgerungen. – Russische Rüstungen. – Wladiwostok. – Bedeutung der Bahn für Rußland. – Die gelbe Gefahr. – Mangelhafte Vorstudien, unangebrachte Sparsamkeit und deren Folgen. – Facit.
Im landläufigen Sinn versteht man in Rußland zur Zeit unter der „sibirischen Eisenbahn“ nur die Strecke von Moskau bis Irkutsk, weil ein geregelter Personenverkehr vorläufig nur zwischen diesen Stationen stattfindet.
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Die mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten sogenannten sibirischen Schnellzüge verkehren auch nur bis Irkutsk, und zwar wöchentlich zweimal von beiden Seiten aus; am Mittwoch und Sonnabend aus Moskau, am Montag und Freitag aus Irkutsk. (Außerdem fahren noch täglich Personenzüge ab, die aber für ein längeres Reisen nicht zu empfehlen sind.) Solcher Schnellzüge, die gewöhnlich einen (grünen) Waggon erster und zwei (gelbe) Waggons zweiter Klasse führen, giebt es acht.
Für kürzere Strecken, nach Samara, Ufa, Tscheljabinsk, ist die zweite Klasse sehr zu empfehlen. Jeder Reisende erhält seinen Schlafplatz, denn es werden nur so viele Passagiere befördert, als Schlafplätze vorhanden sind.
Abends bereitet der Schaffner ein vollständiges Bett mit frischer Wäsche, Kopfkissen und warmen Decken. Die Lager sind angenehm breit, lang und sauber, die Kupees höher und überhaupt geräumiger, als in unsern einheimischen Schlafwagen. Alle Waggons sind ferner elektrisch erleuchtet, und an einem Restaurationswagen fehlt es ebensowenig, wie an Reiseapotheke, Toilette und Badeeinrichtungen, die beiden Klassen zugänglich sind.
Wer die erste Klasse wählt, thut es hauptsächlich der besseren Gesellschaft wegen. Meist aber ist die erste Klasse besetzter, als die zweite. Wer jedoch weiter nach Sibirien hineinfährt, thut trotzdem gut, erste Klasse zu nehmen, denn das Publikum der zweiten Klasse ist in Sibirien zuweilen etwas gemischt.
Nach Irkutsk dauert die Fahrt mindestens acht Tage und fast neun Nächte, und der Preisunterschied ist, in Anbetracht der langen Strecke, nicht so erheblich. Mit Sicherheit vermag ich allerdings die Preise nicht anzugeben, weil die russische Bahnverwaltung sie vor kurzem plötzlich und ohne weitere Bekanntgabe erhöht hat. Früher kostete ein Billet bis Irkutsk zweiter Klasse 56, erster 76 Rubel; heute zahlt man etwa 20 Rubel für jede Klasse mehr. In den Zügen, die die Nummern 3 bis 6 tragen (die Nummern sind außen an jedem Wagen angebracht), kann gegen Zuzahlung von einigen fünfzig Rubeln auch ein besonderes Halbkupee erworben werden. Doch ist von dieser Ausgabe entschieden abzuraten. Die Züge 3 bis 6 stehen überhaupt an Komfort den Zügen 1, 2, 7 und 8 erheblich nach. Sie werden von stockrussischen Beamten geleitet, und die Verpflegung in den Waggonrestaurants läßt zu wünschen übrig.
Nichtsdestoweniger gehört auch in ihnen das Reisen nach Sibirien heute keineswegs zu den Strapazen. Nur ziemlich langweilig ist die Fahrt. Im Ural und vor Irkutsk ist die Gegend zwar gebirgig, sonst aber, besonders im Winter, höchst öde und reizlos, da man dann auch von den imposanten Strömen, über die die Reise hinweggeht, so gut wie nichts sieht. Nicht weniger als 25 Flüsse und Ströme überschreitet die Bahn zwischen Tscheljabinsk und Wladiwostok, von denen nur die fünf größten, der Tobol, Ischim, Irtysch, Ob und Jenissei, genannt werden sollen, die bei den Stationen Kurgan, Petropawlowst, Omsk, Ob und Krasnojarsk überbrückt werden mußten. Nur wenige Europäer haben eine Vorstellung von der riesigen Ausdehnung und Breite dieser sibirischen Ströme. Im Winter sind sie natürlich mit Eis bedeckt und wegen der darauf lagernden, oft sehr hohen Schneedecke fast unsichtbar. Die Grenzen der Flüsse, die Ufer, sind häufig kaum erkenntlich. Nur das Geräusch des über die gewaltigen Brücken rasselnden Zuges erinnert einen an das Vorhandensein eines Tobol oder Jenissei.
Ein Blick aus einem Fenster des sibirischen Zuges zeigt meist ein wenig erfreuliches Bild. Die Landschaft sieht im Winter gewöhnlich weiß und der Himmel grau aus. Bei Sonnenschein verbietet sich außerdem das Hinausschauen auf die blendende Schneefläche sehr bald von selbst, und bei trübem Himmel vermag kein Auge den Horizont mehr zu erkennen. Das Weiß des Schnees nimmt schon auf hundert Schritte eine gräuliche Färbung an und vermischt sich schließlich völlig mit dem Grau des Himmels, so daß ein trostloses Bild, grau in Grau, entsteht und man zuweilen nicht weiß, ob der Zug durch eine riesenhafte, unendlich weite, graue Steppe oder zwischen bleigrauen Nebelwänden hindurchfährt.
Erst in der Nähe von Irkutsk treten die Waldungen bis dicht an die Bahn heran. Aber dieser ehemalige Urwald, der jetzt seitwärts vom Bahndamm auf etwa Werstbreite gelichtet ist, vermag dem Auge nicht viel zu bieten. Seit der Ausholzung ist längst wieder struppiger Unterwuchs nachgewachsen, aus dem heraus nur wenige kümmerliche Birken und Kiefern hervorlugen. Trotzdem wird die Mehrzahl der Reisenden der Natur schon für diese bescheidene scenische Aufbesserung dankbar sein.
Von einer eingehenden Beschreibung eine Eisenbahnfahrt durch Sibirien kann man füglich absehen und sich darauf beschränken, die interessantesten Punkte hervorzuheben.
Die ganze sibirische Eisenbahn von Tscheljabinsk bis nach Wladiwostok ist etwa 7500 Kilometer lang. Die wichtigsten Stationen auf der westsibirischen Strecke sind Tscheljabinsk (hier zweigt sich die Uralbahn nach Jekaterinenburg ab), Kurgan, Petropawlowet, Omsk.
Auf der mittelsibirischen (vom Fluß Ob bis Irtutk) Ob, Taiga (die Umsteigestation für die bedeutendste und größte Handels- und einzige Universitätsstadt Sibiriens, Tomsk), Krasnojarsk, Kansk, Irkutsk. Doch muß man außerdem noch der Station Simá, der letzten größeren vor Irkutsk, gedenken, denn hier wird die Gegend gebirgig und der Weg direkt gefährlich. Die Bahn überwindet bis nach Irkutsk ganz gehörige Steigungen, bis 18:1000. Da zudem für die Strecke zu leichtes Material verwendet ist, kommen auf ihr ziemlich häufig Eisenbahnunfälle vor, die allerdings offiziell nicht bekannt gegeben werden.
Irkutsk, die Hauptstadt Ostsibiriens, verdient eine kurze Besprechung. Die Stadt liegt hübsch am rechten Ufer der breiten, reißenden Angará, in die hier der Irkut einmündet, dem die Stadt den Namen verdankt. Im Hintergrund wird bereits das Baikalgebirge sichtbar. Irkutsk ist wie alle älteren sibirischen Städte, aus einem (jetzt verschwundenen) „Ostrog“ entstanden. Diese Ostrogs waren Holzfestungen, die während der Eroberung Sibiriens zum Schutz gegen die unbotmäßigen, kriegerischen, autochthonen Volksstämme angelegt wurden. Weiter im Osten kann man solche Ostrogs noch heutigen Tags antreffen, z. B. bei dem an der Lena gelegenen Jakutsk.
Irkutsk hat breite Straßen, ein Museum, ein Theater und eine schöne Kathedrale. Früher bildete es den Mittelpunkt für den Handel Sibiriens; dann machten ihm Tomsk und Omsk erfolgreich Konkurrenz. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß Handel und Industrie von Irkutsk infolge des Bahnbaus rapid in die Höhe gehen werden. Denn die wirtschaftlichen Einwirkungen der kaum vollendeten ostsibirischen Bahn haben sich bis heute noch nicht genügend geltend machen können. Auch baut man noch an der Anschlußlinie nach Ostsibirien, an der sogenannten Baikal-Umgehungsbahn von Baikal nach Myssowa. Die Eisenbahnverbindung nach dem Stillen Ozean ist mithin noch nicht völlig fertiggestellt.
Man hatte wohl im Anfang die Absicht, diese Strecke gleichzeitig mit den andern auszubauen. Aber ein findiger Kopf verfiel auf den Gedanken, den Verkehr über den Baikalsee durch gewaltige Dampffähren (Eisbrecher) auch während des Winters aufrechtzuerhalten und das Geld für die Strecke Baikal-Myssowa zu sparen. Merkwürdigerweise ging die Regierung auf dieses Projekt ein. Es wurden zwei Eisbrecher, „Baikal“ und „Angara“, angeschafft. Den größeren, den „Baikal“, lieferte Armstrong, und die einzelnen Teile wurden am Baikalsee zusammengesetzt. Der „Baikal“ hat auf seinem Deck einen dreigleisigen Schienensrang auf dem 25 Waggons stehen können. Er sollte die Züge auf seinem Rücken nehmen und an das andere Ufer fahren wo sie dann direkt auf das festländische Gleis hinüber und weiter rollen sollten. Der Gedanke war schön, aber unausführbar. Auf die Dauer vermochte der „Baikal“ trotz seines Hilfseisbrechers „Angara“, nicht das ein einhalb bis zwei Meter dicke Eis des Sees zu zermalmen, und beide Schiffe mußten bald, arg beschädigt, an das Ufer bei Station Baikal zurückgenommen werden. Nun wird an der Strecke Baikal-Myssowa, deren Fehlen sich sehr fühlbar macht, mit allen Kräften gearbeitet. Bei Station Baikal müssen alle Passagiere heraus aus den Waggons und, wenn der See zugefroren ist, in Schlitten hinüber ans andere, meilenweit entfernte Ufer.
Man hat dann hinlänglich Muße, sich den Baikalsee und seine hohen Ufer anzuschauen, und der Anblick ist in der That die lange Fahrt wert. Der Baikalsee ist der größte Bergsee der Welt, ringsum von nahezu 2000 Meter hohen Bergen und Felsen umgeben, die sehr steil, zuweilen fast senkrecht nach dem See zu abfallen. Besonders merkwürdig ist im Sommer sein spiegelklares Wasser, im Winter sein durchsichtiges Eis. Wer letzteres nicht gesehen hat, kann sich keinen Begriff von seinem krystallklaren Aussehen machen. Jeder Fremde, der zum erstenmal über eine schneefreie Fläche des Sees fährt, erschrickt, sowie der Schlitten über das wie offenes Wasser aussehende, ganz durchsichtige Eis hinweggleitet.
Die am Baikal liegenden Ortschaften (Baikal, Bargusin u.s.w.) werden von den Irkutskern gern als Sommerfrischen aufgesucht. Das Klima ist außerordentlich gesund (im Gegensatz zu dem sonstigen Sommerklima Sibiriens), und zudem ist der See überreich versehen mit den herrlichsten, schmackhaftesten Fischarten. Sogar die in Bezug auf Fische etwas verwöhnten Sibiriaken sprechen mit Begeisterung von dem Omul (Lachsart) des Baikalsees.
Jenseits des Sees beginnt die Transbaikalbahn, an die sich, an Chinas Grenze, die „chinesische Ostbahn“ anschließt. Da dies doch nur ein Euphemismus für „Kais. russische ostsibirische Eisenbahn“ ist, so wollen wir ruhig bei der Bezeichnung „ostsibirische Eisenbahn“ bleiben. Wir eilen damit zwar den geschichtlichen Ereignissen ein wenig voraus, fürchten aber nicht, durch sie desavouiert zu werden. Wer, beeinflußt durch die neusten Meldungen, Rußland beginne jetzt die Mandschurei zu räumen, anderer Ansicht sein sollte, den laden wir ein, einen kurzen Blick auf die Karte zu werfen und sich die interessante Strecke Nagadan-Tsitsikar-Wladiwostok anzusehen und ihrem Lauf zu folgen.
Man wird nicht glauben, daß Rußland da in der Zerstreutheit quer durch chinesisches Gebiet hindurch gebaut habe. Die Thatsache, daß Rußland erst über Sretensk (nicht Strietensk wie fälschlich auf den meisten Karten steht) hinausbauen, also auf russischem Gebiet bleiben wollte, sich plötzlich aber eines anderen besann und den Weg durch die Mandschurei nahm, spricht auch so für „reifliche Ueberlegung“, daß darüber kaum ein Wort zu verlieren ist. Ob Rußland schon heute an keckes Zugreifen denkt, oder die Frage vorerst dilatorisch behandeln und die Frucht noch weiter ausreifen lassen will, das dürfte lediglich von dem Widerstand abhängen, den andere Mächte ihm entgegenzusehen gesonnen und – imstande wären. Sicher ist jedenfalls, daß während der letzten Monate unverhältmismäßig viel Nachschübe an Truppen nach China und an die chinessche Grenze erfolgt sind, die bis zu dem Waffenplatz Tschita in Zivil reisten und dort erst militärisch eingekleidet wurden. Das alles sieht nicht danach aus, als ob Rußland daran dächte, einen der wichtigsten Abschnitte der Bahn, die ihn Hunderte von Millionen kostet, den Chinesen zu überantworten. Man nehme bloß den Fall an, Rußland würde plötzlich im Osten abermals in einen Krieg verwickelt, die Endstrecke seiner Bahn befände sich in chinesischen Händen, und die Verbindung mit dem so überaus wichtigen Hafen Wladiwostok wäre unterbrochen. Welche Hoffnungen aber Rußland an die Erwerbung dieses Hafenplatzes knüpfte, geht aus dem Namen hervor, auf den es die Stadt bei ihrer 1860 erfolgten Gründung taufte; „Wladi-Wostok“. Das heißt auf deutsch „Gebiete im Osten!“ Und außerdem hat man noch 1897 auf ein dem Admiral Newelski dort errichtetes Denkmal die Worte Kaiser Nikolaus I. hingesetzt: „Wo einmal die russische Flagge gehißt ist, darf sie nicht wieder sinken.“ Für Rußland hat die sibirische Bahn sowohl in politischer als in wirtschaftlicher Hinsicht eine so unendliche Bedeutung, daß es kaum vor einem großen Krieg zurückschrecken würde, um sich ihren ungeschmälerten Besitz zu sichern.
Wie bereits erwähnt, ist die Bahn etwa 7500 Kilometer lang, das Land, das sie durchläuft, ist zum größten Teil fruchtbares Ackerland. Wenn davon vorläufig bloß ein Streifen von 50 Kilometer Breite, nördlich und südlich der Bahnlinie, urbar gemacht wird, so besagt das für Rußland einen völlig neuen Zuwachs von 750 000 Quadratkilometern des besten Schwarzerdebodens. Ein deutlicherer Hinweis auf die enorme Wichtigkeit der Bahn läßt sich kaum erbringen; die nächste wirtschaftliche Zukunft Rußlands liegt darin ausgedrückt. Und das übrige Europa, mit Ausnahme von England, müßte von Rechts wegen Rußland noch dankhar sein, wenn es als Bollwerk gegen die „gelbe Gefahr“ dort unten seine ganze Kraft einsetzt.
Zu bedauern ist bloß, daß die Bahn technisch so gebaut ist, daß ihre Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird. Trug man sich in Petersburg doch anfänglich mit dem Gedanken, die Bahn schmalspurig anzulegen. Als dann der Bau normalspurig beschlossen wurde, wollte man wieder einmal am unrechten Ort sparen und nahm leichtere, billigere Schienen, die den Druck der schweren Waggons nicht aushielten, platzten und die Transporte gefährdeten.
Jetzt legt man bereits neue Schienen, und die Ausgaben hierfür haben sich natürlich verdoppelt. Als Entschuldigung wird angeführt, man habe einen solchen Verkehr nicht voraussehn können. Nach den Vorstudien war man nämlich zu der Ueberzeugung gelangt, acht Warenzüge täglich, vier von jeder Seite, würden den Güterverkehr mit Leichtigkeit bewältigen. Aber die Kommissionsmitglieder, die aus Petersburg nach Sibirien geschickt wurden, um an Ort und Stelle diese Frage zu studieren, waren nicht imstande, richtige Erhebungen zu machen. Sie verlangten von den sibirischen Großkaufleuten genaue Angaben über ihre Umsätze, Export und Import. Doch die Sibiriaken dachten, es handle sich um eine neue (Umsatz-) Steuer und gaben ihre Umschläge viel zu niedrig an, und so laufen heute, anstatt der berechneten vier, vierundzwanzig Warenzüge auf jeder Seite, und der Verkehr ist in fortwährendem Steigen begriffen. Es sind also bei der Durchführung des großen Werks viele Fehler begangen worden, die nach und nach, so gut es geht, wieder ausgemerzt werden müssen.
Im allgemeinen aber darf Rußland trotzdem recht wohl mit dem Erfolg zufrieden sein. Und Sibirien fast noch mehr. Der Schienenstrang wird es zu einem modernen und reichen Land machen, und die bisherige Landplage, die Verschickung und Ansiedlung von Verbrechern, muß aufhören, mit oder gegen den Willen der Regierung. Früher konnte man die Verbannten in den gewaltigen Einöden fast ohne Aufsicht lassen. Ein Entkommen war nur sehr wenigen möglich. Heute ist ein Entweichen aus Sibirien so leicht, daß die Regierung für jeden Verbannten einen besonderen Wächter bestellen müßte. Da das nicht angeht, hat man bereits eine Kommission ernannt, die dem Zaren Vorschläge darüber machen soll, welche Strafen als Ersatz für die unmöglich werdende Verbannung nach Sibirien eingeführt werden könnten.
Dieser Artikel erschien zuerst in die Woche 52/1902.