Kahrweg’s Asyl für arme Sieche in Bremen

Architekt: Johann Rippe in Bremen. Das in den beistehenden Abbildungen dargestellte Siechenhaus, zu dessen Begründung ein i. J. 1880 von dem Bremer Grosskaufmann Heinrich Kahrweg dargebrachtes Geschenk von 200 000 M. die Mittel gewährte, ist in den Jahren 1881 u. 82 in der westlichen Vorstadt Bremens, auf einem an der Nordstr. liegenden und auf einer Langseite von der Hansastr. begrenzten Grundstücke errichtet worden.

Der Entwurf zu demselben ist aus einem unter den „Bremischen Architekten und Baumeistern“ veranstalteten Wettbewerb hervorgegangen, bei welchem unter 10 eingelaufenen Plänen derjenige des Arch. Joh. Rippe den 1., derjenige des Arch. Heinr. Müller (†) den zweiten Preis erhielt.

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Die Anordnung der Anstalt, in welcher. vorwiegend nur arme, einer ständigen Pflege bedürftige Sieche (jedoch weder Geisteskranke noch Personen jugendlichen Alters) aufgenommen werden, die aber auch – soweit der Raum reicht – zahlenden Pfleglingen offen steht, ergiebt sich aus den Grundrissen. In dem einschl. der Decke 3 m hohen Kellergeschoss sind ausser der Leichenkammer und dem Sezirraume, sowie den Heizkammern nur Vorraths- und Wirthschaftsräume untergebracht; von den letzten treten jedoch Koch- und Waschküche aus dem Gebäudekörper vor, so dass ihnen grössere Höhe gegeben werden konnte. Erd- und Obergeschoss, je 4,6 m hoch, enthalten in den hinteren Ausbauten die Treppen, Aborte, Bade- und Verwaltungsräume, während der je zur Hälfte für Frauen und für Männer bestimmte Vorderbau ausschliesslich den Pfleglingen eingeräumt ist. Die Zimmer der letzten, in der Grösse von 2 bzw. 4 und 6 Betten (mit mindestens 40 cbm Luftraum für jedes Bett), sind zu sogen. „Kolonien“ mit gemeinschaftlichen Tagesräumen und Veranden vereinigt. Die Lage des Gebäudes ist so gewählt, dass Krankenzimmer und Veranden nach SO. und dem grossen Anstalts-Garten, Tages- Betriebs- und Nebenräume aber nach NW. sehen, so dass jene vorzugsweise Morgensonne, diese Abendsonne erhalten, beide aber vor der Mittagssonne und erste auch vor den an Sommerabenden oftmals einsetzenden kühlen Nordwinden geschützt sind.

Kellergeschoss
Schnitt
Erdgeschoss

Von der in Backstein-Fugenbau mit Glasurstein-Schichten gestalteten Aussenarchitektur des Gebäudes, die sich durch eine von dem Alltäglichen abweichende individuelle Haltung vortheilbaft auszeichnet, gewährt die hier mitgetheilte, aus der Hansastr. aufgenommene Ansicht der Hinterseite ein bezeichnendes Bild. Zur Eindeckung der Dächer ist englischer Schiefer verwendet worden. Das Innere ist mit einer dem Zweck des Hauses entsprechenden Einfachheit ausgestattet. Die Kellerräume sind durchweg gewölbt, die Treppen massiv auf schmiedeisernen I-Trägern mit eichenen Trittstufen ausgeführt worden. Zur Heizung dient eine von der Firma Rud. Otto Meyer in Hamburg hergestellte Heisswasser-Mitteldruck-Heizung in Verbindung mit einer Luftheizung, welche die vorgewärmte und filterreine frische Luft den in den einzelnen Räumen aufgestellten Heizkörpern behufs weiterer Erwärmung zuführt. Es ist dadurch die Möglichkeit gegeben, im Frühjahr und Herbst sowie in kalten Nächten das Haus mittels der Luftheizung mit frischer temperirter Luft versorgen zu können, ohne die grossen Wasserheizapparate in Thätigkeit zu setzen. Für den Betrieb der Koch- und Waschküche, sowie einer Desinfektions-Vorrichtung ist durch einen besonderen, im Keller liegenden Dampfentwickler gesorgt.

Ansicht der Rückseite

Die Kosten der Anlage haben für den Grunderwerb 40 396,99 M., für den eigentlichen Bau 197 358,24 M. und für die Einrichtung 26 204,60 M., i. g. Also 263 959,83 M, betragen. Da programmgemäss für 110 Betten vorgesorgt ist, so haben sich die Herstellungskosten für ein Bett somit auf rd. 2220 M. gestellt. Es muss jedoch bemerkt werden, dass das Haus z. Z. mit 140 Betten belegt ist.

Der über die ursprüngliche Stiftungssumme hinausschiessende Kostenbetrag ist gleichfalls aus freiwilligen Spenden, zum überwiegenden Theile von den Familien-Mitgliedern des Stifters, gedeckt worden.

Dieser Artikel erschien zuerst 1894 in der deutschen Bauzeitung.