Mittweida-Viadukt bei Annaberg (Sachsen)

Eine der letzten Eisenbahnlinien, welche an Stelle der bisherigen Haupt-Verkehrsstrasse des Königreichs Sachsen zu treten bestimmt sind, ist die am 1. Dezember v. J. in Betrieb genommene Strecke Annaberg-Schwarzenberg.

Bereits im Frühjahr vorigen Jahres war der Bau dieser Bahn im wesentlichen vollendet; nur eine grössere, durch Einfluss der Atmosphäre und des Regens sich mehrmals wiederholende Einschnitts-Rutschung hatte die Inbetriebnahme aufgehalten.

Die neue Bahn zweigt im Bahnhof Buchholz von der Annaberg-Weiperter Eisenbahn ab und steigt zumeist 1:40 bis zum Bahnhof Scheibenberg 623 m über Meeresspiegel, der Wasserscheide zwischen Mulde und Zschopau, von wo sie den nur 427 m über Meeresspiegel hoch gelegenen Bahnhof Schwarzenberg mittels künstlicher Linienverlängerung durch eine grössere Kehrenanlage erreicht.

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Hierbei macht sich erforderlich, bei den Orten Mittweida-Menkersbach ein Seitenthal in etwa 34 m Höhe zu überbrücken und hierzu dient der Mittweida-Viadukt. Es ist derselbe durch die Sächs. Staatseisenbahn-Bauverwaltung ausgeführt, von Hrn. Reg.-Bmstr. Krüger speziell konstruirt und berechnet worden; er bildet ein gutes Beispiel für die jetzt immer mehr und mehr zur Anwendung kommende sparsamere Verwendung des Eisens infolge rationellster Anordnung und genauerer Berechnung. Der Bau giebt ein Beispiel für die in Deutschland noch kaum vertretene amerikanische Brücken-Konstruktion des Trestle-Work und seine Pfeiler erinnern sehr an die 1875 für die Oroya-Eisenbahn in Peru ausgeführten Brücken Puente de Verrugas und Puente de Andri.

Mittweida-Viadukt

Der Viadukt hat eine Länge von 237,5 m, und zwar 3 Oeffnungen zu 12,5, 4 zu 20, 2 zu 25 m, wozu 2 Pfeilerstände von 5, 6 zu je 10 m Länge hinzu kommen; die Höhe dieser 8 Pfeiler ohne die darunter befindlichen gemauerten Sockel beträgt 1 mal 30, 2 mal 25, 1 mal 20, 2 mal 15 und 2 mal 12m.

Das gesammte Gewicht der Eisenkonstruktion einschliessl. Oberbau nnd Schienen beträgt 524 715 kg; es wurde geliefert und im verflossenen Winter während ziemlich ungünstiger Jahreszeit binnen 8 Wochen montirt durch die Königin-Marienhütte-Aktiengesellschaft in Cainsdorf bei Zwickau. Da für 100 kg der fertig gestellten Konstruktion nur 32 M. zu bezahlen waren, so stellen sich die Kosten für dieses Bauwerk aussergewöhnlich gering und betragen für 1qm überbauter lichter Profilfläche nur etwa 40 M., indess der wohl in Vergleich zu stellende Oschatz-Viadukt bei Weida (Ueber denselben und die daselbst angewendeten Pendelpfeiler s. Zivil-Ingenieur 1857 S. 233 ff) für das gleiche Maass berechnet 61,9 M. gekostet hat.

Bemerkt sei noch, dass die 3 kleineren Träger für die 12,5 m weiten Oeffnungen fertig genietet aufgezogen, die übrigen 6 dagegen auf Gerüsten oben montirt wurden und dass die Probebelastung sehr günstige Ergebnisse geliefert hat.

Für die Besichtigung dieses interessanten Bauwerkes ist nicht nur die genannte Station Mittweida-Menkersbach am Fuss des Viaduktes günstig gelegen, sondern auch die Benutzung der Bahn schon genügend, da man nicht blos über die Eisenkonstruktion hinweg, sondern auch 2 mal am Viadukt nahe der Thalsohle vorbei fährt.

Dieser Artikel erschien zuerst 1905 in der Deutschen Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit “T.”