Die Verhältnisse der Nordsee-Inseln sind in diesem Blatte schon häufiger Gegenstand mehr oder weniger ausführlicher Mittheilungen gewesen, ein Beweis dafür, dass die Inseln auch für den Architekten und Ingenieur Interesse besitzen.
Ein Theil dieser Inseln ist Ostfriesland, ein anderer Schleswig-Holstein vorgelagert; zwischen ihnen, bereits mitten in der Nordsee, erhebt sich das jüngst wiedergewonnene Felseneiland Helgoland. Die Inseln, welche dermaleinst zweifellos mit dem Festlande zusammen gehangen haben, gewähren diesem gegen den Ansturm der Fluthen einen grossen Schutz, während sie selbst, leider zumtheil in erheblichen Maasse, unter den fortwährenden Angriffen der Wogen und Wellen gelitten haben und in ihrem Bestande arg zurückgegangen sind. Es ist bekannt, dass namentlich die sogenannten Hallige der nordfriesischen Küste der Zerstörung derartig ausgesetzt sind, dass ihr Bestand auf das äusserste gefährdet erscheint, wenn nicht die Regierung das Erforderliche zu ihrem Schutze thut, wie sie es bei anderen Inseln bereits mit gutem Erfolg unternommen hat, so bei Sylt, Norderney und Borkum.
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Namentlich die letzte Insel legt Zeugniss davon ab, was ein verständig angelegter Uferschutz zu leisten vermag. Noch Mitte der 60er Jahre besass die Insel nach Westen hin einen sehr breiten und hohen Strand; dann aber entwickelte sich aus Gott weiss was für Ursachen ein Küstenstrom, der das ganze westliche und nordwestliche Ufer der Insel dermaassen in Abbruch brachte, dass eine Katastrophe unausbleiblich war. Die Regierung begann nun 1869 mit dem Bau mächtiger Buhnen, die allein aber nicht mehr schützen konnten, da sie zu spät in Angriff genommen waren. Mitte der 70er Jahre wurde deshalb die in No. 44 Jahrg. 1877 dieser Zeitschrift beschriebene Schutzmauer am Fusse der Dünen ausgeführt, die ihre Aufgabe ausgezeichnet erfüllt hat; zurzeit wird sie nach Süden zu noch erheblich verlängert. Das System der Buhnen ist ebenfalls noch vervollkommnet und erweitert – es sind deren imganzen jetzt 21 Stück vorhanden – so dass die Insulaner mit einiger Zuversicht über das Schicksal in die Zukunft sehen können. Zwischen den Buhnen ist bereits eine tüchtige Versandung eingetreten, infolge dessen der Strand bei Ebbe jetzt wieder eine ansehnliche Breitenausdehnung, an einzelnen Stellen sogar über den Kopf der Buhnen hinaus, besitzt. Interessant ist die Verwendung von Basaltsäulen in Stücken von etwa 0,80 m Länge zum Buhnenbau. Der Basalt krystallisirt bekanntlich in sechseckigen Säulen, die sich daher vorzüglich im Verbande verlegen lassen. Entweder sind die Stücke nun senkrecht nebeneinander gepackt oder wagrecht neben- und übereinander geschichtet. Die Kosten sämmtlicher Strandbauten werden nach Vollendung aller in Aussicht genommener Werke etwa 1 250 000 M. betragen, gewiss eine geringe Summe im Vergleich zu dem unendlichen Nutzen, den die Erhaltung gerade dieser Insel gewährt.
Wenn mithin rechtzeitig und rationell angelegte und gut unterhaltene Uferschutzwerke wohl geeignet sind, die zerstörende Wirkung des Meeres aufzuheben, so muss es mit einer gewissen Besorgniss und Wehmuth erfüllen, wenn man sieht, wie für unser jüngst wiedergewonnenes Felseneiland Helgoland bis jetzt in dieser Hinsicht noch garnichts geschehen ist. Und doch liegt die Westseite der Insel gänzlich im Abbruch. Hier ist es aber nicht blos die zerstörerische Wirkung des Meeres, die inbetracht kommt und unablässig am Fusse des weichen rothen Sandsteinfelsens nagt, hier wirken auch Regen und Frost in gleichem Maasse mit. Der rothe Sandstein ist nämlich von hellen Thonschichten durchsetzt und die Schichten fallen von Westen nach Osten, so dass dem Schlagregen sein auswaschendes Zerstörungswerk erheblich erleichtert wird. Dauernder Schutz würde demnach nur durch Aufführung einer Mauer in ganzer Höhe des Felsens zu erzielen sein. Ausser dem Felseneilande muss aber noch die Düne geschützt werden, die bekanntlich, im vergangenen Winter von den Sturmfluthen arg mitgenommen ist, mit deren Bestande aber der Wohlstand Helgolands und seine Bedeutung als Seebad steht und fällt. Dies führt zu der weiteren wichtigen Eigenschaft der Nordsee-Inseln, nämlich ihrer von Jahr zu Jahr zunehmenden Bedeutung als Seebäder.
In dieser Beziehung haben die Inseln allerdings eine verschiedene Entwicklung durchgemacht. Alle haben es nicht so gut gehabt, wie Norderney und Helgoland. Da, wo das Bad Eigenthum der Gemeinde ist, ging es meist nur langsam vorwärts. Da alle Baumaterialien vom Festlande herübergebracht werden müssen, ist das Bauen nicht billig und doch werden jetzt meist Ansprüche an Komfort und an sanitäre Einrichtungen seitens der Badegäste gestellt, die gebieterisch Befriedigung verlangen, wenn der Strom der Badegäste sich einer solchen Insel zuwenden soll. Kein Wunder, wenn daher manche Gemeinde in Schulden gerathen ist!
Allen Inseln voran steht Norderney, nach Borkum die grösste der ostfriesischen Inseln. Das Bad ist fiskalisch und bereits Ende des vorigen Jahrhunderts von den ostfriesischen Ständen begründet und dann 1819 an die Krone Hannover übergeben worden. Die Zahl der Fremden beträgt bereits über 20 000 im Jahre. Die erheblichen Mittel, welche stets zur Verfügung standen, haben es ermöglicht, hier in ausgedehntem Maasse Einrichtungen zu schaffen, die auch den Ansprüchen verwöhnter Fremder inbezug auf Bequemlichkeit und Annehmlichkeit, Abwechselung und Zerstreuung genügen dürften. Durch den Bau der ostfriesischen Küstenbahn endlich ist die Verbindung mit dem Festlande eine sehr bequeme geworden; die Wasserfahrt zwischen Norddeich und Norderney beträgt nicht einmal mehr 1 Stunde. In den letzten Jahren ist elektrische Beleuchtung eingeführt und eine Promenade auf der Schutzmauer, die die Insel nach der See zu in einer Länge von etwa 1700 m umgiebt, zur Abendstunde, beim Lichte der Bogenlampen, dürfte auch verwöhnte Gemüther vollauf befriedigen.
Auch hier in Norderney hat man sich überzeugt,. dass eine Erweiterung der Uferschutzwerke durchaus geboten sei und ist daher eine solche in Aussicht genommen.
Ein glückliches Geschick scheint überhaupt über dieser Insel zu walten! So ist es gelungen, ein vorzügliches Trinkwasser zu erbohren, woran die Inseln sonst durchweg Mangel leiden; das Hauptgetränk der Insulaner bildet das in Zisternen aufgefangene Regenwasser. Hierdurch ist die Badeverwaltung andererseits aber wieder in den Stand gesetzt, eine regelrechte Schwemmkanalisation einzuführen, so dass in dieser Beziehung die Verhältnisse ebenfalls vortheilhaft gegen die der anderen Inseln abstechen. In den Dünen sind bereits 5 ha Rieselfelder angelegt. Hervorzuheben sind ferner die Bemühungen, die Vegetation der Insel durch Baum-Anpflanzungen- und Schaffung ausgedehnter Rasenflächen, um das bei heftigem Winde so lästige Sandtreiben zu vermindern, zu heben. Kurz und gut, es ist nicht zu viel behauptet, dass die sanitären Einrichtungen auf der Höhe der Zeit stehen.
Der Ort selbst zerfällt gowissermaassen in zwei Theile, in das ursprünglich innerhalb der Dünen gelegene Dorf und die aus den Bedürfnissen des Badelebens hervorgegangenen, sich wie ein Ring um die alte Ansiedelung nach Westen und Norden legenden Stadttheile, denen die Dünen haben weichen müssen und die sich bis hart an die Schutzmauer erstrecken. Diese Theile zeigen regelmässige Strassenzüge, während das alte Dorf naturgemäss aus einer Anzahl schmaler und schmalster Gässchen besteht. Alle Strassen sind mit etwa 5 cm starken Hartbrand-Klinkern gepflastert, wie es ja in Ostfriesland und Holland allgemein üblich ist. Wenig erfreulich ist in der Hauptsache die Architektur der Häuser: geschlossene Bebauung und himmelaufragende Miethskasernen, wie wir sie in Berlin nicht schlimmer aufzuweisen haben. Es ist in diesem Blatte, Jahrg. 1893, S. 75 bereits mit Recht auf das Verderbliche der für Norderney erlassenen Baupolizei-Ordnung hingewiesen. Man sollte es nicht für möglich halten, was menschlicher und juristischer Unverstand zu leisten vermag. Aber man gehe nach Norderney und sehe die Folgen einer Baupolizei-Ordnung, die der Berliner einfach aus den Rippen geschnitten ist.
Zum Bau eines neuen Konversations-Hauses hat man sich nicht entschliessen können, das alte vielmehr nur neu aufgeputzt; dagegen ist ein Kurtheater nach den Plänen des Architekten Holekamp-Hannover erbaut, wodurch einem lebhaften Bedürfnisse abgeholten sein soll.
Von ganz besonderer Bedeutung für Norderney ist das in den Jahren 1884-1886 durch den Verein für Kinderheilstätten, der 1881 von dem Geheimen Medizinalrathı Prof. Dr. Beneke gegründet worden ist, unter Leitung des Landbauinspektors F. Nienburg erbaute Seehospiz Kaiserin Friedrich (Abb. Seite 548). Das Hospiz umfasst in 6 grossen Pavillons 240 Betten und hat die Aufgabe, die ausserordentliche Heilkraft der Seeluft vorzugsweise Kindern aus den minderbegüterten Volksklassen zugänglich zu machen. Sämmtliche Bauten sind naturgemäss in Backstein-Fugenbau ausgeführt. Durch kaiserliche Munificenz, eine Silberlotterie und ein ansehnliches Geschenk eines ungenannten Deutsch-Amerikaners flossen die Mittel zum Bau in der Hauptsache zusammen. –
Nicht so leicht wie Norderney ist der Nachbarinsel Borkum ihre Entwicklung geworden, in der sie übrigens Zur vollauf begriffen ist. Die Insel, welche 1873 etwa 1200 Badegäste zählte, hat deren in diesem Jahre bereits über 12 000 aufzuweisen gehabt und hat damit die Besuchsziffern von Sylt (in diesem Jahre 10 000) erheblich überholt. Borkum, die grösste und schönste der deutschen Nordsee-Inseln, gleich ausgezeichnet durch seine ausgedehnten grünen Weiden, seine interessanten Dünenbildungen, wie durch seine Fauna und Flora, war bis Mitte der 60er Jahre eigentlich nur ein ostfiesisches Provinzialbad, kam dann aber, wie die obigen Zahlen beweisen, sehr in Aufschwung. Es ist das Eldorado der kinderreichen Familien der westlichen Provinzen Preussens. Die bauliche Entwicklung ist genau, wie bei den anderen Inseln. Binnenseits das alte Dorf mit den krummwinkligen, regellosen Gassen und Gässchen, mit den alten Hotels vergangener Zeiten, dann in den Dünen der Westseite bis an den Strand neue Anlagen und grosse moderne Hotels. Naturgemäss ist im Dorfe sehr viel gebaut worden; der Backstein-Fugenbau überwiegt, Grundrissbildung und Aufbau entsprechen den üblichen Typen Oldenburgs und Hannovers.
Durch das monotone Roth der Häuser, das nur wenig durch grünes Strauchwerk und grüne Bäume gemildert wird, bietet der Ort ein etwas tristes Aussehen. Die gang und gäbe Bauart muss umsomehr Wunder nehmen, als die nahe liegenden Vorbilder in Emden, Delfzyl und Groningen ein viel freundlicheres Aussehen bieten. Mit der Pflasterung der Strassen ist man noch sehr zurück; die Fahrdämme sind meist noch regellose Sandmassen. Die Wasserverhältnisse lassen sehr zu wünschen übrig und wenn auch vor einigen Jahren eine Kanalisation eingeführt ist, so umfasst diese doch nur die regelrechte Abführung der Küchen- und Hausabgänge. Die Fäkalien werden noch in Gruben aufgefangen. Alle diese sanitären Einrichtungen in kurzer Zeit in der Weise durchzuführen, wie es in Norderney geschehen ist, ist allerdings in Borkum unmöglich. Dort standen ausgiebige fiskalische Mittel zur Verfügung, hier muss die Gemeinde alles aus sich heraus schaffen. Und die Zunahme des Besuches zeigt, dass den Borkumern die Verhältnisse doch etwas über den Kopf gewachsen sind. Man hat auf Schritt und Tritt die Empfindung, dass es an einem energischen, einheitlichen Willen gebricht, der imstande wäre, die Bade-Einrichtungen, die Gestaltung des Ortes auf die Höhe der Zeit zu heben. Vor einem aber möchten die Borkumer bewahrt werden, vor einer Bauordnung, wie sie Norderney erhalten hat; dagegen wäre es wohl erwünscht, ihr eine landhausmässige Bebauung zu sichern; denn leider erheben sich bereits hier und da geschmacklose Häuser, die den geschmackvollen Namen „Villa“ tragen.
Von Konversationshaus, Theater und anderen schönen Dingen will das Borkumer Badepublikum übrigens nichts wissen. Und das mit Recht! Der Charakter des Aufenthalts würde dadurch vollkommen geändert werden und manche kinderreiche Familie würde gezwungen sein, den liebgewonnenen Aufenthalt auf der Insel aufzugeben und sich nach einem von der Kultur weniger beleckten Orte umzusehen. Wer diese Zuthaten grossstädtischer Wintersaisons auch während des Sommers nicht entbehren, wer sich an der Natur nicht genügen lassen kann, der gehe nach Norderney! Letzthin ist nun auch noch die Insel Juist in Wettbewerb getreten. Sie ist ungefähr auf dem Standpunkt wie Borkum vor 30 Jahren. Ihre Verbindung mit dem Festlande ist von Norddeich aus eine gute und bequeme, wie denn durch die Anlage der ostfriesischen Küstenbahn Norderney und Juist sehr gewonnen haben. Eine weitere erhebliche Bedeutung bieten die ostfriesischen Inseln, durch die auf ihnen errichteten Seezeichen für die Schifffahrt, speziell für die Einfahrt in die Ems, Weser und Elbe.
Die Befeuerung der deutschen Küsten ist in den letzten Jahren systematisch durchgeführt; eine grosse Anzahl von neuen Seezeichen für Tag und Nacht ist errichtet, so dass den einsegelnden Schiffen der Weg klar und deutlich gewiesen ist. Für das Befahren der Flussmündungen bei Nacht sind amtliche Segelanweisungen ausgearbeitet, die jedem Schiffsführer auf’s genaueste seinen Kurs vorschreiben. Dem von hoher See aus dem Lande bei Nacht sich nähernden Schiffer erscheinen als erste Wahrzeichen die festen Leuchtfeuer von Borkum bezw. Norderney, Rothe Sand und Helgoland. Die Einfahrt in die Elbe, Weser und den Jahdebusen erfolgt dann in der Hauptsache mit Hilfe von weiteren festen Leuchtfeuern und Feuerschiffen. Unverhältnissmässig schwierig ist dagegen die Einfahrt in die Ems, da hier der Strom durch die verschiedensten Platten und Sande, durch die ein- und vorspringende Theile der ostfriesischen und holländischen Küste vielfach in seiner Richtung verändert wird. Das Studium der amtlichen Segelanweisung für die Befahrung der Ems zur Nachtzeit muss Jedem, der sich für Schiffahrt interessirt, grossen Genuss bereiten.
Dass die Aufgabe aufs beste gelöst ist, geht aus Aeusserungen der Schiffer hervor, wonach das Befahren der Ems bei Nacht jetzt leichter als bei Tage sei.
In dem Beleuchtungsplane nehmen die Feuerzeichen Borkums die erste Stelle ein. Bereits im 16. Jahrhundert wurde auf Borkum ein 120 Fuss hoher Thurn als Tagesmarke für die Ems-Schiffahrt errichtet; im Winter 1780 wurde ausserdem noch eine Feuerbake für die Nachtbeleuchtung eingerichtet. Die Beleuchtung erfolgte durch Steinkohlenfeuer, welches von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang unterhalten wurde; durchschnittlich wurden jede Nacht 2000 Pfund Steinkohlen verbraucht. Erst 1817 wurde der Thurm zu einem Leuchtthurm umgewandelt. Statt der mit Schiefer gedeckten Spitze wurde eine Glaskuppel aufgesetzt, in der allnächtlich 27 Oellampen brannten. 1857 wurden diese durch ein katadioptrisches Licht nach Fresnel’schem System ersetzt, welches auf 13 Seemeilen ein weisses festes Licht zeigte. Mit der Zeit genügte auch dieses nicht mehr wegen der zu geringen Höhe des Thurmes. Durch eine 1879 in dem alten Thurme ausbrechende Feuersbrunst wurde der ganze Apparat vernichtet; man entschloss sich nun sofort, in den Westdünen einen neuen Thurm zu errichten (Abbild. S. 545) Das Feuer desselben liegt 63 m über ordinärer Fluth. Die Kosten des Thurmes haben etwa 205 000 M. betragen, die des Apparates – Fresnel’scher Linsenapparat erster Ordnung, die Lampe besitzt 5 konzentrische Dochte; zu ihrer Speisung werden jährlich etwa 5000 kg Petroleum verbraucht – etwa 59 000 M. Um Verwechselungen mit dem festen Helgoländer Feuer, die dem Schiffer schon so oft verderblich wurden, zu vermeiden, besteht das jetzige Feuer in einem weissen, von 2 zu 2 Minuten einen hellen Blink gebenden Drehfeuer.
Wie bereits bemerkt, ist dieses Feuer nur dazu bestimmt, als festes Seefeuer die Schiffer auf die Nähe der Küste aufmerksam zu machen. Für die sichere Einfahrt in die Ems dient dagegen das Licht des auf den Südwestdünen neu erbauten Leuchtthurmes (Abbild. S. 542). Der Leuchtapparat ist mit elektrischem Licht ausgestattet und liegt 32 m über Fluth. Das Licht leuchtet 16 Seemeilen weit. Das Feuer erscheint dem einsegelnden Schiffer entweder als festes Leitfeuer oder als Blitzfeuer. Je nachdem der Schiffer eine gerade oder eine ungerade Anzahl von Blitzen zählt, befindet er sich links oder rechts von dem Leitfeuer, ist er links oder rechts vom Fahrwasser abgewichen.
Hiermit ist im grossen und ganzen das ganze Geheimniss der gefahrlosen Einsegelung in die Ems gegeben. Durch die Errichtung der festen Leitfeuer auf Borkum, in Pilsum und Campen (ostfriesische Küste), Watum und Delfzyl (holländische Küste) und an der Knock (ostfriesische Küste), die alle mit Apparaten nach Otter’schem System ausgerüstet sind und dem Schiffer entweder als feste Feuer oder als Blitzfeuer erscheinen, werden diesem die erforderlichen Kurswechsel allemal rechtzeitig angegeben und er gelangt so gefahrlos bis zur Emdener Rhede.
Wen sein Reiseziel nach Borkum führt, versäume nicht, namentlich im Spätsommer, wo die Abende bereits länger werden, sich an einer der häufiger unternommenen Ausflüge nach Delfzyl zu betheiligen. Auf der Rückfahrt, die in später Stunde erfolgt, kann er dann den ganzen Apparat von Leuchtfeuern und Feuerbaken in Thätigkeit sehen und sich selbst davon überzeugen, in welch ausgezeichneter Weise dieser funktionirt. Von besonderem Interesse dürfte auch der ganz in Eisenfachwerk konstruirte 62 m hohe Leuchtthurm von Campen, das höchste Leuchtfeuer Deutschlands, sein (Abbildg. S. 545.)
Hat man die Hinreise zu den ostfriesischen Inseln über Hamburg oder Bremen genommen, so lohnt es, die Rückreise über Emden zu nehmen. Die Stadt bietet manches Interessante. So in erster Linie das 1574-76 im Renaissancestil erbaute Rathhaus, welches eine der schönsten Waffensammlungen birgt, dann die grosse reformirte Kirche und anderes mehr. Freilich die Blüthezeit Emdens liegt weit hinter uns. Für Ostfriesland ist in letzter Zeit durch den Bau der ostfriesischen Küstenbahn und des Ems-Jahde-Kanals viel geschehen.
Dieser Artikel erschien zuerst am 02.11.1895 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „Pinkenburg“.