Zahnradbahn mit elektrischem Betriebe in Barmen und elektrische Hochbahn im Wupperthal

Im vorigen Sommer ist in Barmen die von der Firma Siemens & Halske, Berlin, erbaute Barmer Bergbahn dem Verkehr übergeben worden, die erste ihrer Art, die den elektrischen Betrieb mit der Anwendung der Zahnstange verbindet. Ueber die Ausführung dieser Bahn entnehmen wir einer Veröffentlichung des Reg.-Bmstrs, Lorche in Barmen die folgenden Mittheilungen.

Zweck der Bahn ist die rasche und billige Beförderung von Personen in die reizvolle Umgebung, auf die Höhe der Bergischen Lande. Sie beginnt daher im Herzen der Stadt, überschreitet mittels Ueberführung die Bergisch-Märkische Eisenbahn, kreuzt mehrfach belebte Strassen in Erdgleiche, bedient sich auf längere Strecken der Strasse als Bahnkörper und läuft in den Barmer Wald ein, in dem sie auf der Höhe des Bergkammes am Toelle-Thurm, einem besuchten Aussichtspunkt endet. Hier schliesst sich eine gewöhnliche Schmalspurbahn mit Lokomotivbetrieb an und stellt die Verbindung mit der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn her und hierdurch mit den besuchtesten Ausflugsorten der Umgegend.

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Die Bahn hat eine Gesammtlänge von 1630 m, ersteigt imganzen 170 m Höhe, hat also eine mittlere Steigung von 1: 10, die stärkste Steigung beträgt 1: 5,4; der kleinste Halbmesser ist 150 m.

Unter den gegebenen Verhältnissen konnte nur eine Drahtseilbahn oder Zahnradbahn infrage kommen. Ursprünglich war die Ausführung der ersteren geplant, und zwar mit Wasserkastenbetrieb, wie er zuerst an der Giessbach-Bahn zur Anwendung gekommen ist. Wegen der Schwierigkeit der Ausführung von Strassenkreuzungen in Erdgleiche bei diesem System und wegen der begrenzten Leistungsfähigkeit entschied man sich für die Zahnradbahn, und zwar für eine solche mit elektrischem Betriebe, da man die Belästigung durch Lärm und Rauch einer Lokomotivbahn für das Stadtinnere für unzulässig hielt.

Die Bahn ist zweigleisig und mit einer Spurweite von 1 m ausgeführt. Die Zahnstange ist nach Riggenbach ausgebildet und liegt in Gleismitte. Sie ist zusammen mit den Schienen auf eisernen Querschwellen in 1 m Abstand gelagert. Auf den Strassenkörpern sind Phönixschienen, auf der freien Strecke Vignolschienen angewendet. Um das Wandern der Schienen und der Zahnstange zu verhindern, stützen sich diese mit besonderen Ansätzen gegen die Schwellen. Um den gesammten Oberbau gegen Abrutschen zu sichern, sind alle 30-40 m Querschwellen auf tief gegründeten Pfeilern fest verankert. Die Schienen haben 9 m Länge und ihre Stösse sind unterstützt, während die Zahnstange in Stücken von 3 m und mit schwebenden Stössen ausgeführt ist.

Die Stromzuführung ist eine oberirdische. In Gleismitte liegen in 5 m Höhe über Strasse kupferne Längsdrähte, die isolirt an Querdrähten aufgehängt sind. Letztere werden von Stützen an den Seiten der Strassendämme getragen, die im Innern der Stadt als reich verzierte Säulen aus Mannesmannrohr ausgebildet sind. Die Rückleitung erfolgt durch die Schienen, die an den Stössen mit Kupferdrähten gutleitend verbunden sind, Die Stromspannung beträgt 500 Volt.

Auf der Bergbahn sind zurzeit nur Personenwagen eingestellt, die mit 2 Kontaktwellen auf der Wagendecke den Strom aus dem Fahrdraht entnehmen. Sie enthalten 28 Sitzplätze, 6-8 Stehplätze, sind 8 m lang, 2,45 m breit und in 4 Abtheilungen getheilt. Der Zugang zu den beiden mittleren erfolgt von den Seiten, der zu den beiden äusseren von den Plattformen am Kopfende. Jeder Wagen ist mit 2 Zahnrädern und mit 2 unabhängig von einander arbeitenden Dynamomaschinen von 36 P.S. ausgerüstet. Die Bewegung dieser Maschinen wird mittels Zahngetriebe auf die in die Zahnstange eingreifenden Räder übertragen. Jedes Zahnrad ist mit selbständiger Bremsvorrichtung ausgestattet, die mittels Schraubenspindel von Hand von jeder Plattform aus in Thätigkeit gesetzt werden kann. Ausser diesen beiden Bremsen ist unter dem Wagen noch eine selbstthätige Bremse angelegt, die in Wirkung tritt, sobald eine genau festgehaltene Geschwindigkeit von rd. 3,2 m in der Sekunde überschritten wird. Es wird in diesem Falle durch ein Zentrifugal-Regulator eine gespannte Feder ausgelöst, die nun die Bremse anzieht. Schliesslich kann noch durch einfache Umschaltung der Stromzuführung dem Motor eine rückläufige Bewegung gegeben und dadurch eine kräftige Bremswirkung erzielt werden.

Die Umsetzung der Wagen auf den beiden Endstationen erfolgt mittels versenkter Schieberöhren, die sich selbstthätig auf die Gleise einstellen und mittels Elektromotoren bewegt werden.

Zur Stromerzeugung sind in der Zentralstation in den Unterräumen des Bahnhofs im Stadtinnern zwei Innenpol-Ringdynamos für 500 Volt Spannung aufgestellt, die unmittelbar mit je einer Verband Kondensations-Maschine von 200-250 P. S. und 150 Touren gekuppelt sind. Drei Kessel, von denen einer in Reserve steht, dienen zur Dampferzeugung; das Speise- und Kondensationswasser liefern zwei Brunnen. In der Zentralstation können zwei weitere Kessel, Maschinen und Dynamos aufgestellt werden. Sie soll nämlich nicht allein die Bergbahn mit Strom versehen und Kraft an Private abgeben, sondern auch zum Betriebe zweier elektrischer Strassenbahnen dienen, von denen die eine nach dem Stadttheil Heckinghausen, die andere nach Wichlinghausen führen soll. Die Einrichtung dieser Linien entspricht den Strassenbahnen der Firma Siemens in Hannover und Dresden.

Ein bedeutsamer Plan ist ferner von der genannten Firma ausgearbeitet worden, nach welchem die beiden Städte Elberfeld und Barmen durch eine Hochbahn mit elektrischem Betriebe im Zuge des Wupperthales verbunden werden sollen. Der Ausführung stehen jedoch erhebliche Schwierigkeiten entgegen, da man namentlich nach dem aussergewöhnlichen Hochwasser der Wupper im Spätherbst 1890 durch die Ausführung von Pfeilerbauten innerhalb des Hochwasserprofils weitere Erschwernisse für die Hochwasser-Abführung befürchtet. Jedenfalls aber lässt sich der Bau dieser Bahn nur im Zusammenhange mit der Frage der Wupper-Regulirung lösen, so dass zurzeit noch keine Aussicht für die Verwirklichung des Entwurfes vorhanden ist.

Wie wir einer Mittheilung der „Köln. Ztg.“ entnehmen, ist neuerdings ein weiterer Entwurf für eine elektrische Hochbahn im Wupperthale aufgetaucht, welcher von dem Ingenieur und Geh. Kommerzienrath Eugen Langen in Köln herrührt. Der Erfinder bezeichnet das von ihm gewählte System mit dem Namen „Schwebebahn“. Der Gedanke ist an sich nicht neu. Die Konstruktion hat Aehnlichkeit mit der einschienigen Bahn von Sartigue und namentlich mit der elektrischen Stadtbahn in St. Paul (Minnesota). Während jedoch dort für jede Fahrrichtung nur eine Laufschiene vorhanden ist, die auf von eisernen Pfosten getragenen Konsolen ruhen, die mit Bügeln aufgehängten Wagen also auch nur eine Reihe von Laufrädern besitzen und im übrigen noch durch seitliche Führungsrollen gehalten werden, ordnet Langen in einem unten offenen, kastenförmigen Gitterträger auf dessen Untergurten ruhend in 0,60 m Entfernung 2 Schienen an. Die Gitterbalken ruhen bei eingleisiger Bahn einseitig, bei doppelgleisiger Bahn beiderseits der tragenden Pfosten auf Konsolen. Diese Stützen sollen in 20-25 m Entfernung stehen und kastenförmigen Querschnitt von 0,5-0,75 m Seitenlänge haben. Sie sollen tief und sicher gegründet und verankert werden, um den starken seitlichen Kräften, namentlich dem Winddruck, genügenden Widerstand entgegen zu setzen. Auf den Laufschienen bewegen sich in 8 m Abstand zwei als Drehgestelle ausgebildete Laufkatzen, die gleichzeitig die Elektromotoren tragen. An ihnen hängt an federnden Zapfen und Querstücken das gegen Pendeln durch seitliche Gleitrollen geführte Wagengestell, das aus Verkehrs-Rücksichten in einer lichten Höhe von 5 m über dem Erdboden schweben muss, so dass die tragenden Pfosten etwa 8 m Höhe erhalten. Die Geschwindigkeit der Fahrt soll 30-40 km in der Stunde betragen. Die Ausführung von Haltestellen und die Kreuzung zweier Bahnlinien bildet bei diesem System keine besondere Schwierigkeit. Als Minimalradius sollen 10 m gewählt werden, so dass also die Bahn rechtwinklig in Strassen einbiegen kann. Die Kosten werden bei zweigleisiger Anlage auf 250-300 000 M. für 1 km veranschlagt.

Die Zuführung des Stromes von 500 Volt Spannung soll durch besondere Leitung innerhalb der Gitterträger bewirkt werden, aus welcher die Elektromotoren den Strom mittels federnder Kontaktrollen entnehmen. Die Wagen sollen ausserdem durch selbstthätige Sicherungen gegen Entgleisung bezw. gegen Herabstürzen beim Bruch irgend eines wichtigen Theiles geschützt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst 1894 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit “Fr. E.”. Der originale Artikel ist nicht bebildert, bei dem angezeigten Bild handelt es sich um ein Beispielbild.