Zur Ausführung bestimmter Entwurf für ein Völkerschlacht-National-Denkmal bei Leipzig

Architekt: Professor Bruno Schmitz in Charlottenburg. Die bewerte Vorgeschichte des Völkerschlacht National-Denkmals bei Leipzig ist nunmehr an einem festen Punkte angelangt.

Die wiederholten öffentlichen Wettbewerbe, von welchen der zweite einen hohen künstlerischen Durchschnittswerth aufwies, haben nach der Ansicht des Vorstandes des „Deutschen Patriotenbundes in Leipzig“, welche: die Leitung der Denkmals-Angelegenheiten hat, doch keinen Entwurf gezeitigt, welcher in allen Kreisen der deutschen Bevölkerung mit so durchschlagendem Erfolg aufgenommen worden wäre, wie es das geschichtliche Ereigniss, dessen Erinnerung das Denkmal festzuhalten und ferneren Jahrhunderten zu überliefern bestimmt ist‚ verdient.

Die Folge war, dass sich der Deutsche Patriotenbund an einen bei den hervorragendsten Denkmalsbauten der letzten Jahre bewährten Künstler, Hrn. Prof. Bruno Schmitz in Charlottenburg, einen Künstler, dessen leichte Bewältigung monumentaler Vorwürfe bekannt ist und der zugleich unter den preisgekrönten Bewerbern des zweiten Wettbewerbes sich befand, mit dem Ersuchen wandte, einen neuen Entwurf aufzustellen, der allen den Forderungen, welche schon in den Programmen für die beiden Wettbewerbe aufgestellt waren und von uns anlässlich der Besprechung dieser Wettbewerbe erwähnt sind, zu entsprechen hatte. Dieser Entwurf liegt nunmehr vor und ist in dem beistehenden Lageplan und in unserer Bildbeilage dargestellt.

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Als Ort des Denkmals ist wieder das von der Stadt Leipzig überwiesene Gelände, welches schon den beiden Wettbewerben zur Grundlage diente, angenommen. Die Stellung des Denkmals ist jedoch gegen früher insofern verändert, als letzteres nunmehr als der monumentale Abschluss einer Pracht- und Feststrasse gedacht ist, welche vom Königsplatze aus in gerader Linie auf das Denkmal zuführt. Diese Feststrasse erscheint nach der gegebenen Skizze gesichert.

Lageplan
Völkerschlacht-National-Denkmal bei Leipzig

Bei der Gestaltung des Denkmals selbst hat Schmitz den glücklichen Versuch unternommen, von den vorhandenen Traditionen nach Möglichkeit abzusehen und dem Denkmal eine der Grösse des historischen Ereignisses entsprechende Gesammtgestaltung von zugleich unabhängiger Form zu geben. So ist der vorliegende Monumentalbau entstanden, der mit seiner etwa 90 m betragenden Höhe die Kuppel des Reichsgerichts beträchtlich überragt und sich mit seiner massigen Umrisslinie in das Stadtbild Leipzigs mit einem eigenartigen, neuen Moment einfügen dürfte. Die Plangestaltung ist verhältnissmässig einfach. Vor allem ist der berechtigte Wunsch des Deutschen Patriotenbundes erfüllt worden, die nicht unbeträchtliche Summen verschlingenden Unterbauten des Denkmals so viel wie möglich in der Gesammterscheinung des letzten mitwirken zu lassen. Wie diese Forderung vom Künstler erfüllt ist, zeigt die Abbildung, nach welcher nur seitlich und, wie der Lageplan erläutert, hinter dem Denkmal Erdaufschüttungen vorgenommen werden zu dem einzigen Zweck, zu der Plattform des Bauwerkes eine Fahrstrasse zu gewinnen. Denn mit Recht ist man von dem schwer zu rechtfertigenden Gedanken abgegangen, das Denkmal auf einen künstlichen Hügel zu stellen. Da die Landschaft nicht hügelig, sondern flach ist, so mussten alle Versuche, den Hügel durch gärtnerische oder architektonische Mittel mit der Landschaft in Uebereinstimmung zu bringen, scheitern. In der That enthielten auch nur verschwindend wenige Entwürfe der beiden Wettbewerbe ernstere Anläufe zu einer befriedigenden Lösung. Der Entschluss, den Hügel fallen zu lassen, hat die Denkmals-Angelegenheit künstlerisch wesentlich gefördert.

Ueber die Gestaltung des Denkmals im Einzelnen spricht die Abbildung, die nach einer Kohlezeichnung von des Künstlers Hand von grössten Verhältnissen gefertigt ist, beredter, als viele Worte. Hingewiesen sei auf den wirksamen Gegensatz zwischen geschlossenen und durchbrochenen Baumassen, zwischen grossen und kleinen Baugliedern.

Zur Ausführung bestimmter Entwurf für ein Völkerschlacht-National-Denkmal bei Leipzig. Arch. Prof. Buro Schmitz-Charlottenburg

Durch geschicktes Abwägen dieser Verhältnisse, durch feine Beobachtung und Abwägung der Umrisslinie, bei welcher die Rücksichten auf die statischen Forderungen nicht die geringste Rolle spielen, hat der Entwurf eine merkwürdige Wucht und Grösse erhalten, die vortrefflich mit dem grossen Gedanken, den er nach seiner Ausführung zu verkörpern bestimmt ist, zusammengeht.

Bildhauerei und Monumentalmalerei sollen bei ihm in ausgiebigster Weise Verwendung finden. Im Unterbau wird ein Museum mit Erinnerungen aus den Freiheitskriegen eingerichtet werden, darüber dehnt sich die stattliche Gedenkhalle, deren kuppelgekröntes Innere in Darstellungen der Monumentalmalerei die Ereignisse der zwei ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts, welche den Beginn der Wiedergeburt des. deutschen Reiches bedeuten, vorführen wird,

Natürlich ist in finanzieller Beziehung von einer Einhaltung der Grenzen, wie sie für die beiden Wettbewerbe gesteckt waren, keine Rede mehr. Wir sehen aber auch nicht ein, weshalb ein Denkmal, welches das wichtigste Ereigniss der europäischen Staatengeschichte unseres Jahrhunderts, das Ereigniss, von dem die Neugestaltung des Reiches ausgeht, verewigen soll, in Grenzen gezwängt werden soll, welche die begeisterte Opferwilligkeit von Millionen und aber Millionen deutscher Seelen mit Leichtigkeit sprengt. Man fange muthig an, verfolge mit Energie den Bauplan, der das Denkmal in drei Perioden errichten will und zunächst die Fertigstellung bis zur grossen Terrasse, in der zweiten Periode bis zum Beginn der Kuppel und in der dritten Periode bis zum Kuppelabschluss in Aussicht nimmt, und man wird sehen, dass das ideale Interesse des deutschen Volkes für die Grossthaten seiner Vorfahren noch nicht erloschen ist.

Dieser Artikel erschien zuerst am 24.07.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-“.