Am 15. November vor. Jhrs. ist in Ansbach das nach den Plänen und unter Oberleitung des Unterfertigten erbaute Krankenhaus eingeweiht worden.
Die Stadt Ansbach war bisher nicht im Besitze eines eigenen Krankenhauses, sondern es befand sich die städtische Krankenheilanstalt in einem den unmittelbaren landesherrlichen Stiftungen gehörigen, nach Bauart, Einrichtung und Raumverhältnissen den Ansprüchen der Gegenwart in keiner Weise entsprechenden, in gesundheitlicher Beziehung ungenügenden Gebäude.
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Nachdem die Frequenz der Anstalt, namentlich infolge der sozialen Gesetzgebung auf dem Gebiete der Kranken-Versicherung und Unfall-Versicherung von Jahr zu Jahr stärker wurde und die Zustände sich unhaltbar erwiesen, wurde ernstlich in Erwägung gezogen, eine den Forderungen der Neuzeit entsprechende Krankenanstalt zu errichten.
Nach Besichtigung verschiedener Krankenanstalten der Neuzeit und nach eingehenden Erhebungen, wurde seitens des kgl. Bezirksarztes Hrn. Medizinal-Rath Dr. Rüdel und des Unterfertigten ein Bau-Programm ausgearbeitet, wobei ins Äuge gefasst wurde, dass eine Krankenhaus-Anlage zu schaffen sei, die nach Anlage, Ausdehnung, Einrichtung und Betriebsweise allen Anforderungen der Neuzeit auf hygienischem und wissenschaftlichem Gebiete Rechnung tragen muss.
Es wurde für geboten erachtet, die Anlage derart herzustellen, dass in derselben je eine besondere Abtheilung für Unterbringung männlicher und weiblicher Kranken geschaffen wird, dass in jeder dieser Abtheilungen wieder besondere Räume für mit an ansteckenden und schweren Krankheiten Behaftete, für geistig Erkrankte, für jugendliche Kranke usw. hergestellt werden. Ferner wurde für nothwendig erachtet, der von Jahr zu Jahr zunehmenden Frequenz Rechnung zu tragen, für genügende Badegelegenheiten, vorzügliche Ventilations-Einrichtungen , entsprechende Abortanlagen mit Wasserspülung, Klär- und Desinfektions-Einrichtung für sämmtliche Abwässer, gleichmässige Beheizungs- und Beleuchtungs-Anlagen zu sorgen.
Als Bauplatz wurde das schön gelegene 8,2 bayer. Tagwerk (rd. 279 a) grosse Gelände an der Feuchtwanger Staatsstrasse gewählt.
Der aufgrund des ausführlichen Programms ausgearbeitete Entwurf fand nach übereinstimmenden Beschlüssen beider städtischen Kollegien im Herbst 1894 Genehmigung und es konnte sodann mit den Bauarbeiten im Frühjahr 1895 begonnen werden.
Die Krankenhaus-Anlage besteht aus:
- Hauptgebäude mit Rückgebäude und beiderseits Pavillonbauten.
- Isolirpavillons mit Desinfektions-Anlage und Nebenräumen.
- Waschhaus, enthaltend Waschküche, Bügel- und Mangelstube, Trocken – Anlage, Wäscheraum, Brennmaterial-Lagerräume und Remise.
- Brunnen-Anlage mit Wasserpump-Maschine.
- Leichenhaus. (Ist späterer Ausführung vorbehalten.) Das Hauptgebäude, das mit seiner Front parallel der Feuchtwanger Staatsstrasse mit einem Abstand von 40 m von der Vorgarten-Linie bezw. Einfriedigungsgitter errichtet ist, umfasst ein Kellergeschoss, Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss und wird rechts und links durch gedeckte Korridore und Vorhallen mit Pavillonbauten, wovon der rechtsseitige zur Aufnahme der männlichen, der linksseitige zur Aufnahme der weiblichen Kranken dient, verbunden. Die rückwärts liegenden Flügel der Kranken-Pavillons, wie solche im Entwurf vorgesehen, sind vorerst nicht ausgeführt. Im Bedarfsfalle kann in späteren Jahren die Erweiterung ohne die geringste Betriebsstörung in Ausführung kommen.
Die Heizeinrichtung, Wasser- und Gasleitung ist derart angelegt, dass bei etwaiger Vergrösserung der Anstalt bezw. der Krankenpavillons unmittelbar an vorbez. Einrichtungen angeschlossen werden kann.
Die Krankenanstalt enthält 110 Betten in 29 Krankenzimmern, nämlich: Frauenabtheilung: 45 Betten in 12 Zimmern. Männerabtheilung: 57 Betten in 14 Zimmern. Isolirpavillon: 7 Betten in 3 Zimmern.
Die Räumlichkeiten und Krankenzimmer vertheilen sich in den verschiedenen Gebäuden und Stockwerken wie folgt:
- Abtheilung für Frauen.
(Frauenpavillon links des Hauptgebäudes.)
Erdgeschoss: 3 Krankenzimmer, 1 Badezimmer, 1 Tobzelle, 1 Requisitenraum, 1 Abort.
1. Obergeschoss: 6 Krankenzimmer, 1 Separatzimmer, 1 Wärterinzimmer, 1 Theeküche, 1 Badezimmer, Aborte.
2. Obergeschoss (im Hauptgebäude): 2 Separatzimmer. - Abtheilung für Männer.
(Männerpavillon rechts des Hauptgebäudes.)
Erdgeschoss: 3 Krankenzimmer, 1 Badezimmer, 2 Tobzellen, 1 Requisitenraum, 1 Abort.
1. Obergeschoss: 6 Krankenzimmer, 1 Separatzimmer, 1 Theeküche, 1 Badezimmer, 1 Wärterzimmer, Aborte.
2. Obergeschoss (Hauptgebäude): 1 grosses Krankenzimmer, 3 Separatzimmer.
- Isolirpavillon.
3 Krankenzimmer, 1 Wärterzimmer, Abort, Theeküche, Desinfektionshalle mit Nebenräumen.
- Hauptgebäude.
Kellergeschoss: 8 Kellerabtheilungen, 1 Eiskeller mit Kühlraum, 1 Raum für die Zentral-Heizanlage, 3 Räume für Brennmaterial, 1 Requisitenraum.
Erdgeschoss: 1 Vorzimmer und 1 Portierzimmer, 1 Ordinationszimmer, 1 Operationszimmer, 2 Zimmer für die Oberschwester, 1 Wäschezimmer, 1 Badezimmer, 1 Kochküche, 1 Spülküche, 1 Vorrathsraum, 1 Speisek., 1 Esszimmer für das Personal, Aborte.
1. Obergeschoss: 2 Zimmer für den Arzt, 3 desgl. für die Schwestern, 6 Separatzimmer, 2 Badezimmer, Aborte. Im Rückbau: Wohnung des Maschinisten, Materialkammern und Lagerräume.
Dachgeschoss: Schlafzimmer für die Köchin und die Hausmagd, Lagerräume, Dachboden, darüber die Wasserreservoire für Kalt- und Warmwasser.
- Waschhaus.
1 Waschküche, 1 Trockenraum, 1 Wäscheraum, 1 Bügel- und Mangelstube, 1 Kohlenlager und Holzlege, 1 Remise, Aborte.
Sämmtliche Krankenzimmer, Badezimmer, Küchen, Klosets und Korridore haben Terrazzo-Fussböden, die Wohn- und sonstigen Zimmer deutsche Buchen-Fussböden, die Dachgeschossräume und sonstigen untergeordnete Gelasse theils fichtene Tafelböden, theils Zementestrichböden erhalten. Die Kellerfussböden wurden auf Betonunterlage asphaltirt.
Die Wände des Operationszimmers, der Badezimmer, der Küchen, der Klosets usw. sind mit Zementputz und Email-Anstrich versehen. Die grossen Krankenzimmer haben zweiflügelige Thüren, im übrigen kamen einflügelige Thüren in Ausführung. Alle Thüren sind nach aussen aufgehend. Die Stockwerkstreppen wurden aus Granit mit schmiedeisernen Geländern hergestellt. Die Decken der Keller-Korridore, Küchen, Badezimmer usw. sind als Flachgewölbe in Schlackenbeton ausgeführt. Die Krankenzimmer und sonstigen Lokalitäten haben Stuckaturdecken erhalten.
Sämmtliche Fassaden wurden in Backsteinfugenbau mit Verwendung von Lichtenauer Haustein, für Sockel, Gesimse, Fenstereinfassungen usw. zur Ausführung gebracht. Das Hauptportal mit Vorhalle usw. wurde in feinkörnigen harten Burgpreppacher Haustein ausgeführt. Das Hauptgebäude hat Schieferdachung, alle übrigen Bauten haben Holzzementdachungen erhalten. Zur Beheizung der Anstalt ist eine Zentralheizanlage mit Niederdruck-Dampfheizung in Verbindung mit reichlicher Lüftungsanlage, ausgeführt. Bei Berechnung der Heizanlage wurde angenommen, dass noch bei einer Aussentemperatur von – 20° C. Eine Innentemperatur bis zu + 27° C. erreicht werden kann.
Als Maass für die Lüftung wurden die für Krankenhäuser gebräuchlichen Luftmengen angenommen und zwar für Krankenzimmer 80 cbm für das Bett und die Stunde; für Wohnräume 1 ½ maliger, Badezimmer 2 maliger und Klosets 3 maliger Luftwechsel in der Stunde. Die Heizflächen für Ventilation wurden so gross gewählt, dass dieser Luftwechsel noch bei -5 C. Aussentemperatur erreicht werden kann, während bei grösserer Kälte die Lüftung entsprechend einzuschränken ist.
Zur Dampferzeugung wurden 4 liegende Niederdruck-Dampfkessel von je 14 m Heizfläche gewählt. Dieselben sind in dem hierfür bestimmten Kellergeschossraum aufgestellt und mussten sowie der Schürraum, wegen des durch das System bedingten Höhenunterschiedes zwischen Kondenswasserleitung und mittlerem Kesselwasserstand, um 4,4 m tiefer als die Kellersohle zu stehen kommen. Durch Anbringung von Absperrventilen kann jeder Kessel unabhängig von den anderen geheizt und ausgeschaltet werden. Zur Warmwasserbereitung werden zugleich die für die Heizung bestimmten Niederdruckdampfkessel (im Sommer einer derselben) benützt, indem von einem Ventil der Hauptdampfleitung im Kellergeschoss ein Abzweig zum Dachboden des Hauptgebäudes führt, wo das Warmwasser-Reservoir aufgestellt ist. Die Erwärmung des Wassers geschieht durch eine im Reservoir angebrachte kupferne Dampfspirale. – Die Kondenswasserleitung geht neben der Dampfleitung in einem Rohrschlitz liegend zum Kessel.
Die Wasserversorgung erfolgt vorerst bis zur Fertigstellung der neuen städtischen Zentralwasserleitung aus einem 28 m tiefen Bohrbrunnen. Auf dem Dachgeschoss des Hauptgebäudes ist ein Wasserreservoir von 8 cbm Inhalt aufgestellt, in welches das Wasser durch eine Saug- und Druckpumpe gehoben und von dem aus es in die Zweigleitungen der Gebäude und zu den Hydranten geführt wird. Als bewegende Kraft für die im Brunnen eingebaute Pumpe ist eine Heissluft-Pumpmaschine aufgestellt, die sich sehr gut bewährt. Die Bedienung derselben ist sehr einfach und es berechnet sich der Brennmaterial-Verbrauch auf 4 ½ kg Koaks in der Stunde. Die Pumpe liefert stündlich 6500 l Wasser.
Für Feuerlöschzwecke sind sowohl innerhalb der Gebäude in den Korridoren, als auch im Freien Hydranten angelegt. Die im Freien aufgestellten 6 Stück Ueberflur-Hydranten dienen zugleich zum Besprengen der Gartenanlagen, Wege usw.
Die Spül- und Theeküchen haben Kalt- und Warmwasser-Hahnen, Abflussvorrichtungen usw. erhalten, desgleichen das Operations- und Ordinationszimmer. Für die Wasch- und Badezimmer sind theils gusseiserne emaillirte, theils Zink-Badewannen und Waschtische bezw. Waschbecken aus Fayence zur Anwendung gekommen. Sämmtliche Badewannen und Waschgelegenheiten haben Warm- und Kaltwasser-Zuflussvorrichtungen erhalten. In den Theeküchen sind kleine Gaskoch-Apparate aufgestellt.
Zur Beleuchtung der Krankenanstalt ist Gasbeleuchtung eingerichtet. Elektrische Klingeleinrichtung, Telephonanlage, sowohl im Innern der Anstalt als in Verbindung mit dem Rathhaus, sind in entsprechender Weise ausgeführt.
Die Entwässerung der Anstalt mit Desinfektion und Klärung sämmtlicher Abwässer ist nach dem Süvern-Röber’schen System in Ausführung gebracht. Der Berechnung für die Abmessungen der einzelnen Theile, besonders der Röhren und der Klärgrube, ist zugrunde gelegt, dass sämmtliche Abwässer, auch die Klosetabwässer, desinfizirt, geklärt und geruchlos in den Hauptkanal eingeführt werden. Bei der Berechnung wurde angenommen, dass das Krankenhaus durchschnittlich mit 125 Personen belegt wird; es ergiebt dies nach Annahme von 100 l für den Kopf und Tag einen Gesammtabfluss von 12 500 l. Diese 12 500 l sollen die Hauptleitung in 10 Stunden passiren, also in der Stunde 1250 und in der Minute 20 l. Die Klärgrube hat aufzunehmen im Tag 12 500 l = 12,5 cbm Abwässer. Es entstehen bei normalem Kloakenwasser aus 1 cbm Abwasser rd. 20 l Schlamm, also aus 12,5 cbm 250 l = 0,25 cbm für den Tag, welche in der Grube zurückgehalten werden. Um nun die Grube nicht so oft räumen zu müssen und zu verhüten, dass bei allmählicher Füllung der beiden Sedimentgruben nicht feste Stoffe in die eigentliche Klärgrube eintreten können, ist die Grube so gross angelegt worden, dass sie nur halbjährlich geräumt zu werden braucht und es erhielten dementsprechend die beiden Sedimentgruben einen Inhalt von 26 cbm und die Klärgrube einen solchen von 24 cbm.
Bei der Anlage der Kanalleitungen wurden Krümmungen vermieden und es sind die gerade angelegten Strecken durch Einsteigschächte miteinander verbunden. Für die Aussenleitungen wurden Steinzeugröhren verwendet, während im Innern der Gebäude gusseiserne Abflussröhren und für die Steigleitungen der Ausgüsse Hartbleiabflussröhren gewählt wurden.
Die Baukosten betrugen (ohne Grunderwerb) 425 000 Mark. Für innere Einrichtung wurde ein weiterer Aufwand von 30 000 Mark erforderlich. Dieser Betrag hat sich insofern als mässig gestaltet, als ein grosser Theil der Möbel und sonstigen Ausstattungsgegenstände des alten Krankenhauses in das neue übernommen wurde. Mit der inneren Einrichtung der Anstalt, Ausstattung des Operationszimmers usw. waren folgende Spezialfirmen betraut: Lautenschläger, Berlin, Knoke & Dressler, Dresden, Maquet, Heidelberg, Köhler, Heidelberg, Hammerschmidt, Frankfurt, Fritz, Erlangen. Der grosse Desinfektions-Apparat wurde von Gebr. Schmidt in Weimar geliefert.
Die Bauarbeiten wurden von folgenden Geschäftsfirmen ausgeführt: Erd-, Maurer- und Steinmetz-Arbeiten: L. Eckart-Ansbach; Zimmermanns-Arbeiten: J. Müller-Ansbach; Schieferdecker-Arbeiten: Gebr. Schneller-Würzburg; Spängler- und Blitzableiter-Arbeiten: Diemer-Ansbach; Holzzement-Arbeiten: Martenstein & Josseaux-Offenbach; Terrazzo-Arbeiten: Joh. Odorico-Frankfurt a. M.; Bildhauer-Arbeiten: Stöttner-Nürnberg; Granit-Arbeiten: Wölfel-Selb; Schreiner-Arbeiten: Forster Ansbach; deutsche Fussböden-Arbeiten: Otto Hetzer-Weimar; Schlosser-Arbeiten: Killian & Co.-Ansbach; Eisenkonstruktions-Arbeiten: Widder & Sohn-Ansbach; Glaserarbeiten: A. Pfeiffer-Ansbach; Maler- und Tüncher-Arbeiten: J. Meier-Ansbach; Be- und Entwässerung, Kläranlage: B. Röber Nachf.-Dresden; Niederdruck-Dampfheizung, Ventilations-Anlage: Eisenwerk Kaiserslautern; Holz-Roll-Läden: Bayer & Leibfried-Esslingen; Uhranlage: k. b. Hof-Thurmuhren-Fabrik v. Manhardt-München; Gaseinrichtung: Gaswerk Ansbach; Telephon, elektr, Klingelwerk usw.: Klein &Popp, Nürnberg-Ansbach; Gärtnerische Anlagen: kgl. Hofgärtnerei Ansbach.
Als Bauführer war Architekt C. Martin aus Nürnberg thätig.
Ansbach, im Juli 1898. C. Simon, Brth.
Dieser Artikel erschien zuerst am 5. Oktober 1898 in der Deutsche Bauzeitung.