Die neue Synagoge in Strassburg i. E.

Die neue Synagoge in Strassburg i. E.

Architekt: Prof. Ludwig Levy in Karlsruhe. Alt und unansehnlich und stets unzulänglicher war das bescheidene Gebäude in der Helenengasse, im ältesten Theile des alten Strassburg, geworden, welches der israelitischen Gemeinde der Hauptstadt der Reichslande sechzig Jahre hindurch als Stätte für ihre Kultübungen gedient hatte.

Mit dem starken Wachsthum Strassburgs und mit der gleichen Schritt haltenden Vergrösserung der israelitischen Gemeinde wuchsen die Bedürfnisse an das Gotteshaus derselben in einem solchen Maasse, dass schon seit Jahrzehnten, schon vor dem deutsch-französ. Kriege, sich den leitenden Spitzen der Gemeinde die Wahrnehmung aufdrängte, dass die Errichtung einer neuen Synagoge zu den dringendsten und unabweislichsten Bedürfnissen der Gemeinde gehöre. In dieser Erkenntniss liess man schon im Verlaufe der achtziger Jahre durch den Architekten Professor Ludwig Levy in Karlsruhe Entwürfe zu einem neuen Hause ausarbeiten, welche einen ungefähren Anhalt für die nothwendigen Mittel, sowie zur Klärung der Frage überhaupt bieten sollten. Zu weiteren Schritten waren die Dinge noch nicht weit genug entwickelt, Zunächst besass man nur die gute Absicht, im übrigen aber weder Bauplatz noch Geld.

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Und es sollte noch bis gegen die Mitte der neunziger Jahre dauern, bis auch die letzteren Fragen so weit gelöst waren, dass man an die Verfassung der Ausführungspläne und an den Baubeginn denken konnte.

Inzwischen war die israelitische Gemeinde auf mehr als 4000 Seelen angewachsen und es wurden dadurch Bedingungen geschaffen, welche dazu ermuthigten, die öffentlichen Faktoren, die Stadt Strassburg und den Landesausschuss, um Beiträge zu dem beabsichtigten Neubau anzugehen. Nicht vergeblich. Stadt und Land zeigten sich in gleicher Weise opferwillig wie die Gemeinde selbst; die Stadt widmete für den Neubau den vorderen Theil des in unserem Lageplan kenntlich gemachten Geländes, auf welchem früher die alte Zollhalle stand, dazu einen Beitrag in der ungewöhnlichen Höhe von 200 000 M., der Landesausschuss von Elsass-Lothringen bewilligte 60 000 M. Hierzu kamen reiche Stiftungen der Gemeindemitglieder, sodass nunmehr die Basis für den Neubau, der etwa 700 000 M. beansprucht hat, geschaffen war.

Die neue Synagoge in Strassburg i. E. - Lageplan
Die neue Synagoge in Strassburg i. E. – Lageplan

Die Lage des Bauplatzes in der Nähe des Zentralbahnhofes und an dem breiten Stadtgrabenkanal, welcher durch die stattlichen Strassenzüge des Kleber- und des Pariser Staden begleitet wird, ist eine hervorragende und des schönen Monumentalbaues würdige. Sie ermöglichte zugleich, das Gebäude den rituellen Vorschriften gemäss mit seiner Hauptaxe von Westen nach Osten zu orientiren. Um die Möglichkeit zu gewinnen, das bereits nach drei Seiten freiliegende Gebäude auch nach Norden frei zu errichten und einen Anbau an die Zollhalle zu vermeiden, erwarb die Gemeinde den infrage kommenden Hofstreifen zu dem übrigen Gelände.

Die Anlage des zentralgeordneten Baues in ihren grossen Zügen ergab sich aus den natürlichen Bedingungen der Baustelle so, dass die gegen den Kleber-Staden gelegene Südseite die Hauptansicht werden musste, die gegen die wenig Verkehr aufweisende Grünebruch-Strasse gelegene Westseite zu einer Art Nebenseite wurde und die Chorparthie, wenn der polygonale Ostausbau hier so genannt werden darf, gegen die Hausberger Strasse sich wendete. Süd- und Ostseite mussten nach Lage der Dinge die Ansichten des Baues werden, nach welchen sich die architektonischen Kompositionsbedingungen des Gesammtaufbaues zu richten hatten.

Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.

Mit dem Bau wurde im Juli 1895 begonnen, am 9. April 1896 fand die Feier der Grundsteinlegung statt und am 8. September 1898 wurde der fertige Bau feierlich geweiht.

Die gesammte Baugruppe zerfällt in zwei Theile: in den eigentlichen Synagogenbau gegen den Kleberstaden, und in das an ihn sich anschliessende an der Grünebruch-Strasse gelegene Gemeindehaus. Der Synagogenbau enthält im Erdgeschoss die Vorhallen, welche sowohl durch den südlich gelegenen Haupteingang vom Kleberstaden wie auch von der westlichen Seite erreicht werden können. In der Vorhalle befinden sich zwei Brunnen zur Handwaschung, durch welche symbolisch die Reinigung vor dem Betreten des Tempelraumes angedeutet wird. Vier Treppen führen zu den Frauenemporen, eine Treppe am Chor zur Orgelempore, eine weitere Treppe zum Dachraum.

In weiter Grösse öffnet sich dem Eintretenden der Hauptraum mit 825 Sitzplätzen für Männer, mit einer Estrade, welche auf der einen Seite Sitze für die Mitglieder des Konsistoriums des Unterelsass, auf der anderen Seite Plätze für die Synagogen-Verwaltung enthält. Erhöht liegen auf dieser Estrade die auch durch Kandelaber ausgezeichneten Sitze des Ober-Rabbiners und des Präsidenten des Konsistoriums. In der Hauptaxe steht der Vorbetertisch, darüber und dahinter erheben sich die Kanzel, das Allerheiligste mit den Thorarollen und endlich die Sängerempore mit Orgel. Die Nebenräume des Chorbaues sind für den Oberrabbiner, die Kantoren und für gottesdienstliche Geräthe bestimmt.

Das Emporengeschoss ist den rituellen Vorschriften des Jüdischen Kultus gemäss ausschliesslich für die Frauen bestimmt. Es enthält 582 nummerirte und 72 offene, unter Umständen durch junge Mädchen zu benutzende Sitze, imganzen 654 Plätze. Insgesammt fasst die Synagoge 1639 Plätze; davon kommen 825 auf den Männerraum, 654 auf die Frauenempore, 40 Sängerplätze auf die Orgelempore und rd. 100 Plätze auf die Werktags-Synagoge, die im Gemeindehaus liegt und zugleich Versammlungs-Zimmer für die Hochzeitsgäste bei Trauungen ist, die von hier aus in geschlossenem Zuge in den Hauptraum sich begeben.

Das Gemeindehaus baut sich in 3 Geschossen auf; es enthält im Erdgeschoss ausser der eben berührten Werktags-Synagoge eine Kastellansloge und die Aborte für die Männer, im ersten Obergeschoss einen Sitzungssaal mit Verwaltungsräumen für das Konsistorium, zumtheil im Zwischengeschoss gelegen die Wohnung des Kastellans und die Frauenaborte. Im zweiten Obergeschoss liegt die Wohnung des ersten Kantors. In organischer Beziehung ist das Gemeindehaus von der Synagoge selbst getrennt.

Soweit die Raumvertheilung, die in dem reichgruppirten Aufbau zu einem wahrheitsgemässen Ausdruck kommt. Die Ausführung des Aufbaues war im allgemeinen von günstigen Umständen begleitet. Der Baugrund war gut; eine starke Kiesschicht fand sich bei 4,5 – 5 m Tiefe; sie bezeichnet zugleich die Grundwasserhöhe. An einigen Stellen war die Kiesschicht von Schlammsandschichten durchzogen, hier wurde das Fundament tiefer hinabgeführt. In der in Strassburg üblichen Weise wurde die Fundamentsohle etwa 1 m stark in Schwarzkalkbeton ausgeführt, wobei das gute Kalkmaterial, das dort zur Verwendung gelangt, trefflich zu statten kam. Sowohl das Fundament- wie auch das aufgehende Mauerwerk wurden aus Sandbruchsteinen erstellt. Die Gewölbe unter den Emporen wurden als Rabitzkonstruktion zwischen eine eiserne Tragrippenkonstruktion gespannt, im übrigen wurden sie als Tuffsteingewölbe zwischen Backen in Zementmörtel ausgeführt. Die Gurtbogen der Vierung wurden aus Klinkern mit Zementmörtel, am Kämpfer 2,6 m, am Scheitel 1,9 m stark gemauert.

Die neue Synagoge in Strassburg i. E. - Emporengeschoss
Die neue Synagoge in Strassburg i. E. – Emporengeschoss
Die neue Synagoge in Strassburg i. E. - Erdgeschoss
Die neue Synagoge in Strassburg i. E. – Erdgeschoss

Das Steinmaterial des Aeusseren und der architektonischen Gliederungen des Inneren ist der ausgezeichnete helle graue bis röthliche Sandstein, der bei Pfalzburg gebrochen wird und beiden hervorragendsten Monumentalbauten des Elsass und der benachbarten Gebiete ausgebreitete Verwendung findet. Die Emporensäulen des Inneren bestehen aus Granit, die Säulen der Estrade aus farbigem Marmor. Die Flächen des Inneren sind, um die Hörbarkeit zu fördern, mit Spritzbewurf betragen. Die Dachkonstruktion besteht bei dem Vierungsdach aus Eisen, sonst aus Holz; für die Dachdeckung ist Schiefer in deutscher Deckungsart verwendet worden. Mit gleicher Sorgfalt wie der Rohbau wurde der Ausbau betrieben; darüber im Schlussaufsatz. (Schluss folgt)

Die neue Synagoge in Strassburg i. E.

Architekt: Prof. Ludwig Levy in Karlsruhe. Wer entweder durch das Thor im Thurmbau am Kleberstaden oder durch eines der drei Portale an der Grünebruch-Strasse das Gotteshaus betritt, gelangt zunächst in die langgestreckte gewölbte Vorhalle, welche einerseits durch die beiden Reinigungs-Brunnen von eigenartiger Gestaltung, andererseits durch farbenreiche Glasgemälde aus der Anstalt Linnemanns in Frankfurt a. M. einen einfachen Schmuck erhalten hat. Ihr architektonischer Gesammteindruck ist der eines Vorraumes mit der künstlerischen Bestimmung, in Form, Ausstattung und farbiger Haltung auf den Hauptraum vorzubereiten und dessen Wirkung zu steigern, eine Absicht, die in ausgezeichneter Weise erreicht ist, denn die Farben der Glasgemälde unterbrechen nur bescheiden die schlichte Haltung der Halle, deren Tonnengewölbe einen glatten Tonanstrich erhalten hat und die im übrigen ihre ruhige Wirkung in dem Gegensatze der ernsten Architekturtheile aus Vogesensandstein zu den ornamentlosen Flächen findet. Für den Verkehr beim Abendgottesdienst spenden geschmiedete Laternen, durch Ampeln bereichert, eine die Lichtwirkung des Hauptraumes nicht schmälernde ausreichende Beleuchtung.

Oeffnen sich die Thüren zum Hauptbetraum, so ergiebt sich unter der Frauenempore hindurch ein Ausblick von eindrucksvoller Grösse und Farbenwirkung, welchen unsere Abbildung nur ungefähr anzudeuten vermag. Der weite Raum ist von zentraler Anlage; aus Gründen der Hörsamkeit sowohl wie aus künstlerischen Erwägungen über die Raumwirkung halten sich die Höhenverhältnisse des durchweg gewölbten Raumes innerhalb bescheidener Grenzen und es ist nicht zum geringsten Theil auf dieses weise Maasshalten zurückzuführen, wenn die Weiträumigkeit des Inneren der Eindruck ist, welcher dem Beschauer als der wirkungsvollste entgegentritt.

Die Vierung ist durch ein Kugelgewölbe überspannt, die in den vier Axen anschliessenden Theile durch Tonnengewölbe mit einschneidenden Schildbögen. Die drei Frontansichten, welche ausser dem Chor sich als Endigung der Kreuzarme des Grundrisses ergaben, sind mit grossen, durch farbenreiche Verglasung geschmückte Rosen durchbrochen, welche – wir legen Werth darauf, dieses festzustellen – durch die ansteigenden zahlreichen Sitzreihen der Frauenemporen in ihrer vollen Rundwirkung in keiner Weise beeinträchtigt werden

Das Gestühl des Hauptraumes besteht aus Eichenholz, das der Frauenemporen aus Kiefernholz. In beiden Fällen sind die Sitze als Klappsitze eingerichtet, die sich beim Verlassen des Platzes selbstthätig aufstellen. Während die Vorhalle mit Mettlacher Fliesen belegt ist, hat der Hauptraum einen Belag aus Zementbeton erhalten, welchen zur Dämpfung des Schrittes Linoleum deckt. Das mit Granitmuster versehene Linoleum soll den Läuferteppich ersetzen, der nie staubfrei zu halten ist und zu vielen Unzuträglichkeiten Veranlassung gegeben hat, während der Linoleumbelag sich bis jetzt zur vollen Zufriedenheit bewährt hat und die Würde des Raumes in keiner Weise beeinträchtigt.

Die neue Synagoge in Strassburg i. E. Hauptansicht mit Einblick in die Grünebruch-Strasse
Die neue Synagoge in Strassburg i. E. Hauptansicht mit Einblick in die Grünebruch-Strasse

Diese Würde wird neben der Weiträumigkeit insbesondere durch die maassvolle architektonische Ausbildung hervorgerufen. Die architektonischen Gliederungen bestehen wieder aus Vogesensandstein; an nur vereinzelten Stellen tritt ein ornamentaler vegetabilischer Schmuck auf. Das figürliche Element, sowohl das menschliche wie das thierische, kam aus rituellen Gründen nicht zur Anwendung. Der bildnerische Schmuck beschränkt sich auf die Stützen und Brüstungsflächen der Emporen und auf die Kämpferprofile de Gewölbe. Gleich bescheiden ist der Schmuck durch dekorative Malerei, welchen die Wand- und Gewölbeflächen erhalten haben. Doch gelangt derselbe an einzelnen gut gewählten Stellen durch eine satte Farbengebung zu ausgesprochener Wirkung. Die Flächen sind in ihrer vollen Ausdehnung mit einem Spritzbewurf versehen, was in Verbindung mit der reliefreichen architektonischen Gliederung der gesammten Chorparthie zu einer vorzüglichen Akustik geführt hat.

Die Chorparthie, in welcher sich das Allerheiligste mit den Sitzen der vornehmsten Repräsentanten der jüdischen Gemeinde und mit der Orgelempore vereinigt, ist der Theil des Gotteshauses, in welchem der architektonische Reichthum seinen Gipfelpunkt erreicht. Das Allerheiligste mit Kanzel, zu welcher seitlich Treppen hinaufführen, ist aus grauem Vogesensandstein gefertigt, hat Säulen aus grünem und rothem Marmor und ist durch musivischen Schmuck bereichert.

Es ist durch einen gestickten Vorhang und durch eine mit Bronzebeschlag belegte Thüre abgeschlossen.

Ueber dem Allerheiligsten erhebt sich die Orgel, mit 39 Registern und mit Antrieb durch einen elektrodynamischen Motor versehen. Ihr Werk wird durch eine dreitheilige Architektur umrahmt, die durchweg in Vogesensandstein erstellt ist. Man sagt, es wäre das erste Sandsteingehäuse für eine Orgel. Links und rechts vom Allerheiligsten stehen die architektonisch reich gegliederten Stühle für den Oberrabbiner und den Präsidenten des Konsistoriums, daneben das reich geschmückte Eichengestühl für das Konsistorium und den Präsidenten der Kirchenverwaltung. Durch Material und Schmuck ausgezeichnet ist auch der vor dem Allerheiligsten stehende Vorbetertisch.

Die Beleuchtung des Inneren ist elektrisch und erfolgt durch die reiche Krone, durch Kandelaber und durch an besonderen Stellen vertheilte Ampeln. Die Heizung ist eine Zirkulations-Luftheizungohne besondere Ventilations-Vorrichtungen. Die Lüftung wird vielmehr in einfachster Weise durch Oeffnen der Fensterflügel erreicht, was bei den Herbstfesttagen des vergangenen Jahres, an welchen das Gotteshaus am meisten gefüllt war – an einem derselben von der Frühe des Morgens bis zum späten Abend – als völlig genügend erkannt wurde. Die Verglasung der Fenster besteht aus gemaltem Antikglas und aus verbleitem Kathedralglas. Bei Tagesbeleuchtung dringt durch sie ein reichliches Licht in das Innere und auf die Gewölbeflächen und lässt an dem Bogen, der sich über dem Allerheiligsten wölbt, in hebräischen Buchstaben den Spruch erscheinen: „Mein Haus ist ein Bethaus für alle Völker“ Ueber den Zwickeln der das Mittelgewölbe tragenden Pfeiler zeigen sich, gleichfalls in hebräischer Sprache, als Symbol der vier Grundsäulen der menschlichen Gesellschaft die Bezeichnungen „Gesetz“, „Wohlthätigkeit“, „Friede“ und „Gerechtigkeit“.

Zurückhaltender natürlich wie der Hauptraum ist die Werktags-Synagoge ausgestattet. Auch sie besitzt einen Vorraum mit Reinigungsbrunnen; auch sie ist gewölbt, auch sie besitzt das Allerheiligste, aber in einfacherer, der Bedeutung des Werktages entsprechend abgestufter Ausstattung. Von den übrigen Räumen des Verwaltungs-Gebäudes hat lediglich der Sitzungssaal eine Ausstattung erhalten, welche über das einfach Nützliche etwas hinausgeht. Denn imganzen musste mit den Mitteln haushälterisch gewirthschaftet werden; aber es gehört zu den wesentlichen Verdiensten des Architekten, dass es ihm trotz der Knappheit derselben gelungen ist, einen wirklichen Monumentalbau zu schaffen. An der Errichtung des Hauses waren zum grossen Theil Strassburger Firmen und Handwerker betheiligt.

Es führten Ph. Holzmann & Cie. in Strassburg und Frankfurt die Erd-, Maurer-, Steinhauer- und Zimmerarbeiten aus. Die Eisenlieferungen und die grossen Eisenkonstruktionen, wie das eiserne Vierungsthurmdach usw. hatten Wolf Netter & Jacobi in Strassburg und Berlin übernommen; kleinere Eisenarbeiten waren an C. Boekel und L. A. Ebstein in Strassburg übertragen. In die Schmiedearbeiten theilten sich H. Löb, A. Romacker und Leon Feist in Strassburg. Die Schlosser- und Kunstschmiedearbeiten führte Franz Brechenmacher in Frankfurt a. M, aus.

Die Blechnerarbeiten sowie die Arbeiten für die Gas- und Wasserleitung stammen von L. Loeb in Strassburg. Die Dachdecker-Arbeiten und die Blitzableitung wurden durch A. Beck & Gottsmann in Strassburg ausgeführt, die Verputz- und die Rabitzarbeiten Auch E. Lang dort. Die Modelle für die Bildhauerarbeiten schuf der Bildhauer Riegger; an den Ausführungen in Stein waren ausser diesem noch die Bildhauer Marzolff und Grombach betheiligt. Die Lieferung der Marmor-und Granitarbeiten war der Firma ‚Schachenmühle“ in Strassburg zugewiesen. Die Zirkulations-Luftheizungs-Anlage wurde durch Rietschel & Henneberg in Berlin, Dresden usw. ausgeführt, die Anlage für die elektrische Beleuchtung durch die Strassburger Filiale der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Die Gussarbeiten der Heizanlage lieferte de Dietrich in Niederbronn; die eisernen Oefen sind von Wolf Netter & Jacobi, Max Lieber und Reeb Nachfolger; die Gasöfen von F. Siemens in Dresden, die Thonöfen von C. Leser & Cie. in Strassburg. An den Glasmalereien des Hauptraumes waren neben Gebr. Ott in Strassburg in hervorragender Weise die Professoren F. Geiges in Freiburg i. Br, und A. Linnemann in Frankfurt a. M. betheiligt; auch Schell in Offenburg und Drinneberg in Karlsruhe waren zu den einschlägigen Arbeiten zugezogen. Die Bauschreinerarbeiten und das Gestübl haben Billing & Zoller in Karlsruhe übernommen, ein Theil der Schreinerarbeiten, wie Thüren usw. war auch an E. Voglet in Strassburg-Schiltigheim gefallen: Einen anderen Theil der Holzarbeiten für das Innere lieferten Hagenauer und Rapp. Ferner lieferten oder führten aus: die Anstreicherarbeiten Gebr. Levy in Strassburg, die dekorativen Malereien. A. Fröschle in Karlsruhe, die Glasmosaik-Arbeiten Puhl & Wagner in Rixdorf, die Orgel E. und F. Walcker in Ludwigsburg.

Reinigungsbrunnen in der Vorhalle
Reinigungsbrunnen in der Vorhalle
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.
Die neue Synagoge in Strassburg i. E.

Der Hauptleuchter und anderes Beleuchtungsgeräth ist aus den Werkstätten von L. A. Riedinger in Augsburg (durch Arch. W. Maus in Frankfurt a. M.) hervorgegangen; kleinere Beleuchtungskörper aus Bronze aus der Werkstatt von Klein in Strassburg, die geschmiedeten Beleuchtungskörper aus der Kunstschmiede von Franz Brechenmacher in Frankfurt a. M. Die Bronzethüren des Haupteinganges. schuf trefflich Paul Stotz in Stuttgart. Der reich mit Bildhauer- und Metallarbeiten geschmückte Vorbetertisch wurde durch die Lehrwerkstätten der. Kunstgewerbeschule in Strassburg unter der Leitung des Hrn. Rapp ausgeführt. Die Stickereien des Allerheiligsten fertigte die Kunst-Stickereischule in Karlsruhe, die des Trauhimmels war an Jos. Bloch und Frl. Mayer in Strassburg übertragen.

Zum örtlichen Bauleiter war seitens des Architekten der badische staatlich geprüfte Werkmeister Adolf Singrün bestellt; die ausführende Firma Ph: Holzmann & Cie. vertrat auf der Baustelle der Architekt Zeime.

Aus der ungewöhnlichen Höhe der Beitragsleistung der Stadt Strassburg für diesen hervorragenden Bau musste auf eine persönliche Einflussnahme geschlossen werden und es werden in der That sowohl: seitens der israelitischen Gemeinde, wie seitens des ausführenden Architekten mit lebhaftem Danke die grossen Verdienste anerkannt, welche sich die Hrn. Bürgermeister Back und Stadtbaurath Ott in Strassburg für die Errichtung des Gotteshauses erworben haben. Den Beitragsleistungen von Stadt und Land schliessen sich die Gaben einer grösseren Reihe von Stiftern von Ausstattungs-Gegenständen an, die in ihrem Werthe den Betrag von etwa 33 000 M. erreichen. Mit der neuen Synagoge des Architekten Prof, Ludwig Levy in Karlsruhe ist die Hauptstadt der Reichslande durch einen Monumentalbau bereichert worden, der sich würdig in die Kette der grossen Bauunternehmungen einreiht, welche seit dem deutsch-französischen Kriege in Strassburg durch Reich, Land und Stadt unternommen und fast durchweg zu rühmlicher Vollendung geführt wurden. Monumentale und ernste Würde in der Gesammthaltung, wohl abgewogener und malerischer Aufbau des Aeusseren, wahrheitsgemässe Entwicklung der äusseren Gestaltung aus dem inneren Bedürfnis, weises Maasshalten in der Verwendung der architektonischen Ausdrucksmittel, imposante und feierliche Raumwirkung des Inneren, das sind die werthvollen Vorzüge des schönen Gotteshauses und wenn man in der Ausbildung der Einzelheiten vielleicht etwas mehr historische Treue oder an ihrer Stelle mehr persönliche Eigenart gewünscht hätte, oder wenn man glaubt die Wahrnehmung machen zu können, dass ein Bautheil, wie der stark durchbrochene, der Frühgothik sich zuneigende Eckthurm aus der geschlossenen, streng romanischen Gesammthaltung der übrigen Bautheile etwas herausfällt, so sind das – wenn auch andere Beurtheiler sie als solche erkennen sollten – keinesfalls Mängel welche das große künstlerische Verdienst, das der Bau besitzt, merklich zu schmälern imstande sind.

Die Stadt Strassburg und ihre israelitische Gemeinde dürfen sich daher beglückwünschen, in dem Werke Levy’s ein Gotteshaus erhalten zu haben, welches auch an sich den Stempel kraftvollen Aufblühens trägt, durch welches das grosse Gemeinwesen des Elsass unter grossinniger Verwaltung ausgezeichnet ist.

Dieser Artikel erschien zuerst am 05. & 19.08.1899 in der Deutschen Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „H.“.