Der Rhein-Elbe-Kanal

Der Rhein-Elbe-Kanal

Der am 14. März d. J. im preussischen Abgeordnetenhause eingebrachte Entwurf eines Gesetzes betr. den Bau eines Schiffahrtskanales vom Rhein bis zur Elbe entspricht den langgehegten Wünschen aller an der Hebung des Inlandverkehres interessirten Kreise, und der erhoffte Tag, an dem dieser Entwurf zum Gesetz erhoben wird, dürfte für alle Zeiten einen der wichtigsten Abschnitte in der Geschichte des Deutschen Verkehrswesens und der von diesem abhängigen Entwicklung der Gewerbe- und Handelsbetriebe bezeichnen.

Während die vom technischen Standpunkte betrachtet ungleich leichtere Aufgabe, die Wasserstrassen der Elbe, Oder und Weichsel mit einander zu verbinden, in dem politisch geeinten Osten längst durchgeführt worden ist, haben der Verwirklichung eines Rhein-Elbe-Kanales bis zum heutigen Tage Hindernisse entgegengestanden, die zumtheil auf sachlichem, zumtheil auf politischem Gebiete lagen. Als der korsische Eroberer die Grenzen seines Reiches bis in die Gegend der unteren Elbe vorgeschoben hatte, setzte er zwar alle Hebel an, um seinen Lieblings-Gedanken, die Schaffung einer Binnenwasserstrasse von der Seine bis zur Ostsee zu verwirklichen, mit dem Zusammenbruche des Napoleonischen Staates endete aber auch die Arbeit an diesem weitgestreckten Plane. Ihn in vollem Maasse wieder aufzunehmen, lag kein Grund vor, wohl aber musste von Jahr zu Jahr der Wunsch lebhafter werden, die beiden vornehmsten deutschen Wasserstrassen, den Rhein und die Elbe, mit einander zu verbinden, galt es doch, durch den zu schaffenden Kanal gleichzeitig dem in ungewöhnlicher Entwicklung begriffenen rheinisch-westfälischen Industriegebiet einen leistungsfähigen Verkehrsweg und der bis jetzt nur mässig entwickelten Weserschiffahrt ein weites Hinterland zu eröffnen. Vier Jahrzehnte ist an der Erfüllung dieses Wunsches gearbeitet worden; die im Jahre 1877 dem preussischen Landtage vorgelegte Denkschrift „Ueber die in Preussen vorhandenen Wasserstrassen, deren Verbesserung und Vermehrung“, der Michaelis-Hess’sche Entwurf für einen Rhein-Elbe-Kanal von 1881/82, die Gesetze von 1886 und 1888 betr. den Dortmund-Ems-Kanal und der im Jahre 1894 dem Landtage vorgelegte, aber von diesem nicht genehmigte Entwurf zu einem Dortmund-Rhein-Kanal bezeichnen die Hauptpunkte der Entwicklung, die jetzt in dem fertigen Entwurfe für die durchgehende Wasserstrasse gipfelt.

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Dem Gesetzentwurfe ist eine ausführliche, durch vortreffliche Karten erläuterte Begründung beigefügt, welche in der aufgrund der Vorarbeiten aufgestellten Denkschrift des Wasserbau-Inspektors Prüsmann eine werthvolle Ergänzung findet. Während alle Freunde des neueren Kanalbaues überhaupt und der Hebung der deutschen Binnenschiffahrt im besonderen auf das in hohem Maasse anregende Studium dieser Drucksachen hingewiesen werden, soll hier aufgrund dieses Materiales eine gedrängte Darstellung der technischen Einzelheiten des Entwurfes gegeben werden.

Der beigegebene Lageplan, der die vorhandenen Wasserstrassen in vollen Linien, die jetzt zur Ausführung zu bringenden in stark punktirten Linien enthält, lässt erkennen, dass der demnächst dem Betriebe zu übergebende Dortmund-Ems-Kanal auf seiner oberen Strecke einen Theil des Rhein-Elbe-Kanales bilden wird. In dieser Beziehung steht der jetzige Entwurf in Uebereinstimmung mit allen früheren einschl. des ursprünglichen Entwurfes des Brths. Michaelis vom Jahre 1864, bei dessen Begründung nachgewiesen wurde, dass die Verbindung des Rheines mit der Weser verständigerweise nur unter Umgehung des Teutoburger Waldes ausgeführt werden könne. Der östliche Theil des Rhein-Elbe-Kanales, der sogen. Mittelland-Kanal, bildet, von Bevergern am Dortmund-Ems-Kanal ausgehend, eine am Saume des Hügellandes sich hinziehende Verbindung der drei vom deutschen Binnenlande zur Nordsee führenden Wasserstrassen, die östlich von der Elbe in den bereits vorhandenen Kanälen ihre Fortsetzung nach Berlin und zur Oder findet. Der Dortmund-Ems-Kanal führt von dem Anschluss des Mittelland-Kanales in das Herz des westfälischen Industrie-Gebietes und der westliche Theil des Rhein-Elbe-Kanales von hier zum Rhein.

Der Rhein-Elbe-Kanal
Der Rhein-Elbe-Kanal

Die Beschreibung des geplanten Rhein-Elbe-Kanales folgt am besten der aus der Mitbenutzung einer Strecke des Dortmund-Ems-Kanales sich ergebenden Dreitheilung.

1. Dortmund-Rhein-Kanal.

Die im Jahre 1780 schiffbar gemachte Ruhr; hat früher in erheblichem Maasse an der Steinkohlenverfrachtung theilgenommen. Die mangelhafte Schiffbarkeit der nur einen Theil des Kohlengebietes berührenden Ruhr und die Unbequemlichkeit der Umladung aus den kleinen bis 150 t tragenden Ruhrschiffen in die grossen Rheinkähne haben indessen veranlasst, dass der Kohlenverkehr mit dem Rhein fast ausschliesslich auf die Eisenbahnen übergegangen ist, welchen in den Rheinhäfen Ruhrort, Duisburg und Hochfeld vorzügliche Umschlags-Gelegenheiten geboten wird.


Es betrug die Kohlenproduktion im Oberbergamtsbezirk DortmundDavon sind verfrachtet worden auf der EisenbahnDavon sind verfrachtet worden auf dem WasserDavon sind verfrachtet worden zu Lande
18511 804 000 t25 %30 %45 %
189644 893 000 t74 %0,1 %3 %

Der Rest von 23% ist 1896 an Ort und Stelle verwendet worden zur Kokerei (19 %) und zur Kesselheizung (4 %).

Auch die Lippe ist von 1820-40 für kleinere Schiffe (75-150t) fahrbar gemacht worden. Hier siegte indessen ebenfalls die Eisenbahn.

Es sind im Laufe der Jahre verschiedene Linien für die Wasserstrasse von Dortmund nach dem Rheine bearbeitet worden, u.a. auch Kanalisirungen der Lippe und der Ruhr. Die bis Steele zu kanalisirende Ruhr sollte dabei durch einen über Bochum geführten Kanal mit dem bei Herne endigenden Zweig des Dortmund-Ems-Kanals verbunden werden. Ernstlich sind in den letzten Jahren nur die Linien im Thale der Lippe und im Thale der Emscher, sowie eine südlich von der Emscher im Haupt-Industriegebiet von Herne über Altenessen verlaufende Linie infrage gekommen. Die letztgenannte Linie lag dem 1894 beantragten Dortmund-Rhein-Kanal zugrunde. Zweigkanäle nach Bochum, Essen und Mülheim waren geplant. Dem Vortheil der unmittelbaren Nähe der Haupt-Industriepunkte stand die Schwierigkeit gegenüber, das Kanalgeände ohne übermässigen Kostenaufwand zu erwerben. Bei der fieberhaften Bauthätigkeit, welche der ungewöhnlichen Entwicklung der Industrie in den letzten Jahren parallel lief, ist diese Schwierigkeit derart gewachsen, dass heute von dieser Linie abzusehen ist. Die Kanalisirung der Lippe würde eine Linie ergeben, die bezügl. des Grunderwerbs und wegen des Fortfalls aller Rücksichtnahme auf den Bergwerksbetrieb grosse Vortheile bietet. Die Lippelinie ist aber andererseits um die Hälfte länger als ein direkter Kanal von Herne zum Rhein, sie berührt das Haupt-Industriegebiet nur wenig, mündet für den Verkehr nach dem Oberrhein zu weit stromabwärts und berücksichtigt die Haupt-Umschlaghäfen Ruhrort und Duisburg nicht genügend. In der That würde die Lippe-Linie hauptsächlich die Verbindung nach dem Unterrhein und den im Auslande gelegenen Seehäfen begünstigen, während es vor allen Dingen im deutschen Interesse liegt, auf dem Wege des Dortmund-Ems-Kanales den Verkehr der Emshäfen neu zu beleben und durch den Mittelland-Kanal den Weserhäfen einen vermehrten Antheil an der Ausfuhr des rheinisch-westfälischen Industriegebietes zu sichern, ein Vortheil, der später bei geeigneter Fortsetzung der künstlichen Wasserstrassen auch auf die Elbhäfen ausgedehnt werden kann. Aus diesen Gründen nimmt der Gesetzentwurf mit Recht den Ausbau des Dortmund-Rhein-Kanales im Thale der Emscher in Aussicht. Es ist unleugbar, dass daneben manche örtliche Interessen auch für die Ausführung der Lippe-Kanalisirung sprechen und es ist nicht unmöglich, dass diese jetzt oder später auf Rechnung, der Interessenten ebenfalls zur Ausführung gelangt; auch die Denkschrift giebt dem Gedanken Ausdruck, dass die Lippe-Linie später als zweite Verbindung nach dem Rhein hergestellt werde. Die Südemscher-Linie des Entwurfes von 1894 hatte abgesehen von der Kostbarkeit des durchschnittenen Gebietes noch mit dem Uebelstand zu kämpfen, dass der Untergrund vielfach zu Bodensenkungen Anlass giebt. Der Kohlenabbau ist vielfach ohne Bergeversatz geschehen, d. h. die Hohlräume sind nicht mit todtem Gestein ausgefüllt. Die jetzt gewählte Emscherthal-Linie ist von diesem Uebelstande ebenfalls nicht ganz frei, sie ist aber viel günstiger gestellt, als die weit südlicher gelegene Linie von 1894. Das westfälische Kohlengebirge tritt in einer Linie, die Steele und Bochum berührt, zutage, es wird aber weiter nördlich in wachsendem Maasse von Mergelschichten überdeckt, die in der Linie des Emscherthal-Kanals schon eine Mächtigkeit von 160-200 m erreichen.

Die Brüche, die in den Gruben durch Zusammengehen der Hohlräume entstehen, setzen sich erfahrungsmässig schon dort, wo die Mergeldecke 50 m Dicke erlangt, fast niemals bis zutage fort. Deshalb sind in der Kanallinie nur Senkungen aber keine Risse zu erwarten, sodass weder dem Kanal durch den Bergbau, noch dem Bergbau durch den Kanal Gefahren erwachsen werden.

Die Wirkungen der zu erwartenden gleichmässigen Senkungen müssen beim Bau der Schleusen natürlich berücksichtigt werden, sie bieten aber keine unüberwindlichen Schwierigkeiten.

Der Dortmund-Rhein-Kanal wird 39,5 km lang und sein Wasserspiegel senkt sich, wie der Längsschnitt zeigt, von der Ordinate +56,0 des Dortmund-Ems-Kanals bis zum Rhein, dessen Wasserspiegel zwischen +19,35 m und +28,9 m schwankt. Der obere Theil bis zu der auf +35 m liegenden Haltung von Oberhausen wird als selbständiger Kanal neben der Emscher ausgeführt, da der Fluss viel zu stark gekrümmt ist und seine geringe Wassermenge sich wegen der Verunreinigungen durch die Zuflüsse der Betriebsstätten zur Speisung nicht eignet. Unterhalb Oberhausen, wo der Rückstau des Rheines sich bereits äussert, konnte dagegen die Emscher kanalisirt werden.

Der Rhein-Elbe-Kanal
Der Rhein-Elbe-Kanal

Der Querschnitt des Kanals ist in der Abbildung gegeben. Wie beim Dortmund-Ems-Kanal ist die Sohlbreite 18 m, die Spiegelbreite 30 m, die Wassertiefe 2,5 m. Abweichend von dem ursprünglichen Entwurfe ist bei dem Dortmund-Ems-Kanal bereits das hier dargestellte Unterwasserbankett mit steiler, befestigter Böschung in der Höhe des Wasserstandes zur Anwendung gekommen. Beiderseits sind auch hier 3,5 m breite Leinpfade vorgesehen, durch deren Anlegung man sich wohl für die Zukunft wegen des Schiffszuges volle Freiheit sichern will; zunächst ist nur an Zug durch Schleppboote gedacht.

Die Schleusen erhalten 8,6 m Breite und 3 m Drempeltiefe; es werden durchweg 2 Schleusen nebeneinander erbaut, die sich gegenseitig als Sparbecken dienen können. Eine Schleuse wird 67 m lang, die andere 95 m lang, um neben dem Lastschiff einen Schleppdampfer aufnehmen zu können. Das Schleusengefälle beträgt bis zu 6 m. Da auf jede Einschränkung des Kanalquerschnittes an der Brückenstelle verzichtet worden ist, so haben die Brücken 37,5 m Spannweite erhalten ;die lichte Durchfahrtshöhe ist 4 m.

(Fortsetzung folgt.)

Der Rhein-Elbe-Kanal.

(Fortsetzung)

2. Ergänzungen des Dortmund-Ems-Kanals.

Die sowohl dem Verkehr des Dortmund-Ems-Kanals als auch demjenigen des Rhein-Elbe-Kanals dienende Strecke bedarf einiger Ergänzungen. Bei Münster ist eine zweite Schleuse zu erbauen, die ebenfalls als Schleppschleuse von 95 m Länge ausgebildet werden soll. Auch bei Henrichenburg ist eine Verdoppelung der Verkehrs-Einrichtungen nothwendig. Es würde am nächsten gelegen haben, ein zweites Hebewerk zu errichten; man hat indessen davon abgesehen und will die 14 m Gefälle mit einer Treppe von 3 Schleusen überwinden. Es würde nicht richtig sein, in dem Umstand, dass sowohl hier wie beim Dortmund-Rhein-Kanal und beim Mittelland-Kanal auf die Verwendung von Hebewerken oder überhaupt von Trogschleusen verzichtet worden ist, ein Misstrauen gegenüber dem ausgeführten Henrichenburger Hebewerk zu erblicken. Man darf dagegen wohl annehmen, dass man sich nicht hat entschliessen wollen, den Bau einer zweiten Trogschleuse zu beantragen, ehe mit dem ersten derartigen Werk, dessen Kosten doch sehr bedeutend sind, längere Betriebserfahrungen vorliegen. Bei Henrichenburg kommt hinzu, dass die Treppe des Dortmund-Rhein-Kanals einer Speisung aus der Ruhr bedarf, die mittels eines 15,6 km langen Speisegrabens erfolgen soll. Der von Hohensyburg ausgehende Zubringer durchfährt das Ardey-Gebirge mit einem 5,7 km langen Tunnel und führt unterhalb des Dortmunder Hafens dem Zweigkanal bei niedrigstem Ruhrwasserstande 0,75 cbm/sek, im Meistbetrage 5 cbm/sek zu. Bei Henrichenburg wird also immer genügend Wasser zur Bedienung der Schleusentreppe vorräthig sein. Die herzustellende Schleusentreppe soll nach dem Verbundsystem eingerichtet werden, d.h. die aufeinander folgenden Kammern werden durch sehr kurze Haltungen, in denen die Schiffe sich kreuzen, von einander getrennt sein. Bei der Füllung und Entleerung der Kammern soll das Wasser unmittelbar von einer Kammer zur anderen geleitet werden.

3. Der Mittelland-Kanal.

Der Hauptkanal wird 325 km lang. Die von Münster am Dortmund-Ems-Kanal sich bis Hannover erstreckende 210 km lange Haltung mit der Spiegelhöhe +49,8 m kreuzt die Weser bei Minden; der Abstieg zur Weser findet hier mittels zweier Schleusen von 5,5 m Gefälle statt, für welche die Oberweser ohne Schwierigkeit das Speisewasser liefert. Oestlich von Hannover folgt die 92 km lange Scheitelhaltung, deren Spiegelhöhe von +56,6 m aus landwirthschaftlichen Gründen gegeben war; in dem vom Kanal durchschnittenen Drömling muss bei Verminderung der Hochwasser-Nachtheile der Sommerwasserstand erhalten werden. Vier Schleusen von 1,6 m bis 8,1 m Gefälle vermitteln im Ohre-Thal den Abstieg zur Elbe, deren Wasserstände an der Anschlusstelle zwischen +36,9 m und +43,2 m schwanken. Der Kanal ist so geführt, dass die Verbindung zwischen Elbe, Weser und Dortmund-Ems-Kanal auf kürzestem Wege erfolgt. Die Hauptverkehrspunkte Minden und Hannover werden unmittelbar berührt. Osnabrück wird durch einen Stichkanal angeschlossen, ebenso Linden bei Hannover.

Der Zubringer von der Leine wird von Wülfel ab als einschiffiger Zweigkanal behandelt. Auch Hildesheim, Lehrte und Peine werden durch einschiffige Seitenkanäle angeschlossen, Braunschweig hat sich noch nicht endgiltig entschieden, ob es den Anschlusskanal bauen will. Da der Mittellandkanal die Elbe bei Heinrichsberg gegenüber der Mündung des Ihle-Kanales erreichen muss, ist noch ein Seitenkanal nach er nothwendig geworden.

Kanalquerschnitt, Schleusen und Brücken sind im allgemeinen wie beim Dortmund-Rhein-Kanal angeordnet. Zunächst werden am Mittellandkanal nur Einzelschleusen von 67 m Länge gebaut, während der Platz für spätere Hinzufügung der zweiten Schleuse vorgesehen wird. Wo es wegen der Speisungs-Verhältnisse nothwendig erscheint, ist ein Sparbecken vorgesehen. Die Schleuse bei Heinrichsberg, die aus dem von Magdeburg kommenden Zweigkanal gespeist wird, erhält 192 m Länge bei 12 m Breite, kann also Schleppzüge und grosse Elbkähne aufnehmen.

Da der Mittellandkanal sich auf grosse Längen in gleichbleibender Höhe hinzieht, so müssen die ihn kreuzenden Wege und Wasserläufe manche Aenderungen erfahren. Von den Flussläufen können die Weser und die Leine, deren Hochwassermengen 3000 cbm bezw. 865 cbm betragen, hochwasserfrei unterführt werden. Die Unterführungen von 6 mittelgrossen Wasserläufen wirken bei Hochwasser dükerartig; Schwierigkeiten zeigen sich an der Kreuzung der bei H.-W. 85 cbm führenden Aller, wo 2 Düker von zusammen 72 qm Querschnittsfläche angenommen sind.

Allgemeine Bemerkungen: Speisung des Kanales, Meliorationen.

Die Denkschrift lässt auf eine ausserordentlich gründliche Ausführung der Vorarbeiten schliessen, u. a. sind auch die Bodenverhältnisse in der Kanallinie durch umfangreiche Bohrungen untersucht worden. Inbezug auf Sicherheitsthore und sonstige Nebenanlagen ist das Erforderliche vorgesehen. Die Anlage von Häfen ist nur insofern berücksichtigt worden, als bei der Wahl der Kanallinie dieser Frage Beachtung geschenkt ist. Da die Ausführung der Häfen den Gemeinden überlassen wird, steht es diesen auch zu, die Entwürfe im einzelnen aufzustellen.

Die Frage der Wasserbeschaffung ist sehr vorsichtig und eingehend behandelt; bei Feststellung der Wassermengen, die den Flüssen im Sommer ohne Schaden entnommen werden können, ist neben der Deckung des eigentlichen Kanalbedarfes auch die Bewässerung der anschliessenden Gelände in Rücksicht gezogen. Meliorationen kommen in erster Linie nur im Bereiche des Mittelland-Kanales infrage, da im Emscherthale die Interessen von Handel und Industrie diejenigen der Landwirthschaft bereits übertreffen. Was in Verbindung mit dem Kanalbau für die Landeskultur geschehen kann, wird zwar im einzelnen erst bei der weiteren Bearbeitung festzustellen sein; immerhin enthält die Denkschrift auch nach dieser Richtung werthvolle Fingerzeige und in einem Anhange sind die bezügl. gutachtlichen Aeusserungen der Meliorations-Baubeamten auszugsweise wiedergegeben.

Bezüglich des Wasserbedarfs ist angenommen, dass auf 1 km Kanal 16 l/sek. als Ersatz für Verdunstung und Versickerung zu rechnen sind; das würde 1380 cbm im Tage ausmachen. In Anbetracht, dass der Kanalwasserspiegel meistens mit dem sommerlichen Grundwasserstand der angrenzenden Ländereien zusammenfällt und dass an ungünstigen Stellen eine sorgfältige Dichtung vorgesehen ist, darf diese Zahl gewiss als reichlich bemessen bezeichnet werden. Für Undichtigkeiten an den Schleusenthoren und an den Schützen sind für je 1 m Schleusengefälle 5 l Verlust gerechnet. Zu den hieraus sich ergebenden Wassermengen ist das beim Durchschleusen der Schiffe zum Verbrauch gelangende Wasser gerechnet und es ist dabei auch der Unterschied der beladenen und der unbeladenen Schiffe berücksichtigt worden.

Die der Denkschrift beigefügten graphischen Darstellungen erläutern die in Aussicht genommene Wasserspeisung vortrefflich. Danach ist im trockenen Sommer der Wasserbedarf 10,40 cbm/sek., wovon 7,1 cbm der Weser zu entnehmen sind, der Rest aus der Leine, der Ruhr, der Lippe und der Elbe. Die richtige Vertheilung des Wassers erfordert zeitweise die Thätigkeit von 4 Pumpwerken. Die aus der Bewegung des Speisewassers sich ergebende höchste Erhebung des Wasserspiegels findet am Einlauf des Weserzubringers statt; sie beträgt 11 cm, die entsprechende Wassergeschwindigkeit im Kanal ist 9 cm/sek. Die Wasserwirthschaft für den Fall höherer Flusswasserstände, wenn der Kanal zugleich als Mittelglied für Entwässerungen und Bewässerungen dienen soll, wird ebenfalls eingehend untersucht.

Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 1,4 m/sek. die sich bei Kreuzungen auf die Hälfte verringert, stellt sich die Leistungsfähigkeit der freien Kanalstrecke zu jährlich 10 Mill. t bei 13stündiger Arbeitszeit und 270 Arbeitstagen. Die Leistungsfähigkeit einer Schleuse wird auf 4 Mill. t berechnet, wenn Tag- und Nachtbetrieb an der Schleuse stattfindet. Auf dem Mittelland-Kanal glaubt man deshalb zunächst mit einer Schleuse auskommen zu können, während auf dem Dortmund-Rhein-Kanal sofort Doppelschleusen ausgeführt werden sollen.

Weser-Kanalisirung.

Wenn der Weser eine so beträchtliche Wassermenge entzogen wird, so ist deren Kanalisirung nothwendig, da sonst die Weserschiffahrt und die Landwirthschaft leiden würden. Die Kanalisirung ist von Hameln bis Bremen angenommen, von Minden bis Bremen auf Kosten des Bremer Staates. Die Nadelwehre sollen die vom Wasserbau-Inspektor Prüsman vorgeschlagene gebrochene Form erhalten, damit in den Mittelpfeilern Turbinen zur Ausnutzung der Wasserkraft eingebaut werden können. Daneben sollen Schleppzugschleusen von 200 m Länge und 12 m Breite erbaut werden. Die Drempeltiefe beträgt 3 m, doch soll das Oberwasser bis auf 3,75 m gestaut werden können. Die Länge der zu kanalisirenden Flusstrecke ist 236 km, durch Abkürzungen in den Schleusenkanälen der 25 Staustufen wird die Gesammtlänge der Schiffahrtstrasse indessen auf 210 km verringert. (Schluss folgt.)

Der Rhein-Elbe-Kanal.

(Fortsetzung statt Schluss.)

Wirthschaftliche Gesichtspunkte.

Die wirthschaftliche Seite des Gesetzentwurfes hat in der amtlichen Begründung und in der Denkschrift des Wasserbauinsp. Prüsmann neben der technischen Seite bereits ausführliche Erörterung gefunden, Die amtlich gegebenen Zahlen sind indessen zumtheil nur durch sehr umfangreiche Vorarbeiten zu gewinnen gewesen, an denen der Reg. u. Brth. Sympher in erster Linie betheiligt gewesen ist. Um der Oeffentlichkeit nicht nur die Ergebnisse dieser Vorarbeiten zur Kenntniss zu bringen, sondern auch einen ausführlichen Einblick in diese Arbeiten zu ermöglichen, hat Hr. Sympher mit Genehmigung des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten eine Darstellung seiner Untersuchungen als Privatarbeit veröffentlicht (Die wirthschaftliche Bedeutung des Rhein-Elbe-Kanals von Sympher, Reg.- u. Brth, 2 Bde., gr. 8 mit zahlr. Karten, Berlin 1899. Siemenroth & Troschel.).

Der erste Band dieser sehr inhaltreichen auch vom Verleger mit grosser Sorgfalt ausgestatteten Denkschrift enthält 134 Seiten Text. Der zweite noch umfangreichere Band enthält zunächst die Kartenanlagen, die auch der Prüsmann’schen Denkschrift beigegeben sind, und weiter 13 gedruckte Anlagen, in denen das Zahlenmaterial zusammengestellt ist. Es ist mit besonderer Befriedigung zu begrüssen, dass die Untersuchungen Sympher’s, der sich auf dem Gebiete der Werthschätzung von Wasserstrassen durch langjährige Arbeiten eine grosse Erfahrung gesammelt hat, so ausführlich veröffentlicht worden sind. Auf dem Gebiete der Schätzungen werden naturgemäss, wenn auch noch so gründlich verfahren wird, Meinungs-Verschiedenheiten nicht ausbleiben. Gleichwohl enthält die Denkschrift einen grossen Bestand an Zahlen, an denen nicht zu rütteln sein wird, und es wird, wenn auch einzelne Zahlen angegriffen werden sollten, in den nächsten Jahren auf diesem Gebiet keine Arbeit mit Erfolg durchgeführt werden können, die nicht die Sympher’sche Denkschrift inbetracht zieht. Im Folgenden können die wirthschaftlichen Erörterungen nur angedeutet werden.

Die Kosten des Dortmund-Rhein-Kanals sind auf 45 298 000 M. oder bei 395 km Länge für das km auf 1 147 000 M. veranchlagt. Die Kosten des Mittelland-Kanals sind auf 191 668 700 M. berechnet. Die Einheitskosten stellen sich f. 1 km Hauptkanal auf 463 800 M., für 1 km zweischiffigen Zweigkanal auf 705 000 M., für 1 km einschiffigen Zweigkan. auf 356 000 M.

Der Rhein-Elbe-Kanal - Querschnitt
Der Rhein-Elbe-Kanal – Querschnitt

Die Ergänzungen zum Dortmund-Ems-Kanal werden 4 067 000 M. erfordern. Die auf Kosten Preussens durchzuführende Kanalisirung der Weser von Hameln bis Minden wird 19 751 000 M. kosten, während Bremen für die Kanalisirung der Weser von Minden bis Bremen nach vorläufigen Ermittlungen etwa 43 000 000 M. aufzuwenden haben wird. Die Summe der auf Preussen entfallenden Baukosten beträgt hiernach anschlagsmässig M. 260 784 700, während die jährlichen Betriebs- und Unterhaltungskosten auf M. 2 169 100 geschätzt sind.

Während bei früheren Kanalausführungen den betheiligten Provinzen und öffentlichen Verbänden eine wesentlich geringere Antheilnahme an den Kosten zugemuthet worden ist, macht der vor vorliegende Gesetzentwurf die Ausführung des Kanales davon abhängig, dass bis zum 1. Juli 1900 die Verpflichtung übernommen wird,

1. ein Drittel der Kosten des Dortmund-Rhein-Kanals, also M. 15 099 330 mit 3 % zu verzinsen und mit ½ % zu tilgen, sowie die Aufbringung der Betriebs- und Unterhaltungskosten – M. 509 200 – zu gewährleisten,

2. von den Kosten des Mittelland-Kanales einschliessl. der Kanalisirung der Weser von Hameln bis Minden die Summe von M. 78 049 800 mit 3 % zu verzinsen und mit ½ % zu tilgen, sowie die Aufbringung der Betriebs- und Unterhaltungskosten – M. 1 623 300 – zu gewährleisten.

Beim Mittelland-Kanal wird die Verzinsung und Tilgung von einem Drittel der Kosten des Hauptkanals und der Hälfte der Kosten der Zweigkanäle verlangt. Zu Lasten des preussischen Staates verbleiben die ungedeckten Zinsen- und Tilgungsbeträge, die auf die Ergänzungen des Dortmund-Ems-Kanales entfallenden Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten und die Bauzinsen. Daneben hat der preuss. Staat den Ausfall der Eisenbahn-Einnahmen zu tragen, der sich daraus ergiebt, dass ein Theil des Verkehrs vom Schienenweg auf die Wasserstrasse übergeht.

Durch Verhandlungen unter den Betheiligten ist in Aussicht genommen, dass von der Gewährleistung unter 1. die Rheinprovinz 54 %, die Kreise Gelsenkirchen, Recklinghausen und Bochum (Land) der Provinz Westfalen 46 % übernehmen und dass für die Gewährleistung unter 2. eintreten: die Provinz Westfalen mit 17 %, die Provinz Hannover mit 50 %, die Stadt Magdeburg mit 16,1 %, die Städte Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Spandau und Brandenburg mit zus. 9,4 %, und der Staat Bremen mit 7,5 %.

Diese nach langen Verhandlungen zwischen dem Staat und den Verbänden erzielten Abmachungen dürfen als glücklich gewählt bezeichnet werden. Zunächst. ist es erforderlich, dass ein Unternehmen, welches derartig einschneidend auf die Entwicklung der Verkehrsverhältnisse einwirkt und das mit den Frachten auch die Bildung des Preises für grosse Gütermengen beeinflussen wird, auch die werkthätige Unterstützung der Nächstbetheiligten findet; wie sollten sonst auch aus allen möglichen Entwürfen für neue Wasserstrassen die wichtigsten ausgewählt werden?

Es ist auch zu berücksichtigen, dass an der Aufbringung der Staatssteuern alle Theile des Staates gleichmässig theilnehmen, auch jene, die aus der neuen Verbindung gar keinen Nutzen ziehen und jene, die durch die Werthverschiebung, welche ihr Inslebentreten mit sich bringt, anfänglich wenigstens, benachtheiligt werden. Der Forderung der vollen Verzinsung und Tilgung des Anlage-Kapitals steht andererseits der Umstand entgegen, dass der Staat bei Anlage einer Wasserstrasse nicht zugleich, wie es bei der Eisenbahn der Fall ist, als Betriebsführer auftritt, dass also die Kanalabgaben nicht mit den Eisenbahnfrachten einfach in Parallele gestellt werden dürfen. Weiter ist die Schwierigkeit in Erwägung zu ziehen, die eine vollkommen gerechte Vertheilung der Lasten auf alle in Anspruch zu nehmenden Schultern mit sich bringt. Die Gerechtigkeit scheint deshalb am besten gewährleistet zu sein, wenn zunächst die Allgemeinheit einen Theil der Lasten übernimmt in der sicheren Voraussetzung, dass demnächst, wo die Nothwendigkeit zutage tritt, ein billiger Ausgleich durch anderweitige Maassnahmen, seien es Tarifänderungen oder neue Verkehrsbauten, stattfindet, Die Kgl. Regierung hat es, getreu dem hohenzollernschen Wahrspruche „Suum cuique“ bisher noch niemals an dieser Billigkeit fehlen lassen. Es darf deshalb mit Vertrauen erwartet werden, dass bis zur Eröffnung des Rhein-Elbe-Kanales im Jahre 1908 Mittel und Wege gefunden werden, um die durch dessen Ausführung in gewisser Weise bedrohten Interessen Schlesiens und der Unterelbe zu wahren.

Die wirthschaftliche Bedeutung des Rhein-Elbe-Kanales liegt vor allem in der Entwicklung der Industrie Rheinland-Westfalens begründet. Das Ruhrgebiet nimmt mit 3600 qkm nur etwa 2/3 % der Fläche des deutschen Reiches ein. Auf die Flächeneinheit im Ruhrgebiet kommen aber 7mal soviel Einwohner, 4mal soviel km Eisenbahnlänge und 43mal soviel Tonnen Eisenbahnversandt, als durchschnittlich auf die Flächeneinheit des Reichsgebietes treffen. Das Ruhrgebiet nimmt deshalb mit 22 % an dem Eisenbahn-Güterverkehr Deutschland theil. An der Gesammt-Steinkohlen-Erzeugung Deutschlands im Jahre 1894 von 77 Mill. t nahm das Ruhrgebiet mit 41 Mill. t, oder 53 % theil.

Dabei ist die Kohlengewinnung des Ruhrgebietes im steten Wachsen begriffen. Es wurden gefördert:

Im Jahre 1840rd. 1 Mill. tdurch 9 000 Arbeiter,
Im Jahre 1890rd. 35 Mill. tdurch 128 000 Arbeiter,
Im Jahre 1894rd. 41 Mill. tdurch 153 000 Arbeiter,
Im Jahre 1897rd. 48 Mill. tdurch 176 000 Arbeiter.

1894 wurden in ganz Deutschland 4,7 Mill. t Roheisen erzeugt, davon 44% im Ruhrgebiet, das an der Herstellung von Fertigfabrikaten in noch höherem Maasse betheiligt ist.

Da Deutschland an der Roheisen-Erzeugung wie an der Herstellung von Schweisseisen und Stahl, die überhaupt auf der Erde stattfinden, mit etwa 20 % betheiligt ist, so liegt der Werth, den eine Verbesserung der Absatzwege für den Nationalwohlstand herbeiführen muss, auf der Hand und es scheint in Anbetracht der noch etwa 2 bis 3 Jahrhunderte reichenden Kohlenschätze des Ruhrgebietes an der Zeit, uns alle erreichbaren Vortheile zu sichern.

Der Verkehr der Rheinhäfen Ruhrort, Duisburg und Hochfeld ist von 2 900 000 t in 1875 auf 9 700 000 t gestiegen. Allein aus diesen wenigen Zahlen der Denkschrift erhellt der Vortheil den es bietet, die wunderbare Schiffahrtstrasse des Rheines bis in das Herz des rheinisch-westfälischen Industriegebietes fortzusetzen.

Die Anlage 10 enthält sehr wichtige Angaben über den Verkehr nach Osten mit den Endpunkten Osnabrück, Minden, Hannover, Magdeburg usw. Danach sind auf der Eisenbahn in Wagenladungen befördert worden: 1892 64 Mill. t und 1897 91 Mill. t, Eine werthvolle Ergänzung dieses Zahlenmateriales giebt die Karte, die den vorhandenen Verkehr der deutschen Wasserstrassen darstellt und die empfindliche Lücke, die zwischen dem Rhein und der Elbe besteht, augenfällig in die Erscheinung treten lässt.

Die Schätzung des auf dem Rhein-Elbe-Kanal zu erwartenden Verkehrs erfordert den Vergleich der Transportkosten auf Eisenbahnen und Wasserstrassen, die der II. Abschnitt der Denkschrift umfasst. Von den inbetracht kommenden Eisenbahntarifen sei nur der 1890 eingeführte wichtige Rohstofftarif erwähnt, der für Entfernungen von 1-350 km eine Abfertigungsgebühr von 70 Pf./t und einen Streckensatz von 2,2 Pf./tkm bestimmt, während jedes fernere km einen Streckenzuschlag von 1,4 Pf./tkm bedingt.

Die Schiffahrtskösten auf den Kanälen sind unter der Voraussetzung berechnet, dass die Fortbewegung mit Dampf geschieht, dass einem Schleppdampfer 2 Kähne angehängt werden, dass die Fahrgeschwindigkeit auf freier Strecke 5km/Stunde beträgt und dass auf schleusenfreier Strecke bei Tag- und Nachtbetrieb 100 km zurückgelegt werden. Danach berechnen sich die Hauptkosten der Beförderung grober Massengüter bei Annahme von 270 Betriebstagen im Jahre für das 600 t-Schiff zu (90/n + 0,3) Pf. für ein Tarif-Tonnenkilometer, n bezeichnet die Anzahl der auf der Fahrt zurückgelegten Tarif-Tonnenkilometer, die erhalten wird, indem der Anzahl der wirklich zurückgelegten km ein Betrag für jede durchfahrene Schleuse zugefügt wird, der bei Schleppzügen 6 km bezw. 8 km beträgt, jenachdem Doppelschleusen oder einfache Schleusen vorhanden sind. Sympher hat die Rechnung auch für Schiffe von anderer Tonnenzahl und unter verschiedenen Annahmen für die Betriebszeit durchgeführt. Zur Beleuchtung der Ersparniss, die durch Verwendung grosser Kähne herbeigeführt wird, sei zum Vergleich angeführt, dass die obige Zahl sich für 150 t Kähne in (150/n + 0,79) Pf. verwandeln würde. Im Anschluss hieran sind die Frachten auf den Flüssen Rhein, Elbe, Oder und Weichsel unter Berücksichtigung der hier im Laufe des Jahres vorhandenen Möglichkeit, die Tragfähigkeit des Kahnes auszunutzen, untersucht und es ist an wirklich bezahlten Frachten nachgewiesen, dass die aufgestellten theoretischen Werthe eher etwas zu hoch als zu niedrig ausgefallen sind.

Die Nebenkosten, als Hafen-, Umschlags-, Versicherungsgebühr sind besonders in Rechnung gezogen. Ebenso mussten bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Kanalabgaben gemacht werden, wenn es auch nicht infrage kommen konnte, für eine mindestens 8 Jahre entfernte Zeit diese Abgaben schon jetzt festzusetzen. Die Rücksicht auf die Bewerbsfähigkeit der deutschen Häfen und Produktions-Gebiete und die hohen Kosten des Dortmund-Rhein-Kanales werden jedenfalls bedingen, die Abgaben höher zuhalten als auf dem Mittelland-Kanal. Für den Westen sind deshalb für drei Güterklassen Abgaben von 2 Pf., 1,5 Pf. und 1 Pf. für 1 km in Rechnung gestellt, während dem Mittelland-Kanal nur die halben Sätze berechnet sind. –

Der Rhein-Elbe-Kanal.

(Schluss.)

Im III. Abschnitt der Arbeit ist unter Benutzung der vorstehend gefundenen Werthe untersucht worden, welcher Theil des vorhandenen Verkehrs sich wohl dem Kanal später zuwenden wird. Zu dem Zwecke sind seitens der kgl. Eisenbahn-Direktionen alle Sendungen des Jahres 1892/93, die sich möglicherweise dem Wasserwege zugewendet hätten, einzeln ermittelt worden und es sind die nach den jetzt bestehenden Eisenbahntarifen zu zahlenden Frachten mit den zu erwartenden Schiffsfrachten einschl. der Nebenkosten und Kanalabgaben verglichen. Bei der Abgrenzung des Gebietes, für das die Untersuchung durchgeführt ist, musste der schon in der angeführten Preisformel zutage tretende Umstand in Rechnung gezogen werden, dass die Schiffahrtskosten mit der Länge der Fahrt abnehmen, weil die erheblichen Kosten des Aufenthaltes in den Endhäfen sich unabhängig von der Fahrtlänge geltend machen; es musste ferner darauf Rücksicht genommen werden, dass der Vortheil der Wasserstrasse nur denjenigen Orten in vollem Maasse zutheil wird, die von ihr berührt werden. Versendungen von Rohstoffen sind beispielsweise nicht inbetracht gezogen, wenn der Abgangs- und der Bestimmungsort, die beide an der zukünftigen Wasserstrasse lagen, weniger als 50 km von einander entfernt waren. Lag einer der Orte nicht an der Wasserstrasse, so wurden Entfernungen unter 100 km unberücksichtigt gelassen, ebenso wurden. die Fälle ausgeschieden, in denen die Entfernung weniger als 190 km betrug, wenn Abgangs- und Bestimmungsort beide nicht unmittelbar an die Wasserstrasse grenzten. Die sehr umständlichen Ermittelungen, bei denen im Interesse der Erleichterung der Berechnungen noch einige Vereinfachungen vorgenommen wurden, ergaben dann diejenigen Sendungen, die wegen der niedrigeren Beförderungskosten, später dem Wasserwege zufallen dürften. Vorsichtigerweise sind indessen nur solche Sendungen: berücksichtigt, bei denen sich die Wasserfracht mindestens 15 % billiger herausstellte als die Eisenbahnfracht, und ebenso sind von der dann verbleibenden Gütermenge, soweit der Mittelland-Kanal inbetracht kam, nur 80 % in Rechnung gestellt, soweit der Dortmund-Rhein-Kanal infrage kam, sogar nur 60 %. Andererseits ist aber auch der Verkehrszuwachs in Rücksicht gezogen worden, der seit 1892/93 eingetreten und nach Maassgabe der heutigen Erfahrungen bis zu den ersten Jahren nach Eröffnung des Kanales zu erwarten ist.

Hiernach würde 1908 auf dem Rhein-Elbe-Kanal ein Verkehr von 11,4 Mill. t mit 1 ¾ Milliarden auf den Kanal und die kanalisirte Weser entfallenden t/km stattfinden. Natürlich wird dieser berechnete Verkehr im ersten Jahre nach der Eröffnung des Kanals noch nicht vorhanden sein.

Nach Maassgabe der Erfahrungen am Oder-Spree-Kanal und bei der Mainkanalisirung darf dagegen angenommen werden, dass ein derartiger Verkehr sich im 5. oder 6. Betriebsjahr einstellen wird. Je nachdem man sich einen kürzeren oder längeren Zeitraum der Entwicklung vorstellt, wird man den Zeitpunkt, von dem an die Kanalabgaben nicht nur die Betriebs- und Unterhaltungskosten, sondern auch die Verzinsung des Anlagekapitals decken und einen Betrag zur Tilgung übrig lassen, früher anzunehmen haben. Je rascher dieser Zeitpunkt eintritt, um so stärker werden aber auch die durch den Kanalbetrieb veranlassten Ausfälle bei den Eisenbahn-Einnahmen in die Erscheinung treten, während bei langsamem Anwachsen des Kanalverkehrs die Ausfälle durch die allgemeine und durch die vom Kanalverkehr neu hervorgerufene Vermehrung des Eisenbahnverkehrs verdeckt werden. Unter der nicht zutreffenden Annahme, dass der Kanalverkehr sich im ersten Jahre schon vollständig entwickelt, würde der Ausfall, den die preussischen Eisenbahnen erleiden würden, im betreffenden Jahre 67 Mill. M. betragen. Da dieser Betrag die Roheinnahmen darstellt, würden 14 Mill. M., die die Eisenbahnen wegen verminderter Leistung thatsächlich ersparen würden, sowie die Beträge in Abzug zu bringen sein, die für Ergänzung der Linien, der Bahnhöfe und des Betriebsmateriales dem wachsenden Verkehr entsprechend mehr ausgegeben werden müssten, wenn der Kanalbau unterbliebe. Der oft gehörten Behauptung, dass die Eisenbahnen zuzeiten des stärksten Verkehres der Eissperre wegen doch die ganze Leistung zu übernehmen hätten, wird die zahlenmässig bewiesene Erfahrung entgegengesetzt, dass in dem I. Quartal des Jahres, in das die Eissperre fällt, der Eisenbahnverkehr nicht seinen Höchstwerth, sondern seinen Mindestwerth erreicht.

Da die Provinzen, Kreise und Städte bei langsam wachsendem Verkehr in den ersten Jahren zur Deckung der. Betriebs-Unterhaltungskosten und der Verzinsung erheblich beizusteuern haben werden, ist die Möglichkeit vorgesehen, die Kapitaltilgung erst mit dem 16. Betriebsjahr zu beginnen. In durchaus absehbarer Zeit wird jedenfalls der Augenblick kommen, wo die Erträge der Kanalabgaben auch Rücklagen zur Tilgung des aufgewendeten Kapitals ermöglichen werden, so dass etwa 1980 die gesammte Bausumme abgetragen sein wird.

Dann tritt die Bereicherung des Nationalvermögens aufs klarste zutage, denn ganz ausserordentlich sind die Vortheile, die den am Kanalverkehr Betheiligten aus der Frachtersparniss erwachsen. Die jährliche Ersparung beträgt zunächst 37 Millionen M. und steigt weiterhin mit dem wachsenden. Verkehr sehr erheblich: Das ist wichtig, da in Deutschland die Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Verbrauchsstätten zumtheil viel weiter von einander entfernt sind, als in den Nachbarländern; namentlich in England und Belgien liegen Eisenerz und Kohlen nahe beisammen. Jeder neue, die Frachtkosten wesentlich verbilligende Verkehrsweg weckt ausserdem neue Erwerbsquellen, die bei dem steten Wachsen der Bevölkerung des deutschen Reiches mit Freuden begrüsst werden müssen.

Der IV. Abschnitt der Denkschrift geht auf diesen Punkt näher ein und weist u. a. nach, in welcher Weise der Rhein-Elbe-Kanal zur Hebung bisher ungenutzter Bodenschätze beitragen wird. Daneben werden die Befürchtungen, die von manchen Seiten wegen der durch die billigen Wasserfrachten veranlassten Werthverschiebungen gehegt werden, auf ein richtiges Maass zurückgeführt: Es wird namentlich dargethan, dass der Kanal kein neues Einfallsthor für ausländisches Getreide bilden werde, da unter Benutzung der neuen Wege nur nach räumlich sehr beschränkten Gebieten ausländisches Getreide billiger verladen werden könne, als gegenwärtig. Die Anlage 17 behandelt dagegen die Frachten zwischen dem Ruhrgebiet einerseits und den östlichen preussischen Provinzen andererseits und zeigt die Förderung, die der Güteraustausch zwischen diesen Landestheilen erfahren wird. Sowohl von Stettin wie von Oderberg aus wird auf dem Binnenwasserweg mit dem Rhein-Elbe-Kanal erheblich billiger verfrachtet werden können, als auf dem Eisenbahnwege und auf dem Seewege über Rotterdam oder Emden. Deshalb wird auch der Osten, der schon in den letzten Jahren in wachsendem Masse Grubenhölzer und andere Forsterzeugnisse nach dem Westen geliefert hat, hierin weitere Fortschritte machen.

Die eingehende Behandlung der Braunkohlen-Industrie Sachsens und der Steinkohlen- und Eisenindustrie Schlesiens ist unpartheilich durchgeführt und es sind auch gewisse Nachtheile, die diesen Industrien erwachsen können, nicht in Abrede gestellt. Hoffen wir, dass es den Vertretern dieser Industrie gelingen möge, durch geeignete Maassnahmen diese Nachtheile wett zu machen und dass sie das Vertrauen zur Landesregierung, hierbei deren Unterstützung zu finden, nicht verlieren mögen, damit das grosse Werk des Rhein-Elbe-Kanals, dessen Bauwürdigkeit von Sympher so überzeugend nachgewiesen ist, jetzt zur Verwirklichung gelange!

Dieser Artikel erschien zuerst am 08., 12., 15. & 19.04.1899 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „ly“.