Eine Studienreise nach dem westlichen Nord-Amerika

Gruppe von Riesenhäusern in der City und am Hafen von New-York

Im letzten Viertel des vergangenen Jahres, in den Tagen vom 28. Oktober bis 9. November, hat Hr. Baurath von Groszheim in kundiger Gesellschaft eine Studienreise nach dem westlichen Nordamerika unternommen, die, obwohl zeitlich sehr beschränkt, eine reiche Fülle neuer Wahrnehmungen und Beobachtungen erschlossen hat, über die in der Versammlung der „Vereinigung Berliner Architekten“ vom 30. Nov. 1899 berichtet wurde. Aus diesem Berichte heben wir unter Beifügung einer Anzahl charakteristischer Abbildungen folgendes hervor:

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Auf die eigentliche Reise in Amerika kamen abzüglich der Hin- und Rückfahrt 3 Wochen und 2 Tage, eine verhältnissmässig kurze Zeit für die Ueberzahl der neuen Eindrücke, aber doch auch wieder ausreichend, um unter kundiger Führung die Hauptpunkte der amerikanischen künstlerischen Kultur kennen zu lernen. Die Ueberfahrt nach New-York wurde auf der Columbia der Hamburg-Amerika-Linie, die Rückfahrt auf dem neuen Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd „Kaiser Wilhelm der Grosse“ zurückgelegt. Den Einrichtungen und der künstlerischen Ausstattung diesen mächdgen Schiffes spendet der Vortragende hohes Lob. Es gehört zu der Gruppe hervorragender Fahrzeuge, unter denen sich auch die Schiffe „Kaiser Friedrich“ und „Kaiserin Maria Theresia“ usw. befinden, die mit 16 000 – 30 000 Pferdekräften den Ozean in kürzester Zeit durchkreuzen und dem verwöhntesten Reisenden alle Annehmlichkeiten materieller und ideeller Natur bieten, die sich denken lassen. Die Sicherheits-Vorrichtungen sind vorzügliche und die Grösse und Pracht der Anlage des Schiffes giebt Zeugniss von dem Emporblühen der deutschen Seeschiffahrt. Von den Räumen des Schiffes sind das geräumige Promenadendeck, das Gesellschaftszimmer, das Damenzimmer, das Musikzimmer, der Speisesaal usw. in glänzender Weise in künstlerischer und praktischer Hinsicht ausgestattet. Es ist kaum möglich, sich eine luxuriösere Einrichtung zu denken, als sie diese modernen Dampfer erhalten haben.

Hafen-Einfahrt von New-York
Hafen-Einfahrt von New-York

Die Neuheit der Hafeneinfahrt von New-York wird namentlich von Amerikanern sehr gerühmt, lässt sich aber mit dem Eindruck, den die Häfen von Genua, Neapel oder gar Konstantinopel machen, nicht vergleichen. NewYork liegt flach, unmittelbar am Meere und bietet dem von Europa Kommenden die kurze Seite der lang nach Osten sich erstreckenden Stadt. Immerhin ist das Bıld bei schönem Wetter höchst eigenthümlich. Der der Stadt sich nähernde Dampfer fährt zwischen Governors Island, die rechts bleibt und der Insel mit der Bartholdi’schen Freiheitsstatue hindurch nach dem Landungsplatze. Die von französischen Bürgern der Stadt New-York zum Geschenk gemachte Freiheitsstatue, die Freiheit, welche die Welt erleuchtet (liberty enlightening the world) ist in ihrer symbolischen Bedeutung als Leuchtthurm aufgefasst und nach dem Entwurfe Bartholdi’s gegen 50 m hoch auf Bedloe’s Island errichtet. Ueber das Denkmal finden sich nähere Nachrichten im Jhrg. 1884 der „Dtschn. Bauztg.“ No. 48. Die Statue ist aus Kupfer getrieben; sie beanspruchte mit ihrem Unterbau eine Kostensumme von 500 000 Dollars. Ihre Wirkung entspricht nicht den grossen Erwartungen, mit welchen der fremde Reisende dem Anblick entgegensieht. Noch ehe die Statue erreicht ist, bietet sich von New-York ein Gesammtbild, wie es in No. 39 dargestellt ist. Die eigentliche Stadt schiebt sich als schmale Landzunge zwischen dem North-River und dem East-River in die Upper Bay vor, zur Linken liegt Jersey-City, zur Rechten Brooklyn. Die dieses mit New-York verbindende berühmte Hängebrücke ist merkwürdiger Weise die einzige Brücke, die New-York mit den benachbarten Städten verbindet. Drei weitere Brücken, eine über den Hudson, die beiden anderen über den East-River sind geplant. Einstweilen wird der ungemein lebhafte Verkehr durch grosse Fährboote, sowie durch eine grosse Anzahl kleiner Dampfer vermittelt, welche in den engen Gewässern in oft beängstigender Weise umherschiessen. Die Verbindung der Eisenbahnlinien erfolgt durch Trajektboote.

Gruppe von Riesenhäusern in der City und am Hafen von New-York
Gruppe von Riesenhäusern in der City und am Hafen von New-York

Je mehr sich der Dampfer der Stadt nähert, desto mehr und grösser steigen die Riesengebäude, die Sky-Skrapers, die Wolkenkratzer, fast unvermittelt aus dem Meere auf und erinnern in ihrer Zusammendrängung und in der dadurch hervorgerufenen charakteristischen Erscheinung an Doré’sche Phantasien. Unsere Abbildung in No. 39 giebt ein anschauliches Bild dieser interessanten Gruppe von Gebäuden. Sie sind in der City zusammengedrängt und bilden hier gewissermaassen den Kopf des um die Flussarme und die Bay sich entwickelnden Städtebildes. New-York allein ist heute eine Stadt von mehr als 2 Million Einwohnern; rechnet man Brooklyn, Jersey-City und eine Anzahl kleinerer Vororte, die alle mit NewYork wirthschaftlich und baulich zusammenhängen, hinzu, so ergiebt sich eine Einwohnerzahl von mehr als 3,5 Mill. Menschen. Wer England kennt, auf den macht New York keinen sehr fremdartigen Eindruck, weil englische Sitte und englischer Verkehr sich in weitgehendem Maasse hierher übertragen haben. Der Vortragende konzentrirte sein Interesse vorwiegend auf New-York allein. Dieses zeigt in seiner Anlage das Quadratsystem, welches nur am Kopfe der Stadt, als dem ursprünglichen und alten Stadttheil, von anders verlaufenden Strassenzügen unterbrochen ist. Die Haupt-Strassenzüge (Avenues) laufen parallel mit der Axe der länglichen Landzunge, auf welcher die Stadt liegt, die anderen kurzen Strassenzüge (streets) laufen senkrecht auf die Axe der Halbinsel.

Die öffentlichen Parkanlagen unterbrechen das Strassennetz. Der grösste Park ist der in der Mitte der Halbinsel gelegene Central-Park, dessen Anlage im Jahre 1857 begonnen hat, der eine Fläche von 840 acres bedeckt und Ausgaben im Betrag von mehr als 20 Millionen Dollar verschlungen hat. Der Park ist 2,5 engl. Meilen lang und 0,5 engl. Meilen breit. Ein zweiter Park ist der schöne Riverside-Park, welcher auf eine Länge von 3 engl. Meilen dem Ufer des Hudson folgt.

Park-Row Building in New-York
Park-Row Building in New-York

Die Haupt-Geschäftsstrasse New-Yorks ist der 8 km lange, bis zum Central-Park ziehende Broadway, der Mittelpunkt der vornehmen Welt; im neueren oder nördlichen Theil ist dies die fünfte Avenue. Hier und in der Nähe des Central-Parkes liegen auch die vornehmen, grossen Hotels, die in Ihrem Betrieb eine besondere Eigenart der Hauptstadt der nordamerikanischen Union bilden. Hier lıegen das Holland-House, das Hotel New-Netherland, das Hotel Savoy, das Hotel Waldorf-Astoria, das Windsor- und das Buckingham-Hotel, das Hotel Majestic, die Central-Park Apartment-Buildings usw. (s. Jhrg. 1894, No. 74 ff.) Redner schildert den Verkehr in diesen grossartigen Karawansereien mit ihren majestätischen Gebäuden, insbesondere den des Hotel Waldorf an der 5. Avenue und 33. Strasse, in dem die Reisenden wohnten. Es ist vielleicht das umfangreichste Hotel der Welt, es bietet Unterkunft für 1800 Menschen. Seine Baukosten werden mit 5 Millionen Dollar angegeben. Es enthält 5-6 grosse Speisesäle, Gesellschaftssäle, Rauchzimmer, Festräume in den verschiedensten Stilen, sowie einen Theatersaal, und zeigt in der Ausstattung der Wohnungen den Reichthum, auf den die in New-York zusammenströmenden Mitglieder der wohlhabendsten Gesellschaftskreise des neuen und des alten Kontinentes Anspruch erheben. Das Aeussere zeigt den Versuch einer gewissen Gruppirung durch Vor- und Rücklagen, Thurm- und Giebelaufbauten, angenähert etwa unserer deutschen Renaissance und mit jenem künstlerischen Erfolg, welchen die Aufeinanderthürmung einer grösseren Anzahl von Stockwerken überhaupt noch zulässt.

Diese übergrosse Anzahl von Stockwerken der Häuser ist es, die zunächst in dem Stadtbilde New-Yorks auffällt und zwar oft unangenehm auffällt, weil in vielen Fällen die künstlerische Begabung der Erbauer nicht hingereicht hat, die sich ergebenden Massen zu beherrschen. Das Aufeinanderthürmen von 12 Stockwerken ist sehr häufig, viele dieser Gebäude enthalten jedoch mehr Stockwerke, sogar bis zu 26, aber es befinden sich diese ganz hohen Häuser vorzugsweise in dem am Meere gelegenen engen und nicht sehr ausgedehnten Geschäftstheil der Stadt.
(Schluss folgt.)

Eine Studienreise nach dem östlichen Nord-Amerika.

Ein kurzes Wort wird den Elevated railroads, die mit Dampf betrieben werden, gewidmet. Sie sind in ihrer Erscheinung nicht hässlicher und nicht schöner, wie unsere Berliner elektrische Hochbahn. Sie konnten auch in vieler Beziehung dem bis in die 70er Jahre einförmigen Strassenbilde wenig schaden. Erst als aufgrund der neuen Einflüsse aus Europa die amerikanische Architektur unter Richardson, Mc’ Kim, Mead & White, Hunt und Anderen eine Umbildung erfuhr, wurde auch das Strassenbild reicher. Hierzu trugen die Klubhäuser, die früh von England hierher verpflanzt wurden, nicht wenig bei. In ihnen entwickelt sich ein grossartiger baulicher Luxus, der namentlich in der Verwendung kostbarer und echter Materialien zum Ausdruck kommt. Die Gebäude des Metropolitan-Klub, des Union-League-Klub, des New-York-Yacht- und des Harmonie-Klub, der Army- und Navy-Klub, der Progress-Klub, von dem wir auf eine Ansicht geben, der Kolonial-Klub, das Klubhaus der Bar-Association, das Haus des University-Klub, alles das sind Bauwerke, die sowohl im Aeusseren wie im Inneren mit oft verschwenderischem Luxus ausgestattet und mit Einrichtungen für das Wohlleben versehen sind.

Das Gebäude des Progress-Club an der fünften Avenue und 63. Strasse in New-York. Architekt Cyrus L. W. Eidlitz in New-York
Das Gebäude des Progress-Club an der fünften Avenue und 63. Strasse in New-York. Architekt Cyrus L. W. Eidlitz in New-York

Nach dieser kurzen Schilderung des Klublebens streift der Vortragende noch eine Reihe öffentlicher Bauwerke, das Bibliothekgebäude der Columbia University, die Hängebrücke nach Brooklyn, den Dewey-Triumphbogen usw. Ein kurzes Wort wird auch den Geschäftshäusern in ihrer meist ebenso grossartigen Anlage gewidmet, wie wir sie bei den anderen Bauwerken für den modernen amerikanischen Verkehr und das dortige Wirthschaftsleben kennen gelernt haben. Ein Besuch der Kirchhöfe in Brooklyn sowie eine Reihe anderer Ausflüge boten neue und bemerkenswerthe Eindrücke.

Ein Ausflug nach Newport, einer zwischen New-York und Boston im Staate Rhode-Island auf einer Insel liegenden Villenstadt bot Gelegenheit zum Studium einer durch Natur bevorzugten und durch Kunst bereicherten amerikanischen Landkolonie, welche in den Palästen von W. K. Vanderbilt und von C. Vanderbilt Schlossbauten italienischer Gesammtauffassung besitzt, die aus dem amerikanischen Gepräge der übrigen Bauten, selbst der im Kolonialstile gehaltenen, etwas herausfallen, aber sprechende Beispiele für den Reichthum ihrer Besitzer sind. Ganz englısch-amerikanischen Vorbildern folgt das ausgedehnte Landhaus von F. W. Vanderbilt. Interessant in Anlage und Gruppirung sind Haus „Freidham“, Haus „Castellux“, Haus „Haborview“, Haus „Bethshan“, Haus „Winans“, Haus „Pendletons“ usw. Durch Verwendung des Kolonialstils zeichnen sich aus das Haus Morgan, Haus Page Whitney, Haus Lawrence, Haus Maycroft und insbesondere Haus King. Etwas deutsch muthet an Haus „Linden Gate“, ausserordentlich reizvoll sind eine Reihe kleinerer Häuser wie Hutton-Lodge, Eastbourne-Lodge usw. Das Strassenbild von Newport gewährt auch da ein freunden malerisches Ansehen, wo die kleinen vielgestaltigen Häuser reihenweise zusammengeschlossen sind. Kunst und Natur erscheinen in dieser Villenstadt glücklich miteinander verschmolzen.

Ein Ausflug nach den Niagarafällen liess die Reisenden die Grossartigkeit dieses einzig dastehenden Natureindruckes empfinden. Eine ungeheure Masse herabstürzenden Wassers, die in der Minute 425 000 cbm beträgt, ergiesst sich in eine von 80 m hohen Felswänden eingeschlossene Schlucht und lässt eine Gischt von Schaum und Wasserstaubwolken aufsteigen, die meilenweit gesehen wird. Die Reise hierhin, sowie nach Buffalo, wo 1902 eine Ausstellung stattfindet, und nach Boston erfuhr eine wesentliche Annehmlichkeit durch die Benutzung der „Parlour-Cars“, mit welchen die amerikanischen Eisenbahngesellschaften ihre Züge ausgestattet haben und welche bei längerer Fahrtdauer diese durch die Möglichkeit der freien Bewegung möglichst abzukürzen gestatten und inbezug auf die körperliche Annehmlichkeit allen erreichbaren Wünschen Rechnung tragen. Auf diese Weise wurde neben Boston auch Washington besucht. Boston ist die Hauptstadt des nordamerikanischen Staates Massachussets; ihre Lageverhältnisse sind ähnliche, wie die von New-York mit ihren Nachbarstädten, wenn sie auch nur etwa 600 000 Einwohner zählt. Unter den hervorragenden Bauwerken ist als eines der frühesten die im Aeusseren unter dem Einfluss der Bibliothek Ste. Genevieve in Paris stehende Public Library zu nennen, eine der ersten öffentlichen Bibliotheken in den Vereinigten Staaten, die 1852 gegründet wurde und sich bald so ausdehnte, dass 1887 Pläne zu einem Neubau eingefordert wurden, unter welchen der der Architekten Mc. Kim, Mead & White in New-York zur Ausführung gelangte. Die Bibliothek bildet ein beinahe quadratisches Viereck, in welchem sich die Räume um einen inneren, nach italienischen Vorbildern von Kolonnaden umzogenen Hof gruppiren. Die Haupträume sind in hervorragender Weise ausgemalt, einerseits durch Puvis de Chavannes in Paris, andererseits durch John S. Sargent. Der erstere Künstler wählte die Darstellung der Musen, der Wissenschaften usw., der andere den Triumph der Religion; Chavannes in der bekannten schlichten Grösse, Sargent durch Vermischung egyptischer und assyrischer Motive mit den tiefsinnigen Handlungen der Darstellung.

Schliessen sich Mc. Kim, Mead & White in ihren Werken enger an die historischen Stile Europas, namentlich an die italienische Renaissance an, so zeigt der Urheber der Trinity Church in Boston, H. Richardson, eine freiere Behandlung, namentlich des romanischen Stiles, die dann Veranlassung wurde zur Ausbildung des Modern Romanesque, auf das der Vortragende näher eingeht. Es ist in dieser Zeitung bereits in dem Aufsatze über amerikanische Baukunst im Jahrgang 1893 No. 38 ff. geschildert worden. Das Meisterwerk Richardsons bildet die Nachbarschaft einer Gruppe monumentaler Bauwerke Bostons, zu welchen die vorhin genannte Bibliothek, das Museum der schönen Künste usw. zählen. Auch die Nachahmung der klassischen Stilarten hat in Boston verbreitete Anwendung gefunden.

Gegenüber der Handelsstadt Boston ist die etwas über 300 000 Einwohner zählende Stadt Washington, welche die Reisenden gleichfalls besuchten, vorwiegend Beamtenstadt, da sie der Sitz der Bundesregierung und des amerikanischen Kongresses ist. In ihrer Bebauung fällt zunächst das geradlinige, rechtwinklige System auf, welches durch eine Reihe gross angelegter Diagonal-Strassen aufgeschlossen wird. Das in architektonischer Beziehung in erster Linie in Betracht kommende Gebäude ist die Kongress-Bibliothek der Architekten Smithmeyer & Pelz. Wir haben dem interessanten Gebäude, welches mit zu den bedeutendsten der nordamerikanischen Union gehört im Jahrgang 1898 No. 61 ff. eine ausführliche Darstellung gewidmet, auf die wir verweisen. Der Vortragende ist geneigt, dieses Bauwerk in künstlerischer Beziehung der Bostoner Bibliothek nachzustellen. Es werden in der Besprechung noch berührt das Kapitol, die Howard-Universität usw.

Zum Schlusse seiner wegen der Wiedergabe des persönlichen Eindruckes ungemein anregenden Ausführungen giebt Hr. v. Groszheim einen kurzen Ueberblick über die amerikanischen Bestrebungen, soweit sie in der Innenausstattung des Hauses zur Geltung kommen. In erster Linie wird hier der mehr und mehr eingebürgerten Gewohnheit gedacht, lediglich dem echten Material Eingang zu lassen und alle Ersatzstoffe auszuschliessen. Bei diesem Bestreben entwickelt sich ein ungemeiner Luxus in der Verwendung der Metalle, der Gesteine und der Hölzer. Vergoldete, patinirte oder reine Bronze, die schönsten Marmorsorten und halbedlen Materialien, die kostbarsten Hölzer werden nicht zu theuer befunden, im Inneren des amerikanischen Hauses der wohlhabenderen Welt die Bequemlichkeit in der Ausstattung durch ihre Erscheinung zu unterstützen.

Auf hoher Stufe steht die Tischlerei, nicht allein durch die Wahl des Materials und die Konstruktion, sondern auch durch die Art der Verwendung der Hölzer. Hier spielen stark italienische und spanische Einflüsse in die Formensprache hinein. Anerkennenswerth ist die Kunstweise der beiden Tiffany. Louis und Charles Tiffany sind auf dem Gebiete des amerikanischen Kunstgewerbes in der Hausausstattung vielfach neuschöpferisch thätig gewesen. Sie haben z.B. dem Glas und den Glasflüssen ein künstlerisches Verwendungsgebiet zugewiesen, an dessen Ausdehnung früher Niemand dachte. Sie haben eine Revolution der Beleuchtungskörper hervorgerufen und auf die ursprünglich europäischen Einflüsse eine neue Kunst begründet.

Mit diesem Streifzug auf das kunstgewerbliche Gebiet scheidet der Vortragende vom Amerika.

Dieser Artikel erschien zuerst am 12. & 19.05.1900 in der Deutsche Bauzeitung.