Heilstätten und Heilanstalten

Abbildg. 10. Brandenburgisches Seehospiz in Kolberg. Ansicht von der Strasse. - Architekt Brth. Th. Goecke in Berlin

Von Theodor Goecke.
Heilstätten nennt man die zur allgemeinen Volkswohlfahrt begründeten Heilanstalten, in denen weitverbreitete Krankheiten oder Seuchen, wie Skrophulose, Neurasthenie und vornehmlich Tuberkulose bekämpft werden sollen.

Bauanlage und Einrichtung derartiger Volks-Heilanstalten müssen deshalb inbezug auf die Gesundheitspflege hohen Anforderungen entsprechen, sind im übrigen aber, soweit nicht die Rücksicht auf einen zweckmässigen Betrieb davon abzuweichen zwingt, den wirthchaftlichen Bedingungen einer durchaus einfachen Lebenshaltung anzupassen. Denn die weitaus meisten Heilbedürftigen werden von Wohlfahrtsvereinen, Krankenkassen, den Landes-Versicherungsanstalten und ähnlichen Instituten den Heilstätten zugeführt.

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Das schliesst nicht aus, dass auch für eine geringe Anzahl von Personen, die einen Aufenthalt in der Anstalt aus eigenen Mitteln bestreiten können, angemessen vorgesorgt wird. Sonst ist die Verpflegung im Gegensatze zu den verschiedenen Klassen des allgemeinen Krankenhauses eine einheitliche. Zuweilen werden die Heilstätten aber auch anderen Heilanstalten angegliedert. In ärztlichen Kreisen ist es zwar Sitte geworden, die Bezeichnung „Heilanstalt“ vorzugsweise gewissermaassen als nom de guerre – nur noch für „Irrenanstalt“ zu gebrauchen, um einem gegen diese Anstalten noch immer gehegten Vorurtheile zu begegnen. Im weiteren Sinne sind jedoch darunter auch die allgemeinen Krankenhäuser, sowie die den bemittelteren Bevölkerungsschichten zugänglichen Sanatorien, Kurhäuser, auch die bescheideneren Hospize zu verstehen. Heilstätte ist also das Sonderkranken- oder Kurhaus für das Volk; darunter fallen im gewissen Sinne auch die Genesungsheime, besonders wenn sie eine ärztliche Nachbehandlung gewähren. – Im Nachfolgenden gestatte ich mir nun einige Beispiele von Heilstätten und Hönkustälten aus meiner Praxis vorzuführen:

1. Lungen-Heilstätte der Landes-Versicherungsanstalt„Brandenburg“ in der Kottbuser Stadtforst bei Kolkwitz.

Nachdem die Tuberkulose als eine furchtbare Volksplage erkannt war, gingen besonders dazu gegründete Vereine, kommunale Kreisverbände, Landes-Versicherungsanstalten an die Gründung von Lungen-Heilstätten. In Deutschland werden vorerst darin nur solche Kranke aufgenommen, die sich in den Anfängen der Erkrankung befinden, da nur dann Heilung erhofft werden kann, und zwar soll der Aufenthalt in der Heilstätte wenigstens 3 Monate betragen. Pflege-Anstalten zur Versorgung von weiter vorgeschrittenen Lungenkranken fehlen uns noch. In den Maasregeln zur Bekämpfung der Seuche dürfte der Ring aber erst geschlossen sein, wenn die unmittelbare Ansteckungsgefahr und die Vererbung der Krankheitsanlage durch die Sammlung der Kranken in besonderen Ansiedelungen möglichst eingeschränkt wird. Eben wegen der Ansteckungsgefahr erheben von allen Heilstätten diejenigen für Lungenkranke die höchsten Anforderungen an Ihre gesundheitliche Ausgestaltung.

Abbildg. 1. Gesammtanlage der Lungen-Heilstätte Brandenburg in der Kottbuser Stadtforst bei Kolkwitz
Abbildg. 1. Gesammtanlage der Lungen-Heilstätte Brandenburg in der Kottbuser Stadtforst bei Kolkwitz

Die ersten Heilstätten sind nach dem Muster der an Berghängen angelehnten Sanatorien (Falkenstein, Davos, Görbersdorf), die bei staubfreier, frischer Höhenluft Schutz gegen die herrschenden Winde gewähren, errichtet worden. Ein derartiges Beispiel in Davos hat die Dtsch. Bztg. Erst in der No. 54 gebracht. Wo die Natur-solche Bauplätze bietet, soll man sie des Windschutzes wegen benutzen. Der Höhenluft wegen aber soll man auch der gegenwärtigen Ansicht der Aerzte den Bauplatz nicht in der Weite suchen. Es wird vielmehr empfohlen, die Kranken möglichst in denselben klimatischen Verhältnissen zu belassen, sie unter denselben Lebensbedingungen zu heilen, unter denen sie später wieder arbeiten und hausen müssen. Es genügen Waldluft, Baumbestand, eine mässige Anhöhe hinter dem Bauplatz. Ein grundsätzlicher Unterschied von den älteren Sanatorien ergiebt sich dadurch für die Heilstätten nur in der Anordnung ihres wesentlichsten Bestandtheiles, nämlich der Liegehallen. Die erste derartige im Walde der Ebene gegründete Heilstätte war die am Grabowsee bei Oranienburg, bei welcher Döcker’sche Baracken benutzt wurden. Nach diesem Vorgang und unter Benutzung einiger beim Bau der Heilstätte zu Losslau O.-S. gemachten Erfahrungen ist die hier vorgeführte Anstalt entstanden – im Charakter eines für Krankenzwecke wohnlich eingerichteten Gasthauses, in dem nicht nur dem Arzte eine Stätte für seine wissenschaftliche Thätigkeit, sondern auch dem Kranken ein behagliches Heim geboten werden soll, in der Ueberzeugung, dass eine freundliche Umgebung die Heilung erleichtern hilft. Einer zur Einweihung der Heilstätte erschienenen Festschrift sei im übrigen das weiter Folgende entnommen:

Zur Errichtung der Heilstätte für lungenkranke Frauen wurde im Jahre 1898 von der Stadtgemeinde Kottbus das mitten in der Stadtforst belegene Jagen 30 geschenkt, das eine Fläche von rd. 50 Morgen bedeckt. Die Stadtforst, südlich vom Dorfe Kolkwitz gelegen, erhebt sich etwa 12 m über die sich dazwischen erstreckende Putgolla, eine moorige Niederung, die grosse Teiche einschliessend nach dem Spreewald hin entwässert; von dem die Niederung besäumenden Rande der Stadtforst steigt der Boden stetig an, so dass sich unten bildende Nebel den höher liegenden Wald nicht erreichen. Das Anstaltsgrundstück ist noch durchschnittlıch 500 m weit davon entfernt.

Es hat 275 m Breite und dehnt sich in seiner Längsrichtung fast genau von Norden nach Süden aus.

Mit etwa 12-14 m hohen Kiefern bestanden, hat das Grundstück einen kiesigen Untergrund und wird von einer Bodenwelle durchsetzt, die nordwärts einen Hügelrücken bildet, während sie nach Süden hin flacher abfällt. Vor dieser, an der höchsten Stelle etwa 7 m betragenden Erhebung ist nun die Anstalt südwärts errichtet worden, so dass die in ihrem Rücken stehenden Bäume einen Windschutz bis zu 20 m grösster Höhe bieten, Der Bodenwelle entspricht nach geologischer Feststellung auch eine Grundwasserwelle; die nach der Putgolla abzuführenden Abwässer der Anstalt können sich daher mit dem auf der anderen Seite aus einem Tiefbrunnen entnommenen Trinkwasser nicht berühren. Der Grundwasserspiegel steht an der Baustelle etwa 12,5 m tief. Zur Entwässerung ist eine Rohrleitung angelegt, die zu einem in der Forst etwas unterhalb nach der Niederung zu angelegten Rieselfelde führt.

Abbildg. 2. Nördl. Front mit Haupteingang
Abbildg. 2. Nördl. Front mit Haupteingang

Die meteorologische Beobachtung in Kottbus hat ergeben, dass die Hauptwindrichtungen in dortiger Gegend West und Nordwest sind, dann kommt Nordost. Die Gesammtbauanlage, Abbildg. 1, war also mit ihrer die Schlafräume und Liegehallen umfassenden Front so nach Süden zu richten, dass auch eine gewisse Deckung gegen Westen und Osten hin erreicht wurde; daraus ergab sich für das Krankenhaus und die anschliessenden Liegehallen eine flach-dreiseitig geknickte Grundform und zwar wurden die Knickpunkte schon in das Gebäude selbst gelegt, so dass ein Mittelbau mit zwei die Knicke deckenden Thurmbauten senkrecht zur Längsaxe der Anstalt steht, während die beiden Flügelbauten mit den in ihrer Verlängerung errichteten Liegehallen um 60° gegen die Längsaxe geneigt sind.

Die Schlusspunkte dieser Anlage bilden die an den Enden der Liegehallen angeordneten Wohnhäuser des leitenden Arztes bezw. der sonstigen Anstaltsbeamten. Das als Hauptgebäude anzusprechende Krankenhaus ist dreigeschossig hergestellt, um selbst noch Windschutz für die vor ihm aufgeführte offene Gartenanlage zu gewähren. In diesem offenen Garten, der der besseren Entwässerung und auch Besonnung wegen an die Terrasse des Hauptgebäudes und an die Liegehallen so hoch hinaufgezogen ist, dass die Freitreppen mit nur zwei Stufen anzulegen waren, sind noch zwei kleinere Liegehallen als selbständige Rundbauten aufgestellt. Nach beiden Seiten hin schliessen die offene Gartenanlage Laubengänge ab, hinter denen sich die Beamtengärten verstecken.

Mit Rücksicht auf die vorherrschende westliche Windrichtung ist der Dampfschornstein und mit ihm das Betriebsgebäude, in dem auch alle im Krankenhause zweckmässig nicht unterzubringenden hauswirthschaftlichen Einrichtungen Platz gefunden haben, an der Ostseite der Anstalt und zwar im Rücken der Hauptbauanlage errichtet worden: der so entstandene Hof schliesst dann ein parallel zur östlichen Seite gestelltes Stallgebäude zu einem eingefriedigten Wirthschaftsgehöft ab, in dessen nordöstlicher Ecke auch noch ein Gewächshaus mit der Front nach Süden errichtet ist. Zur Anfuhr der Verpflegungs- und -Betriebsmittel, namentlich auch der Kohlen, zweigt eine gepflasterte Wirthschaftsstrasse von der Hauptzufahrt des Anstaltsgrundstückes ab. Der nach Norden sich erstreckende Waldtheil ist innerhalb des Anstaltsbereiches parkartig umgestaltet worden, wobei man besonders auf die Anlage von mässig steigenden Wegen Bedacht genommen hat, um den Kranken Gelegenheit zur Regelung der Herzthätigkeit zu bieten. Die durch diesen Theil geführte Zufahrtstrasse endigt in einem Wendeplatz mitten vor der Rückseite des Hauptgeebäudes. Hier bildet ein zwischen zwei Flügelbauten, die nach hinten die Knicke des Krankenhauses decken, angelegter Vorhof den Haupteingang zur Anstalt. (Vergl. Abbildg. 2).

Die ganze Anstalt ist im übrigen so in das Waldgrundstück hineingesetzt, dass auch an den Seiten noch Deckungen durch Baumbestände geblieben sind. Ausserdem hat sich die Stadtgemeinde verpflichtet, bei ihrer Bewirthschaftung des Waldes. selbst beim etwaigen Uebergange zu einem anderen Wirthschaftsbetriebe, auf die Erhaltung des Windschutzes Bedacht zu nehmen. Ein weiteres Abkommen ist mit einer bei Leuthen ansässigen Bergbau-Gesellschaft dahin getroffen worden, dass Brikettfabriken in einem Umkreise von 5 km von der Anstalt nicht errichtet werden sollen. Auf diese Weise glaubt man auch für die Staubfreiheit der Heilstätte ausreichende Vorsorge getroffen zu haben.

Der Kern des Krankenhauses (Abgesehen davon, dass ein höheres Gebäude des besseren Windschutzes wegen erwünscht war, hatte der Vorstand der Versicherungsanstalt sich vorbehalten, das Krankenhaus unter Umständen für ein Genesungsheim oder als Invalidenhaus zu verwenden. Um dabei den gesundheitlichen Bedingungen einer Lungen-Heilanstalt zu entsprechen, wurde Massivbau gewählt. Leichtere Bauweisen können nur für Baracken infrage kommen, die nach einer gewissen Benutzungsfrist der Vernichtung anheimfallen; für längere Dauer werden auch diese vortheilhafter massiv errichtet.), des Hauptgebäudes, wird von einem Mittelbau gebildet, der sich nach Norden in zwei niedrigeren Flügeln fortsetzt, so dass eine hufeisenförmige, den Vorhof einschliessende Anlage entsteht, vgl. Abbildg. 2. Den Anschluss dieser beiden Flügel, wovon der eine im Sockelgeschoss die Badeanlage, der andere die Küchenanlage enthält, vermitteln die beiden Haupttreppenhäuser, von deren ersten Treppenabsätzen aus die über dem Sockelgeschoss angeordnete Kapelle bezw. der Speisesaal erreicht wird, vgl. Querschnitt Abbildg. 3. Dem Wirthschaftsflügel gegenüber befinden sich im Mittelbau die Wohnräume der Oberin und der Schwestern; daran schliesst sich an der Südseite das Dienstzimmer des Inspektors, das auch von der Eingangshalle her unmittelbar zugänglich ist. Weiter folgen die für den ärztlichen Dienst erforderlichen Räume, die wieder der Badeanlage gegenüber liegen. An der Eingangshalle ist das Sprechzimmer angeordnet, um das weitere Betreten der Anstalt und damit das Hineintragen von Staub und Schmutz durch auswärtige Besucher nach Möglichkeit zu verhüten, vergl. Abbildg. 4.

Abbildg. 3. Querschnitt durch das Hauptgebäude
Abbildg. 3. Querschnitt durch das Hauptgebäude
Abbildg. 4
Abbildg. 4

In den oberen Geschossen, deren Raumeintheilung für das I. und II. Geschoss die gleiche ist (vgl. die Bezeichnung der Räume in Abbildg. 4) liegen zwischen den Treppenhäusern die Aborte, Waschräume und die Kleiderablagen, denen offene Loggien zum Reinigen der Kleider vorgelegt sind. Nach dem Garten hin befinden sich hier einige Einzelzimmer für Kranke, die auf eigene Kosten in der Heilstätte Aufnahme finden. Das Dachgeschoss des Mittelbaues enthält noch neben einigen verfügbaren Räumen ein Sitzungszimmer für den Vorstand und eine Wohnung für einen etwa noch anzustellenden zweiten Arzt. Von hier geniesst man eine herrliche Aussicht auf die die Heilstätte einschliessenden Waldmassen und die weiter sich zur Ebene absenkende Umgebung.

Zu beiden Seiten des Mittelbaues zweigen die eigentlichen Krankenflügel ab mit Räumen zu 2, 4 und 6 Betten. Im Erdgeschoss befinden sich die Gesellschaftsräume, an die sich die Liegehallen anschliessen. Ein unmittelbarer Verkehr zwischen den Gesellschaftsräumen und den Liegehallen soll den Kranken jedoch im allgemeinen nicht gestattet werden; deshalb ist noch ein Raum zwischengeschaltet, in dem das Schuhzeug gewechselt wird, um dem Hineintragen von Schmutz in das Gebäude vorzubeugen und in dem zugleich die in den Liegehallen zu benutzenden Decken Aufbewahrung finden. Eine Heizvorrichtung sorgt dafür, dass etwa nass gewordenes Schuhzeug gleich wieder getrocknet werden kann.

Das Gebäude ist im allgemeinen massiv ausgeführt; nur die Erker der Eckbauten, die obersten Thurmgeschosse, der Uhrgiebel, sowie der Giebel des Dachgeschosses über dem Speisesaal sind in ausgemauertem Fachwerk hergestellt, die Dächer mit Falzziegeln gedeckt. Der Mittelbau und der Kapellenflügel haben massive Hauptgesimse, sonst stehen die Dächer über. Mit dem olivgrün gestrichenen Holzwerk, den grauweissen Putzflächen und den rothen Ziegelflächen ist auf eine dem Walde sich einordnende Farbenwirkung hingearbeitet, die von den hellgrün gestrichenen Roll- und Klappläden unterstützt wird. –

Das Gebäude ist nur soweit es die Heizanlagen und die hauswirthschaftlichen Zwecke bedingten unterkellert. Der Keller ist überwölbt; die nicht unterkellerten Räume haben einen hohlgelegten Terrast-(armirten Estrich-)Fussboden. Die Geschossdecken sind in der Kleine’schen Bauweise ausgeführt; nur die Dachbalkenlage besteht aus Holz, ist aber durch einen Terrastfussboden gegen Feuersgefahr, sowie gegen Feuchtigkeit geschützt. Die als schlichte Spiegel behandelten Decken schliessen mit glatten Kehlen an die Wände an. Die Treppenhäuser überdecken der besseren räumlichen Wirkung wegen steigende Rabitzgewölbe. Reicher durchgebildet sind lediglich die Decken des Speisesaales, sowie der Kapelle. Letztere hat durch Einbau von vier Säulen einen kreuzförmigen Grundriss erhalten. Die Gewölbe werden von Rippen getragen, die ebenso wie die Säulen aus Holz hergestellt sind, um im Verein mit dem Holzwerk der Fenster und der ins Längsschiff dem Chor gegenüber frei hineingestellten Orgelempore eine wärmere, um nicht zu sagen wohnlichere Stimmung zu erzeugen, als dies bei einem überdies auch kostspieligeren Massivbau zu erzielen gewesen wäre. Der Vorraum der Kapelle (Abbildg. 5) und der entsprechende, mit in den Speisesaal einbezogene Raum beim anderen Treppenhause haben geputzte Decken, die durch ausgeschnittene Verbretterungen bezw. durch gekehlte Holzleisten getheilt sind. Der Speisesaal (Abbildg. 6) endlich zeigt geputzte Felder zwischen den profilirten Balken.

Die Fussböden der Eingangshalle, der Treppenflure und Flurgänge, der Aborte und Waschräume, endlich der Kleiderablagen sind als Terrazzo ausgeführt. In der Kapelle und im Speisesaal, sowie in den stark benutzten Gesellschaftsräumen und in den Flur-Sitzplätzen liegen Stabfussböden in Asphalt. Sämmtliche Schlafräume der Kranken und die Verwaltungsräume haben einen Linoleumbelag erhalten. Nur das ärztliche Laboratorium, sowie die Räume der Bade- und der Küchenanlage sind mit weissen Fliesen belegt. Auf den Anschluss der Fussböden an die Wände ist besondere Sorgfalt verwendet, indem überall, je nach der Fussbodenkonstruktion, Kehlen aus gesintertem Thon oder als Terrazzo ausgeführt wurden. Die Wandwinkel und Ecken sind selbstverständlich gut aus- bezw. abgerundet.

Die Thüren sind an eisernen Zargen befestigt, um hölzerne Futter und Bekleidungen zu vermeiden; in den Aborten, Waschräumen und Kleiderablagen sind die Thüren überdies mit Linoleum überzogen, um möglichst glatte Flächen zu erhalten. Die einzelnen Abortzellen theilen Rabitzwände. Alle Thüren und Fenster sind überhaupt mit möglichst flachen Profilen angefertigt. Da in den Räumen keine Vorhänge angebracht werden dürfen, sind die meist als Kippflügel eingerichteten Oberflügel der Fenster mit gemustertem, das Sonnenlicht abblendenden Glase verglast. Herausstellbare Rolljalousien mit Lichtschlitzen dienen zur weiteren Regelung des Lichteinlasses, wo nicht die Fenster mit Klappläden ausgestattet sind, deren Füllungen ebenfalls herausgestellt werden können. Auch die Heizkörper und die Möbel sind so ausgesucht bezw. geformt, dass sie wenig Flächen zur Staubablagerung bieten und die Staubbeseitigung leicht gestatten. Zum Schmucke ist fast allein die Malerei herangezogen, wobei der Grundsatz beobachtet wurde, die Schlafräume möglichst einfach auszustatten, weil sich die Kranken tagsüber nicht darin aufhalten sollen. Eine reichere Bemalung haben daher nur die Flure, die Gesellschaftsräume, besonders der Speisesaal und die Kapelle erhalten, Ein besonderer Schmuck ist den Treppenhäusern und dem Speisesaal durch Bleiverglasung der Fenster zutheil geworden, den in der Kapelle noch – dank einer hochherzigen Stiftung – Glasmalerei gesteigert hat.

Als Farbenmaterial sind für die Sockel der Wände in den Kranken-, Verwaltungs- und Gesellschaftsräumen, sowie in den Flurgängen und Treppenhäusern Oelfarbe mit Lacküberzug für 2 m hohe Wandsockel, Kalkfarbe für die Decken und Oberwände verwendet worden. Die Wände der Aborte, Waschräume, Kleiderablagen und des ärztlichen Laboratoriums, sowie des Speisesaales sind mit Oelfarbe gestrichen; denselben Anstrich haben die Oberwände der Küchen- und Baderäume erhalten, deren Sockel mit Glasursteinen bekleidet sind. Die Decke des Speisesaales und alle Flächen der Kapelle sind mit Silikatfarbe gestrichen.

Beheizt werden die Kranken- und die baulich damit zusammenhängenden Räume mittels Warmwasser, damit die Zimmerluft weniger austrocknet, die übrigen Gebäudetheile mittels des billigeren Niederdruckdampfes. Zur Wärmeabgabe sind möglichst glatte Flächen – Rohrregister, Radiatoren, Plattenheizkörper – gewählt, die dem Staublappen oder der Staubbürste leicht zugänglich aufgestellt wurden, also ohne jegliche Verkleidungen. Die Luft in den Krankenräumen wird derart erneuert, dass im Keller belegene Heizkammern die Aussenluft erwärmen; von kleinen Elektromotoren getriebene Gebläse drücken sie zum grösseren Theil nach oben in die Flurgänge, von denen aus sie sich in die anstossenden Räume vertheilt. Damit wird erreicht, dass beim Oeffnen der Zimmerthüren keine verdorbene Luft in die Flurgänge eintreten kann, ebensowenig etwaiger Geruch aus den Aborten. Nur zum kleineren Theil gelangt die vorgewärmte frische Luft unmittelbar in die Räume. Die verbrauchte Luft wird, soweit sie nicht durch die meist geöffneten Fenster der Schlafräume entweicht, über Dach abgeführt.

Die Speiordnung helfen in den Fluren und Waschräumen, im Untersuchungszimmer usw. angebrachte Speibecken durchführen, die fortwährend von Wasser berieselt werden; in den Waschräumen befinden sich daneben Spülbecken zum Reinigen der Speigläser. Die für die Hauswirthschaft erforderlichen Ausgussbecken sind nur dem Gesinde zugänglich. Nachtgeschirre sollen in die mit aufklappbaren Brillen ausgestatteten Aborttrichter entleert werden. Alle Abortsitze stehen frei und sind mit Wasserspülung eingerichtet. Auch die Waschtische – auf eisernen Gestellen angebrachte Schieferplatten mit eingehängtem Waschbecken – haben keine Verkleidungen.

Das zur Heizung sowohl, als auch zum Gebrauch beim Waschen, Baden und Duschen erforderliche warme Wasser wird in zwei Kesseln erzeugt, die im Keller Platz gefunden haben und zwar mittels Dampf, der vom Betriebsgebäude kommt. Das Wasserbad der Kochkessel in der Küche wird ebenfalls mit Dampf erwärmt. Die vertieft in den Boden eingelassenen Badewannen sind mit Porzellanplatten ausgekleidet, die durch die Kranken selbst zu bedienenden Duschen mit Mischgefässen und Thermometern ausgestattet; die kalte Strahldusche handhabt der Arzt. Die Beleuchtung ist eine elektrische (mit Glühlampen), um die Luft möglichst rein zu erhalten.

Zwei Liegehallen in Holzkonstruktion mit massiver Rückwand und Terrazzofussboden schliessen sich unmittelbar an das Hauptgebäude an. Die Rückwand ist, um auch beim Liegen das Lesen zu ermöglichen, von einigen Lichtflächen durchbrochen, die aus Glasbausteinen hergestellt sind und Glasjalousien enthalten. Das nach dem Garten zu angebrachte Vordach, das vorlängs den Ruhebetten dem Arzt einen bedeckten Gang bietet, ist mit Falzziegeln gedeckt. Im Rücken besteht die Deckung aus Dachleinen, das weiss gestrichen ist, um im Verein mit der den Dachraum fortwährend durchströmenden Luft in heissen Tagen die erwünschte Kühlung zu verschaffen.

Elektrische Glühlampen sorgen für die Abendbeleuchtung. In diesen Haupthallen haben je 30 Liegestühle Platz.

Abbildg. 5. Vorraum der Kapelle
Abbildg. 5. Vorraum der Kapelle
Abbildg. 6. Speisesaal
Abbildg. 6. Speisesaal

Ausserdem bieten die in dem davor liegenden Garten als Liegehallen ausgebildeten Rundbauten (aus Naturholz mit Rohrdach) für je acht Stühle Platz, die gegen die Windseite durch halbhohe leichte Wände geschützt werden sollen. Die noch fehlenden 24 Plätze bieten im Hauptgebäude die vier Loggien der Eckbauten, in denen je sechs Liegestühle für die in den anschliessenden Schlafsälen untergebrachten Kranken aufgestellt werden.

Die Terrasse vor dem Mittelbau zwischen den Thurmbauten ist den Schwestern und Aerzten vorbehalten.

Das Betriebsgebäude (vgl. Grundriss Abbildg. 7) besteht aus einem niedrigeren, mit Doppelpappdach gedeckten Theile, in dem die Dampfkessel, Maschinen, sowie die Akkumulatoren-Batterie untergebracht sind und einem mit Falzziegeln gedeckten höheren Theil, der unten die Räume für den Wäschereibetrieb, darüber die Wohnung des Maschinisten neben noch einigen verfügbaren Kammern enthält.

An Dampfkesseln sind drei Stück von je 25 qm feuerberührter Fläche aufgestellt, die Dampf von acht Atmosphären Ueberdruck erzeugen, ferner zwei Dampfmaschinen von 10 und 25 Pferdekräften und zwei Dynamos zu 91 und 41 Ampere. Gewöhnlich soll die schnellgehende 25-pferdige Dampfmaschine mit der grösseren Dynamo den Strom zur elektrischen Beleuchtung liefern, während die 10-pferdige Dampfmaschine die Waschmaschinen und die Pumpe betreibt. Im Nothfalle kann auch letztere Maschine mit der kleineren Dynamo zur Erzeugung des elektrischen Lichtes benutzt werden, indem man die sonst für die Beleuchtung nur des Nachts beanspruchte Akkumulatoren-Batterie zur Aushilfe mit heranzieht. Die Elektromotoren, die tagsüber die Ventilatoren treiben, werden von den Akkumulatoren gespeist. Ebenso entnimmt man diesen, im Falle bei Nacht einmal ein Brand ausbrechen sollte, den Strom für einen elektrischen Aushilfsmotor zum Betriebe der Pumpe, bis Dampf genug entwickelt ist.

Ausserdem wird Dampf nach dem Hauptgebäude abgegeben unter Mitverwendung des Abdampfes von den Maschinen zur Warmwasserversorgung. Die Dampfleitung ist in einem unterirdischen Gange angeordnet, der die Betriebsgebäude mit dem Hauptgebäude einerseits und mit dem Tiefbrunnen andererseits verbindet. Unmittelbar wird endlich noch Dampf zur Desinfektion und Wäscherei geliefert. Da die Kranken ihre Wäsche selbst zum Desinfektor bringen müssen, ist über dem unterirdischen Gange ein offener Hallengang angelegt. Dem Betriebe der Wäscherei dienen eine Wasch- und eine Spülmaschine, eine Zentrifuge, endlich eine Trockenkammer mit Auszügen. Der Desinfektor hat einen nach beiden Seiten ausziehbaren Wagen, der einer ganzen Bettstelle Platz bietet.

Die Wohnhäuser sind auf Backsteinsockel in Putzbau ausgeführt mit Fachwerksgiebeln bezw. Erker und Sitzhallen. Das eine ist für den leitenden Arzt bestimmt und hat dementsprechende Ausstattung erhalten. Es ist nur theilweise unterkellert und hat zwei Geschosse mit je drei Zimmern und den erforderlichen Neben-Räumlichkeiten.

Das andere baut sich in zwei Geschossen über einem hohen Sockelgeschoss auf, dessen Anlage das hier so viel tiefer liegende Gebäude mit der Maassgabe erlaubte, dass die Erdgeschossfussböden beider Häuser in gleicher Höhe liegen. Im Sockelgeschoss ist eine Badeanlage und eine Waschküche für die Beamten untergebracht, um diese nicht auf die allgemeinen Anstaltseinrichtungen verweisen zu müssen. Im Erdgeschoss wohnt der Gärtner, im Obergeschoss der Inspektor. Damit der Inspektor das Wirthschaftsgebäude leicht übersehen kann, ist dem Hinterzimmer seiner Wohnung ein überdeckter Auslug angefügt worden. Die Gebäude haben Falzziegeldächer mit Brettergesimsen. Die übrigen Beamten – der Maschinist und der Kutscher – haben ihre Wohnungen im Betriebs- bezw. Stallgebäude. Alle Dienstwohnungen sind mit Kachel- oder eisernen Dauerbrandöfen ausgestattet.

Das Stallgebäude bietet in einem niedrigen, mit Holzzement gedeckten Anbau Raum für 12 Schweine und etwas Geflügel. Der Hauptbau ist mit Falzziegeln gedeckt und enthält einen Stall für drei Pferde mit Heuboden, Remisen für Wagen und Feuerlöschgeräthschaften (darunter eine ausziehbare Feuerleiter, mit der das höchste Hauptgesims erreicht werden kann), darüber die Kutscherwohnung, endlich einen Milch- und einen Eiskeller. An den nördlichen Giebel ist der Leichenraum angebaut, der auch zu Sektionen benutzt werden kann. An die Südseite gliedern sich ein Geflügel- und ein Schweinehof der Bauanlage an.

Mit der Ausschachtung der Baugruben ist am 18. Juli 1898 begonnen worden; am 13. Juni 1900 wurde die Anstalt dem Betriebe übergeben.

Die örtliche Bauleitung lag in den bewährten Händen des Arch. Hrn. Cordier, der auch die in Regie ausgeführten Mauerarbeiten beaufsichtigte. Ein grosses Verdienst hat sich um die Parkanlagen Hr. Parkdirektor Bleyer aus Branitz erworben, der seine Pläne in Einklang mit der beabsichtigten architektonischen Wirkung setzte.

Die Baukosten haben imganzen 620 000 M. betragen, im Durchschnitt also bei einer Belegungsziffer von 116 Betten rd. 5345 M. für 1 Bett. Für die Parkanlagen nebst Rieselfeld und Friedhof sind ausserdem 61 000 M. aufgewendet worden. Die Beschaffung des Inventars hat endlich weitere 77 000 M. gekostet.

2. Das brandenburgische Seehospiz in Kolberg.

Viel einfacher gestalten sich Anlage und Einrichtung der Heilstätten für skrophulöse und schwächliche, überhaupt in der Entwicklung zurückgebliebene Kinder. Die Skrophulose ist zwar ebenfalls eine Volkskrankheit, zuweilen sogar die Vorläuferin der Tuberkulose; doch handelt es sich dabei um keine unmittelbare Ansteckungsgefahr, die besondere Vorsichtsmaassregeln erforderte. Die während ihres Aufenthaltes in der Heilstätte etwa epidemisch erkrankenden Kinder werden dem allgemeinen Krankenhause überwiesen. Auch sind diese Kinder-Heilstätten, in denen der Aufenthalt gewöhnlich 4 Wochen zu betragen pflegt, im Gegensatze zu den vorher besprochenen Lungen-Heilstätten, die ununterbrochen betrieben werden, nur den Sommer über geöffnet als Kurbade-Anstalten, können also leichter gebaut werden. Das Haupt-Heil- und Stärkungsmittel bildet Salzwasser; die Heilstätten werden demnach an der See oder bei Salinen errichtet.

In Kolberg findet sich nun beides vereinigt, sodass dort sowohl See- als auch Soolbäder gegeben werden können. Die Soole tritt aus Bohrbrunnen in nicht allzugrosser Entfernung von der See zutage.

Zur Errichtung der hier vorgeführten, von einem Vereine unter dem Vorsitze der Freifrau von Manteuffel gegründeten Heilstätte hat die Stadtgemeinde ein ihr gehöriges Waldgrundstück in der Maikuhle bei Kolbergermünde pachtweise zur Verfügung gestellt. Das Grundstück liegt am linken Ufer der hier als Hafen ausgebildeten Persante und ist gegen die See durch eine ziemlich hohe Düne geschützt. Auf ihm sind zwei Soolbrunnen erbohrt; der eine liefert aus rd. 35 m Tiefe eine 4 prozentige, also aussergewöhnlich starke Soole, der andere, rd. 20 m tiefe, eine schwächere mit 2 % Salzgehalt. Süsses Wasser war dort nicht zu finden und da ein fester Anschluss an die auf dem rechten Ufer der Persante vorhandene städtische Wasserleitung mit Rücksicht auf den Hafenverkehr nicht angängig war, so muss das erforderliche süsse Wasser täglich zu bestimmten Stunden durch einen über die Persante herüber zu ziehenden Schlauch von der gegenüber liegenden Seite her der Heilstätte zugeführt werden.

Abbildg. 7. Das Betriebsgebäude
Abbildg. 7. Das Betriebsgebäude
Abbildg. 7. Lageplan
Abbildg. 7. Lageplan

Die Baulichkeiten bestehen im Wesentlichen aus zwei Gruppen, vergl. Abbildg. 7. Die vordere an der Uferstrasse sich entlang ziehende, umfasst die Unterkunftsräume der Heilbedürftigen. Zu diesem Zwecke war früher schon von dem Kolberger Baugewerksmeister Th. Marten ein einfaches Haus errichtet, das neben einer Anzahl von 60 Kindern auch noch etwa 10-12 sonstigen Kurgästen Raum gewährte. Ursprünglich war es nur zur Aufnahme von 40 Kindern bestimmt; der Andrang war aber so gross, dass eine der Gartenfront vorgelegte Liegehalle von vornherein verglast und zur Unterbringung von Kindern eingerichtet werden musste. Jetzt sind nun auch noch die anderen Kurgästen vorbehalten gewesenen Räume den Kindern zugewiesen, sodass deren imganzen 88 aufgenommen werden können. Davon nehmen die Knaben, vgl. Abbildg. 8, die eben erwähnte Glashalle und mit Ausnahme der im niedrigen Langbau belegenen gemeinsamen Speisesäle und Verwaltungszimmer die übrigen Räume des Erdgeschosses ein, während die Mädchen in den beiden Obergeschossen des höher geführten Gebäudetheiles hausen. Für die anderen Kurgäste ist am Südgiebel des alten Gebäudes ein neues Hospiz, Abbildg. 10, gleichzeitig aber auch am nördlichen Giebel zur ausschliesslichen Benutzung der Kinderheilstätte eine von oben bis unten massiv durchgehende Treppe angebaut. Der Hospizbau ist als ein einfaches Gasthaus eingerichtet, im Gegensatze zu den stets rissigen Fachwänden des alten Hauses aber mit massiven Wänden durchgeführt und gegen die Einflüsse der Winterwitterung durch aufstellbare Klappläden in den Fensteröffnungen geschützt. Die Küche liegt im Sockelgeschoss so, dass sowohl der Speisesaal des Hospizes als auch die Speiseräume der Heilstätte bequem mittels eines Aufzuges bedient werden können. Für den Aufenthalt im Freien ist am Hause sowohl wie in dem hinter liegenden Garten bezw. Spielplätze durch Sitzhallen gesorgt.

Abbildg. 10. Brandenburgisches Seehospiz in Kolberg. Ansicht von der Strasse. - Architekt Brth. Th. Goecke in Berlin
Abbildg. 10. Brandenburgisches Seehospiz in Kolberg. Ansicht von der Strasse. – Architekt Brth. Th. Goecke in Berlin

Die zweite Baugruppe auf dem Hinterlande umfasst die Badeanlage nebst Kesselhaus und Waschküche, Da die natürliche Soole nur etwa 10° Wärme besitzt, wird sie zum Baden durch Dampf erwärmt und zwar mittels Schafstädt’scher Apparate, in denen der vom Dampfkessel kommende Dampf dem Wasser entgegen strömt. Wasser wird nun je nach der ärztlichen Verordnung den Apparaten verschieden zugeführt, starke Soole, schwache Soole, nach Bedarf auch mit Süsswasser gemischt. Auf dem Dachboden des aus diesem Grunde höher geführten Badehaustheiles sind deshalb drei grosse, und zwar mit Rücksicht auf die Soole aus Holz gefertigte, Bottiche aufgestellt, in welche die zutage tretende Soole durch Pulsometer befördert wird. Die Bottiche stehen über dem Fussboden erhöht und haben Ablasshähne zur zeitweisen Entleerung des Soolschlammes. Auch sämmtliche Badewannen sind Böttcherwaare, die Zuflussleitungen aus obigem Grunde aus Kupfer hergestellt. Abgelassen wird das gebrauchte Badewasser innerhalb der drei, mit je 5 Badewannen ausgestatteten Kinder-Baderäume, durch offene, in den Zementestrich eingelassene Rinnen, im übrigen durch Thonrohr-Leitungen. Die Fussböden des Kinderbades sind mit Lattenrosten abgedeckt, die des mit Einzelzellen ausgestatteten Hospizbades als Terrazzo hergestellt. Im Obergeschoss des höher geführten Theiles finden je nach Bedürfniss noch weitere 24 Kinder oder weniger bemittelte Hospizgäste Unterkunft.

Abbildg. 8 & 9. Seehospiz in Kolberg
Abbildg. 8 & 9. Seehospiz in Kolberg

Die Badeeinrichtungen rühren von dem in derartigen Anlagen wohlerfahrenen Ing. L. E. Becker in Berlin her. Im übrigen ist die gesammte Bauausführung, abgesehen von der von A. Senking zu Hildesheim hergestellten Kücheneinrichtung, dem Baugeschäft von Th. Marten in Kolberg als General-Unternehmung übertragen gewesen, dessen inzwischen verstorbener Chef der allmählich emporgewachsenen Anstalt stets ein warmes Herz zugewendet hatte.

Die Baukosten für die im Winter von 1898 auf 1899 vollendete Badehausgruppe einschl. der ganzen Badeeinrichtung haben 35 000 M., für den von 1899-1900 ausgeführten Hospizbau 55 000 M. betragen.

3. Das Auguste-Viktoria-Heim zu Eberswalde.

Diesem schon früher in der Dtsch. Bztg. (vgl. Jhrg. 1896) als Lehrkrankenhaus vorgeführten Mutterhause der in der Provinz Brandenburg zu einem Verbande zusammengeschlossenen Vaterländischen Frauenvereine ist im Laufe der Zeit auch eine Heilstätte angegliedert worden und zwar für Lungenkranke, in der einfachen Weise der ursprünglichen Anlage am Grabowsee, nämlich mit Döcker’schen Baracken. Es sind davon bis jetzt fünf aufgestellt, von welchen eine als Speisesaal eingerichtet ist. Eine sechste soll noch als Liegehalle aufgestellt werden. Die ganze Anlage befindet sich mitten im Walde und bildet eine von der Hauptanstalt verpflegte Kolonie für sich, die auch von jener durch einen Zaun geschieden ist

Aber auch die Heilanstalt selbst hat bald das Bedürfniss nach einer Erweiterung gefühlt und diese Erweiterung hat in Verbindung mit den Anforderungen der Heilstätte eine Verbesserung und Vergrösserung der wirthschaftlichen Anlagen nach sich gezogen.

Abbildg. 11-18. Das Auguste-Viktoria-Heim zu Eberswalde. Architekt Brth. Th. Goecke in Berlin
Abbildg. 11-18. Das Auguste-Viktoria-Heim zu Eberswalde. Architekt Brth. Th. Goecke in Berlin

Das neue im Bau begriffene Krankenhaus (vgl. die Abbildungen) soll mit dem alten Gebäude durch einen überdeckten Gang verbunden werden. Da sich hier die Zufahrt zum Wirthschaftshof befindet, ist auch an dieser Stelle der Eingang zum neuen Hause angenommen worden, sodass ausser der Vorfahrt zum Haupteingange des alten Gebäudes kein weiterer Zugang die Anstalt nach aussen hin öffnet. Die beschränkte Baustelle im Verein mit dem Umstande, dass die nach dem Walde hin belegene Vorderfront ausschliesslich Krankenräumen vorzubehalten war, zwang dazu, einen Grundriss in der Form eines Winkelhakens (vgl. die Abbildg.) zu wählen, dessen nach hinten sich erstreckender Flügel die Räume für die ärztliche Behandlung und dessen nach vorne ausgehender, die gesammte Bauanlage seitlich abschliessender Flügel die grösseren Krankensäle für die dritte Klasse enthält. Dieser Flügel steht nur, wie baupolizeilich allgemein erforderlich, 5 m von der Grenze ab. Um nun den aus gesundheitlichen Rücksichten erforderlichen und auch für Krankenräume polizeilich vorgeschriebenen grösseren Abstand von einer etwaigen Bebauung des Nachbargrundstückes sicher zu stellen, ist mit der benachbarten Stadtgemeinde ein in das Grundbuch eingetragenes Uebereinkommen dahin getroffen worden, dass bei einer etwa eintretenden Bebauung die Gebäude 15 m von der Grenze zurückzubleiben haben. Zwischen den beiden Flügeln ist das Krankenhaus mit Rücksicht auf die vielen Einzelräume, die für die I. u. II. Klasse verlangt wurden, mit einseitigem Längsflur angelegt worden. Bei dieser Gelegenheit mag eingeschaltet werden, dass sich die Längsfluranlage auch für andere Zwecke nicht immer umgehen lassen wird, wie schon im ersten Beispiel der Kottbuser Lungenheilstätte gezeigt ist, und dass sie auch, wenn zweckmässig durchgeführt, keineswegs die allgemeine Verurtheilung verdient, die ihr jetzt gewöhnlich in der Litteratur über den Krankenhausbau zutheil zu werden pflegt. Fenster und Thüren müssen nur so angelegt und die Flurwände grösserer Krankensäle so oft von inneren Fenstern durchbrochen werden, dass Querlüftung überall möglich ist. Die Flurgänge dienen dann zugleich als Wandelbahnen. Im vorliegenden Beispiele ist ausserdem durch Versetzung der Haupttreppe gegen den Flurgang eine mit Sitzplätzen ausgestattete Aufenthaltshalle geschaffen worden. Für die III. Klasse ist den Krankensälen ein Tagraum vorgelegt, der im Sommer durch Aushängen der die grosse Mittelöffnung schliessenden Fenster zu einer offenen Halle umgewandelt werden kann. Sämmtliche Decken des Hauses sind massiv, bis auf die Balkendecke des Mansardengeschosses, in dem eine Anzahl von Zimmern für die Krankenschwestern vorgesehen sind. Da im Hause keine epidemisch Kranken Aufnahme finden, so war diese vortheilhafte Anordnung wohl zulässig.

Auf dem Hofe dahinter ist ein Waschhaus (vgl. Abb. und Lageplan) für maschinellen Betrieb nebst Desinfektions-Anlage angeordnet. Auch befindet sich darin die von einem Gasmotor getriebene Pumpe zur Wasserversorgung der ganzen Anstalt. Für den Maschinisten ist im Obergeschoss des höher geführten Gebäudetheiles eine Wohnung vorgesehen. Etwas abseits gelegen hat an der Nachbargrenze der-Obduktionsraum Platz gefunden; von hier aus finden auch unauffällig die Beerdigungen statt.

Ein massiver Eiskeller wird mitten im Walde angelegt.

Die Baukosten für das neue Krankenhaus sind auf 157 000 M. veranschlagt, für das Waschhaus einschl. der maschinellen Einrichtungen 33 000 M. Dazu kommen noch für das Nebengebäude 5000 M. und für die allgemeinen (Wasserversorgungs-, Entwässerungs-, Pflasterungs- usw.) Anlagen 14000 M. – Theodor Goecke.

Dieser Artikel erschien zuerst am 12., 16. & 23.10.1901 in der Deutsche Bauzeitung.