Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim

Entwurf Stein und Eisen

Am 16. Mai waren gerade 14 Jahre verflossen, seit die grossh. badische Oberdirektion für Wasser- und Strassenbau einen Wettbewerb um den Entwurf zu einer festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim ausgeschrieben hat. Am 1. Nov. 1890 wurde diese Strassenbrücke, die „Friedrichs-Brücke“, welche als Ersatz für eine alte Kettenbrücke hergestellt werden musste, dem Verkehr übergeben. Sie verbindet die Altstadt mit der Neckar-Vorstadt im Zuge einer alten Verkehrs-Strasse, von der sich ausserhalb des Stadtgebietes dann Landstrassen nach verschiedenen Richtungen abzweigen. Diese Brücke dient also in hervorragendem Maasse dem allgemeinen grossen Verkehr.

Es ist daher begreiflich, dass Bestrebungen, eine zweite Neckarbrücke weiter unterhalb nach der Neckarmündung zu auszuführen, die im Wesentlichen nur den lokalen Interessen des Stadttheiles „Jungbusch“ am linken Neckarufer und der Vorstadt „Neckargärten“ am rechten Ufer gedient haben würde, namentlich im Hinblick auf die hohen Kosten keinen rechten Anklang finden konnten, und dass man höchstens den Bau einer festen Fussgänger-Brücke für diese Gegend in Erwägung zog. Diese Verhältnisse erfuhren aber mit dem Augenblicke eine sehr wesentliche Veränderung, als vor einigen Jahren der Plan zur Anlage eines grossen städtischen Industriehafens anstelle des alten Flosshafens gefasst wurde. Für die Zugänglichkeit dieses Hafens und die Aufschliessung des an denselben angrenzenden Geländes musste die Anlage einer festen Brücke möglichst nahe der Neckarmündung von grösster Wichtigkeit werden. Es wurde daher städtischerseits durch den Leiter des Tiefbauamtes, Hrn. Stdtbrth. Eisenlohr, ein Vorentwurf für eine feste Fahrbrücke aufgestellt, der in Lage- und Höhenplan in den umstehenden Abbildungen zur Darstellung gebracht ist. Ueber diesen Entwurf wurde im Jahre 1898 ein Gutachten der Hrn. Ob.-Baudir. A. Wasmer, Karlsruhe, Brth. A. Rieppel, Nürnberg, und Oberingen, R. Tegeler, Kehl a. Rh., eingefordert, welches die Gesammtdisposition des städtischen Entwurfes im Wesentlichen billigte, sich über die Wahl des Träger-Systems jedoch eines Urtheils enthielt und die Ausschreibung eines allgemeinen Wettbewerbes in Vorschlag brachte. Diesem Vorschlage hat die Stadtgemeinde im November vorigen Jahres entsprochen (vgl. Dtsche Bztg. 1900 S. 537 u. 567). Die Entwürfe des Wettbewerbs waren zum 1. Mai d. J. einzuliefern.

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Maassgebend für den Entwurf waren die nachstehenden wesentlichen Bestimmungen:
Für die Lage der Brücke ist der städtische Vorentwurf im Wesentlichen vorbildlich, wenigstens sind nur Verschiebungen innerhalb beschränkter Grenzen zulässig. Die neue Brücke erhielt daher ihre Lage etwa 1 km unterhalb der Friedrichsbrücke. Da die Brücke so noch in das eigentliche Hafengebiet fallt, waren besonders erschwerende Bedingungen durch die ungestörte Aufrechterhaltung der Schiffahrt gegeben. Auch der unbehinderten Abführung des Hochwassers und des Eises war um so grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden, als die anschliessenden Stadttheile grösstentheils unter Hochwasser liegen. Das eigentliche Strombett war daher auf alle Fälle mit einer einzigen Oeffnung zu überspannen, und auf dem rechten, im Fluthgebiet des Hochwassers liegenden Vorlande war nur die Errichtung eines einzigen, möglichst auf 3,5 m Stärke herabzumindernden Zwischenpfeilers gestattet. Für das linke Ufer sollte das Widerlager der Hauptbrücke keinesfalls vor der südlichen Flucht der Strasse im Kohlenbahnhofe vorspringen. So ergab sich für die Hauptbrücke nach dem städtischen Vorentwurfe eine symmetrische Ausgestaltung mit 120 m lichter Mittelöffnung und 2 Seitenöffnungen von je 60 m. Hieran schliessen sich noch beiderseits Durchfahrten für Eisenbahn und Strasse. Die Höhenlage war durch die weitgehende Forderung bedingt, dass in der Mittelöffnung in 50 m Breite eine Lichthöhe von nicht unter 15,5 m vom Neckarpegel, d. h. auf + 100,30 N. N. einzuhalten ist, sodass die grössten Rheinschiffe noch bei mittlerem Hochwasserstande unter der Brücke hindurchfahren können. Ursprünglich wollte man sogar bis auf + 17,3 m vom Pegel gehen, so dass selbst bei dem höchsten schiffbaren Wasserstande, + 8,5 m am Pegel, die grossen Rheinschiffe hätten passiren können. Die Brücke liegt denn auch rd. 3 m höher als die Friedrichsbrücke, für welche derartige Bedingungen nicht mehr inbetracht kommen. Im übrigen war schon infolge der Durchführung der Eisenbahnen auf beiden Ufern eine höhere Brückenlage gegeben.

Lageplan
Lageplan

Durch diese Höhenlage ergiebt sich die Nothwendigkeit bedeutender Rampenanlagen auf beiden Ufern. die im Hauptzuge keine grösseren Steigungen als 1:40 aufweisen sollten, in ihrer Richtung durch die Bedingungen des Ausschreibens im übrigen ziemlich festgelegt waren. Die Brückenweite ist auf 10 m im Lichten für den Fahrdamm vorgeschrieben, auf je 2,5 m für die beiderseitig. Bürgersteige. Die Wahl des Ueberbaues war den Bewerbern freigestellt. Fügen wir noch hinzu, dass sich die architektonische Ausgestaltung des Bauwerkes der Oertlichkeit entsprechend in einfachen Formen bewegen sollte, so sind, abgesehen von den Bestimmungen über die Belastungen und zulässige Beanspruchungen, auf die wir noch später zurückkommen, die für den Entwurf wesentlichsten Bestimmungen gegeben. (Forts. Folgt.)

Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei-Mannheim.

Die Friedrichsbrücke über den Neckar bei Mannheim (eröffnet im Jahre 1890) Phot. Aufn. v. bad. Hofphot. A. Wenig, Mannheim
Die Friedrichsbrücke über den Neckar bei Mannheim (eröffnet im Jahre 1890) Phot. Aufn. v. bad. Hofphot. A. Wenig, Mannheim

(Fortsetzung.) Die Betheiligung an dem Wettbewerbe ist eine rege, die aufgewendete Arbeit eine ausserordentlich grosse gewesen. Es sind 18 Entwürfe eingegangen mit zusammen 555 Blatt Zeichnungen, wenn man die graphischen Blätter mitrechnet. Zu einzelnen Entwürfen gehören mehr als 80 Blatt Zeichnungen. Dazu kommen umfangreiche Berechnungen, ausführliche Erläuterungs-Berichte, und, der Forderung des Programmes entsprechend, in den Vordersätzen revidirbare Kostenanschläge, die also die Aufstellung von Gewichts- und Massen-Berechnungen voraussetzten

Von den 18 Entwürfen verwenden 15 für den Ueberbau der Hauptbrücke ausschliesslich Eisen, 2, nämlich „Freie Bahn B“ und „Stein und Eisen“ für die Mittelöffnung Eisen, dagegen Stein für die 59,5 bezw. 59 m weit gespannten Seitenöffnungen. Ganz in Stein ist der Entwurf „Freie Bahn C“ gedacht mit 112 m Spannweite der Mittelöffnung und je 59 m der Seitenöffnungen. Wir kommen auf diesen kühnen Entwurf, der den Nachweis erbringt, dass der Steinbau bei sachgemässer und sparsamer Ausführung auch wirthschaftlich selbst bei grossen Spannweiten mit dem Eisenbau in Wettbewerb treten kann, noch eingehend zurück. Bezüglich der Lage der Brücke schliessen sich die Entwürfe in der Hauptsache dem städtischen Vorentwurf (vgl. No. 40) an; dasselbe gilt im wesentlichen von der Rampenentwicklung. Zweckentsprechende Aenderungen zeigt bezüglich der letzteren am rechten Ufer der Entwurf „Neckar B“, während die bei den Entwürfen „Sichel“, „Freie Bahn B u. C“ am linken Ufer vorgesehene Strassenunterführung zur Aufschliessung des Geländes zwischen dem Kohlenhafen (der übrigens zuzuschütten ist, was aus dem Lageplan S. 250 nicht hervorgeht), der Werftstrasse und dem Verbindungskanal nicht sehr werthvoll erscheint, da sich dieses unter Hochwasser liegende Gelände zur Wohnhaus-Bebauung doch wenig eignet. Für die Rampe am rechten Ufer ist, der Anregung des Programmes folgend, durchweg ein Ausbau als Viadukt vorgesehen, dessen Gewölbe als Lager- und Geschäftsräume vermiethbar sind, während für die linke Seite theils nur eine Rampenschüttung ins Auge gefasst, theils Entwurf und Kostenanschlag für beide Ausführungen aufgestellt ist.

Auch die Eintheilung der Hauptbrücke weicht nur bei einigen Arbeiten von dem Vorentwurfe erheblicher ab. Letzterer sah eine Mittelöffnung von 122 m von Mitte zu Mitte Pfeiler vor, welche das eigentliche Flussbett einheitlich überspannt, und 2 Seitenöffnungen von je 61 m bis zu den Fluchten der Landwiderlager, von welchen die rechtsseitige das Neckarvorland, die linksseitige den Forderungen der Bahnverwaltung gemäss sämmtliche Gleise auf diesem Ufer ohne Zwischenstütze überbrückt. Der Entwurf „Freie Bahn A“ geht mit 137 m mittlerer Spannung beträchtlich über diesen Vorschlag hinaus, indem er auch die Unterführung der preussischen und hessischen Eisenbahn am rechten Ufer mit in die Hauptbrücke einbezieht und dann am linken Ufer der Symmetrie halber die gleiche Erweiterung vornimmt.

Bezüglich der Höhenlage der Brückenfahrbahn im Scheitel sind naturgemäss die Systeme mit über der Fahrbahn liegenden Hauptträgern im Vortheil gegenüber denjenigen mit ganz unter der Fahrbahn liegender Konstruktion. Die geringste Scheitelhöhe weist der Entwurf „Antaeos“ mit + 101,90 N.N. auf; im allgemeinen liegt jedoch diese Höhe zwischen + 102 und +103 N. N. und zwar näher an der letzteren Zahl. Unter der Fahrbahn liegende Hauptträger auch für den Mittelbogen finden sich allein bei den Lösungen „Freie Bahn B und C“. Die erstere mit flachgespanntem, eisernem Mittelbogen besitzt als Scheitel-Ordinate + 103,73 N. N., während bei der letzteren, dem Steinbogen, diese Höhe auf + 105,15 N. N. steigt, somit 3,25 m höher liegt als der Scheitel bei der günstigsten Lösung und immerhin rd. 2,5 m höher als unter mittleren Verhältnissen. Es ist das allerdings ein Moment, das für die Steinbrücke gegenüber der Eisenkonstruktion einen Nachtheil bedeutet, der nicht ausseracht gelassen werden kann. Um wenigstens nicht längere Rampen zu erhalten und nicht noch mehr Bodenfläche durch dieselben in Anspruch zu nehmen, ist anstelle des nach dem Programm möglichst nicht zu überschreitenden Gefälles der Hauptrampen von 1:40 ein solches von 1:37 eingeführt, ein Gefälle, das allerdings selbst in verkehrsreichen Strassen und auch in Städten, deren Fuhrwerke keine Bremse zu führen pflegen, noch als zulässig angesehen werden darf.

Rechnet man die Steinbrücke mit ein, so finden sich unter den 18 Entwürfen 8, die sich als System des Ueberbaues ausschliesslich des Bogens, theils mit, theils ohne Zugband bedienen, 2 welche den Bogen für die Mittelöffnung mit Fachwerksträgern über den Seitenöffnungen verbinden, 3 kontinuirliche Träger auf 4 Stützen und 5 Kragträger-Konstruktionen mit eingehängtem Mittelstück verschiedener Gurtform. Besonders eigenartig im System ist hierunter der Entwurf „Antaeos“, auf den wir noch später zurückkommen.

Entwurf Neckarspitz. III. Preis. Ingenieure Brücken-Bauanstalt Harkot, Duisburg, R. Schneider, Berlin; Architekt Bruno Möhring, Berlin
Entwurf Neckarspitz. III. Preis. Ingenieure Brücken-Bauanstalt Harkot, Duisburg, R. Schneider, Berlin; Architekt Bruno Möhring, Berlin

Bei der Prüfung der eingegangenen Entwürfe wurden zunächst 8 mit den Kennworten „Ein Strom ein Bogen; Freie Bahn A; In’s Neckarthal; Kattowitz; Neckar A; Pyramide; Rast’ich so rost’ ich; Stein und Eisen“ ausgeschieden, die theils gegen Programm-Bedingungen verstossen, theils unfertig sind, die entweder konstruktive Mängel aufweisen oder in ihrem Trägersystem eine ästhetisch durchaus unbefriedigende Linienführung zeigen, oder auch sich zu eng an die vorhandene Neckarbrücke in Mannheim, die Friedrichsbrücke anschliessen (vgl. das Kopfbild in dieser Nummer), sodass der Entwurf keine selbstständige Lösung mehr darstellt. Bedauerlicher Weise gehört zu den ausgeschiedenen Arbeiten auch der Entwurf „Stein und Eisen“, der konstruktiv gut durchgearbeitet und auch architektonisch wirkungsvoll ist. Allerdings scheint die einseitige Stützung des schweren Thorthurmes auf 2 Säulen bedenklich. Die Ausscheidung musste erfolgen, da der Kämpfer des grossen eisernen Mittelbogens, sowie der steinernen Seitenbögen mehr als 2 m in das Hochwasser eingesenkt ist, sodass also auch erheblich an Durchflussprofil verloren geht. Ausserdem liegt der Seitenbogen so niedrig, dass eine unzulässige Verschiebung der Eisenbahngleise landeinwärts erfolgen müsste.

Bezüglich der Gründung fordert das Programm, dass die beiden Pfeiler der Mittelöffnung bis auf mindestens + 81,80 m N.N. herabgeführt werden müssen. Da in dieser Tiefe scharfer Kies vorhanden ist, so begnügen sich alle Entwürfe mit dieser Gründungstiefe. Sie wollen dieselben theils mit Druckluftgründung erreichen, wie bei den Arbeiten mit den Kennworten „Neckarspitz“ und „Karl Theodor“, theils mit hölzernen Pfahlwänden, die unter Wasserspülung zwischen eisernen Leitpfählen eingerammt werden sollen. Es gilt dies namentlich von allen Entwürfen, an welchen die Tiefbau-Firma Grün & Bilfinger, Mannheim, betheiligt ist. Erfahrungen beim Bau der Friedrichsbrücke haben gezeigt, dass zwar die Kiesschichten zu durchrammen waren, dass aber die Schichten dicht gelagerten, feinen Sandes ausserordentlichen Widerstand entgegen setzten. Anstelle der hölzernen Pfahlwand soll gegebenenfalls eine ganz in Eisen herzustellende Wand treten.

2. Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim. Brücken-Systeme
2. Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim. Brücken-Systeme

Die Kosten der Brücke waren bei nicht ganz 15 m Gesammtbreite zwischen den Geländern nach dem Vorentwurf mit allem Zubehör zu 2 400 000 M. veranschlagt, wovon 1 340 000 M. auf die eigentliche Brücke gerechnet waren. (Die Friedrichsbrücke hat bei einer Gesammtspannweite von 180 m für das Brückenbauwerk selbst 1 125 000 M. gekostet.) Von den 10 näher geprüften Entwürfen stellt sich nach den Baukosten für Brücke und Rampen am billigsten der allerdings völlig schmucklose Entwurf „Billig“ mit 1 356 238 M., während der theuerste „Hansa“ 2 Millionen noch erheblich überschreitet. Allerdings ist ein unmittelbarer Vergleich der Kostenanschläge schwer möglich, da dieselben mit sehr verschiedenen Werthen rechnen. So setzt z. B. der Entwurf „Billig“, bei welchem die Montage ohne feste Rüstungen erfolgen soll, nur 312 M. für die Tonne Eisen ein, die Arbeit mit dem Kennwort „Karl Theodor“ dagegen den für jetzige Verhältnisse aussergewöhnlich hohen Preis von 415 M. Im Mittel werden 325 M. gerechnet. Von sehr wesentlichem Einflusse ist ausserdem die architektonische Ausschmückung, die namentlich bei dem Entwurfe „Hansa“ durch stark verlängerte und verbreiterte Strompfeiler sehr kostspielig wird. Bei der Besprechung der Einzelentwürfe werden noch Angaben über die Kosten gemacht werden. (Fortsetzung folgt.)

Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim.

Entwurf Sichel. I. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Geh. Ob.-Brth. Prof. K. Hofmann, Darmstadt
Entwurf Sichel. I. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Geh. Ob.-Brth. Prof. K. Hofmann, Darmstadt
Neckarbrücke Mannheim, Brückenkopf der Neckarvorstadt. Neckar
Neckarbrücke Mannheim, Brückenkopf der Neckarvorstadt. Neckar

(Fortsetzung.) Von Fritz Eiselen. Bei der Wahl des Systems des Ueberbaues hat sich eine grössere Zahl von Verfassern von Rücksichten auf die vorhandene Friedrichsbrücke leiten lassen, die wir in No. 42 zur Darstellung brachten, und nähern sich demgemäss wie diese in der Ausbildung der Hauptträger mehr oder weniger der Form einer Kettenbrücke. Wenn nun auch die beiden Brücken zusammen im Stadtbilde in die Erscheinung treten, so ist doch ihre Entfernung von fast 1 km so gross, dass die bei benachbarten Brücken ganz verschiedenen Systems unter Umständen recht hässlich wirkende Durchschneidung der Gurtlinien hier nicht inbetracht kommen kann. Es war vielmehr richtiger, sich ausschliesslich von praktischen und allgemeinen ästhetischen Rücksichten leiten zu lassen und nach diesen die Hauptträgerform zu bestimmen.

Ehe wir auf die preisgekrönten und angekauften Entwürfe im Einzelnen eingehen, die wir übrigens auch nicht nach der Reihenfolge ihrer Bewerthung durch das Preisgericht betrachten werden, seien einige Worte über den interessanten und billigsten Entwurf „Billig“ vorausgeschickt, dessen Verfasser bezüglich der Konstruktion dieselben sind, wie für den 1. und 2. Preis, nämlich die Maschinenfabrik Nürnberg, Filiale Gustavsburg, für den eisernen Ueberbau, die Firma Grün & Bilfinger, Mannheim, für die übrigen Anlagen. Die Architektur tritt hier ganz in den Hintergrund. Die Verfasser haben offenbar nur zeigen wollen, wie die Aufgabe auf die billigste, dabei in der Linienführung der Hauptträger wenigstens nicht unschöne Weise gelöst werden kann. Die in 10,92 m von Mitte zu Mitte entfernten Hauptträger (vergl. Abbildg. 8 S. 270) sind als kontinuirliche Fachwerksbalken mit weitmaschiger einfacher Dreiecksausfüllung gedacht, deren Untergurt sich dem Längenprofil der Brücke, deren Obergurt sich thunlichst der Momentenkurve bei gefälliger Linienführung anschliesst. Die Montage soll bei den Seitenöffnungen von festen. Gerüsten aus, die der Mittelöffnung freischwebend von den Strompfeilern her mit weit ausladendem Drehkrahne, also ohne jede Schiffahrtsstörung bewirkt werden. Nach vorläufigem Schluss in der Mitte werden die Punkte A der Mittelöffnung durch Lösung der Laschen zu Gelenken umgewandelt bei gleichzeitiger Lösung der Stäbe B C. Das System wirkt dann als Gerber’scher Träger mit freischwebenden Stützpunkten. Erst nach Aufbringung der ganzen Fahrbahnkonstruktion, nachdem also die etwaigen Setzungen stattgefunden haben, werden die Punkte A vernietet und die Stäbe B C spannungslos angeschlossen. Das System wirkt dann also eigentlich nur für die mobile Last als kontinuirlicher Träger, während es den Vorzug der grösseren Steifigkeit gegenüber dem einfachen Konsolträger besitzt. Der Vorgang ist ein ähnlicher, wie bei der Donaubrücke bei Neustadt. Die Hauptträger haben nur über den Strompfeilern eine portalartige Querverbindung, der Windträger liegt in der Ebene des Untergurtes. Die Einzelheiten der Konstruktion, d. h. die Verbindung der Querträger mit den Hängestäben zu steifen Halbrahmen, die freie Auflagerung der Querträger auf den Gurten an den dazwischen liegenden Knotenpunkten entspricht ganz den Anordnungen des später zu besprechenden Entwurfes „Sichel“, können daher hier übergangen werden. Das gesammte Eisengewicht der Hauptbrücke (die Unterführungen sind als Mélanbögen, die Viadukte als Stampfbeton-Gewölbe hergestellt), beläuft sich auf 1729,75 t, davon 51,25 t Gusstahl, sonst Flusseisen. Auf die Hauptträger selbst entfallen 943,2 t, d. h. 3,9 t auf 1 m, auf die Querverbindungen 64,4 t, die Fahrbahntafel (Belageisen) 554,1 t, die Fusswege 116,80 t Flusseisen.

Die Kosten der Brücke selbst einschl. Endwiderlager berechnen sich nach dem Anschlage zu 866 182 M,, insgesammt zu 1 356 238 M. Es sei hier gleich vorweg bemerkt, dass in den Anschlägen, die unter Umständen gleichzeitig als festes Angebot der konkurrirenden Firmen gelten, die von der Stadt selbst auszuführenden Arbeiten, Grunderwerb, Anschluss der Entwässerung und Beleuchtung, Zuschüttung des Kohlenhafens usw. nicht mit enthalten sind, Ausgaben, die z. B. die Kosten des vorliegenden Entwurfes auf nahezu 2 Mill. M. steigern.

Neben diesem Entwurfe ist in Abbildg. 9 S. 270 das System der Arbeit mit dem Kennwort „Karl Theodor“ dargestellt, der äusseren Erscheinung nach eine versteifte Hängebrücke, thatsächlich jedoch ein durchlaufender Träger mit 3 Gurtungen, deren beide unteren mit einfachem Netzwerke ausgefüllt sind, während die obere nur mit Hängestäben anschliesst. Das Gewicht, das alle anderen Entwürfe übertrifft, stellt sich insgesammt auf 2831 t, davon 2666 t Flusseisen zu dem sehr hohen Preise von 415 M. für 1 t. Gesammtkosten 2 055 364 M., davon 1 195 232 M. für das eigentliche Brückenbauwerk. Die Architektur bewegt sich in sehr einfachen Formen. Die Portalständer über den Strompfeilern sind ganz mit massiven Thürmen umhüllt, die jedoch zu schwach sind, um den Anschein erwecken zu können, als wenn sie den oberen Kettengurt stützen könnten.

Ein vierter Entwurf ähnlicher äusserer Erscheinung, ebenfalls ein kontinuirlicher Balken mit gekrümmtem Ober- und Untergurt, der Form der Momentenkurven entsprechend, und einfachem Fachwerk, ist die Arbeit mit dem Kennwort „Jungbusch-Neckarvorstadt“, Abbildg. 6. Die in 10,7 m Entfernung liegenden Hauptträger sind nur über den Strompfeilern portalartig verbunden, sonst ohne Querverstrebung im Obergurt. Im Untergurt ist dagegen ein aus Quersteifen und gekreuzten Diagonalen bestehender Windverband vorgesehen. Die Querträger sind mit dem Untergurt durch Zwickel-Verstellungen verbunden. Die Fahrbahn ist durch Längsträger und sekundäre Längs- und Querträger in Felder getheilt und mit Buckelplatten abgedeckt. Als Pflasterung ist, wie auch bei allen anderen Entwürfen über der Eisenkonstruktion13 cm hohes Holzpflaster auf Zementbeton vorgesehen.

Von den Auflagern ist, wie auch bei den 3 vorgenannten Entwürfen, nur eins auf einem Strompfeiler fest, das zugehörige andere seitlich beweglich. Alle übrigen Lager sind längs- bezw. auch quer beweglich. Die Endfelder sind nicht auf den Widerlagern verankert, sondern zur Aufnahme etwaiger negativer Auflagerdrücke mit Ballast beschwert. Die Architektur ist einfach; die Pfeilerportale sind mit Eisen umhüllt, während die Endwiderlager steinerne Aufbauten tragen. Das Eisengewicht stelle sich auf 1909 t, die trotz der Montage von festen Rüstungen aus (deren Kosten allerdings vielleicht anderweitig verrechnet sind) nur mit 280 M. f. d. t angesetzt sind. Der Entwurf, dessen Gesammterscheinung günstig, wenn auch etwas schwer wirkt, ist zum Ankauf empfohlen. Als Verfasser haben sich bekannt: für die Eisenkonstruktion die Gute Hoffnungshütte, Sterkrade (Dir. Prof. Krohn), für die übrigen Arbeiten wiederum Grün & Bilfinger, Mannheim, für die Architektur Stdtbrth. a. D. G. Uhlmann, ebenfalls Mannheim.

Den über der Fahrbahn liegenden Bogen mit Zugband für alle 3 Oeffnungen wendet der Entwurf mit dem Kennwort „Neckarspitz“an, der mit dem 3.Preise ausgezeichnet worden ist. Unser Kopfbild giebt eine Gesammtübersicht der Brücke und ihrer architektonischen Ausgestaltung vom linken Ufer her von oberhalb gesehen. Abb.7 Seite 270 giebt das System wieder. Von der Wormser Eisenbahnbrücke (vergl, Dtsche. Bztg. No. 96, Jhrg. 1900), der die Konstruktion im übrigen in den wesentlichen Anordnungen entspricht, unterscheidet sich dasselbe jedoch dadurch, dass die drei Träger nicht unabhängig nebeneinander gelagert sind, sondern dass die Mittelöffnung noch mit je 1 Felde konsolartig in die Seitenöffnungen hineinragt, Es wird dadurch die Stützweite der Seitenöffnungen verkleinert, die Mittelöffnung entlastet. Der Anschluss an den Mittelträger ist durch einen Hohlzapfen gebildet, der sich in einem weiteren Loche bewegt. Die Auflagerung wirkt also mehr als Kipplager, wie als Gelenk. Die Fahrbahn ist nur in den 3 Feldern über den Strompfeilern fest mit den Hauptträgern verbunden, sonst freischwebend, wie in Worms. Von den Auflagern ist nur eins über dem einen Strompfeiler fest, alle übrigen sind verschieblich. Das Gewicht der Eisenkonstruktion stellt sich auf 1920 t, die mit je 320 M. in Ansatz gebracht sind. Der Entwurf ist einer der wenigen, der Luftdruckgründung vorsieht, weil das Rammen von Spundwänden wegen des sehr groben Kieses unthunlich sei. Die bis auf + 81,80 NN abgesenkten Senkkasten der Uferpfeiler haben 17,5·7 bezw. 17,5·4,25 m Grundfläche. Der Baugrund wird im ungünstigsten Falle bis auf 5,08 kg/qcm beansprucht, was bei dem scharfen Kies und der Gründungstiefe wohl noch als zulässig angesehen werden kann, aber höher ist, als bei den anderen Arbeiten.

Die Kosten stellen sich auf insgesammt 1 501 067 M., davon entfallen auf die Eisenkonstruktion einschl. Montage und Schlepperdienst während der Einrüstung 639 400 M. Die Spannweiten der 3 Bögen und ihre Form sind glücklich gegen einander abgewogen, jedoch wirkt die einseitige Herabziehung der Gurte über den Strompfeilern bis unter das Zugband nicht recht günstig.

Entwurf Neckar B. Ingenieure Reg.-Bmstr. Kitiratschky, Freiburg i. B., Ing. Nägele, Mannheim. Architekt Roth, Mannheim
Entwurf Neckar B. Ingenieure Reg.-Bmstr. Kitiratschky, Freiburg i. B., Ing. Nägele, Mannheim. Architekt Roth, Mannheim

Sehr eigenartig ist die architektonische Ausgestaltung des Bauwerkes, die sich in durchaus modernen Formen bewegt. Verfasser wendet sich in seinen Erläuterungen gegen jede Verbindung einer Architektur in historischen Stilformen mit einer modernen Eisenkonstruktion. Hiermit sei eine befriedigende Lösung nicht zu erzielen, eine Behauptung, die in dieser allgemeinen Form wohl kaum aufrecht erhalten werden kann. Das Beispiel der Strassenbrücke über den Rhein bei Worms ist der schlagendste Beweis des Gegentheiles. Im übrigen sind die Gesichtspunkte, nach denen die allgemeine Anordnung der architektonischen Ausgestaltung bewirkt ist, für den vorliegenden Fall durchaus glücklich gewählt, Das Schwergewicht ist auf die linke, die Mannheimer Seite gelegt. Da die Rampe hier ganz spitz in die Brückenaxe einläuft (vgl. den Lageplan in No. 40), hat der Architekt von einem geschlossenen Thorbau völlig abgesehen, der nur verkehrshemmend wirken würde und ausserdem von keiner Seite günstig in die Erscheinung treten kann. In dieser Hinsicht sind Entwürfe mit geschlossenen Thorbauten, wie z. B. die sonst reizvolle Arbeit mit dem Kennwort „Neckar B“ für den vorliegenden Fall verfehlt. Nur vor dem linken Hauptträgerende ist ein massigerer Bau vorgelagert, der mit seinem hochragenden Thurm in den Formen eines Leuchtthurmes für das Auge einen befriedigenden Abschluss der Rampe bildet während vor den rechten Hauptträger nur ein meilensteinartiger Pylon vorgesetzt ist. Am rechten Ufer dagegen, wo die Brücke stumpf endigt und sich fast rechtwinklig nach beiden Seiten in Rampen verzweigt, ist ein geschlossener Bau als Abschluss angeordnet, in welchem die abwärts führenden Treppen und Wohn- und Lagerräume untergebracht sind. Die Abschlüsse der Strombrücke zeigen Portale in wuchtiger Schmiedetechnik, deren Behandlung schon ohne Weiteres den Verfasser, Architekt Bruno Möhring, Berlin, erkennen lässt, der selbst diesen Entwurf als „den reifsten unter seinen vielfachen Arbeiten auf dem Gebiete der Ingenieur-Architektur“ bezeichnet. Freunde der früheren Werke des Architekten, der Bonner Rheinbrücke und der Moselbrücke bei Trarbach, werden diese nicht niedriger einschätzen. Die Ingenieure des Entwurfes sind die A.-G. für Brückenbau Harkort (Dir. Seiffert, Ob.-Ing. Backhaus) in Duisburg und die Firma R. Schneider (Ing. Karl Schneider), Berlin. (Fortsetzung folgt.)

Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim.

(Fortsetzung.) Die Verbindung eines ganz oder grösstentheils über der Fahrbahn liegenden Mittelbogens mit seitlichen, ganz unter der Fahrbahn liegenden Bogen-Konstruktionen zeigen die Entwürfe „Stein und Eisen“, „Hansa“, „Neckar B“ und „Sichel“. Bei ersterem, der schon erwähnt wurde, schliessen sich an den 110 m weit gespannten eisernen Mittelbogen 2 seitliche Steingewölbe von je 59 m Lichtweite an. Bei dem Entwurf „Hansa“ besitzt die Mittelöffnung 116,4 m Lichtweite, während je 58,2 m auf die Seitenöffnungen, die mit Fachwerks-Bögen mit Kämpfergelenken überdeckt sind, entfallen.

Treppenanlage der Steinbrücke
Treppenanlage der Steinbrücke
Abbildg. 5. Entwurf Sichel. Brücken-Querschnitte
Abbildg. 5. Entwurf Sichel. Brücken-Querschnitte

Die Fahrbahnoberkante liegt hier in Brückenmitte auf + 103,45 N.N., also ziemlich hoch. Das Gewicht der Eisenkonstruktion stellt sich auf 1942 t, d. h. für die Mittelöffnung (einschl. Geländer, Gesimse, Ausschmückung) auf 9,04 t für 1 m und auf 6,53 t für 1 m Seitenöffnung. Die Fahrbahnkonstruktion ist ganz von den Hauptträgern losgelöst, sowohl in dem 101,85 m langen Mittelstück, wie in den beiden Endfeldern. Die Fahrbahn-Längsträger sind am Querträger des ersten Knotenpunktes der Hauptträger pendelartig aufgehängt. Während der Untergurt des Hauptträgers im ersten und letzten Felde unter die Fahrbahn herabgeführt ist, bleibt der Obergurt auch an den Enden noch erheblich über derselben und wird von Pfeiler-Aufbauten über den Uferpfeilern abgeschlossen. Die Umrisslinie zeigt hier also einen nicht ganz günstig wirkenden senkrechten Absatz. Der Entwurf schliesst im Kostenanschlage mit der höchsten Summe unter allen eingereichten Arbeiten ab, ein Umstand, der, wie schon hervorgehoben, namentlich auf die theuren Pfeiler-Aufbauten zurückzuführen ist und den sonst gut durchgearbeiteten, tüchtigen Entwurf wohl in erster Linie zu Fall gebracht hat.

Bei der angekauften Arbeit mit dem Kennwort „Neckar B“ schliesst der Obergurt des Mittelbogens mit Zugband und 114,4 m Stützweite mit der Fahrbahn ab, während der Untergurt bis zur Höhe der Kämpfer der 61,6 m weit gespannten Seitenöffnungen, die sich unmittelbar gegen die Enden des Hauptbogens stützen und mit diesen gemeinsam gelagert sind, herabgeführt ist. Die Seitenöffnungen sind als 3-Gelenkbögen ausgestaltet, das Ganze bildet einen kontinuirlichen Bogen, der auf die Zwischenpfeiler nur senkrechte Stützen-Drücke ausübt, sodass diese nur geringe Abmessungen erhalten. (Im Programm war. für den Uferpfeiler auf dem Neckarvorland eine möglichst nicht zu überschreitende Stärke von 3,5 m vorgeschen; diese Forderung ist allerdings von verschiedenen Arbeiten nicht eingehalten worden.) Diese Anordnung erscheint in Verbindung mit dem 3-Gelenkbogen für die Stabilität des Bauwerkes bei einseitigen Belastungen und etwaigen Bewegungen der Zwischenpfeiler wohl nicht ganz einwandfrei. Das Gewicht der Eisenkonstruktion wird auf rd. 1800 t angegeben. Bezüglich seiner Kosten ist der Entwurf der zweitbilligste. Die äussere Erscheinung des Bauwerkes ist in der etwas sehr stark verkürzten, für den Ueberblick über die Linienführung der Eisenkonstruktion nicht ganz günstigen, aber äusserst flott gezeichneten Perspektive in unserem Kopfbilde wiedergegeben. Der Entwurf zeigt geschlossene Thorbauten über den Endwiderlagern, die sich in ihrer Formengebung den älteren Mannheimer Bauten anschliessen und namentlich in der besonders dargestellten Seitenansicht sehr reizvoll wirken. Es wurde aber schon hervorgehoben, dass die Rampengestalt, namentlich am linken Ufer, eigentlich auf eine andere Lösung hinführt. Die Arbeit ist die einzige unter den mit einer Auszeichnung bedachten, die nicht von einer Brücken-Bauanstalt in Gemeinschaft mit einer Ingenieur-Firma herrührt; sie ist vielmehr das gemeinsame Werk der Hrn. Reg-Bmstr. Kitiratschky, Freiburg, und Ingen. Nägele, Mannheim, mit Hrn. Arch. Roth, ebenfalls in Mannheim.

Eine eigenartige Stellung nimmt der mit dem IV. Preis gekrönte Entwurf mit dem Kennwort „Antaeos“ ein. Das System (vgl. Abbildg. 4 und 5, S. 270. v. No.) besteht aus einem 102 m weit gespannten Bogen über der Fahrbahn mit Zugband, der sich auf die 6,8 m in die Mittelöffnung ragenden Kragarme eines die Seitenöffnung mit 61,74 bezw. 67,26 m Stützweite überdeckenden Fachwerksträgers mit geraden, nur über den Uferpfeilern der Momentenkurve angepassten Gurtungen auflagert. Die Fahrbahn liegt in dem mittleren Theile ganz wagrecht und zwar auf der niedrigen Ordinate + 101,90 N.N. Der Entwurf ist in dieser Beziehung am günstigsten, zeigt ausserdem in rd. 100 m Breite die nur für 50 m Breite verlangte Lichthöhe der Durchfahrtsöffnung. Am rechten Ufer sind die Hauptträger wiederum mit Kragarmen noch um 9,50 m in die 4. Oeffnung hinein verlängert, welche die Unterführung der Staatsbahnen aufnimmt. Der Rest ist mit einfachen Blechbalken überdeckt, welche einerseits auf den Endwiderlagern ein festes Auflager besitzen, andererseits mit Bändern pendelartig an den Kragarmen aufgehängt sind. Es ist diese eigenartige Anordnung gewählt worden, um schon auf der Hauptbrücke mit den Uebergangskurven der Rampen beginnen zu können und so an Rampenlänge zu sparen. Die Hauptträger sind nur auf dem einen Uferpfeiler fest, im übrigen beweglich gelagert. Die Fahrbahn ist in der Mittelöffnung über den Gelenken an den Kragarmen durchschnitten, die Fuge ist mit Schleifblechen überdeckt. Das Zugband ist pendelnd an den Fussweg-Querträgern aufgehängt. Die Fahrbahn-Längsträger sind in der Mittelöffnung, um an Höhe zu sparen, bündig mit den Querträgern, in den Seitenöffnungen dagegen frei auf denselben gelagert. Die Fahrbahntafel ist mit Buckelplatten abgedeckt, auf denen Holzpflaster auf Kiesbeton ruht, Die Bürgersteige sind, wie bei der Mehrzahl der Entwürfe, mit Asphalt auf Kiesbeton befestigt. Der am Obergurt der Mittelöffnung angeordnete Windverband ist, wie Abbildg. 5 S. 270 erkennen lässt, aus dem Schuppenmuster abgeleitet, namentlich um den unangenehmen Eindruck gekreuzter Diagonalen zu vermeiden. Ueber den Portalen musste dieser Windverband, um die Wirkung der Gelenke nicht zu beeinträchtigen, längs verschieblich aufgelagert werden. Im Untergurt dient zwischen den Gelenken die Fahrbahntafel selbst als Aussteifung. In den Endfeldern sind Windstreben zu den Auflagern herabgeführt. Die Seitenöffnungen haben keinen oberen Windverband. Das Gewicht der Eisenkonstruktion stellt sich für die linke Seitenöffnung einschl. Kragarm auf 490, für die rechte einschl. Eisenbahnunterführung auf 610, für die Mittelöffnung zwischen den Gelenken auf 870, insgesammt also auf 1970 t. Die Eisenkonstruktion nebst Gerüst, Montage kostet 661 920 M. Die Verfasser kommen übrigens in ihrem Erläuterungsberichte zu dem Schlusse, dass die Gelenke zwar der Montage wegen bequemer in der Mittelöffnung liegen, dass jedoch die Anordnung derselben in der Seitenöffnung eigentlich vorzuziehen gewesen wäre.

Die Linienführung der Gurtungen kann, wie die Perspektive in No. 45 erkennen lässt, als eine günstig wirkende nicht bezeichnet werden. Namentlich stören die über den Strompfeilern entstehenden Spitzen. Die Architektur ist sehr einfach und schmucklos gehalten. Etwas befremdlich wirken darin die käfigartigen Ausbauten über den Pfeilern. Konstruktiv gehört die Arbeit jedenfalls zu den interessantesten der vorliegenden Entwürfe. Die Eisenkonstruktion ist von dem Eisenwerk Kaiserslautern (Ob.-Ing. P. H. Krämer) entworfen, während die übrigen Ingenieur-Arbeiten von der Firma F. Büchner (Ob.-Ing. Klett), Würzburg, herrühren, sowie die architektonische Ausgestaltung von den Arch. Beisbarth & Früh, Stuttgart.

Auf den mit dem I. Preise gekrönten Entwurf mit dem Kennwort „Sichel“ kommen wir erst in letzter Linie zusprechen. Dieser Nummer ist nur eine Gesammt-Ansicht des Entwurfes beigefügt, während No. 43 schon ein Detail der Uferpfeiler mit Bogenanschluss enthielt.

Entwurf Sichel. I. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Geh. Ob.-Brth. Prof. K. Hofmann, Darmstadt
Entwurf Sichel. I. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Geh. Ob.-Brth. Prof. K. Hofmann, Darmstadt

In 2 Entwürfen mit dem Kennwort „Freie Bahn“, welche vom Preisgericht die Bezeichnung B und C erhalten haben, ist die ganze Konstruktion unter die Fahrbahn gelegt. Die erste, mit dem II. Preise gekrönte Lösung, auf welche wir ebenfalls erst am Schlusse zurückkommen, ist wiederum eine gemeinsame Arbeit der Nürnberger Maschinenfabrik und der Ingenieurfirma Grün & Bilfinger. Die Mittelöffnung ist mit einem ganz flach gespannten elastischen Eisenbogen mit Kämpfergelenken von nur 1/15,5 Pfeil bei 113 m Stützweite überspannt, während die Seitenöffnungen mit Steinbögen von 1/10 Pfeil bei 59,5 m Stützweite überdeckt sind. Der Fahrbahnscheitel hat bei diesem Entwurf die Höhe + 103,739 N. N. erhalten, liegt also kaum höher, als z. B. bei dem Entwurf „Hansa“.

Durch diese Arbeit wurde die Firma Grün & Bilfinger angeregt, auch eine Lösung ganz in Stein zu versuchen, die Lösung mit dem Kennwort „Freie Bahn C“. Der architektonische Theil dieses Entwurfes wurde von Hrn. Arch. Hermann Billing, in Firma Billing & Mallebrein, Karlsruhe-Mannheim, bearbeitet. Die Verfasser haben durch diesen Entwurf „den Nachweis erbracht, dass bei den gegebenen Verhältnissen eine Brücke in Stein noch möglich ist“. Die Brücke hat natürlich, dem Programm entsprechend, ebenfalls eine den Neckar in ganzer Breite mit 113 m Lichtweite, 112 m Stützweite zwischen den Gelenken überspannende Mittelöffnung von 9,10 m Pfeilhöhe, also mit einem Pfeilverhältniss von 1:12,3. Die Seitenöffnungen erhielten je 60 m Lichtweite, 59 m Stützweite, 5,85 m Pfeil, also ein Pfeilverhältniss von 1:10,1. Die Stärke des Zwischenpfeilers musste etwas erhöht werden, nämlich auf 4,5 m am Kämpfer und 5,3 bezw. 7 m in Geländehöhe, wodurch etwa 13 qm an Hochwasserprofil verloren gehen, ein Umstand, der nach Ansicht der Verfasser hier nicht schwer ins Gewicht fallen kann. Bei 1 m Scheitelstärke und ganz minimaler Betonstärke der Pflasterunterbettung kommt der Fahrbahnscheitel in Brückenmitte auf +105,15 N. N., also 1,41 m höher, als bei dem Entwurf „Freie Bahn B“ mit eisernem Mittelbogen, und 3,25 m höher als bei dem in der Höhenlage günstigsten Entwurf „Antaeos“. Durch ein etwas verstärktes Rampengefälle von 1:37 (statt 1:40) ist eine Vermehrung an Rampenlänge jedoch vermieden.

Entwurf Freie Bahn C. Ingenieure Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Herrmann Billing, i. F. Billing & Mallebrein, Karlsruhe-Mannheim
Entwurf Freie Bahn C. Ingenieure Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Herrmann Billing, i. F. Billing & Mallebrein, Karlsruhe-Mannheim

Die Gewölbe der Seitenöffnungen sind in Stampfbeton (Porphyrschotter) 1:3:5 hergestellt, die grosse Mittelöffnung dagegen zur grösseren Sicherheit und Verringerung des Gewichts aus besten, hartgebrannten Klinkern. Die Stirnen sollen mit Neckarsandstein verkleidet werden. Im Scheitel der Mittelöffnung ist nur soviel Unterbettungs-Beton aufgebracht, um ein Quergefälle von 9 cm herstellen zu können. Zur weiteren Verringerung des Gewichtes ist der Beton mit Bimskies hergestellt. Dasselbe gilt von den 40 cm starken, am Scheitel anschliessenden Längswänden unter der Fahrbahn, während die Pfeiler, welche die Fahrbahnlast auf die Gewölbe übertragen, wieder aus Klinkern hergestellt sind. Die Entfernung dieser Pfeiler stellt sich auf 3 m in der Längsrichtung, 2,09 m in der Querrichtung bei 50 cm Stärke im Quadrat. Die in Stampfbeton mit Eiseneinlage hergestellte Fahrbahnplatte hat 16 cm Stärke. Sie wird von eisernen, eingestampften Längsträgern gestützt, die sich von Pfeiler zu Pfeiler spannen. Die je 2,5 m breiten Fusswege sind mit 10 cm starker Monierkonstruktion abgedeckt. Die Gelenke sind Stahlgelenke mit tangential sich berührenden Flächen von 75 mm Höhe, die auf Granitquadern ruhen.

Bei Vollbelastung treten in den 1 m starken Scheitelfugen 53,8 kg/qcm Druck auf, am 1,05 m starken Kämpfer 54,2 kg/qcm und in der 1,29 m starken Bruchfuge 42,4 kg/qcm. Bei 420 kg/qcm Bruchbelastung der in Anwendung zu bringenden Klinker ist also noch eine 8-10fache Sicherheit vorhanden. Bei einseitiger Verkehrs-Belastung und Aufsuchung der ungünstigsten Belastungen für jeden Querschnitt mittels der Lastscheiden ergiebt sich eine grösste Beanspruchung in der Bruchfuge zu 74 kg/qcm sodass also immerhin noch eine 5 ½fache Sicherheit verbleibt.

Entwurf Antaeos. IV. Preis. Ingenieure Eisenwerk Kaiserslautern, F. Büchner, Würzburg. Architekten Beibarth & Früh, Stuttgart
Entwurf Antaeos. IV. Preis. Ingenieure Eisenwerk Kaiserslautern, F. Büchner, Würzburg. Architekten Beibarth & Früh, Stuttgart

Die Seitengewölbe sind bei gleichen Abmessungen wie der Hauptbogen zur Erzielung des entsprechenden Gegenschubes im Scheitel gesenkt und mit Kies überschüttet. Ausserdem ist zur Erhöhung des Gewichtes Steinpflaster auf 20 cm starker Betonunterbettung anstelle des Holzpflasters der Mittelöffnung zur Anwendung Bogen: An keiner Stelle der Gewölbe wird im Beton eine Pressung von 40 kg/qcm überschritten.

Das Mittelgewölbe erzeugt bei Eigengewicht auf 1 m Gewölbetiefe 471 t Schub, das Seitengewölbe 365 t. Als Vergleich sei angeführt, dass die Donaubrücke in Munderkingen bei 1/10 Pfeil und 50 m Spannweite 341 t, die Inzigkofener bei 1/10 Pfeil und 45 m Spannweite 182, die Neckarshausener Brücke bei 1/11 Pfeil und 50 m Spannweite 319 t Schub ergeben.

Die Fundamente der Strompfeiler sind bis auf + 81,80 N. N. herabgeführt. Bei einer gleichmässigen Pressung von nicht über 3,4 kg/qcm ergeben sich als grösste Kantenpressung bei vollbelasteter Haupt- und ganz leerer Seitenöffnung 4,5 kg/qcm, Es bedingt das eine Verbreiterung der Fundamentsohle auf 14 m.

Entwurf Freie Bahn B. II. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Hermann Billing, Karlsruhe
Entwurf Freie Bahn B. II. Preis. Ingenieure Maschinen-Fabrik Nürnberg, Grün & Bilfinger, Mannheim. Architekt Hermann Billing, Karlsruhe

Die Ausführung ist so gedacht, dass im ersten Herbst und Winter, also bei niedrigsten Neckarwasserständen, zunächst das linke Widerlager nebst Uferpfeiler zur Ausführung kommt, und im nächsten Frühjahr die gleiche Arbeit auf der rechten Seite, während gleichzeitig die Lehrgerüste für die halbe Brückenbreite aufgestellt werden. Die Einwölbung erfolgt gleichzeitig für alle 3 Öffnungen; Schluss im September desselben Jahres. Die Seitengewölbe werden dann soweit mit Kies belastet, dass die Drucklinie durch die Pfeilmitte geht; hierauf werden alle 3 Gewölbe gleichmässig ausgerüstet. Der Aufbau der Pfeiler und die Aufbringung der Fahrbahn erfolgt erst nach der Ausrüstung.

Die Lehrgerüste erhalten in Abweichung vom Programm in der Mitte eine grosse Durchfahrt von 24 m, an welche sich seitlich 2 niedrigere von je25 m Lichtweite anschliessen, die mit Eisen überdeckt werden, während der Rest der Oeffnung mit Holzgerüsten nach dem Strebesystem ausgefüllt wird. In den Seitenöffnungen werden Durchfahrten von je 18 m vorgesehen. Dem Bedürfnisse der Schiffahrt ist nach Ansicht der Verfasser durch eine solche Anordnung in Verbindung mit einem geregelten Schleppdienst ausreichend entsprochen.

Die Architektur ist in ganz einfachen, wuchtigen Formen gehalten, ohne wesentliche schmückende Zuthaten und trotzdem ist, in der Hauptsache durch ein schönes Verhältniss der drei Bögen und die kräftig geschwungene Linie der Brückenbahn, eine Wirkung erzielt, wie sie von keiner Eisenkonstruktion erreicht werden kann (vgl. die Perspektive S. 277). Im Gegensatz zu den schweren Massen der Gesammtanlage ist am Brückenkopf am rechten Ufer, wo sich die beiderseitigen Rampen abzweigen, eine zierliche, reizvolle Treppenanlage in modernen Formen geschaffen, welche vorstehende Abbildung darstellt.

Die Kosten des Entwurfes stellen sich nicht höher, als bei dem Entwurfe mit eisernem Mittelbogen, d. h. auf rd. 1,1 Mill. M. für das Brückenbauwerk selbst; für den Mittelbogen wird sogar die Steinkonstruktion um rd. 70 000 M. niedriger veranschlagt, als das Eisen.

Entwurf Stein und Eisen
Entwurf Stein und Eisen

Der Entwurf ist jedenfalls ein äusserst interessanter Beitrag zur Entwicklung des Steinbrückenbaues, der immer mehr Boden zurückerobert. Allerdings wird wohl noch mancher Tropfen den Neckar herunterfliessen, ehe ein so kühner Bau die Genehmigung zur Ausführung erhalten wird. – (Schluss folgt)

(In Abbildg. 5 S. 270 hat sich ein Zeichenfehler eingeschlichen. Natürlich muss die 2. Horizontale neben dem Hauptträger fehlen.)

Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim.

(Fortsetzung statt Schluss) Es verbleiben zur Besprechung noch die mit dem I. bezw. II. Preise gekrönten Arbeiten mit dem Kennworte „Sichel“ bezw. „Freie Bahn B“, beide hinsichtlich der Konstruktion ein Werk der Vereinigten Maschinen-Fabrik Augsburg und Maschinen-Baugesellschaft Nürnberg, Filiale Gustavsburg, in Gemeinschaft mit den Ingenieuren Grün & Bilfinger, Mannheim.

Bezüglich des letzteren Entwurfes vergl. die Gesammtübersicht in No. 45, ferner die Abbildungen in No. 47 und den Querschnitt der Mittelöffnung, Abbildg. 4 S. 288. Entsprechend ihrem Kennworte zeigt diese Lösung gleich der ganz in Stein ausgeführten Variante, die wir in No. 45 schon beschrieben haben, völlig freie Bahn für den Verkehr, da die ganze Konstruktion unter die Fahrbahn gelegt ist, muss dafür aber auch gegenüber den Entwürfen mit über der Fahrbahn liegender Konstruktion den Nachtheil einer höheren Scheitelordinate in den Kauf nehmen, die auf + 103,74 N.N., also 1,84 m höher als bei der Arbeit „Antacos“ liegt.

Die geringere Höhe gegenüber der Variante „Freie Bahn C“ ist durch Ersetzung des mittleren Steinbogens durch einen ganz flachen, elastischen Blechbogen mit Kämpfergelenken von 1:15,5 m Pfeil, 7,30 m bei 113 m Stützweite erzielt. (Die Alexander-Brücke in Paris hat nur 1:17,1 Pfeilverhältniss.) Die Seitenöffnungen sind in Stein verblieben, mit einem Pfeil von 1:10 und 3 Gelenken. Da die Höhe des Mittelbogens möglichst zu beschränken war, 1,8 m im Scheitel, 1,2 m an den Kämpfern, so waren 4 Hauptträger erforderlich (vergl. den Querschnitt Abbildg. 4), die, abgesehen von dem 25,8 m langen Mittelstück, auf welchem die Fahrbahn unmittelbar aufliegt, die Bogenform sich also der Gradiente anschliessen musste, nach einem Kreisbogen von 214 bezw. 231 m Halbmesser gekrümmt sind. Wo die Höhe vorhanden ist, wird die Fahrbahn von Querträgern getragen, die auf den in 4,12 m Entfernung stehenden Fachwerkstützen mit Kugelgelenken gelagert sind, während die Stützen in der Längsrichtung biegsam an den Bogen anschliessen (Konstruktion also wie bei der Wormser Strassenbrücke). Um auch die Beweglichkeit der Bogenpaare gegeneinander zu ermöglichen, sind die Querträger über den mittleren Hauptträgern gestossen; nur die Belageisen gehen durch. Es ist auch zwischen den beiden Mittelbogen nur eine Quersteife eingesetzt, während die Aussenpaare durch Dreiecksverband gegeneinander ausgestellt sind. Der Windverband ist am Untergurt des Bogens angeordnet, ausserdem unter der Fahrbahn über den Bogenzwickeln. Eine Aussteifung zwischen den Stützen ist nicht erfolgt. Der Endabschluss der Fahrbahn ist in Abbildg. 3 dargestellt.

Die Berechnung wurde für die elastischen Bögen nach dem angenäherten Verfahren von Weyrauch bewirkt. Es sei bei dieser Gelegenheit auf die Belastungsannahmen und zulässigen Spannungen hingewiesen, welche dem Programm zugrunde lagen und im Jahrg. 1900 S. 567 bei der Besprechung der Ausschreibung schon mitgetheilt wurden. Sie entsprechen den zurzeit üblichen Annahmen. Das Gewicht des eisernen Ueberbaues der Mittelöffnung ohne Geländer stellt sich auf 992,265 t, die mit 330 M. in Ansatz gebracht wurden.

Die Gewölbe, welche nach der Stützlinie für Eigengewicht geformt sind, sollen aus Stampfbeton von 1 Raumtheil Zement, auf 2 Theile Porphyrsand, 1 Theil Porphyrgrus und 5 Theile Porphyrschotter hergestellt werden. Die Scheitelstärke ist auf 0,90 m, die Stärke am Kämpfer auf 0,95 m und die an der Bruchfuge auf 1,22 m bemessen. Die analytisch unter Aufsuchung der ungünstigsten Laststellung mittels der Belastungsscheiden berechneten Gewölbe erhalten bei einseitiger Belastung höchstens 36,4 kg/qcm Pressung. (Die Donaubrücke bei Munderkingen hat 38 kg, die bei Inzigkofen 36,5 kg, die Neckar-Brücke bei Neckarshausen 40 kg/qcm. Pressung bei schlechterem Material) Die Gelenke sind in derselben Weise ausgebildet, wie bei der vollen Steinbrücke, vergl. Abbildg. 3 in No. 47. Auch die Einzelheiten der Fahrbahnkonstruktion entsprechen diesem Entwurfe. Die geschlossenen Stirnmauern zeigen über den Kämpfergelenken durchgehende Schlitze, die Längsträger der Fahrbahndecke sind auf den Widerlagern verschieblich aufgelagert. Die Ausführung entspricht im Wesentlichen derjenigen, wie sie von der Firma Grün & Bilfinger schon bei der Wormser Strassenbrücke angewendet worden ist.

Die Widerlager sind als verlorene Widerlager ausgeführt und auf + 84,50 bezw. 83,25 N.N., auf Beton zwischen Spundwänden gegründet. Die grösste Bodenpressung beträgt 4,1 kg/qcm, Die Strompfeilerreichen bis + 81,80 N. N. herab; grösste Pressung 4,6 kg/qcm. Bei allen Pfeilern und Widerlagern ist die Untersuchung bei belasteter und unbelasteter Brücke, mit Auftrieb bei Niedrigwasser und Hochwasser, durchgeführt. Es gilt das für alle Entwürfe der Firma Grün & Bilfinger.

Auf die sehr interessante Montage des Mittelbogens, der in einzelnen Segmenten zweier durch das Zwischenwerk verbundener Hauptträger theils von festen, theils von schwimmenden Rüstungen aus versetzt wurde, behalten wir uns vor, ausserhalb dieser Wettbewerbs-Besprechung zurückzukommen.

Die Gesammtkosten stellen sich auf 1 649 450 M. bei Viaduktrampe rechts. Hiervon entfallen 341 000 M. auf den eisernen Ueberbau, 254 200 M. auf die Steingewölbe, 425 000 auf Pfeiler, Widerlager und Gründung.

Der wirkungsvolle dekorative Schmuck der Brücke, deren Architektur vom Arch. Hermann Billing, Karlsruhe, in Firma Billing & Mallebrein entworfen ist, beschränkt sich auf die Pfeileraufbauten und Widerlagsabschlüsse. Die Pfeileraufbauten ohne die Gruppen sind in Abbildg. 2 No. 47 ersichtlich, in welcher sich auch die Theilsperspektive eines Pfeilers findet.

Bezüglich des mit dem I. Preise gekrönten Entwurfes „Sichel“ können wir uns verhältnissmässig kurz fassen, da vieles, was von den früheren Entwürfen gesagt ist, auch auf ihn zutrifft, und da er ausserdem durch die Abbildungen in den No. 43 u. 44, sowie durch die dieser Nummer beigegebenen Konstruktions-Zeichnungen, sowie die Pfeilerdarstellung in No. 47 eingehend erläutert wird.

Wie bei der Bonner Rheinbrücke haben die Verfasser für die grosse Mittelöffnung einen z. Th. über der Fahrbahn liegenden Sichelbogen gewählt, während die Seitenöffnungen von ganz flachen elliptischen Bögen überspannt werden. Sie haben dadurch den doppelten Vortheil erreicht, die Fahrbahn-Konstruktion gegenüber dem vorigen Entwurfe um 0,81 m herabzudrücken, sodass sie nur noch rd. 1 m höher liegt, als bei „Antaeos“, und ausserdem das Gewicht mit 1583 t auf ein Mindestmaass herabzusetzen. Der Entwurf steht hierdurch allen anderen Entwürfen, selbst der Arbeit „Billig“ noch erheblich voran. Von diesem Gewichte entfallen 823,49 t auf die Mittelöffnung und zwar 466,26 t auf die beiden Hauptträger, d. h. 2,06 t auf 1 m Stützweite. Die beiden Seitenöffnungen wiegen zusammen 753,43 t, davon 200,69 t für die Hauptträger, d. h 1,70 für 1 m Stützweite. Der Preis einschl. der festen Montagerüstung ist mit 335 M. für 1 t angesetzt, entspricht also einem mittleren Werthe.

Der Mittelbogen hat 114,20 m Stützweite, 14 m Pfeilhöhe, also ein Pfeilverhältniss von 1:8,16, während sich für die Seitenbögen bei 59,10 m Stützweite und 4,55 m Pfeilhöhe ein Verhältniss von rd. 1:13 ergiebt. Die Gurte des Hauptbogens, der im Scheitel 3 m Höhe, an den Kämpfern 1,30 m zeigt, sind nach Kreisbögen von 117,55 bezw. 130,10 m Halbmesser gekrümmt. Die Gurte der Seitenbögen, die 1,60 m Scheitelhöhe, 0,80 m Kämpferstärke aufweisen, sind nach Ellipsen geformt, die für den Obergurt sich aus der Gleichung:

Gleichung 1
Gleichung 1

ergeben und für den Untergurt aus der Formel:

Gleichung 2
Gleichung 2

Das Programm fordert 10 m Lichtweite zwischen den Gurten, sodass die Hauptträger der Mittelöffnung 10,90 m v. M. z. M. auseinandergelegt werden mussten. Die gesammte Brückenbreite beträgt daher hier 16,8 m, während sie sich über den Seitenöffnungen nur auf 15 m stellt. Der Uebergang von der grösseren zur kleineren Breite der Fahrbahn ist durch eine Kurve bewirkt, die in der Perspektive nicht ganz günstig wirkt. (Schluss folgt.)

Wettbewerb um den Entwurf zu einer 2. festen Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim.

(Schluss.) Trotzdem die Höhe der Hauptbögen das sehr wohl gestatten würde, sind neueren Anschauungen entsprechend keine Querversteifungen über der Fahrbahn in der Mittelöffnung angeordnet. Die Querträger sind vielmehr, wie Abbildg. 5B in No. 46 erkennen lässt, mit den Hängestäben zu steifen Halbrahmen verbunden (ebenso bei dem Entwurfe „Billig“), die den Winddruck des oberen Theiles der Hauptträger auf den Windverband des mittleren Fahrbahntheiles bezw. des Bogen-Untergurtes vom Durchschnittspunkt mit der Fahrbahn nach den Auflagern überleiten. Die Fahrbahnenden jenseits des Durchschnittspunktes haben keinen besonderen Windverband; derjenige des Mitteltheiles ist an den Hängepfosten des Bogens freischwebend aufgehängt. An den Knotenpunkten 9 vom Kämpfer aus gerechnet ist der in der Ebene des Hauptträgers liegende Gurt des Windträgers durchschnitten, damit er nicht als Zugband wirkt. Der in einer Spitze endigende Windträger ist auf den Querträgern 9 längs verschieblich aufgelagert. Sowohl die Hängepfosten wie die Stützen schliessen am Bogen mit Flachgelenken biegsam an, während die Querträger über den Stützen wiederum auf denselben mit Kugelgelenken aufliegen.

Auch die Fahrbahn ist an den Knotenpunkten 9 durchschnitten; ihre Längsträger sind beweglich auf den Querträgern gelagert. Als Dilatations-Vorrichtung dienen Z-Eisen mit aufgenieteten gerippten Blechen. Am Anschluss am Pfeiler und Widerlager ist die Fuge einfach offen gelassen, während die Befestigung der Fahrbahn – Holzpflaster auf Betonunterbettung – durch C-Eisen abgeschlossen wird. Die Gurtquerschnitte, vergl. Abbildg. 2 No. 46, schwanken in der Hauptöffnung zwischen 596-818 qcm im Obergurt, zwischen 800 und 449 qcm im Untergurt. Für die Seitenöffnungen gelten die entsprechenden Zahlen 412-723 qcm und 762-353 qcm. Das Gesammtgewicht des eisernen Ueberbaues stellt sich für 1 m auf 6,3 t für die Hauptöffnung, 7,577 t für die Seitenöffnungen. Bezüglich der Gründung, Beleuchtung, Entwässerung, Ausgestaltung der Rampen unterscheidet sich der Entwurf nicht wesentlich von den schon beschriebenen Arbeiten derselben Firmen.

Die Kosten stellen sich nach dem Anschlage der Firma auf 1 394 686,50 M. bis 1 714 102 M., je nach Ausbildung der Rampen in Schüttung bezw. Viadukt. Gleich bleiben bei allen Varianten die Kosten des Unterbaues der Brücke mit 364 534 M., des eisernen Ueberbaues mit 559 636, der Fahrbahn-Befestigung mit 54 423 M., der Fahrbahn-Entwässerung mit 4324 und schliesslich der Beleuchtung usw. mit 16 350 M.

Die architektonische Ausgestaltung der Brücke, die vom Geh. Ob.-Brth. Professor K. Hofmann, Darmstadt,entworfen wurde (vgl. die Abbildgn. in No. 43 und 44) hält sich in den durch das Programm gezogenen maassvollen Grenzen. Die figürliche Ausschmückung beschränkt sich auf 4 sitzende Löwen über den Endwiderlagern, während die kräftig gegliederten Pfeiler mit Aufbauten geschmückt sind, die in ihrer Formgebung an eines der Kreis’schen Bismarcksäulen-Motive erinnern. Die Wirkung des Bauwerkes ist in erster Linie in der Linienführung der Hauptträger und in der harmonischen Abwägung der Verhältnisse der einzelnen Spannungen zu einander gesucht. Seiner schönen Gesammtwirkung in Verbindung mit der bis in alle Einzelheiten sorgfältig durchdachten und durchgeführten Konstruktion bei verhältnissmässig niedrigen Kosten verdankt der Entwurf denn auch wohl die Zuertheilung des I. Preises. Es wird von Interesse sein, zum Schlusse vorstehend noch eine Zusammenstellung der Gewichte und Kosten der 10 inbetracht kommenden und besprochenen Entwürfe zu geben, wobei die Kosten seitens der Stadtbauverwaltung revidirt und zum Vergleich mit dem städtischen Anschlage durch Hinzufügung des Aufwandes für Grunderwerb, für Zuschüttung des Kohlenhafens und für sonstige Nebenarbeiten usw. entsprechend ergänzt sind.

Lfd. No.EntwurfGrundfläche der eisernen HauptbückeGewicht der Eisenkonstruktion der HauptbrückeGewicht des Flusseisens der Hauptträger für 1 qm GrundflächeGesamtkosten nach den revidirten Anschlägen


qmIm Ganzen tFür 1 qm kgMittelöffnung tSeitenöffnung tM.
1Billig41001729,754221 986 629
2Neckar B36601850,00506420 (einschl. Hängepfost.)180
3Neckarspitz40001852,634631 992 663
4Antaeos442219700,00 (einschl. Geländer)4463052171 995 433
5Sichel36001583,334402361831 999 130
6Jungbusch – Neckarvorstadt39651908,92481251 (einschl. Seitenöffnung)2 090 201 (2 133 218*)
7Freie bahn B1710 der eisern. Mittelöffnung992,27 (einschl. Geländer)581368Stein2 126 812 (2 181 033)
8Freie Bahn CGanz in Stein2 214 296 (2 260 452)
9Karl Theodor40802831,04 (einschl. Geländer)693423 (einschl. Seitenöffnung)2 736 154
10Hansa37121941,585252801822 922 111

* Bei doppelter Zahlenangabe für die Gesammtkosten gelten die eingeklammerten Zahlen für Viaduktrampen, die anderen für geschüttete Rampen.

Betrachten wir noch einmal das Gesammtergebniss des Wettbewerbes, so darf dasselbe als ein überaus günstiges bezeichnet werden, denn die Zahl der tüchtigen und werthvollen Arbeiten ist eine sehr bedeutende.

Abbildg. 1 und 2. Entwurf Sichel
Abbildg. 1 und 2. Entwurf Sichel

Ganz neue Konstruktions-Gedanken, wie sie bei den Entwürfen zur Bonner Rheinbrücke, Moselbrücke bei Trarbach und den beiden Rheinbrücken bei Worms zutage traten, sind allerdings bei diesem Wettbewerbe nicht zu verzeichnen. Diese Fortschritte sind jetzt Gemeingut aller konstruirenden Ingenieure geworden und finden sich in allen Entwürfen wieder.

Um so mehr ist Sorgfalt auf die Durchbildung der Einzelheiten verwendet, ein Gebiet, auf dem die deutschen Ingenieure allen anderen vorangegangen sind. Nach dieser Richtung hin bedeutet auch der vorliegende Wettbewerb einen Fortschritt.

Fr. Eiselen

Dieser Artikel erschien zuerst am 18., 25., 29.05. & 01., 08., sowie am 12.06.1901 in der Deutsche Bauzeitung.