Erläuterungen zu den Bernard’schen Prophetien

Nachdem in Vorstehendem bereits in unumstößlichen Beweisen erklärt ist, daß die Bernardsche Prophetie nicht etwa ein Machwerk von heute, vielmehr eine wirkliche, sowohl in der Vollstradition, als auch durch die mehrerwähnte, handschriftliche Notiz verbürgte Thatsache ist; bemerkt Verfasser dem vielversuchten Nachdruck gegenüber hierdurch nochmals öffentlich, daß, trotz aller Bemühungen, die sowohl er selbst, als auch besonders mehrere öffentliche Beamten seit einer Reihe von Jahren angestellt, außer dem beregten, ihm eigenthümlich zustehenden Manuscripte, eine andere schriftliche Auskunft über Spielbähn gar nicht aufzufinden, auch außer einer, im Geburtsorte des Herausgebers wohnenden alten Frau, Niemand, weder in Sieglahr noch in Eschmar, mehr am Leben ist, der Prophezeihungen aus dem Munde Spielbähns gehört hat.

Diese, zur Wahrung meines Eigenthums resp. Autorschaft wiederholte Erklärung mag wohl von Manchem belächelt werden, welcher mir die Ehre, „meine Zeit mit der Abfassung solcher aberwitzigen Alfanzereien zu verderben,“ nicht mißgönnt.

Diesen gelehrten Herrn Philosophen gegenüber, die ihre Zeit mit spitzfindigen Untersuchungen über die Generatio aequivoca u. dergl. besser auszufüllen wähnen, wobei sie denn beiläufig gesagt, am Schlusse ankommen, wo sie Anfangs standen – bemerke ich nur, daß ich keineswegs zu den Leichtgläubigen, noch weniger aber zu den Frömmelern gehöre; vielmehr der einfache Christusglaube, ausgerüstet mit einem reichen Schatze praktischer Erfahrungen mich zu der Ueberzeugung gebracht, die schon im alten Bunde ein großer Weiser als Resultat seiner Forschungen hingestellt, daß nemlich, alles menschliche Sinnen und Trachten eitel und der Mensch sich selbst das größte Räthsel bleibt.

Mit jugendmuthiger, freudiger Begeisterung erschließt sich des Jünglings Herz den berauschenden Eindrücken der ihn umgebenden Schöpfung, und mit argloser Unbefangenheit möchte er die ganze Welt in seine Freundesatme schließen. Ihm weht der Odem Gottes aus jedem Lüftchen entgegen, Alles um ihn her harmonischer Einklang der mit unergründlicher Weisheit geordneten Folge der Dinge. — Armer Knabe, Du träumst ein Utopien! Deine jugendliche Arglosigkeit wird mißbraucht, der Freund in deinen Armen wird zur Schlange, die giftgeschwollen deinen Ruf begeifert. Die gräßliche Hyder des Menschenglücks, Verläumdung, schwört dir den Untergang und der Neid schwätzt deine Berufstreue zum Verbrechen. Wache auf aus deinem Wahne!

Die hohe, gottähnliche Tugend der reinen ungeschmückten Wahrheit, die du als Glanzpunkt deiner Wünsche anstrebtest, kann das Licht dieser argen Erdenwelt nicht ertragen. Du mußt kriechen, heucheln, schmeicheln — willst du unter Menschen wohnen. – Siehe, ein Stückchen Papier verurtheilt dich als Aussätzigen, ohne daß dir ein Kläger, oder auch unr ein Zeuge unter die Augen tritt. So kehre, das schuldlose Opfer schmählicher Intriguen, ein Mann, zurück ins Leben, und du wirst erfahren, wie der Ehebrecher deine Sittenreinheit, der Mörder deinen gerechten Zorn, der Hochmuth dein Selbstgefühl, der Wucherer deine Erwerbsquellen, der Heuchler deine Offenheit, der Dieb deine Treue und der Freigeist deinen Glauben splitterrichtet. Doch, wohin würde mich die Verfolgung dieses Thema’s führen? — Freuen wir uns, daß es immer und zu allen Zeiten noch rühmliche Ausnahmen und Brüder gegeben, die, gleich unserm hehren Religionsstifter, die Worte in den Sand schrieben:

„Nur wer rein ist, werfe den ersten Stein!“

Warum sollten aber diese Ausnahmen, im Hinblicke auf den biblischen Satz: „Euere Söhne werden Weissagungen reden? — nicht auch in einzelnen, von dem unerforschlichen Ordner unserer Schicksale besonders Bevorzugten, einen Ausdruck finden? — Ohne aber hierüber Jemand irgend eine Meinung aufdringen zu wollen, will ich versuchen, meine Ansicht über die vorliegende Prophetie niederzuschreiben, wodurch ich einem allgemeinen Wunsche zuvorzukommen glaube.

Die eben mitgetheilten, alten Notizen waren fliegende Blätter, die sich in den Fragmenten eines alten Buches befanden, worauf sich die Buchstaben U. W. Sacerd. emerit. befanden; welches, wie ich ermittelte, die Initialen zu dem Namen eines im Jahre 1809 in Rott gestorbenen, alten emerilirten Priesters waren, der zur Zeit in B… im Sch… schen Hause gewohnt hat.

Das Manuscript begann aphorismenweise — —— — — —

[Ich habe mich bemüht, so viel es die Verständlichteit gestattet, den Wortlaut getreu wieder zu geben.]

„so man auch aus gar vielen Ursachen kennet — dessentwegen sagen ich, daß dem Kriegsschaden und anderen zeitlichen Uebelen stäts seynt vorgegangen der Hoffarth und Stolz, als welches sich auch bestätigt durch die Propfezeiung des Lugbängen, obwohlen er diesen Namen mit nichten mag verdienen, dieweil in denen Reden, so er mir gethan, und die ich hier in seinem gegenwärtigen Beysein will anschreiben, nicht viel Lüg und Bosheit mag gefunden werden — dann mir der Spilbän wie ihn die gemein Leut also nennen von wegen der Vingelin die er hat beteutet und gesagt hat … u. s. w. bis Vers 1 u. 2.“

Die Abtei Siegburg ist der Anhaltspunkt der vorliegenden Prophezeihung; so wie das Kloster Lehnin den objektiven Anhaltspunkt von Frater Hermanns Weissagungen bildet. Statt des h. Anonius, Anno’s-Stätte. Stolz thronte in grauer Vorzeit auf dem Siegberge eine unbezwingbar scheinende Bergfeste, welche im Jahre 1056 von Pfalzgraf Heinrich dem Wüthenden zuletzt besessen wurde. Dieser wurde aber in Folge eines Krieges gegen den Erzbischoff Anno, aus der gräflich Dasselnschen Familie besiegt, und aus seiner festen Burg vertrieben, welche nun vom Eroberer in die bekannte Abtei umgeschaffen wurde.

Die Bernard’sche Vorhersagung von der Zerstörung dieser schönen Abtei durch das wüthende Element erfüllte sich wirklich am 1. Januar 1772, wo der größte Theil derselben, mit Ausnahme der Kirche, in Flammen aufging.

Vers 3. Der Abt v. Schaumburg war ihr Wiedererbauer.

Vers 4 — 7. Der früher sehr bergige Markplatz in Siegburg wurde geebnet und mit Bäumen bepflanzt, an welchen, in Folge der letzten Kriegs-Ereignisse russische und französische Reiter ihre Pferde anbanden.

Vers 7. Die Enthauptung König Ludwigs XVI. in Paris am 21. Januar 1793.

Vers 8. Die Bartholomäusnacht in Paris, am 26. August 1572. — Die französische Nation pflanzte 1795 auch am Rheine den Freiheitsbaum auf, den man mit der unseligen Hymne: Vive la libert, vive la raison, — umtanzte.

Voltaires Lehre von der Vernunft und das Decret des Convents, „daß es keinen Gott gebe,“ führten alle die Schrecknisse, welche Bernard voraussah, über die Abtei, ja über ganz Deutschland herbei. Um diese Zeit suchte auch die deutsche Geistlichleit der Wuth der Gotteslästerer in geheimen Verstecken zu entfliehen.

Vers 12. Der Raum gestattet es nicht, alle die Kriegsdrangsale, die in Folge der Zeiten die Stadt Siegburg schon berührt, hier namentlich aufzuführen.

Vers 13. Die Abtei stand öde und verlassen, während das Kloster Heisterbach ein noch schlimmeres Loos hatte. Das letztere, dem Cisterzienser-Orden angehörige Kloster, am Fuße des romantischen Siebengebirges erbaut, blühte von 1191 bis 1802, segensreich unter 34 Aebten. Der niedergesetzte Reichs-Deputations· Ausschuß sanctionirte im Jahre 1802 den von der französischen Obergewalt dictirten Frieden, der die Auflösung der Klöster bedingte, welche nun mit ihren reichen Besitzungen den weltlichen Fürsten als Entschüdigungen anheim fielen. Das Kloster Heisterbach wurde niedergerissen und die Steine bei dem Canalbaue zu Neuß (1806) und später beim Festungsbau zu Köln verwendet. Die nochstehende Prachtruine des Hoch-Altars gehört zu den größten Denkwürdigkeiten, das herrliche Gut Heisterbach aber, welches gegenwärtig Eigenthum der Gräflich zur Lippe-Biesterfeld’schen Familie zu Obercassel ist, anerkannt zu den schönsten Parthien des Siebengebirges.

Vers 14 — 21. Der Kaiser Napoleon — Leo heißt der Löwe — beschloß, nachdem er das deutsche Reich aufgelöst, den h. Vater Pius VII. in die Gefangenschaft geführt und sich von allen gekrönten Häuptern Deutschlands hatte huldigen lassen, sein vielbewegtes Leben in der Verbannung auf der Insel St. Helena, welche ein einsames, tief im Meere liegendes Eiland ist.

Vers 21 – 27. Friedrich Wilhelm III. König von Preußen, welchem bei der damaligen Ländertheilung die Abtei Siegburg mit der Rheinprovinz zufiel, schaffte dieselbe in die jetzige Irrenheil-Anstalt um, nachdem sie zwanzig Jahre hindurch ganz unbeachtet und verödet gelegen.

Vers 27 – 30. Unweit Siegburg, auf einer Haide wurde ein Telegraph (Guckhaus) erbaut. Der erste Telegraphist pflanzte an dem Thurme einen Weinstock, wodurch er die Erfüllung der Bernard’schen Prophetie herbeiführte. Sie umzustoßen, riß sein Nachfolger den jungen Rebenstock wieder weg; allein, ein dritter Telegraphist pflanzte den Weinstock zum zweitenmale und unlängst hat derselbe, wie mir die Umwohner erzählt, seine ersten Trauben bereits getragen. Das Komische unserer Zeiten wird übrigens Niemand zu bestreiten wagen.

Vers 30 — 33. Verfasser hatte unlängst Gelegenheit, die Rede eines ausgezeichneten, rheinischen Theologen zu hören, deren Thema der Bibeltext bei Matth. 5. 13, war.

„Ihr seid das Salz der Erde; wenn nun das Salz seine Kraft verliert, womit soll man denn salzen? Es taugt zu nichts weiter, als daß es hinausgeworfen, und von den Menschen zertreten werde.“

Der Redner hob besonders hervor, wie heutzutage leider so mancher Seelsorger seiner Gemeinde zum Anstoß werde, weil er dem Ausspruche des Heilandes:

„Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ – so wenig Nachachtung gebe.

Vers 34 – 35. Kann Jeder sich selbst erklären.

Vers 36. Wer die Erfüllung dieses Verses bezweifelt speise nur einmal in einem großen Gasthause zu Mittag.

Vers 37. Dampfboote

Vers 38 u. 39. Erfüllten sich beide im November 1837, wenn man nemlich unter dem geistlichen Oberhaupte den Erzbischof Clemens August von Köln verstehen will. Seine Gefangennehmung erfolgte durch den damaligen Oberpräsidenten der Rheinprovinz Hrn. v. Bodelschwingh-Velmede, und dürfte daher die in Vers 40. angedrohten Strafe vielmehr auf die in Folge der Berliner März-Ereignisse herbeigeführte Entfernung dieses Herrn aus dem Ministerium, als auf den, kurz nach der Erzbischöflichen Inhaftirung erfolgten Tod des Königs Friedrich Wilhelm III., zu beziehen sein.

Vers 41 – 47. Wir begegnen in diesen Versen den Eisenbahnen und Luft-Phänomen. Man erinnere sich des großartigen Nordlichtes im vergangenen Jahre und der Feuerkugel, welche vor einigen Jahren über die hiesige Gegend hinflog.

Vers 47. Vielleicht Pius IX.?

Vers 50 — 55. Die Mißerndten, deren hier Erwähnung geschieht, erinnern unwillkürlich an die Kartoffelfäule der letzten Jahre; so wie die beiden folgenden Verse an die überhandnehmenden Auswanderungen nach Amerika, die pompösen Luftschifffahrten u. s. w. mahnen.

Vers 55. Vielleicht Dänemark?

Vers 56. Scheint vom Seher als eine Beruhigung eingeschoben. Vielleicht soll dadurch angedeutet werden, daß ein allgemeiner Krieg, mit den bis Vers 83 bezeichneten traurigen Ergebnissen erst zu der Zeit erfolgen werde, wann man die Brucke bei Mondorf, die aber jedenfalls nur eine momentane, dem Uebergange von Soldaten dienende sein kann, bauen werde.

Die Verse 56 bis 83 sind daher nur als eingeschobene zu betrachten, und ist darum an Vers 55 der Vers 83 zu reihen.

Vers 83 — 86. Die Berliner Revolution vom 18. und 19. März 1848 brachte diesen Versen ihre Erfüllung, da das Reich und die Macht eines Markgrafen größer waren, als die des Königs an jenen blutigen Tagen.

Vers 86. Scheint einen Religionskrieg anzudeuten.

Vers 87. Vielleicht das russische Czarenreich?

Vers 88 — 91. Die Verfolgungen, welche die andersgläubigen Christen in Rußland noch in jüngster Zeit zu erdulden hatten, sind zu bekannt, als daß sie noch weiterer Erwähnung bedürfen.

Vers 91 — 94. Wenn wir hier unter falschen Propheten diejenigen verstehen, von denen der Heiland sagt, daß sie in Schafskleidern zu uns kommen, während sie inwendig reißende Wölfe sind, so dürfte die Prophezeihung ihres Untergangs ebenso wohl auf die Entlarvung der Heuchler im Großen, als auf die Verzweiflung der falschen Lehrer zu beziehen sein.

Vers 96 — 99. Ueber die Schlacht bei Köln und die Zerstörung der Stadt, lese man die Schlußbelege.

Vers 100. Wer dieser fremde König ist, läßt sich nicht ermitteln; soviel ist indeß gewiß, daß der Kaiser Barbarossa im Kiffhäuser es nicht sein wird.

Vers 101. Ein Ort bei Werl. S. Schlußbelege, die Prophezeihung des Mönchs von Werl.

Vers 102 – 106. Nachdem das Kriegsschwert seine Opfer erreicht, wird die Pest, die gewöhnliche Gefährtin eines anhaltenden Krieges das Land vollends entvölkern.

Vers 106. Der alte Benrodt, Spielbähns Vetter und Gefährte, hat diesen Vers noch dahin erweitert, daß zu jener Zeit das Auffinden einer Kuh ein so freudiges Ereigniß, daß man ihr wohl eine goldene Kette anlegen würde.

Vers 107 – 108. Ob diese Spaltung Frankreichs eine Meinungsverschiedenheit, ein Bruch unter seine Regierungen, oder eine Gebiets-Theilung bedeute, bleibt unentschieden.

Vers 109. Daß die Wahl eines Bauers zum Kaiser nicht in das Reich der Unmöglichkeiten falle, beweist schon der Umstand, daß der österreichische Prinz Johann, in unsern Tagen schon mehrmals zum deutschen Kaiser vorgeschlagen wurde. Er hat mit der Tochter eines Gastwirthes aus Tirol, vom platten Lande, sich verehlicht, weshalb er, vom Hofe verbannt, sich bisher mit der Landwirthschaft beschäftigte, und, seinen Ahnenstolz vergessend, Abends in der Wirthsstube seines Schwiegervaters mit den Bauern Karten zu spielen pflegte.

Vers 111. Der hier verheißene, längstgehoffte große Kaiser, dem der Prophet den Namen „römisch“ beilegt, kann ebensowohl ein geistliches, als weltliches, deutsches Oberhaupt sein. Für die Annahme des erstern sprechen

Vers 112, 113 u. 114; nach welchen sich dieser geliebte Alleinherrscher, indem er den Völkern den Frieden zurückgibt, mit Erbauung von Gotteshäusern beschäftigen, und die Menschheit zu einer einheitlichen Religion zurückführen wird. Anderseits wird die näher liegende Deutung auf einen deutschen Kaiser auch durch die Lehninsche Prophetie des Frater Hermann bestätigt.

Vers 115 — 119. Bernard schildert in diesen Versen den Zustand des Völkerlebens nach dem in Aussicht stehenden großen Kriege als einen sehr glücklichen und schließt, nachdem er zur Beachtung seiner Aussprüche aufgefordert, mit Hinweisung auf das Gebet, wodurch er eine mögliche Abwendung der göttlichen Strafen in Aussicht stellt, und wie im Eingange, so auch am Schlusse seiner Prophezeihung durch Zurückführung auf die Religion, eine höhere Weihe gibt.

Wenn wir uns den Ernst unserer Zeit vor Augen führen, können wir das vorliegende Schriftchen unmöglich unbeachtet lassen. Eine dumpfe Schwüle lagert über dem Geschicke nicht nur der Deutschen, man darf sagen, der Europäischen Bevölkerung.

Maßlose Forderungen auf der einen, gar zu ängstliche Wahrung angeerbter äußerer Vorzüge, Titel und Herrschaft auf der andern Seite, sehen wir allenthalben in einem Vernichtnng drohenden Kampfe, gegenüber dem allgemeinen Elende, welches die Stockung des Gewerb- und Geld-Verkehrs über die Massen verhängt hat. Aller Orten die Bande der Ordnung zerrissen, und die Straßen der Hauptstädte mit Bürgerblut beschmutzt. Sollen wir aber das schöne, langestrebte Ziel eines einigen großen und freien Deutschlands erreichen, so muß vor Allem das Volk begreifen, daß dies durch eine Entzügelung menschlicher Leidenschaften nicht möglich wird. Wir müssen hinwegsehen von einer engherzigen Splitterrichterei und Alle fest zusammenstehen; wie Eine große Brüderfamilie die herrlichen Errungenschaften der jüngsten Tage mit Gut und Blut zu wahren.

Derjenige aber; der mit der Auflösung staatlicher Institutionen alle Gesetzlichkeit niederreißen will, sei eben so sehr von uns verachtet, als der Wucherer oder Aristokrat, der, durch die mächtige Erhebung des Volksgeistes in den Märztagen zum Liberalen gejähtauft, kein Opfer scheut, um als Wolf im Schafspelze die Gutmüthigkeit des Volkes zu seinen selbstsüchtigen Plänen auszubeuten. Solche Menschen taugen nicht zu Leitern und Vorstehern des Volkes. Sie würden uns bei der ersten Gelegenheit verrathen und verkaufen, wenn sie nur irgend ein Stück Geld, oder ein Stückchen Land dadurch acquiriren könnten. Vertrauen wir daher in dieser bewegten, ereignißreichen Zeit nur solchen Männern, die unser Vertrauen von Jugend auf besaßen, gleichviel, ob sie in einem feinen oder groben Kittel zu uns kommen; vertrauen wir dem Gesinnungstüchtigen, dem keine Erdenmacht seine Grundsätze zu rauben fähig ist.

Vor Allem aber dürfen wir uns nicht scheuen, dem Vaterlande ein Opfer zu bringen! Wir bringen dieses Opfer am zweckmäßigsten durch eine vernünftige Einschränkung unseres thörichten Luxus und zeitgemäße Abstellung der vielen, sogenannten Bedürfnisse, die unsern Vätern, welche doch auch als glückliche Erdenbürger und brave Männer gestorben, ewig fremd geblieben sind. Die hierdurch erwirkte Verminderung unserer Ausgaben würde hinreichen, mehr als hinreichen, dem Nothstande unserer armen, arbeitslosen Mitbrüder abzuhelfen.

Inwieweit nun aber die vorliegende Prophezeihung bei unsern Maßnahmen für die nächste Zukunft in Betracht zu ziehen, kann uns der oft wiederholte Ausspruch des Propheten: daß die göttlichen Strafen durch die Rüchkehr zu dem Tugendwege, die sich zunächst in den Werken der Bruderliebe, nicht aber in bloß leeren Worten und schönen Phrasen zu offenbaren hat, können gewendet werden. Verzagen wir darum nicht, deutsche Brüder! Ein einiges Deutschland ist möglich, weil nöthig geworden, gegenüber den eroberungssüchtigen, freiheitsfeindlichen Rotten, welche an unsern Gränzmarken schon nach unserer Habe lungern.

Lassen wir darum alle Zankereien und lächerliche Reibungen unter uns fallen, die die Einheit und Freiheit, und somit die künftige Wohlfahrt unseres gemeinsamen deutschen Vaterlandes nur gefährden können. Nur das unverrückte Festhalten an dem altdeutschen Wahlspruche; „Rechtthun und Niemand scheuen“ — nur die schleunige Erstrebung der durch den Drang der Ereignisse strenge gebotenen deutschen Einheit ist fähig, die Geschicke, welche der eiserne Griffel des Schicksals den Völkern vorgezeichnet, zu unserm Heile zu wenden.

Dies wünscht unter herzlichstem Brudergruß an alle wahren Deutschen in Nähe und Ferne

Der Verfasser.

Dies ist ein Auszug aus dem Büchlein „Spielbähn, der Prophet“, welches von Wilhelm Schrattenholz geschrieben und 1848 erstmals veröffentlicht wurde. Das Bild ist ein Beispielbild und nicht im Buch enthalten. Mehr Infos dazu hier.

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Spielbähn, ein rheinischer Nostradamus?

Inhaltsverzeichnis des kleinen Buches „Spielbähn, der Prophet“ von Wilhelm Schrattenholz
Verwahrung
II. Vater Bernard
III. Spielbähn
IV. Beweise für die Sehergabe Spielbähns
V. Prophezeihungen Spielbähns
VI. Erläuterungen zu den Bernard’schen Prophetien
VII. Schlußbelege