Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – VIII. Die vorübergehenden grossen Ausstellungsbauten

Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 - VIII. Die vorübergehenden grossen Ausstellungsbauten

Nach einem längeren Zwischenraum, welcher durch die Berichterstattung über die zahlreichen Kongresse und grossen korporativen Versammlungen dieses Jahres, sowie durch das Bedürfniss nach Abwechslung in der Darbietung des Lesestoffes hervorgerufen war, kehren wir unter Anknüpfung an die entsprechenden Ausführungen in No. 71 zu einer kurzen Schluss-Berichterstattung über die Architektur und das Ingenieurwesen auf der Pariser Weltausstellung der Jahrhundertwende zurück und beginnen mit einer flüchtigen Schilderung jenes Theiles der grossen Ausstellungsbauten, welche nicht zu dauerndem Bestande bestimmt waren.

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Wenig erfreulich war im Gegensatz zu dem, was frühere Pariser Weltausstellungen, insbesondere die von 1889, in dieser Beziehung hervorgebracht hatten, das, was an vorübergehenden Ausführungen die Jahrhundertausstellung zur Bergung des Ausstellungsgutes an allgemeinen Baulichkeiten hervorgebracht hatte. Die grossen Züge dieser Anlagen gehen aus den Grundrissen S. 265 hervor. Wer diese Bauten durchwandert hatte und Trepp auf, Trepp ab den ausgestellten Schätzen nachgestiegen war, dem kam nicht ohne Bedauern die übersichtliche und geschlossene Anlage in die Erinnerung, die 1889 auf dem Marsfelde geschaffen war. Wo war die 30-Meter-Gallerie, wo waren die stattlichen Portale, die von ihr in die einzelnen Abtheilungen führten, wo war die glänzende, kuppelüberspannte Eintrittshalle? Wo war endlich der herrliche Ehrenhof mit dem wundervollen Brunnen und der Statue der Republik, der vor dem Ausstellungs-Palaste des Marsfeldes lag und ein Glanzpunkt der damaligen Ausstellung war? Nichts von allen diesen Vorzügen liess sich der heutigen Anordnung nachrühmen. Infolge ihrer ungeheuren Ausdehnung auf zwei weit getrennte Flächen, das Marsfeld und die Invaliden-Esplanade vertheilt, war innerhalb der Ausstellung in nur bescheidenem Maasse der Versuch gemacht worden, die gegebenen Verhältnisse zu einer grossen Wirkung zusammenzufassen. Wo das in hervorragender Weise möglich gewesen wäre, wie auf der Invaliden-Esplanade, da war die Wirkung sowohl durch die zu grosse Nähe der Gebäudefluchten, noch mehr aber durch die verwilderte Gipsarchitektur der Bauten zerstört. Was hätte sich hier aus den beiden Kunstpalästen, aus der Alexanderbrücke, aus dem Invalidendom für ein überwältigendes Bild schaffen lassen, wenn die Hrn. Toudoire & Pradelle, Esquié, Narche & Nachon, Tropey-Bailly und die übrigen bei diesen Bauten betheiligten Architekten es verstanden hätten, den Aufbau ihrer Bauten in den maassvollen Grenzen der Ausbildung zu halten, welche die Ausstellungs- Architektur, die mit leichtem Material arbeitet und arbeiten muss, stilistisch zieht und welche in kleineren Bauwerken der Ausstellung mit Glück eingehalten wurden! Der Mangel reiferer künstlerischer Wirkung dieser Werke enthebt uns der Pflicht, auf dieselben näher einzugehen.

Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 - VIII. Die vorübergehenden grossen Ausstellungsbauten
Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – VIII. Die vorübergehenden grossen Ausstellungsbauten

Maassvoller errichtet und in ihrer Gestaltung und Wahl der Architekturmotive immerhin auf eine grosse Wirkung berechnet erschienen die Bauten auf dem Marsfelde; sowohl das gegen die Avenue de Suffren gelegene Palais der Ingenieurkunst und der Transportmittel von. Jacques Hermant, wie auch die Paläste für Metallurgie gegen die Avenue de La Bourdonnais von L. Varcollier, für Weberei auf der gleichen Seite, von Blavette, sowie die Ausführungen von Sortais. Bei.einer gewissen Grösse der Anlage fand sich aber auch hier nichts Neues, auch nicht der leiseste Versuch, dem Gips und den anderen Baumitteln eine besondere Stilistik, die zweifellos möglich ist und vielleicht sogar zu einer angenehmen Wirkung gebracht werden kann, abzugewinnen. In Einzelheiten war vielfach die schwere Ornamentik der Grossen Oper vorbildlich, wo man nicht die schon an und für sich lebhaften Formen des XVIII. Jahrhunderts in oft wilder Uebertreibung verwendete. Hervorgehoben sei, dass ein Theil der plastischen Werke alle die Anerkennung, verdiente, welche der französischen Plastik, auch der rein dekorativen, im allgemeinen in so hervorragendem Maasse gezollt werden muss. So war der das Transportgebäude zierende Fries- des Bildhauers A. Allar, die.Entwicklung der Transportmittel darstellend, ein schönes, maassvolles Werk von lebendiger Komposition.

Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris
Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris

Neben dem mehr trockenen als ruhigen, im übrigen aber gross angelegten Pavillon der Stadt Paris (Arch : Gravigny), neben dem etwas lebhafteren Pavillon für die Ausstellung von Wald und Wasser (Architekten: Tronchet & Rey) und neben einer Reihe anderer Gebäude, die sich aber kaum über einen mässigen Durchschnitt.erhoben, stand die Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst auf dem rechten Ufer der Seine (Arch.: Ch. A. Gautier) als eine höchst beachtenswerthe Leistung da, die, wenn sie vollkommen nach dem ursprünglichen Plane hätte ausgeführt werden können, zu den ersten Gebäuden der Ausstellung zu zählen gewesen wäre, aber auch so in allen Ehren besteht. Die gesammte Anlage hat eine Länge von 237 und eine Breite von etwa 60 m. Sie besteht aus zwei Palästen, welche, zusammen mit einem dritten Ausstellungs-Gebäude, nach der Form eines

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eine Art Forum einschliessen. Die Ausführung in Eisen und Glas und die formale Durchbildung bringen die Bestimmung des Gebäudes in trefflicher Weise zur Geltung,

Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris
Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris
Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris
Doppel-Palastanlage für die Gartenbaukunst. Architekt Ch. A. Gautier in Paris

Wir geben von der interessanten Anlage Grundriss, Gesammtansicht, Innenraum und die Ansichten eines Kopfbaues, einmal nach der geometrischen Zeichnung, das andere Mal, durch das Entgegenkommen der Verlagsbuchhandlung von Carl Ebner. in Stuttgart, nach der Natur. Wenn man den Beschluss gefasst hat, diese ausgezeichneten und besten aller vorübergehenden Ausstellungswerke zu erhalten, so verdienen Sie diese Auszeichnung in vollem Maasse durch den architektonischen und künstlerischen Gehalt, den sie darbieten, durch die Strenge und den Ernst, mit welchem die Werke ihre Bestimmung und das Material, aus dem sie errichtet sind, zum Ausdruck bringen. “Wir glauben nicht zu weit zu gehen, wenn wir ihnen vorbildliche Eigenschaften beilegen. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 15.12.1900 in der Deutsche Bauzeitung.

Inhaltsübersicht

Die Artikelserie “Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900” besteht aus 9 Teilen:

I. Einleitung und Gesammtanlage

II. Der grosse Kunstpalast in der Avenue Nicolaus II.

Nr. II. ist doppelt, Nr. III. fehlt, möglicherweise ein Fehler der Deutschen Bauzeitung?

II. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – II. Der kleine Kunstpalast in der Avenue Nicolaus II.

IV. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – IV. Die Brücke Alexander’s III.

V. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – V. Das Haupt-Eingangsthor

VI. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – VI. Die Völker-Strasse

VII. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – VII. Alt-Paris, das Schweizerdorf und andere kleinere Veranstaltungen

VIII. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – VIII. Die vorübergehenden grossen Ausstellungsbauten

IX. Die Architektur auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 – IX. Das Wasserschloss, der Festsaal und kleine Ausstellungsbauten