Die Hoch- und Untergrundbahn ist auf ihrer ganzen Länge mit einem Oberbau von Wechselsteg-Schienen mit Blattstoss auf hölzernen Querschwellen ausgerüstet, jedoch mit sehr verschiedenen Abmessungen und Gewichten auf der östlichen und westlichen Strecke, entsprechend der schon geschilderten verschiedenartigen Ausbildung der Viadukte. Während die Gleise im Westen in der Kiesbettung der Fahrbahntafel ruhen, in der Schwellentheilung also unabhängig von der Querträgertheilung sind und demgemäss nur eine Höhe von 11,5 cm zu erhalten brauchten, werden die Gleise auf der östlichen Strecke zwar auch von Querschwellen gestützt, die aber nur über den Querträgern und zwar auf flusseisernen Unterlagsplatten liegen. Die Schienen tragen daher 1,5 m frei und haben die grosse Höhe von 18 cm. Beide Profile nebst Stosslaschen sind in den Abb. 50 und 51 dargestellt. Sie wiegen für 1 qm 25,6 bezw. 47,2 kg, die Schienenlänge beträgt 12 m.
Auf weitere Einzelheiten des Oberbaues, namentlich auch der Weichen einzugehen, die in der Ausbildung der Zunge und auch noch sonst in verschiedenen Punkten von den preussischen Normalien abweichen, verbietet uns der Raum. Erwähnt sei nur noch, dass abgesehen von den Weichenverbindungen in den 3 Endbahnhöfen Warschauer Brücke, Zoologischer Garten und Potsdamer Platz, sowie abgesehen vom Anschlussdreieck, noch an 3 Stellen, nämlich am Wittenberg-Platz und neben den Haltestellen Kottbuser und Hallesches Thor Gleisverbindungen eingelegt sind, um bei Betriebsstörungen von einem Gleise auf das andere übergehen zu können.
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Von den Betriebsmitteln geben wir in Abbildg. 52 eine schematische Darstellung eines Zuges von 2 Motorwagen und 1 Beiwagen in der Mitte, also das Bild eines Normalzuges, wie sie zunächst auf der Bahn verkehren sollen. In Abbildg. 53 ist die äussere Erscheinung eines Motorwagens wiedergegeben und Abbildg. 54 stellt das Profil des lichten Raumes, sowie die Umgrenzung der Betriebsmittel dar, wie sie nach der landespolizeilichen Genehmigung nicht überschritten werden durften. Thatsächlich sind die Wagenmaasse z. Th. kleiner, der Anordnung der Brücken, Bahnsteige usw. liegt aber das gezeichnete Profil zugrunde. Wie schon bei der Beschreibung der Untergrundbahnstrecke betont wurde, mussten bei der Wahl der Wagenabmessungen zwei sich widerstreitende Anforderungen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden, denn während die Bequemlichkeit des Publikums, sowie auch die Vereinfachung der Wagenkonstruktion und die Unterbringung der Motoren eine gewisse Weiträumigkeit des Wagen-Querschnittes erforderte, drängte sowohl die Lage der Bahn inmitten der Stadt, als auch die Rücksicht auf die Kosten, namentlich im Hinblick auf die Untergrundbahn, zu möglichster Einschränkung. Man hat eine Höhe des Wagens von 3,18 m über S.O. gewählt und eine grösste Breite von 2,36 m an den Dach-Vorsprüngen. Es bleiben also hier bis zu den Tunnelwandungen noch je 120 mm Spielraum, während die Seitenwände des Wagenkastens sogar um 320 bis 360 mm zurückbleiben. Der Wagenfussboden liegt 965 mm über S.O., sodass sich die Drehgestelle bequem unter demselben (ohne schwierige Konstruktionen wie in Budapest) unterbringen liessen. Die Länge des Wagenkastens beträgt 12 m, der Abstand der Bufferflächen 12,70 m, derjenige der Zapfen der beiden Drehgestelle 7 m.
Es sind 2 Wagenklassen vorhanden, die in Uebereinstimmung mit der Stadtbahn mit II. und III. Klasse bezeichnet wurden; die ersteren sind mit Polstersitzen, die letzteren mit Holzsitzen und -Lehnen ausgestattet die Motorwagen führen die III. Kl. Jeder Wagen ist mittels durchbrochener Querwände in einen grössseren Mittelraum und zwei kleine Vorräume an den Kopfenden getheilt, in welch’ letztere die 0,8 m breiten seitlichen Schiebethüren führen, deren also 4 vorhanden sind. Die Thüren an der linken Seite (in der Fahrtrichtung verstanden) sind, da nur rechts ausgestiegen wird, dabei stets geschlossen, die an der rechten Seite sollen möglichst getrennt dem Ein- und Ausgang dienen. Die Anordnung ist also bezüglich der Thüren die gleiche, wie bei der Pariser Stadtbahn. Bei starkem Andrange wird sich aber wohl auch hier, wie dort, die scharfe Trennung des Ein- und Ausganges nicht durchführen lassen. An den Kopfenden der Wagen sind kleine Drehthüren angebracht, die als Noththüren nach dem nächsten Wagen dienen können. In den Motorwagen ist am Kopfabtheil noch ein besonderer Raum für den Führer abgetrennt, der also mit dem Publikum gar nicht in Berührung kommt, um nicht von seiner Aufmerksamkeit abgezogen zu werden. Vor den jeweils geschlossenen Thüren können Sitze aufgeklappt werden, sodass dann die Beiwagen 44 Sitzplätze fassen, die Motorwagen 39. Die Sitze sind längs angeordnet und haben je 500 mm Breite für die Person; 490 mm verlangt das Polizei-Präsidium. Zwischen ihnen bleiben Gänge von 1,08 bezw. 1,02 m übrig, sodass also noch Stehplätze in grösserer Zahl vorhanden sind. Die Seitenwände des Wagenkastens werden in mehr als halber Höhe ganz von feststehenden Fenstern eingenommen. Nur die Fenster an den Kopfenden lassen sich öffnen. Die Lüftung erfolgt, wie bei den Strassenbahnwagen üblich, durch seitliche Fenster im Dachaufbau, die sich um eine senkrechte Axe drehen, sodass sie nach Bedarf gestelltwerden können. Die Beleuchtung wird durch 12 Glühlampen, die aus der Arbeitsleitung mitgespeist werden, bewirkt. (Ausserdem sind Nothlampen vorgesehen.)
Das Gewicht eines voll besetzten Motorwagens stellt sich auf 24 t, das sich ziemlich gleichmässig auf die 4 Achsen vertheilt, sodass also, wie schon erwähnt, der Berechnung der Viadukte und Brücken ein Lastenzug von je 6 t Achsdruck zugrunde gelegt werden konnte.
Jeder Wagen besitzt zwei doppelachsige Drehgestelle, deren Radstände von 1,80 m das anstandslose Durchfahren der schärfsten Krümmungen gestatten (nach früherem 80 m an der Kaiser Wilhelm-Gedächtniss-Kirche). Der Rahmen des Drehgestelles, der in üblicher Weise federnd auf den Radachsen gelagert ist, liegt ausserhalb der 0,85 m im Durchmesser des Laufkreises haltenden Räder. Der Wagenkasten ruht mittels Spurzapfen wiederum federnd auf dem Drehgestell, und ausserdem sind, um das Wiegen der Wagen zu vermeiden, zwischen dem Fussboden und dem Rahmen des Drehgestelles noch Spiralfedern eingeschaltet, die natürlich auf Rollen verschieblich ausgeführt werden mussten, um die gegenseitigen Verschiebungen von Drehgestell und Wagenkasten mitmachen zu können.
Die Motorwagen sind mit je 3 vierpoligen Gleichstrommotoren ausgerüstet, und es kann noch ein 4. Motor eingesetzt werden, wenn später bei stärkerem Verkehr jedem Zuge 2 Beiwagen eingefügt werden. Diese Motoren sind so eingebaut, dass sie auf der einen Seite mit 2 Halslagern die Achse umfassen, an der anderen federnd am Drehgestell aufgehängt sind. Sie wirken mit Zahnradübersetzung auf die zugehörige Wagenachse und besitzen eine solche Leistungsfähigkeit, dass sie dem Zuge eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km in der Stunde zu geben vermögen. Die Motoren jedes Triebwagens sind dauernd parallel geschaltet, während sich diejenigen der beiden Triebwagen eines Zuge bei Vorwärtsfahrt abwechselnd in Reihen- oder Parallelschaltung befinden. Bei Rückwärtsfahrt, also namentlich im Verschiebedienst und beim Bremsen durch Kurzschluss, wirken nur die Motoren des führenden Wagens. Die Wagen sind mit einer Carpenter-Luftdruckbremse ausgerüstet, welche für gewöhnlich allein gebraucht wird. Ausserdem vorgesehene Handbremsen dienen nur dem Verschiebedienst, während die Kurzschlussbremsung natürlich nur im Falle der Noth angewendet werden darf. Die Motoren, Bremsen usw. werden lediglich von dem vorderen Triebwagen aus durch den Wagenführer ein- und ausgeschaltet, mittels des dort angeordneten Kontrollers. Zur Stromentnahme aus der Arbeitsleitung sind die Triebwagen mit je zwei Gleitschuhen ausgerüstet, um auch in den Weichen den Kontakt aufrecht zu erhalten.
Zur Bedienung der Züge werden in Dienst gestellt: 1 Wagenführer und 1 Zugbegleiter.
Wie schon erwähnt, sollen sich die Züge zunächst aus 2 Motorwagen und 1 Beiwagen zusammensetzen und in Abständen von 5 Minuten verkehren. Jeder Zug enthält nach vorstehenden Ausführungen 122 Sitzplätze, ausserdem werden zu Zeiten starken Verkehrs auch die reichlich vorhandenen Stehplätze, wie bei der Stadtbahn, in ausgiebiger Weise ausgenutzt werden. Die Leistungsfähigkeit ist also eine recht erhebliche und kann bei 2 ½ Minuten-Betrieb und schliesslich bei Zügen aus 6 Wagen auf das Doppelte und zuletzt Vierfache gesteigert werden.
Einstweilen ist ein Wagenpark von 42 Trieb- und 21 Beiwagen beschafft worden. Es sind jedoch bereits weitere 14 Triebwagen und 7 Beiwagen in Auftrag gegeben. Es werden alsdann 28 Züge imganzen vorhanden sein, mit welchen sich ein theilweiser 2 ½ Minuten-Betrieb durchführen lässt.
Die Fahrpreise sind noch nicht endgiltig festgesetzt.
Das Signalwesen ist, abgesehen von dem besonderen Dienste am Anschlussdreieck, der schon geschildert wurde, ein sehr einfacher. Die Haltestellen besitzen lediglich ein Ausfahrtssignal für jede Richtung, das derartig blockirt ist, dass eine Umstellung und eine Freimeldung der Strecke nach der zurückgelegenen Haltestelle erst dann möglich wird, wenn der Zug einen um Zuglänge jenseits der ersteren Haltestelle gelegenen Schienenkontakt überfahren hat. Hierdurch wird selbstthätig der Block ausgelöst und es kann nunmehr mit Drahtzug das Signal auf Halt gestellt und dann erst das Signal freie Ausfahrt nach der rückwärtigen Haltestelle gegeben werden. Auf eine elektrische und selbstthätige Umstellung auch der Signale hat man im Interesse der grösseren Betriebssicherheit und Einfachheit verzichtet. Für die Verständigung zwischen den einzelnen Haltestellen dient ausschliesslich das Telephon, das in diesem Falle derart eingerichtet ist, dass in einfacher Weise, ohne Umschaltung nach der nächsten vorwärts liegenden Haltestelle, nach der zurückliegenden und schliesslich nach dem Kraftwerk gesprochen werden kann. Die Apparate sind zu diesem Zwecke mit 3 Hörern ausgestattet, deren Abnahme unmittelbar die entsprechende Verbindung herstellt. –
Diese Artikelserie erschien zuerst am 12., 19., 26.10., sowie am 13., 27.11., 07.12. & 11.12.1901 in der Deutsche Bauzeitung. Teil VII. erschien 1902.
IV. Oberbau, Betriebsmittel, Leistungsfähigkeit, Fahrpreise und Signalwesen.