Von Fritz Eiselen.
Mit dem seinem Ende zueilenden Jahre geht auch der Bau der elektrischen Stadtbahn von Siemens & Halske seiner Vollendung entgegen. Zwischen der zu Beginn des neuen Jahres geplanten Eröffnung dieser die südlicheren Stadttheile von Osten nach Westen durchquerenden Linie und der Betriebseröffnung der nördlich gelegenen ersten Berliner Stadtbahn, die sich inzwischen zu einer Bedeutung für den städtischen Verkehr aufgeschwungen hat, an die selbst weitblickende Männer seinerzeit nicht glaubten, liegen 20 Jahre. Seit die Firma Siemens & Halske zuerst mit dem Plane hervortrat, nach welchem die Stadt von einer Reihe von dem Schnellverkehr dienenden, theils als Hochbahn, theils als Untergrundbahn auszuführenden Stadtbahnen zur Verbindung wichtiger Verkehrszentren durchzogen werden sollte, sind 10 Jahre verflossen.
Von diesem umfassenden Plane ist nur die eine westöstliche Linie, welche südlich der Berliner Stadtbahn verlaufend die beiden Stationen Warschauer Brücke und Zoologischer Garten derselben mit einander verbindet und so mit ihr einen vollen, das Stadtinnere umziehenden Ring bildet, nebst einer Abzweigung zum Potsdamer Platz nach langwierigen Verhandlungen und unendlichen Verzögerungen zur Ausführung gekommen. Die geplante Fortführung vom Potsdamer Platz als Unterpflasterbahn durch das Stadtinnere einerseits zum Bahnhof Friedrichstrasse bezw. bis zur Schlossbrücke, andererseits bis zum Spittelmarkt und weiterhin (Vergleiche den Plan Jahrgang 1897, No. 99) konnte bisher nicht verwirklicht werden, weil die Verhandlungen zwischen Siemens & Halske und der Stadtgemeinde Berlin noch nicht zu Ende geführt sind. Der Grund liegt darin, dass letztere mit der Absicht umgeht, die Stadt selbst mit einem Netz von Untergrundbahnen im Zuge wichtiger Verkehrsrichtungen zu versehen. Ohne eine Fortsetzung nach dem Stadtinnern, welche der ausgeführten Linie einen gesteigerten Verkehr zuführen würde, ist aber das Siemens’sche Unternehmen in seiner wirthschaftlichen Entwicklung derart gehemmt, dass es begreiflich erscheint, wenn die Bemühungen der „Gesellschaft für elektrische Hoch-und Untergrundbahnen“, welche 1897 in das vorgenannte Unternehmen eingetreten ist, mit allem Nachdruck fortgesetzt werden. Auf alle Fälle ist das erreicht worden, dass die bauliche Ausführung der Abzweigung zum Potsdamer Platz derart gestaltet werden konnte, dass eine Weiterführung als Unterpflasterbahn später ohne weiteres möglich ist, und es scheint auch so, als wenn wenigstens die durch die Königgrätzer-, Voss- und Mohrenstrasse usw. zum Spittelmarkt geplante Linie. u. Umst. mit einer Verlängerung zum Alexanderplatz, der Firma Siemens & Halske gesichert ist.
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Andererseits ist mit der Stadtgemeinde Charlottenburg schon eine Weiterführung als Untergrundbahn bis zum Knie und zum Wilhelmsplatz, also bis in das Herz der Stadt vereinbart, während im Osten von der Endstation „Warschauer Brücke“ durch eine elektrische Flachbahn zum Zentralviehhof, die am 1. Oktober d. J. eröffnet wurde, ein weiteres Verkehrsgebiet angeschlossen ist. Für die Verkehrsverhältnisse in Berlin ist also die neue Stadtbahn auch ohne die weiteren Anschlüsse von hervorragender Bedeutung. Ganz besonderes Interesse aber verdient das Unternehmen vom Standpunkte des Technikers und zwar nicht nur des Ingenieurs, sondern auch des Architekten, denn der Thätigkeit des letzteren ist hier, insbesondere auch, um den Wünschen der Stadtgemeinde Berlin im weitesten Sinne Rechnung zu tragen, ein Umfang eingeräumt worden, wie wohl kaum an anderer Stelle bei einem von einer Erwerbsgesellschaft ausgehenden Unternehmen. Es sei versucht, in dem Nachstehenden einen knappen Ueberblick über die technische Seite der ganzen Anlage zu geben, der wir später nach völliger Fertigstellung einen solchen über die künstlerische Durchbildung folgen lassen werden. Bei der Fülle des Stoffes müssen wir uns freilich darauf beschränken, das Wichtigste herauszugreifen, wobei übrigens auch auf die früheren Mittheilungen in der Dtsch. Bztg. verwiesen sei (Vergl. Jhrg 1892: Die geplante elektrische Hochbahn für Berlin, S. 81 u. ff.; ferner 1897: Die elektrischen Stadtbahnen in Berlin von Siemens & Halske, S. 617 u. ff. mit Plänen und Abbildungen.).
I. Allgemeines.
a) Vorgeschichte des Unternehmens.
Schon anfangs der80er Jahre trat Werner v. Siemens mit dem Gedanken auf, eine elektrische Hochbahn durch Berlin zu führen und zwar im Zuge der Friedrichstrasse, während Dircksen, der Erbauer der Berliner Stadtbahn, an eine solche in der Leipziger Strasse dachte. So verlockend diese beiden Linien des stärksten Verkehres auch für eine Schnellverbindung erscheinen (die Stadt Berlin plant jetzt eine Untergrundbahn im Zuge der Friedrichstrasse), so konnten diese Pläne jedoch in der vorgeschlagenen Form keine Verwirklichung finden.
1891 trat Siemens dann mit den schon erwähnten Entwürfen hervor, die, auf gesunden Unterlagen ruhend, nunmehr Aussicht auf Erfolg hatten. Das galt insbesondere von der ost-westlichen Hochbahn, deren Linienführung aber noch mancherlei Abänderungen erfuhr, ehe sie die Gestalt erhielt, welche in dem Uebersichtsplane Abbildg. 1 dargestellt ist. So musste namentlich von der anfangs geplanten Linienführung des ganzen westlichen Theiles neben und über dem Landwehrkanal theils aus schiffahrtstechnischen, theils aus ästhetischen Gründen abgesehen werden, um so mehr, als eine Verschiebung nach Süden auch im Verkehrsinteresse wünschenswerth schien, um eine günstigere Verbindung der durch die grossen Bahnhofskomplexe getrennten südwestlichen Stadttheile herzustellen. Diese Verschiebung bedingte dann aber die seitliche Abzweigung von der Hauptlinie zum Potsdamer Platz, da man sich den Anschluss an diesen Hauptverkehrs-Knotenpunkt keinesfalls entgehen lassen durfte. Bekannt sind die Schwierigkeiten, welche die Umgehung der Luther- und namentlich der Kaiser Wilhelm-Gedächtniss-Kirche dem Unternehmen bereiteten, sodass auf diese hier nicht eingegangen zu werden braucht.
Während schon am 22. Mai 1893 die kgl. Genehmigung für die Theilstrecke Warschauer Brücke-Nollendorf-Platz ertheilt wurde, zogen sich die Verhandlungen wegen der Fortführung bis 1897 hin. Mit den 3 Gemeinden Berlin, Schöneberg, Charlottenburg, durch deren Weichbild die Linie führt, kamen Verträge am 25.6./18.7.1895, 18.10./5.11.1895 bezw. 23.5/30.6.1896 mit Nachtrag vom 30.1.1897 zustande, ebenso mit dem Eisenbahnfiskus, dessen Gelände bei der Kreuzung der Dresdener und Potsdamer Bahn berührt wird, am 25.11./4.12.1895. Unter dem 15. März 1896 ertheilte das kgl. Polizei-Präsidium die Genehmigung zum Bau der Bahn und zum Betrieb derselben auf die Dauer von 90 Jahren. Auf die gleiche Zeit gelten auch die Verträge mit den 3 Gemeinden, welche sich jedoch entsprechend den Bestimmungen des Kleinbahngesetzes vom 28.7.1892 das Recht vorbehalten haben, die Bahn mit allem beweglichen und unbeweglichen Zubehör zu erwerben. (Ueber die in den Verträgen festgesetzten Abgaben usw. werden noch später Angaben gemacht.) In diese sämmtlichen Verträge ist die „Gesellschaft für Hoch- und Untergrundbahnen“ am 17.7.1897 eingetreten, der A.-G. Siemens & Halske ist dagegen die Ausführung der Bahn und der Betrieb für das volle erste Betriebsjahr verblieben,
Während die elektrische Stadtbahn, die mit Ausnahme des 0,40 km langen Stückes zum Potsdamer Platz das auf alle Fälle als Untergrundbahn hergestellt werden musste, ausschliesslich als Hochbahn geplant und als solche entworfen, zum erheblichen Theil in den östlichen Strassen auch schon ausgeführt war, machte sich gegen die weitere Fortsetzung als Hochbahn eine lebhafte Bewegung geltend, sodass sich die Gesellschaft auf Anregung der Stadtgemeinden veranlasst sah, die weitere Fortführung als Untergrundbahn, das eine Mal schon vom Halleschen Ufer an, das andere Mal nach Kreuzung der Potsdamer Bahn zu veranschlagen, trotzdem vertraglich ja schon die Ausführung als Hochbahn genehmigt war. Mit Rücksicht auf die sehr beträchtlichen Mehrkosten verzichtete die Stadt Berlin jedoch schliesslich auf die Umwandlung in eine Untergrundbahn innerhalb ihres Weichbildes, während mit Charlottenburg eine Einigung dahin zustande kam, dass die Bahn von der Eisenacher-Strasse an ganz als Untergrundbahn hergestellt werden sollte. Diese Ausführung bietet für die Gesellschaft trotz höherer Kosten auch Vortheile, so namentlich die Möglichkeit der Weiterführung in das Herz von Charlottenburg, wozu sich die Stadtgemeinde verstand, während die Hochbahn an der Stadtbahn.am Zoologischen Garten, wenn man sie hier nicht stumpf hätte endigen wollen, nur durch Herstellung einer äusserst komplizirten Ueberbrückung über die Stadtbahn hinweg hätte geführt werden können. Ausserdem ergab sich auch ein Vortheil für die Linienführung und die Kosten an der Kaiser Wilhelm-Gedächtniss-Kirche, weil dort aus ästhetischen Gründen eine so weite Zurückschiebung der Hochbahnlinie verlangt war, dass man das theure Eckgrundstück an der Tauenzien-Strasse und dem Kurfürstendamm (Liebermann) hätte ankaufen und durch die Durchführung der Hochbahn wesentlich hätte entwerthen müssen. Die Stadtgemeinde Charlottenburg übernahm bei einer Ausführung als Unterpflasterbahn gleichzeitig die Kosten für die Verlegung der der Stadtgemeinde gehörigen Leitungen vom Nollendorf-Platz bis zum Wilhelms-Platz, welche bei der Hochbahn vertragsmässig der Gesellschaft zur Last fielen. Bei diesen Verhandlungen über die Umwandlung eines Theiles der Hochbahn in eine Untergrundbahn spielte sich ein heftiger Kampf ab um die Stelle, an welcher der Uebergang von der Hochbahn zur Untergrundbahn stattfinden sollte, eine für den Querverkehr in den Strassen ja recht unbequeme und auch ästhetisch schwierig auszubildende Anlage, die jede Gemeinde gerne der anderen zuschieben wollte, und es wurden mancherlei eigenartige Vorschläge für die Lösung dieser Aufgabe gemacht. (Vgl. den Vorschlag des Eisenb.-Bauinsp. Cauer, Centralbl. der Bauverwltg., Jahrg. 1899, S. 90.) Die Umgestaltung des ursprünglichen Planes erhielt die kgl. Genehmigung am 4. Dezember 1899.
b) Linienführung und Krümmungsverhältnisse, Höhenlage und Steigungsverhältnisse.
Die Linienführung ist aus dem Lageplan Abbildg. 1 ersichtlich. Der östliche, abgesehen von der letzten Strecke der Abzweigung zum Potsdamer Platz, ganz als Hochbahn ausgeführte Theil beginnt bei der Station Warschauer Brücke der Berliner Stadtbahn, kreuzt die Spree auf der für diesen Zweck entsprechend ausgebildeten städt. Oberbaum-Brücke und durchschneidet dann folgende Strassen und Plätze: Oberbaumstrasse, Am Schlesischen Thor, Skalitzerstrasse, Am Kottbuser Thor, Am Wasserthor, Gitschiner Strasse, Am Halleschen Thor, Hallesches Ufer, folgt also im Wesentlichen dem Verlauf der alten Stadtmauer. Er überschreitet sodann die Anhalter Bahn und den Landwehrkanal, durchbricht den Baublock zwischen Trebbiner und Luckenwalder Strasse, geht auf das eisenbahnfiskalische Gelände der Dresdener und Potsdamer Bahn über, wendet sich hier nördlich, überschreitet zum 2. Male den Landwehrkanal und steigt dann neben den neuen, in den Potsdamer Bahnhof eingeführten Vorortgleisen der Anhalter Bahn auf dem Hintergelände der Häuser der Köthener Strasse mit einer Rampe herab, um neben. dem Hauptbahnhofe der Potsdamer Bahn an der Königgrätzer Strasse als Unterpflasterbahn vorläufig stumpf zu enden. Der westliche Zweig verfolgt denselben Weg rückwärts bis zu der nach Norden gerichteten Wendung des östlichen Zweiges, mit dem er ausserdem durch eine 2. Anschlusskurve verbunden ist, folgt noch eine Strecke südlich dem Laufe der Ringbahn, überschreitet die Vorortgleise der Anhalter Bahn, die Gleise der Ringbahn, Potsdamer und Wannseebahn, durchbricht eine Häusergruppe Ecke Bülow- und Dennewitz-Strasse und folgt dann dem Zuge der Bülowstrasse als Hochbahn bis zum Nollendorf-Platz, steigt westlich desselben mit Rampe unter die Strasse hinab und folgt wieder als Untergrundbahn dem grossen Ringstrassenzuge der Kleist-, Tauenzien-, Hardenberg-Strasse, wobei die Kaiser Wilhelm-Gedächtniss-Kirche östlich umgangen wird. Während die Linie innerhalb der Strassen, abgesehen von der Umgehung der beiden Kirchen, durchweg in der Mitte des mittleren Promenadenstreifens geführt ist, liegt sie in der Hardenberg-Strasse auf dem südwestlichen Vorgartengelände, welches zwecks Verbreiterung dieser Strassen von der Stadtgemeinde Charlottenburg bereits erworben worden ist. Die Fortsetzung der Unterpflasterbahn in der Hardenberg-Strasse bis zum Knie ist bereits festgelegt und auf der ersteren Strecke bis zur Fasanen-Strasse auch schon in Angriff genommen.
Die Gesammtlänge der z. Zt. inbetracht kommenden Linie bis zum Bahnhof Zoologischer Garten, einschliesslich der Abzweigung zum Potsdamer Platz beträgt 10,1 km. Hiervon entfällt nur ein ganz kleiner Theil von 210 m in der Bülow-Strasse östlich des Nollendorf-Platzes auf das Gebiet der Stadtgemeinde Schöneberg, deren Widerstand gegen die Ausführung der Hochbahn in keinem Verhältniss zu der Bedeutung ihres Antheiles an dem ganzen Unternehmen stand. Der Löwenantheil mit 6,1 km liegt auf Berliner Gebiet; hierzu kommen 1,7 km auf Charlottenburger, 1,6 km auf eisenbahnfiskalischem Gebiet, während etwa 0,5 km auf eigenem Grund und Boden liegen. Einschl. der 3 Endbahnhöfe Zoologischer Garten, Potsdamer Platz und Warschauer Brücke sind noch 10 Zwischenstationen angeordnet, die mit den wichtigsten Verkehrs-Knotenpunkten zusammenfallen (vergl. den Plan Abbildg. 1). Der mittlere Stations-Abstand beträgt demnach 0,92 km, der grösste zwischen der Haltestelle „Bülow-Strasse“, an der Kreuzung der Potsdamer Strasse, und Potsdamer Platz 1,94 km, der kleinste zwischen Warschauer Brücke und Stralauer Thor nur 0,34 km. Auf der Hauptstrecke Zoologischer Garten-Warschauer Brücke ergiebt sich sogar nur eine mittlere Entfernung von 0,79 km. (Berliner Stadtbahn auf der gleichen Strecke 1,14 km.) Von den 13 Stationen liegen nur die beiden oben an erster Stelle genannten und die Haltestelle am Wittenbergplatz unter der Strasse.
Die Linienführung gestattete im allgemeinen die Anwendung schwacher Krümmungen, die meist nicht unter 100 m herabsinken. Nur bei der Umgehung der Kaiser Wilhelm-Gedächtniss-Kirche ist ein kleinerer Halbmesser von 80 m (beim ursprünglichen Hochbahnentwurf 60 m) erforderlich geworden (vergl. hierzu den Theil – Lageplan Abbildg. 3). Die Krümmungs-Verhältnisse sind also überall derart, dass die Kurven mit den, mit 2 doppelachsigen Drehgestellen ausgerüsteten, Wagen ohne Verminderung der Geschwindigkeit durchfahren werden können, was als ein wichtiges Erforderniss einer dem Schnellverkehr dienenden Stadtbahn anzusehen ist. (In Budapest sinkt der Halbmesser der Untergrundbahn auf 40 m herab, wodurch eine Ermässigung der Fahrgeschwindigkeit in diesen Krümmungen bedingt wird.) Von der gesammten Strecke liegt etwa ¼ der Länge in Krümmungen.
Die Höhenlage der Schienenoberkante ist bei der Hochbahn im wesentlichen bedingt durch die hier einzuhaltende Lichthöhe über der Strassenkreuzungen. Dies Maass ist mit Rücksicht auf die Oberleitungen der Strassenbahnen auf 4,55 m fest gesetzt (bei der Stadtbahn nur 4,50 m). An der Westseite des Nollendorfplatzes konnte diese Höhe mit Rücksicht auf die Rampen-Entwicklung nicht eingehalten werden. Die westliche Umfahrt ist daher hier nicht mehr für Fuhrwerk, sondern nur für Fussgänger benutzbar. Anstelle dieser Umfahrt ist eine breite Querstrasse im Zuge der Motzstrasse vorgesehen. (Wir bringen später den veränderten Plan). Für die Kreuzung der Potsdamer und Ringbahn ist eine Lichthöhe von 4,80 m, für die der Anhalter Bahn mit Rücksicht auf etwaige Aenderungen in der Höhenlage von 5,30 m vorgeschrieben worden. Ueber den Mittelpromenaden hatte die Feuerwehr, um an jeder Stelle mit ihren Wagen und Spritzen durchpassiren zu können, das Lichtmaas von mindestens 2,80 m unter den Viadukten verlangt. Für die Untergrundbahn war einerseits eine für die Wagen-Konstruktion günstige Lichthöhe zu wählen, während andere Gründe, namentlich die Kostenfrage und die bequeme Zugänglichkeit der Haltestellen wieder für möglichste Herabminderung der Höhe sprechen. Es wurde eine Lichthöhe von 3,30 m gewählt (in Budapest nur 2,75 m, was sehr komplizirte Wagenkonstruktion zurfolge hatte. Dort war ein zwingender Grund die Höhenlage eines nicht verlegbaren Hauptsammlers in der Andrassystrasse); dazu kommt eine Konstruktionshöhe einschl. Ueberschüttung von 0,90-1,20 m. Die Untergrundbahn erreicht in der Hardenbergstrasse mit Schienenoberkante auf + 28,85 N. N. ihren tiefsten Punkt, die Hochbahn dagegen den höchsten in dem sogenannten Anschlussdreieck (vergl. das Kopfbild Abbildg. 2) auf dem eisenbahnfiskalischen Gelände mit + 48,44 N. N., so dass sich ein Höhenunterschied von fast 20 m ergiebt.
Die Steigungsverhältnisse sind im allgemeinen, entsprechend der ebenen Lage der durchzogenen Strassen, mässige und überschreiten 1:100 auf der freien Strecke nicht. Nur im Anschlussdreieck und bei den zur Untergrundbahn herabführenden Rampen treten Steigungen bis zu 1:38 auf. Eine Ausnahme bildet die Rampe hinter dem Nollendorfplatz mit einer Steigung von 1:32 –
c) Betriebsart, Spurweite, Normalprofil des freien Raumes.
Für die Wahl der Betriebsart bei einer von einer Erwerbsgesellschaft zu erbauenden neuen Stadtbahn waren zwei Punkte im Wesentlichen ausschlaggebend: die Höhe der Anlagekosten der ganzen Bahn, sowie die Möglichkeit rascherer Zugfolge und grösserer Geschwindigkeit, als auf den bestehenden Verkehrsanlagen. Beide Forderungen werden erfüllt durch den elektrischen Betrieb, namentlich durch den Betrieb mit Motorwagen. Bezüglich der Herabsetzung der Kosten kommt inbetracht, dass bei einem derartigen Betriebe die Bahn sich mit schärferen Krümmungen und Steigungen weit mehr dem Gelände anpassen kann, sodass namentlich kostspieliger Grunderwerb erspart wird, und dass die Achsdrücke erheblich geringer werden, als bei Lokomotivbetrieb. sodass ein weit leichterer Unterbau hergestellt werden kann und, was auch von hoher Bedeutung, die Betriebserschütterungen geringer werden. Während bei der alten Stadtbahn mit Achsdrücken von 14 t gerechnet werden musste, waren bei der Hochbahn nur 6 t anzunehmen, also weniger als die Hälfte. Der Betrieb mit Motorwagen (Bei den amerikanischen Stadt-Bahnen ist vielfach der Betrieb mit Motorwagen eingeführt, z.B. in Chicago. In England dagegen, z. B. in London, hat man an dem Betrieb mit elektrischen Lokomotiven festgehalten.) hat gegenüber dem Lokomotivbetrieb ferner den Vortheil, dass die Züge auf den Zwischenhaltestellen rascher anfahren, auf den Endhaltestellen ohne Umkehrung zurückfahren können. Neben einer Vereinfachung der Endstationen ist also der Vortheil einer rascheren Zugabfertigung auf den Haltestellen, daher eine kürzere Fahrzeit für die Gesammtstrecke und eine raschere Zugfolge zu erzielen. In Aussicht genommen ist ein Zugabstand von vorerst 5 und demnächst 2 ½ Minuten in jeder Richtung. Die Züge sollen zunächst aus 3 Wagen – je 1 Motorwagen am Kopf und Ende zusammengesetzt werden. Sie fassen dann 120 Personen, wobei nur die Sitzplätze gerechnet, die Stehplätze dagegen ausser Ansatz geblieben sind. Bei stärkerem Verkehr ist ein zweiter Anhängewagen in Aussicht genommen und schliesslich die Zusammenstellung zweier Normalzüge zu einem solchen von 6 Wagen. Nach den bisherigen Fahrversuchen mit den Zügen der elektrischen Stadtbahn auf der Siemens’schen Versuchsstrecke in Lichterfelde hofft man die Fahrzeit zwischen Zoologischem Garten und Schlesischem Thor, die auf der Stadtbahn etwa 42 Minuten beträgt, auf 20 Minuten herabzudrücken. Die Fahrgeschwindigkgit soll dabei jedenfalls 25 km betragen (Stadtbahn 20 km), man hofft dieselbe aber bis 30 km steigern zu können.
Als Spurweite ist 2 Normalspur gewählt, wohl in erster Linie deshalb, weil man die Möglichkeit des Ueberganges der Betriebsmittel der elektrischen Stadtbahn auf andere Verkehrsanlagen immerhin offen halten wollte.
Das Normalprofil des lichten Raumes wird später im Zusammenhange mit den Betriebsmitteln dargestellt werden. Es galt hier wiederum, um die Kosten der Anlage herabzusetzen, eine möglichste Beschränkung herbeizuführen, jedoch unter voller Aufrechterhaltung der Bequemlichkeit der Reisenden und der Zweckmässigkeit der Konstruktion. Aus letzterem Grunde ist man, wie schon erwähnt, nicht soweit in der Höhenbeschränkung gegangen, wie in Budapest, sondern hat den Wagenkastenboden über die Räder gelegt, wodurch auch die Unterbringung der Motoren wesentlich erleichtert wird. Die Höhe der Wagen von Schienen-Oberkante stellt sich dann auf 3,18, die Breite des Wagenkastens auf 2,30 m. Da die Wagen mit Schiebethüren ausgerüstet sind, so ist die Breite des lichten Profils(in der freien Strecke) nur auf 2,78 m bemessen, während die Höhe auf 3,30 m festgesetzt ist.
Selbstverständlichistdie ist ganze Strecke der Stadtbahn zweigleisig hergestellt. Die Gleisentfernung in der Geraden beträgt bei der Hochbahn 3 m, bei der Untergrundbahn 3,24 m, weil dort Stützen zwischen den Gleisen angeordnet sind.
Diese Artikelserie erschien zuerst am 12., 19., 26.10., sowie am 13., 27.11., 07.12. & 11.12.1901 in der Deutsche Bauzeitung. Teil VII. erschien 1902.
I. Allgemeines