Haben wir in dem heitern Eitorf unser Zelt aufgeschlagen und sind auch nicht gewillt, das obere Siegthal zu besuchen, so werden wir uns doch einen Ausflug nach der Ruine Windeck nicht versagen, da gerade die Strecke des Thales von Eitorf bis Windeck reich an malerischem Wechsel und reizenden landschaftlichen Bildern.
Wege von Eitorf nach Windeck.
Wir können den Launen des Flusses, oder der Landstrasse folgen, oder den Weg über die Höhen einschlagen. Beide Wege gleich einladend, gleich lohnend.
Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.
Freunde der Bergfahrten setzen bei Eitorf über die Sieg, oder gehen bis Halft, und dann munter bergan. Jede paar hundert Schritte ein neues Bild.
Bald erfreut eine malerische Rundsicht das Auge, bald überrascht eine reizende Fernsicht und fesselt den Blick, der nicht müde werden kann, so manchfaltig ist der launenhafte Wechsel des schlangenwandelnden Flusses mit seinen lieblichen Wiesengründen, seinen waldbekränzten Höhen, deren Fuss der Pflug spärliche Äcker abgezwungen hat, an welche sich die malerischen Dorfschaften, Höfe und Weiler lehnen. Im Durchschnitte ist die Morgenzahl der Holzungen noch einmal so gross, wie die des Ackerlandes. So hat, um nur einen Beleg anzuführen, die Bürgermeisterei Dattenfeld auf einem Flächeninhalt von etwas mehr als einer Quadratmeile, 12,972 Morgen Holzungen und 6532 Morgen Ackerland bei 1629 Morgen Wiesen.
Nach einer Stunde Wegs winkt dem Wanderer am rechten Ufer das in einer waldbekränzten Berghalde angebaute, sich bis zur Sieg hindehnende Dorf Herchen, eine überaus reizende Landschaft.
Er lässt sich übersetzen, oder benutzt eine der schwanken Stuhlbrücken, welche die Anwohner der Sieg zur Verbindung der beiden Ufer mit schmalen Planken oder Leitern während der Sommerzeit über den Fluss schlagen, und bei denen die Eigenthümer das Brückenzollrecht üben.
Herchen.
Das friedliche Dörfchen Herchen macht, vom linken Ufer gesehen, einen gar freundlichen, malerischen Eindruck. Die an der Sieg im Baumschatten liegende Kapelle ist der einzige Überrest des, seit dem dreizehnten Jahrhunderte hier bestandenen Augustinerinnen-Klosters, welchem aber nach der Reformation die Spenden so spärlich zuflossen, dass es den Nonnen zuletzt am Nothdürftigsten fehlte, und sie, um nicht Hungers zu sterben, nach Kloster Merten übersiedeln mussten.
Das Ohmbad-Thal.
Einladend ist über die Höhen von Saal mit fesselnden Aussichten das oberhalb Herchen auf dem linken Ufer mündende Ohmbach-Thal, welches eine im Mittelalter berühmte Heilquelle in waldbewachsener Thalschlucht birgt, deren Entdeckung die Sage also berichtet:
Sage: Der Heilborn.
Guntram von Kranz, ein wilder Raubritter, der grausamste Tyrann seiner Hörigen, haus’te im 13. Jahrhunderte auf seiner Veste Graenz im Bruxbachthale. Er liess einmal einen Greisen wegen leichten Holzfrevels blenden. Aber in dem Augenblicke, wo diese Gräuelthat vollzogen wurde, verlor seine Tochter, des Vaters Liebling, plötzlich das Licht der Augen. Ritter Guntram fiel 1298 unter Kaiser Adolph’s von Nassau Banner gegen Albrecht von Österreich in der Schlacht am Hasenbühl bei Göllheim. Seine Burg ward von Albrechts Anhängern zerstört. Das blinde Burgfräulein fasst in ihrer Rathlosigkeit den Entschluss, im Frieden des Klosters zu Herchen eine Zufluchtsstätte zu suchen. Auf dem Wege dahin gelangt sie mit ihrer Begleiterin zu einer hell sprudelnden Quelle in der Einsamkeit des Ohmbach-Thales. Ihre Führerin wäscht dem von der Hitze des Tages erschöpften Mädchen mit dem Wasser des Börnlein das Gesicht. Und kaum hat das Wasser ihre Augen berührt, so erfreut sie auch neubelebend des Lichtes Strahl und bergansteigend sieht sie am fernen Ufer der Sieg des Klosters Mauern, ihr Asyl, herüberschimmern.
Seit diesem wunderbaren Erlebnisse war der Born eine vielbesuchte Heilquelle für die ganze Umgegend.
Die in der abgeschlossensten Thaleinsamkeit in roher, vernachlässigter Fassung am Fusse eines Berges sprudelnde Quelle ist noch mit einem hölzernen Kreuze bezeichnet, welches die Jahreszahl 1793 trägt. Heilige Ruhe umweht diesen Ort, zur Andacht stimmende Stille.
Setzen wir unser’n Weg auf der Höhe fort, dem wir mit den fesselndsten Aussichten auf das zwischen Eitorf und Windeck äusserst romantisch malerische Siegthal selbst und das jenseitige Berg- und Thalgelände bis nach Hamm folgen können, so bleibt die auf dem rechten Ufer sich erhebende Ruine Windeck stets der Hauptpunkt des weiten, wechselreichen Diorama.
Nebenbäche.
Ein reiches Pflanzenleben blüht auf dem Bergrücken und an den sonnigen Hängen, in den traulichen einladenden Wiesenthälchen und romantischen Schluchten, welche die von den Höhen rinnenden Bächlein bilden. In der Bürgermeisterei Dattenfeld allein fallen von Hoppengarten bis Opperzau, dem Laufe des Flusses folgend, auf einer Strecke von 3 Stunden, nicht weniger als dreizehn Bäche in die Sieg, und zwar auf dem rechten Ufer: der Opperzauer Bach, der Burgbach, der Rosbach, der Gierzhayner Bach, der Westertbach, der Engbach, der Drimbach, der Reutersbach und der Kaltbach; auf dem linken der Irserbach, der Leuschbach, der Steinbach und der Ohmbach. Äusserst malerisch sind die Schluchten und bewaldeten Tiefen, durch welche sich die muntern Bächlein ihren Weg gebahnt haben – die angenehmsten Spaziergänge.
Präsidenten-Brücke.
Bei Dattenfeld erreicht die Rottwiehlmünder Strasse, auch eine neue Anlage, die neue Siegstrasse, und wurde zum Zwecke der Vereinigung eine steinerne Brücke über die Mündung des Westertbaches gebaut, welche die Dankbarkeit der Umwohner „Präsidenten-Brücke“ genannt, indem der Präsident des Regierungsbezirks Köln, Herr von Möller, aus freiem Antriebe 500 Thaler zu dem Baue beitrug, so den Bau ermöglichte.
Botanisches.
In dem Bachthälchen fand ich schön blühend den Ranunculus peltatus, die Stellaria glauca, an sonnigen Stellen die würzigsten Erdbeeren (Fragaria collina und elatior), den süssduftenden Quendel (Thymus Serpillum), die Calamintha Acinos, verschiedene Nesselarten (Lamium maculatum undselbst Galeobdolon Huds. luteum), einzelne Orchis und Euphorbien, die seltene Leinseide (Cueusta Epilinum) und mehrere Vergissmeinnicht Arten (Myosotis sylvatica, hispidal u.s.w. u.s.w.
Der Irserbach.
Wir folgen dem Bette des Irserbachs, einem idyllisch freundlichen Thälchen bis zum Hofe Stein, in dessen Nähe einst ein Dynasten-Geschlecht des Namens haus’te. Die durch eine starke Krümmung der hier 26 Fuss fallenden Sieg gebildete schmale, 156 Morgen haltende Halbinsel, das sogenannte Krummauel, ist jetzt von einem offenen Stollen durchstochen, durch welchen die ganze Wassermasse des Flusses sich ergiesst, so dass das alte Siegbett auf ungefähr 3/8 Meilen trocken gelegt wurde.
Der Hof Stein.
Man beabsichtigt, die durch die Wassermasse und das Gefälle gebildete Wasserkraft zur Anlage einer Spinnerei zu benutzen. Oberhalb des Hofes Stein lag ein Burgsitz der Familie von Huen, welcher am Ende des vorigen Jahrhunderts zur Wiederherstellung der noch erhaltenen Burg von Mauel abgetragen wurde. Beide Burghäuser gehörten damals dem Grafen von Vellbrück.
Durchstich.
An der nordwestlichen Biege der Landenge hat man zur Anlage der Landstrasse hart am alten Ufer der Sieg einen 140 Fuss hohen Durchstich in den Felsen getrieben, gerade am Fusse der Kuppe, welche die stattliche Ruine der Veste Windeck krönt.
Die am Ostende des Burgstadels sich erhebende runde Warte, der Belvried der Burg mit seinem zerklüfteten Mauerkranze, und die Mächtigkeit der an diese Warte stossenden zerfallenen Giebelmauern des ursprünglichen Saalbaues geben Kunde von der Bedeutenheit der Veste. Der Eigenthümer der Ruine, Herr Danzier, Landrath a. D., hat auf einem Theil der Fundamente ein von Osten nach Westen liegendes einfaches steinernes Haus mit Treppengiebeln aufführen und den Burgweg wieder herstellen lassen, so dass man jetzt ganz bequem zu dem Burgstadel gelangen kann.
Kesselthal von Stromberg.
Der Weg von Eitorf durch das Thal, dem Flusse oder der Landstrasse folgend, nach Windeck nimmt natürlich mehr Zeit in Anspruch, lohnt sich aber durch den reichen Wechsel der Ansichten und landschaftlichen Bilder. Man folgt auf dem linken Siegufer der Landstrasse und dem Schienenwege bis Atzenbach, und mit demselben über die Sieg, oder wählt eine der Fähren oder natürlichen Kunstbrücken zum Übergang in das durch eine starke Krümmung der Sieg gebildete romantische Kesselthal von Stromberg. Ringsher umstarren uns steile Felsenschichtungen, theils nackt, theils spärlich bebuscht, aber ausserordentlich malerisch, da nach der Ostseite die Felsen scheinbar den Kessel schliessen, so dass man versucht wird, hier die Wiege des Flusses zu suchen.
Leuscheid.
Ziegensteige oder Schleifen ziehen sich über die Felshöhen urd bieten dem Alterthumsfreunde einen Weg nach dem protestantischen, auf der Höhe liegenden Kirchdorfe Leuscheid, früher eine Sayn’sche Besitzung und seit 1607, nach Aussterben des Geschlechtes deren von Sayn, bergisch, zum Amte Windeck gehörend.
Romanischer Taufstein.
Die evangelische Kirche, ein Bau aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts und ursprünglich mit Wandmalereien verziert, bewahrt noch einen Taufkessel aus dieser Zeit. Auf sechs schlanken Säulchen, die auf reich gegliedertem Fusse stehen, ruht die Schale, deren Rand mit romanischem Laubwerk geschmückt ist.
Am 10. Mai 1607 schloss der Amtmann zu Windeck, Bertram von Nesselroth, im Namen des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich mit dem Grafen Wilhelm zu Sayn-Wittgenstein einen Vertrag, in Folge dessen das Kirchspiel Leuscheid und die Ortschaften Bellingen, Hollscheid, Au und Opperzau an das Herzogthum Berg kamen, dahingegen die Dörfer Schönenberg und Walderoth an Sayn-Wittgenstein vertauscht wurden. Auffallend ist es, wie die zum Kirchspiel Rossbach gefallenen Ortschaften Bellingen, Hallscheid, Au und Opperzau, das sogenannte „Leuscheider Örtchen“ sich noch jetzt in Sprache, Sitte, selbst in der Kleidung von den andern Bewohnern der Gemeinde Rossbach unterscheiden.
Haltestelle.
Mit der Landstrasse gelangen wir nach dern so malerisch fesselnden Herchen, wo an Sonn- und Feiertagen in den Sommermonaten eine Haltestelle des Schienenwegs, da die reizenden Umgebungen des Dorfes einen Ausflug dahin reichlichst lohnen.
Au und Umgebung.
Durch den nach Süden sich öffnenden Bogen, welchen die Sieg mit ihren Schlangenwindungen von Herchen bis nach Au bildet, gewinnt die Umgebung einen grossartigern Karakter, ein von manchfach übereinander sich schichtenden, meist bewaldeten Höhen gebildetes Kesselthal, dessen Kuppen, besonders der Trappenstein unweit Herchen, malerische Aussichten in die nächsten von lachenden Wiesen durchzogenen, von Dörfern und Weilern mit ihren Obstbaumpflanzungen belebten Thalgründe bieten, und fesselnde Fernsichten.
Burgsitze bei Röcklingen.
In dem Dorfe Röcklingen oberhalb Herchen besassen die Grafen von Vellbrück, genannt Altenbrück, ein Besitzthum. Unterhalb des Dorfes, dessen Umgebungen häufig von Rabenkolonien heimgesucht werden, soll ebenfalls ein alter Burgsitz gestanden haben.
Hoppengartner Berg
Zwischen den auf dem rechten Ufer in gesegneter Flur liegenden Dorfschaften Hoppengarten und Dattenfeld in einer mäandrischen Krümmung der Sieg, lehnen sich an die Berghalden die Ortschaften Rossel und Wilbringhoven, von den linksseitigen Höhen eine malerische Ansicht. Man unterlasse ja nicht, den Hoppengartener Berg zu besteigen, da man von demselben das überaus malerische Rundgemälde, die Ruine Windeck im Hintergrunde überschaut.
Höhe von Dreisel.
Äusserst lohnend ist ein Ausflug an den obern Berghängen nach dem zwischen Dattenfeld und dem Hofe Stein gelegenen Dorfe Dreisel, dessen Kessel eine der wunderbarsten Thalbildungen am Mittellaufe der Sieg, ein Punkt, dessen Erinnerung man mit in die Heimath nimmt, jeden Naturfreund zum Besuche auffordert.
Das hohe Wäldchen, Baiershahns Höchste, der Altenstuhl, Bodenberg und die Wilhelmshöhe.
Der Freund überraschender Fernsichten lasse sich der Mühe nicht verdriessen, das 652 Fuss über der Sieg nördlich von Wilbringhoven gelegene Hohe Wäldchen oder das 440 F. hohe Baierhahns Höchste bei Diestelshausen zu besuchen, da man von diesen Höhen das Siebengebirge, die Eifelhöhen und den Westerwald beherrscht bis zu den Bergfirsten um Siegen. Malerische Aussichten auf das Siegthal bieten der 410 F. hohe Altenstuhl, der 363 F. hohe Bodenberg und die Wilhelm’s Höhe bei Rossel. Auffallend und karakteristisch ist es, dass überall, wo sich an einem Ufer der Sieg eine Felswand oder ein Berg erhebt, an dem entgegengesetzten eine Ebene sich hindehnt.
Wilbringhoven und Haus Broich.
Zwischen Dattenfeld und Thal-Windeck, dicht neben der Eisenbahn, die hier dem Fels ihren Weg abgetrotzt hat, liegen die Ruinen des Hauses Broich, ein im bergischen und jülicher Lande häufig vorkommender Name, ein hochangesehenes Geschlecht.
Ein Johann von Broich besiegelte 1363 die Urkunde, mit welcher Graf Wilhelm II. von Berg den Frohnhof der Abtei zu Altenberg abtritt. Von Broich führte einen quergetheilten Schild, in dessen obern Felde drei Sterne. Wilbringhoven und Broich waren seit dem 14. Jahrhunderte Burgsitze der Familie von der Lippe gen. Hune (Huen, Hoen).
Der erste Burgsitz wurde 1693 an G. J. H. d’Orys, und am Ende des Jahres 1721 an den Syndikus von Ley verkauft. Später wurde das Gut parzellirt.
Das Haus Broich blieb bis an’s Ende des vorigen Jahrhunderts im Besitze der Familie von Hune, deren Erbtochter Louise Catharina das Gut an ihren Gemahl, den Hauptmann Wasserberg brachte, welcher dasselbe 1779 an den Geheimrath Franz Everhard von Dalwig verkaufte. Nach der Zeit wurde das Gut parzellirt und das Burghaus abgebrochen. An den Namen des Ritters von Huhn zu Broich oder Bruch knüpfen sich in der Erinnerung alter Leute noch manche Erzählungen über die Jagdabenteuer, Zechfahrten und muntern Schwänke des gar lustigen Kurıpan, ein Muster bergischer Ritterschaft aus dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts.
Über die Familie Huene vgl. die höchst interessante Abhandlung in den Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 13. u. 14. Heft. Jahrg. 1863 S.52 flg.
Ritter von Huhn zu Broich.
Als einst die Landstände nach Düsseldorf beschieden, um ihre Gutachten über die Besteuerung des Bodens abzugeben, legte der Edle Huhn von Bruch dem Landtage ein grobes Haferbrod vor, um die Ertragsfähigkeit des Bodens des Amtes Windeck zu beweisen. Die Probe war überzeugend, und lange Jahre hindurch hatte das Amt Windeck im Vergleich zu den andern Ämtern eine geringe Grundsteuer zu zahlen.
An einem kalten Wintertage trat der Ritter in seinen Mantel gehüllt in eine einsame Schmiede, um sich zu wärmen, Der Jäger war von dem Schmiede, der munter auf seinem 400 Pfund schweren Ambos schaffte, nicht gekannt. Als sich der Schmied nun einmal in seiner Arbeit vom Ambos wegwandte, um das Feuer anzuschüren, nahm Ritter von Huhn den Ambos weg und barg ihn unter seinem Mantel. Der Schmied traute seinen Augen nicht, glaubte, es rühre ihn der Schlag, als er sich zum Schmieden umdrehte und seinen Ambos nicht mehr fand. Natürlich hielt er seinen Gast für den leidigen Gott sei bei uns, war sprachlos vor Schreck und erholte sich erst wieder, als von Huhn den Ambos unter dem Mantel hervorlangte und ganz gemüthlich wieder an seine Stelle setzte.
Ritter von Huhn trat auch einmal bei einem Jahrmarkte in Waldbroel an die Bude eines Eisenwaaren-Händlers, und verlangte Spaten zu kaufen, und zwar die besten. Der Händler legte dem Käufer seine beste Waare vor. Von Huhn meinte, die Spaten seien zu schwach, er wolle sie allo wie ein Blatt Papier zusammenwickeln. „Hoho!“ entgegnete der Händler, „wenn Ihr das fertig bringt, schenk’ ich Euch alle meine Schaufeln.“ Aber sieh da, zum höchsten Erstaunen aller Umsteheuden wickelt von Huhn eine der Schaufeln, gleich einer Rolle Papier zusammen. Froh war der Händler, seines Versprechens entbunden zu sein.
Wie mancher Edle seiner Zeit war von Huhn auch leidenschaftlich dem Kartenspiel ergeben und liebte nicht minder einen guten Trunk. So setzte der Edle einmal seine sämmtlichen Liegenschaften aufs Spiel und verlor dieselben an seinen Jagdkumpan Kurt von Scheuren, nahm auch keinen Anstand, den Kaufakt zu Gunsten des Gewinners ausstellen zu lassen. Kurt hatte lange mit sich gekämpft, ob er als ehrlicher Mann den Gewinn nehmen dürfe ; zuletzt siegte aber der Teufel der Habsucht, und Kurt sprach bei dem Edlen von Huhn zur Vollziehung des Aktes ein.
Indess hatte von Huhn auf eine List gesonnen, um mit Ehren aus dem bösen Handel zu kommen und in dem Besitze seiner Güter zu bleiben. Sein Keller beherbergte noch ein Fässchen edlen Ahrbleicharts. Da er seinen Gegner Kurt von Scheuren erwartete, liess er eine Anzahl Krüge mit dem kostbaren Weine füllen, aber zugleich dieselbe Zahl mit rothgefärbtem Wasser. Kurt erschien und sprach dem ihm gebotenen Weine weidlich zu. Er machte bald den Vorschlag, um das Verlorene zu spielen. Von Huhn erklärte, er habe nichts mehr zu verspielen, es sei denn um einen Albus: doch wolle er ihm eine andere Genugthuung geben, wer von Beiden den Anderen zuerst unter den Tisch getrunken habe, solle Sieger sein. „Unterliege ich, so sind meine Güter Euer, im entgegengesetzten Falle wird der Akt in Gegenwart der Zeugen vernichtet.“
Kurt ging auf den Vorschlag ein. Der Wein mundete, und Kurt war nicht säumig im Leeren der Becher – Becher gegen Becher, wobei sich der Edle von Huhn aber fein an dem gefärbten Wasser hielt. Ein Krug um den Andern wurde leer. Immer purpurner fürbte sich das Gesicht Kurt’s, es flammte ihm vor den Augen, immer schwerer ward ihm die Zunge. Endlich erhob er sich wankend und stotterte mit lallender Zunge: „Ich bin besiegt, zerreisst den Kaufbrief!“ Und von dem Weine überwunden, sank er unter den Tisch.
Als er am anderen Tage erwachte, erklärte er, der köstliche Wein habe den Teufel gebannt, der ihn bis dahin in seinem Gelüste nach des Edlen von Huhn’s Gütern besessen — er sei froh, dass es so gekommen, denn wenn er im Wetttrinken Sieger geblieben und in den Besitz der Güter gekommen, habe er doch keinem ehrlichen Manne mehr in’s Gesicht sehen können.
Und wie die Alten erzählen, entsagten die beiden Freunde von Stunde an dem leidigen Kartenspiele, und hielten redlich Wort.
Windeck.
Aus dem Thal Windeck führt der alte Burgweg jetzt ganz bequem nach dem in der ersten Anlage der Burg umfangreichen Burgstadel der alten Veste Windeck, die sich auf steilem Fels 210 F. über der Sieg und dem Dorfe Windeck erhebt und uns durch eine mehr als reizende Aussicht nach allen Richtungen fesselt. Nach Osten schliessen die sich hier thürmenden Berge den Prospekt, leiten den Blick aber auf den Fluss und die Schönheiten des wechselreichen Thalkessels im Westen, durch welchen die Sieg sich schlangenartig windet, auf die malerischen Höhen des Südens und die Berggebilde des Nordens. Der Phantasie ein ergiebiges Gebiet, unstreitig im Karakter der Landschaft einer der schönsten Punkte des Siegthals.
Dies ist ein Textausschnitt aus dem Buch „Das Siegthal“ von Ernst Weyden, zuerst erschienen im Jahr 1865. Das Buch ist nun wieder erhältlich, die Bilder sind Beispielbilder und i. d. R. nicht dem Buch entnommen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort.
Zur Einleitung.
Das Siegthal.
Die Sieg.
Sieg-Quelle, Lauf und Mündung.
Bergbau, Viehzucht und Köhler-Meiler.
Hauberg-Wirthschaft.
Wiesen-Cultur.
Ackerbau, Weinbau.
Von Beuel nach Blankenberg
Beuel, Landstrasse-Pützchen.
Von Beuel durch das Siebengebirge nach Siegburg.
Die Deutz-Giessener Bahn.
Der Bau.
Geheimer Baurath Haehner.
Baukosten.
Deutz-Bensberg.
Lüderich.
Wahner Heide.
Haltestellen – Lauf der Bahn.
Fusswanderungen durch das Siegthal.
Vom Rheine bis nach Siegburg.
Die Sieg-Mündung.
Die alte Sieg.
Regulirung der Flussmündung.
Isabellen-Insel.
Die Kriegsgeschichte der Isabelleninsel.
Fischfang, Alsen und Salme in der Sieg.
Die Kirche zu Schwarz-Rheindorf.
Maibeiern.
Mai-Lehen.
Maibaum.
Thierjagen.
Spinnstuben-Abende.
Volksgebräuche.
Martinsfeuer.
Bittwoche.
Spielbaehn.
Glockengiesser Claren.
Siegburg.
Siegburg und seine Umgebung.
Geschichte Siegburg’s.
Anno, der Heilige.
Legende.
Die Abtei.
Anno-Lied.
Schicksale der Stadt.
Hexenwesen in Siegburg und in Bonn.
Schicksale der Abtei.
Die Stadtkirche des h. Servatius.
Der Reliquien-Schatz.
Die Provinzial-Irren-Heilanstalt.
Ihre Einrichtung.
Garten-Anlagen.
Aussicht vom Kirchthurme.
Die Wolsberge.
Geognostisches.
Botanisches.
Von Siegburg nach Eitorf.
Geognostisches.
Rittersitz zur Mühle.
Legende.
Weinbau.
Seligenthal.
Schöne Aussichten.
Hennef.
Schloß Allner.
Der Schloßwald.
Geschichte.
Meroderer-Brüder.
Fürst Franz Ludwig von Hatzfeld.
Broelthal.
Ausflug in’s Broelthal.
Geognostisches.
Kloster Bödingen.
Der Silberling.
Rittersitz Attenbach.
Freiherr Theodor von Hallberg.
Blankenberg.
Die Burg.
Geschichte der Veste, der Stadt und des Amtes Blankenberg.
Stachelhardt.
Kloster Merten
Eitorf und seine Umgebungen.
Gasthöfe.
Geschichtliches.
Kirche.
Volksleben.
Dr. Meyer’s Heilanstalt für Nervenleidende und Gemüthskranke.
Ausflüge.
Hohenstein.
Geognostisches.
Burg Weltenroth.
Der hohe Schade.
Hippelroth.
Der Kelterberg.
Halft.
Die Schnepperstraße.
Die Siegwiese.
Bergbau.
Nach Windeck.
Wege von Eitorf nach Windeck.
Herchen.
Das Ohmbad-Thal.
Sage: Der Heilborn.
Nebenbäche.
Präsidenten-Brücke.
Botanisches.
Der Irserbach.
Der Hof Stein.
Durchstich.
Kesselthal von Stromberg.
Leuscheid.
Romanischer Taufstein.
Haltestelle.
Au und Umgebung.
Burgsitze bei Röcklingen.
Hoppengartner Berg
Höhe von Dreisel.
Das hohe Wäldchen, Baiershahns Höchste, der Altenstuhl, Bodenberg und die Wilhelmshöhe.
Wilbringhoven und Haus Broich.
Ritter von Huhn zu Broich.
Windeck.
Burg Windeck.
Geschichte der Veste und des Amtes Windeck.
Sage.
Adolph von Berg.
Opladener Ritterrecht.
Amt Windeck.
Burg Windeck im dreissigjährigen Kriege.
Zweite Einnahme durch Schweden und Hessen.
Zerstörung der Veste.
Disposition des Baues der Veste.
Neues Burghaus.
Curiositäten.
Die Burgterrasse.
Vesten und Burgsitze.
Erdwälle oder Schläge.
Amtleute.
Archiv von Windeck.
Eselshafer.
Von Windeck nach Schönstein.
Der Krummauel.
Station Schladern.
Rosbach und die Hohe Ley.
Bensekausen.
Faehren.
Von Au nach Hamm.
Bergbau.
Ausflug nach Kloster Marienthal.
Schatzgräberei.
Botanisches.
Wissen und seine Umgebung.
Burg Schönstein
Geschichtliches.
Schloß Grottorf.
Veste Wildenburg.
Geschichtliches.
Abstecher nach dem Westerwalde.
Bodengepräge und Bewohner.
Kloster Marienstatt (Locus Mariae)
Legende.
Die Kirche.
Von Wissen nach Kirchen.
Die Eiche bei Wissen.
Die Wingertshardts-Grube.
Erlaubnisscheine zum Besuch der Gruben.
Dasberg.
Betzdorf.
Ausflug nach dem Hellerthal.
Bergbau.
Hohenselbachs-Kopf.
Geschichtliches.
Die Buchensteine.
Wildhandel.
Der Hickengrund.
Seine Bewohner.
Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“
Zigeuner.
Die Meckeser.
Kirchen.
Der Druidenstein.
Botanisches.
Das Küppelsfest.
Weg nach Wildenburg.
Volkes Brauch und Volkes Sitte im mittlern Siegthale.
Bekleidung.
Speisen.
Kartoffelbau.
Geschichtliches.
Prozesssucht.
Franzosenherrschaft.
Paul von Bettenhagen.
Altherkömmliche Sitten.
Der Aberglauben.
Das Amerikafieber.
Nach Siegen.
Freusburg.
Die Sage von Schloß Freusburg.
Der Giebelwald.
Die Junkernburg bei Niederschelden.
Sage.
Bergbau.
Eisenfeld.
Ankunft in Siegen.
Siegen.
Geschichtliches.
Die Stadt und ihre Bauwerke.
Die St. Nicolaikirche.
Der Nassauische Hof.
Ausweisung der Mönche.
Fürstengruft.
Der Thiergarten.
Die eiserne Jungfrau.
Das Behweibchen vom Kirchhofe.
Die Geburtsstätte Rubens.
Siegerländer Berühmtheiten.
Geistiges Leben.
Volkes Brauch und Volkes Sitte im Sieger-Lande.
Volkskarakter.
Knappschaften.
Knappschafts-Ordnung.
Ackerbau, Wiesenkultur und Viehzucht.
Der Hirte.
Besehen.
Taufen.
Pfingstlümmel und andere Sitten.
Volksfeste.
Kaffebrech.
Hammerschmiede.
Hochwaldbestand.
Das Siegerland.
Verschiedene Ausflüge in’s Siegerland.
Bergbau und Hüttenbetrieb.
Ausflug nach Müsen.
Weg nach Müsen.
Der Köln-Müsener Bergwerk-Verein.
Bergmännisches.
Besuch der Gruben.
Die Sagen vom Kindelsberg und Altenberg.
Die böse Stadt.
Die Linde auf Schloss Kindelsberg.
Der Gasthof zum Kronprinzen von Preusen in Hilchenbach.
Das Stift Keppel.
Rückkehr nach Siegen.
Ausflug nach Ginsberg, Grund und Hilchenbach.
Karakter des Landes.
Die Sagen vom Schömelberge und der alten Burg.
Der Ginsberg.
Grund, Jung gen. Stilling.
Sein Denkmal.
Der freie Stuhl auf Schloß Ginsberg.
Der Raubritter Hübner.
Das Fehmgericht.
Geschichte der Fehme.
Hilchenbach.
Ausflug nach den Quellen der Lahn, der Sieg und der Eder.
Karakter der Gegend.
Weg von Siegen.
Wege von Netphen, Deutz.
Walpersdorf.
Der Lahnhof.
Quelle der Lahn.
Die Stiegelburg.
Fernsichten.
Das Denkmal in der Kirche zu Irmgarteichen.
Die Siegquelle.
Die Ederquelle.
Hohenrode.
Lützel.
Die Kronprinzen-Eiche.
Weg nach Siegen.
Schluß.