Von Windeck nach Schönstein

Der Krummauel.

Reicher Wechsel fesselt von dem Burgstadel der Burg Windeck nach allen Richtungen das Auge, wildes Berggelände und Waldungen auf der nördlichen Seite des Kreises Waldbroel, im Westen von der Terrasse aus gesehen die Höhen des Siebengebirges und des Westerwaldes und im Osten das malerische Siegthal, der sogenannte Krummauel mit seinen Obstpflanzungen, Äckern und frischen Wiesengründen.

Tief unten am Burgberge brausen von Zeit zu Zeit die Züge über den Schienenweg und mit wildem Gefälle der Fluss durch den Durchstich bei Stein. Von der Frühe des Tages bis zum Sonnenuntergang schallt im Frühlinge und Sommer aus den Waldgründen der vielstimmige Chor der Sänger des Sommers. Im Herbste bieten sie dem Jäger manchfaltige, wenn auch nicht reiche Beute: Hirsche, Rehe, Hasen, Füchse, Feldhühner, Schnepfen, und Birkhühner. Der Krammetsvogel lohnt im Spätherbste des Vogelstellers Geduld. Die Sieg nährt Weissfische, Barben, Aale; in ihren Nebenbächlein werden Forellen und Krebse gefangen.

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Station Schladern.

Gleich oberhalb Windeck gelangen wir zur Eisenbahn-Station Schladern, wo wir beim Gastwirth Müller in jeder Beziehung gut aufgehoben sind, besonders, wenn sich bei Lustfahrten zahlreiche Gesellschaften vorher haben anmelden lassen.

Von Schladern führt eine Landstrasse nach dem, etwa 2 Stunden entfernten Waldbroel und von hier aus durch das Wiel-Thal in das liebliche Aggerthal. Für den Freund wilder Felsen-Romantik gar einladende Partieen.

Rosbach und die Hohe Ley.

Von Schladern aus bis Au läuft die Landstrasse und die Eisenbahn auf dem rechten Ufer der Sieg. Reich ist die Strecke an schönen Punkten, so der romantische Thalgrund hinter Rosbach mit seinen malerischen schönen Felsbildungen, die „Hohe Ley“ mit reizender Umschau, und die Bensekaul, deren Besteigung durch eine überraschende Aussicht lohnt.

Windeck-Rosbach, ca. 1922

Bensekausen.

Auf dem Felsenvorsprung bei der Bensekaul drohete auch ehemals eine feste Burg, Bensekausen, Sitz eines Vogtes, von welcher jetzt nur noch die Grundmauern der Umfassung sichtbar sind.

Über das einst hier hausende Geschlecht und die Geschichte der Veste ward uns keine Kunde.

Faehren.

Überfahrtstellen mit Nachen finden wir bei Opperzau, Geilhausen, Gansau, Sieg, Dresel und Übersetzig.

Von Au nach Hamm.

Mit der Landstrasse gehen wir bei Au (Eisenbahn-Station) über die Sieg. Steil führt die Strasse nach dem aus der Ferne winkenden Kirchthurm von Hamm, einem freundlichen, meist von Evangelischen bewohnten Dorfe, dessen Bewohner sich von Ackerbau und Bergbau nähren. Alter Sitte treu, haben die Männer noch den gewaltigen dreieckigen Hut, die Dreitimpe zum Sonntagsputz bewahrt. Hier beginnt in der alten Grafschaft Sayn-Altenkirchen, dem Kreise Altenkirchen, Regierungs-Bezirk Coblenz der Bergbau. Sechs Gruben der Umgebung stehen in Ausbeute und Tag und Nacht thätig ist das Hüttenwerk Heinrichs-Hütte des Herrn Dresler in Siegen. Zwei Pulver-Stampf-Mühlen, die Hoffnung und die Au-Mühle des Herrn Ritter lieferten jährlich über 2000 Cntr. Pulver.

Letztere flog am 13. Dezember 1864 in die Luft, wobei zwei Menschen das Leben verloren. Eine Erlaubnis des Berg-Geschwornen ist zum Besuche der Gruben hier, wie überall, nöthig.

Windeck-Au, ca. 1903

Bergbau.

Von der Station Au aufwärts nehmen die reichen Lagerstätten, welche seit Jahrhunderten ausgebeutet wurden, ihren Anfang. Es treten im Siegthale selbst mächtige Spath- und Brauneisensteingänge auf, während in einzelnen Seitenthälern auch manchfache Bleierzlagerstätten vorkommen, so besonders die Bleierzgruben bei Fischbach in der Nähe von Kirchen und bei Burbach, jedoch hauptsächlich bei Müsen und Littfeld. Die Zahl der Gruben wird hier so gross, dass dieselben in dieser kurzen Darstellung nicht alle mit Namen aufgeführt werden können.

Ausflug nach Kloster Marienthal.

Über Hamm führt die Landstrasse nach Roth auf die Coblenzer Strasse. Wer Herr seiner Zeit, der versäume nur ja nicht, von Hamm aus einen Abstecher nach dem in stiller Waldabgeschiedenheit in einer Waldschlucht liegenden ehemaligen Franziskaner-Kloster Marienthal zu machen. Von der alten Kirche steht nur der Chorbau in Spitzbogenstyl, der, wie das Klostergebäude jetzt, wiederhergestellt ist. Kirche und Kloster gehören dem Erzstifte Köln, welches, unterstützt von der Regierung, die Domäne angekauft hat und als Strafort für Geistliche, Demeriten-Asyl, unter Leitung von Lazaristen, benutzt. Seitdem der Chorbau der halbzerstörten Kirche dem Gottesdienste wiedergegeben, ist sie, wie vordem, ein vielbesuchter Wallfahrtsort.

Schatzgräberei.

Nach der Zerstörung Windeck’s lebte im Kloster Marienthal ein Franziskaner-Bruder, der, wie das Volk meinte, sich mit allerlei geheimen Künsten befasste und durch seine kabalistischen Rechnungen auch Gangadern und Schätze auffinden konnte. Nach dem dreissigjährigen Kriege spukte die Schatzgräberei im ganzen Lande und fahrende Schatzgräber beuteten aller Orten die Leichtgläubigkeit aus. An Bruder Cyrillus wurde nun von Bewohnern Thalwindeck’s die Frage gestellt, ob in den Ruinen der Burgveste Schätze verborgen und wo? Der Bruder bejahete die Frage und gab den Ort an, wo man einen Kellereingang finde, der in drei Keller führe.

Mit Hülfe des Christoph-Büchleins geben die Schatzgräber sich an’s Werk, entdecken am bezeichneten Orte den Keller, finden etwelche Münzen und eine silberne Maultrommel — aber da überführt sie plötzlich ein solches Grausen, eine solche Furcht, dass sie von ihrem Werke abstehen und in flüchtiger Eile den Ort des Schreckens verlassen. Heimlich bei nächtlicher Weile mag seitdem noch oft in den Ruinen nach Schätzen gesucht worden sein.

Schönstein bei Wissen, ca. 1903

Botanisches.

Alles ladet in der Umgebung des Klosters zur Betrachtung, zu einem still beschaulichen Leben.

Diese Waldeinsamkeit trägt einen ernst aszetischen Karakter, und für den Freund des Waldlebens einen unerschöpflichen Born der reinsten Poesie. Munter bubeln von allen Seiten die rinnenden Börnlein, von Fern und Nah tönt der Amselschlag und der lustigen Finken Lied. Auf den hohen Wipfeln treiben die Eichhörnchen ihr tolles Wesen, sich mit den geschwätzigen Elstern unterhaltend, durch das Dickicht setzt der scheue Hase, schleicht der schlaue, auf Beute lauernde Fuchs, und in den friedlichen Thalgründen, wo ein Bächlein rinnt, siehst du zuweilen Rudel Rehe ohne Scheu ässen.

Ich fand hier verschiedene Fingerhut-Arten (Digitalis Luten, D. purpureo-lutea) blühen, häufig die Stechpalme (Ilex Aquifolium) in grösster Üppigkeit, die Sumpfheide (Erica Tetralix), mehrere schönblühende Orchis-Species, und viele Pflanzen, welche den Westerwald karakterisiren.

Wer Sinn hat für die Poesie des Waldlebens, mag auf der Höhe bleiben bis zur Nister, die ihn wieder in das Siegthal geleitet, ein lohnender Weg.

Die Eisenbahn überschreitet von Au zweimal den Fluss, bleibt dann auf dessen rechter Seite, vor Wissen denselben noch dreimal überbrückend.

Das Thal erbreitet sich, nimmt hier einen heitern Karakter an, weithin dehnen sich die Felder und üppigsten Wiesen.

Dies ist ein Textausschnitt aus dem Buch “Das Siegthal” von Ernst Weyden, zuerst erschienen im Jahr 1865. Das Buch ist nun wieder erhältlich, die Bilder sind Beispielbilder und i. d. R. nicht dem Buch entnommen.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort.
Zur Einleitung.
Das Siegthal.

Die Sieg.
Sieg-Quelle, Lauf und Mündung.
Bergbau, Viehzucht und Köhler-Meiler.
Hauberg-Wirthschaft.
Wiesen-Cultur.
Ackerbau, Weinbau.

Von Beuel nach Blankenberg
Beuel, Landstrasse-Pützchen.
Von Beuel durch das Siebengebirge nach Siegburg.

Die Deutz-Giessener Bahn.
Der Bau.
Geheimer Baurath Haehner.
Baukosten.
Deutz-Bensberg.
Lüderich.
Wahner Heide.
Haltestellen – Lauf der Bahn.


Fusswanderungen durch das Siegthal.

Vom Rheine bis nach Siegburg.
Die Sieg-Mündung.
Die alte Sieg.
Regulirung der Flussmündung.

Isabellen-Insel.
Die Kriegsgeschichte der Isabelleninsel.
Fischfang, Alsen und Salme in der Sieg.
Die Kirche zu Schwarz-Rheindorf.
Maibeiern.
Mai-Lehen.
Maibaum.
Thierjagen.
Spinnstuben-Abende.
Volksgebräuche.
Martinsfeuer.
Bittwoche.
Spielbaehn.
Glockengiesser Claren.
Siegburg.


Siegburg und seine Umgebung.
Geschichte Siegburg’s.
Anno, der Heilige.
Legende.
Die Abtei.
Anno-Lied.

Schicksale der Stadt.
Hexenwesen in Siegburg und in Bonn.
Schicksale der Abtei.

Die Stadtkirche des h. Servatius.
Der Reliquien-Schatz.
Die Provinzial-Irren-Heilanstalt.
Ihre Einrichtung.
Garten-Anlagen.
Aussicht vom Kirchthurme.
Die Wolsberge.
Geognostisches.
Botanisches.


Von Siegburg nach Eitorf.
Geognostisches.
Rittersitz zur Mühle.
Legende.
Weinbau.
Seligenthal.
Schöne Aussichten.

Hennef.
Schloß Allner.
Der Schloßwald.
Geschichte.
Meroderer-Brüder.
Fürst Franz Ludwig von Hatzfeld.

Broelthal.
Ausflug in’s Broelthal.
Geognostisches.

Kloster Bödingen.
Der Silberling.

Rittersitz Attenbach.
Freiherr Theodor von Hallberg.


Blankenberg.
Die Burg.
Geschichte der Veste, der Stadt und des Amtes Blankenberg.
Stachelhardt.


Kloster Merten

Eitorf und seine Umgebungen.
Gasthöfe.
Geschichtliches.
Kirche.
Volksleben.
Dr. Meyer’s Heilanstalt für Nervenleidende und Gemüthskranke.
Ausflüge.
Hohenstein.
Geognostisches.
Burg Weltenroth.
Der hohe Schade.
Hippelroth.
Der Kelterberg.
Halft.
Die Schnepperstraße.
Die Siegwiese.
Bergbau.


Nach Windeck.
Wege von Eitorf nach Windeck.
Herchen.
Das Ohmbad-Thal.
Sage: Der Heilborn.
Nebenbäche.
Präsidenten-Brücke.
Botanisches.
Der Irserbach.
Der Hof Stein.
Durchstich.
Kesselthal von Stromberg.
Leuscheid.
Romanischer Taufstein.
Haltestelle.
Au und Umgebung.
Burgsitze bei Röcklingen.
Hoppengartner Berg
Höhe von Dreisel.
Das hohe Wäldchen, Baiershahns Höchste, der Altenstuhl, Bodenberg und die Wilhelmshöhe.
Wilbringhoven und Haus Broich.
Ritter von Huhn zu Broich.
Windeck.


Burg Windeck.
Geschichte der Veste und des Amtes Windeck.
Sage.
Adolph von Berg.
Opladener Ritterrecht.
Amt Windeck.
Burg Windeck im dreissigjährigen Kriege.
Zweite Einnahme durch Schweden und Hessen.
Zerstörung der Veste.
Disposition des Baues der Veste.
Neues Burghaus.
Curiositäten.
Die Burgterrasse.
Vesten und Burgsitze.
Erdwälle oder Schläge.
Amtleute.
Archiv von Windeck.
Eselshafer.


Von Windeck nach Schönstein.
Der Krummauel.
Station Schladern.
Rosbach und die Hohe Ley.
Bensekausen.
Faehren.
Von Au nach Hamm.
Bergbau.
Ausflug nach Kloster Marienthal.
Schatzgräberei.
Botanisches.


Wissen und seine Umgebung.
Burg Schönstein
Geschichtliches.
Schloß Grottorf.
Veste Wildenburg.
Geschichtliches.
Abstecher nach dem Westerwalde.
Bodengepräge und Bewohner.
Kloster Marienstatt (Locus Mariae)
Legende.
Die Kirche.


Von Wissen nach Kirchen.
Die Eiche bei Wissen.
Die Wingertshardts-Grube.
Erlaubnisscheine zum Besuch der Gruben.
Dasberg.
Betzdorf.
Ausflug nach dem Hellerthal.
Bergbau.
Hohenselbachs-Kopf.
Geschichtliches.
Die Buchensteine.
Wildhandel.
Der Hickengrund.
Seine Bewohner.
Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“
Zigeuner.
Die Meckeser.
Kirchen.
Der Druidenstein.
Botanisches.
Das Küppelsfest.
Weg nach Wildenburg.


Volkes Brauch und Volkes Sitte im mittlern Siegthale.
Bekleidung.
Speisen.
Kartoffelbau.
Geschichtliches.
Prozesssucht.
Franzosenherrschaft.
Paul von Bettenhagen.
Altherkömmliche Sitten.
Der Aberglauben.
Das Amerikafieber.


Nach Siegen.
Freusburg.
Die Sage von Schloß Freusburg.
Der Giebelwald.
Die Junkernburg bei Niederschelden.
Sage.
Bergbau.
Eisenfeld.
Ankunft in Siegen.


Siegen.
Geschichtliches.
Die Stadt und ihre Bauwerke.
Die St. Nicolaikirche.
Der Nassauische Hof.
Ausweisung der Mönche.
Fürstengruft.
Der Thiergarten.
Die eiserne Jungfrau.
Das Behweibchen vom Kirchhofe.
Die Geburtsstätte Rubens.
Siegerländer Berühmtheiten.
Geistiges Leben.

Volkes Brauch und Volkes Sitte im Sieger-Lande.
Volkskarakter.
Knappschaften.
Knappschafts-Ordnung.
Ackerbau, Wiesenkultur und Viehzucht.
Der Hirte.
Besehen.
Taufen.
Pfingstlümmel und andere Sitten.
Volksfeste.
Kaffebrech.
Hammerschmiede.
Hochwaldbestand.

Das Siegerland.
Verschiedene Ausflüge in’s Siegerland.
Bergbau und Hüttenbetrieb.

Ausflug nach Müsen.
Weg nach Müsen.
Der Köln-Müsener Bergwerk-Verein.
Bergmännisches.
Besuch der Gruben.
Die Sagen vom Kindelsberg und Altenberg.
Die böse Stadt.
Die Linde auf Schloss Kindelsberg.
Der Gasthof zum Kronprinzen von Preusen in Hilchenbach.
Das Stift Keppel.
Rückkehr nach Siegen.

Ausflug nach Ginsberg, Grund und Hilchenbach.
Karakter des Landes.
Die Sagen vom Schömelberge und der alten Burg.
Der Ginsberg.
Grund, Jung gen. Stilling.
Sein Denkmal.
Der freie Stuhl auf Schloß Ginsberg.
Der Raubritter Hübner.
Das Fehmgericht.
Geschichte der Fehme.
Hilchenbach.

Ausflug nach den Quellen der Lahn, der Sieg und der Eder.
Karakter der Gegend.
Weg von Siegen.
Wege von Netphen, Deutz.
Walpersdorf.
Der Lahnhof.
Quelle der Lahn.
Die Stiegelburg.
Fernsichten.
Das Denkmal in der Kirche zu Irmgarteichen.
Die Siegquelle.
Die Ederquelle.
Hohenrode.
Lützel.
Die Kronprinzen-Eiche.
Weg nach Siegen.
Schluß.