Die Rückkehr der Truppen in die Heimat führte abermals viele Einquartierungen herbei, welche dieses Mal aber mit Freuden ertragen wurden. Als Etappenkommandanten erhielt die Stadt Rühle von Lilienstern, einen preußischen Hauptmann, der von der Gesamtgemeinde freies Quartier und außerdem noch 6 Frank Diäten pro Tag bezog.
Sein Büreau mußte mit allem Nötigen ausgerüstet werden, ehe es ihm gefiel, und auch ein Kannapé zum Schlafen aufweisen, damit er die Nacht dort zubringen könne. Mit dem 1. November hörte seine städtische Besoldung auf und am 1. März 1816 auch seine Funktion. Er hatte der Gemeinde 832 Frank 50 Centimes gekostet und verlangte von dem Bürgermeister ein Amtsführungsattest.
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Der Landwehrstamm in der Stadt
Im Herbst dieses Jahres wurde auf der Abtei der Stamm des 28. Landwehrregiments 3. Bataillon einkaserniert, nachdem er anfangs bei den Bürgern untergebracht gewesen war. Er bestand aus 1 Komandeur, 1 Adjutanten, 1 Bataillonschirurg, 4 Feldwebeln, 4 Kapitän d’armes, 1 Tambour, 1 Bataillonsschreiber, 8 Gefreiten und 1 Büchsenschmied, die Kavallerie aus 1 Rittmeister, 1 Wachtmeister, 1 Trompeter, 1 Fahnenschmied, 2 Gefreiten, 1 Quartiermeister, 1 Unteroffizier, 7 Gemeinen und 12 Pferden. Sie gehörten dem 7. Ulanenregiment an. Als Founragemagazin diente die Klausenkirche nebst dem Rathaussale.
Hungersnot
Das Jahr war ein sehr unfruchtbares gewesen, und die Herbeischaffung von fremdem Korn ließ lange auf sich warten. Daher öffnete die Regierung in freundlichster Weise die Domänenspeicher und Militärmagazine, damit die Leute auf dem Lande nicht verhungerten. In Siegburg wurde eine Garküche für die Armen eingerichtet und auf öffentliche Kosten Mehl, Korn und dergl. von Köln bezogen. Die Bäcker Marnach, Dahl und Kuttenkeuler erhielten den Auftrag, für städtische Rechnung dassselbe zu verbacken und gegen einen Bon an die Hülfsbedürftigen auszuhändigen. Das Brot mußte 5 ¼ Pfd. Wiegen und rufte nicht wässrig sein. Sie lieferten allein in den Monaten März und April 1225 Stück.
Große Verdienste erwarb sich um diese Zeit der Kaplan Joisten und der Dechant Dr. Estens, nachmals Ehrendomherr. Sie besuchten fleißig die Armen und gaben dem Magistrate Winke über die sogenannten verschämten Armen. – Damit die arbeitende Klasse einiges Verdienst habe, wurden die Wege gebessert, die Mahlgasse aus dem Sumpfe gehoben, die Schumachers- jetzt Sebastiansgasse geebnet und für Abfluß des Wassers in den Spülgraben gesorgt. „Das Gequake der Frösche und Unken“ daselbst hörte nunmehr auf, aber die vollständige Herstellung des Weges nahm 1823 noch einmal 161 Rthlr. 22 Sgr. 8 Pfg. in Anspruch, wozu die Anwohner, weil sie den Hauptvorteil davon hatten, noch 50 Rthlr. aus ihrer eigenen Kasse beitrugen. Die Benutzung der Steine von dem Hexenturme wurde vom Major Jachnik untersagt, weil das Kriegsministerium die Festwerke der Stadt und Abtei erhalten wissen wollte.
Ein Ausbruch der Gewölbe in demselben sei gestattet.
Kabinettsorder Sr. Majestät betreffs der Siegburger Schulen
Das Jahr 1818 ist insofern von größter Wichtigkeit für die Stadt, als darin durch Se. Majestät den König von Preußen der Grund zur Erhaltung der Lateinschule gelegt wurde, welche damals nur kümmerlich vegetierie. Man wußte anfangs nicht, ob man sie bestehen lassen sollte oder nicht, da der städtische Kaplan unmöglich bei seinen übrigen Funktionen auch noch die Schule besorgen konnte. Das Königliche Konsistorium zu Düsseldorf drang nach dem Abgange Joistens auf Besetzung der Stelle durch eine weltliche Kraft, während Dr. Eskens einen zweiten Geistlichen herbeiwünschte und die Nachteile hervorhob, welche durch die Aufhebung des Minoritenklosters der Armenpflege und der Seelsorge erwachsen seien.
Die Regierung habe durch die Übernahme der Abtei, von der so viele Wohlthaten in die Stadt geflossen seien, gewisse Verpflichtungen gegen diese übernommen und letztere billige Ansprüche auf Schadloshaltung aus dem Vermögen des Klosters.
Die 200 Thaler Rente für einen Geistlichen erschienen keineswegs als ein ausreichender Ersatz, und wenn die Stadt sich an Sr. Majestät Gnade wende, werde Allerhöchstdieselbe nicht verfehlen, das Wort einzulösen, welches sie um 5. April 1815 den Bewohnern der Rheinprovinz gegeben habe. Der Magistrat unterließ es nicht, diesen Weg einzuschlagen und sah auch seine Bitte durch eine Kabinettsordre vom 28. Mai auf das wohlwollendste erfüllt.
„Damit der Elementar- und höheren Stadtschule zu Siegburg, so lautet sie, eine zweckmäßigere und den Bedürfnissen des Kreises und der Umgegend entsprechende Einrichtung gegeben werden könne, genehmige Ich auf Ihren Antrag vom 24. März d. J., daß die durch den Tod des Prälaten von Speiart erledigte Pension von 846 Thaler 13 Sgr. 6 Pfg., sowie die Pension des Geistlichen der vormaligen dortigen adligen Benediktiner-Abtei von Bulling von 203 Thaler 4 Sgr. 2 Pfg., zusammen mit 1049 Thaler 17 Sgr. 8 Pfg. dem dasigen Schulfond überwiesen, einstweilen aber davon die Pensionen des p. von Bulling bis auf die Summe von 300 Thaler erhöht und die übrigen 749 Thaler 17 Sgr. 8 Pfg., sowie nach dem Absterben des ebenfalls pensionirten Geistlichen von Muffel dessen Jahrgelder von 203 Thaler 4 Sgr. 2 Pfg. zu den Schulverbesserungen verwendet werden können, welches um so billiger ist, da die Stadt früher die Kosten des Schulunterrichts aus den Einkünften gedachter Abtei erhalten hat, und deren Aufhebung die Veranlassung zum Verfalle ihrer Unterrichtsanstalten geworden ist. Ich autorisire Sie hierdurch, diesem gemäß das Weitere in dieser Angelegenheit zu veranlassen.“
Berlin, am 28. Mai 1818.
Vermöge Vollmacht Sr. Königl. Majestät und Höchsten
An den Staatsminister Befehls während Ihrer Abwesenheit
Freiherrn von Altenstein. gez. Fürst von Hardenberg.
Diese Kabinettsordre wurde der Stadt unter dem 10. August von der Königlichen Regierung zugestellt und zugleich ein Plan beigefügt wi die Lateinschule nunmehr einzurichten sei. Dieselbe sollte aus 3 Klassen bestehen und ohne Griechisch und Französisch die Zwecke eines guten Progymnasiums verfolgen. Wollte ein Schüler auch diese Sprachen erlernen, so habe er sich dieselben durch Privatunterricht anzueignen, nicht aber vor dem Besuche der Tertia. Werde ein Silentum beliebt, so seien dafür 20 Stüber pro Stunde und Kopf im Jahre in Rechnung zu bringen.
Der Rektor müsse 400 Thaler Gehalt und freie Wohnung im Schulgebäude bekommen, die beiden übrigen Lehrer ein Gehalt von 300 resp.
250 Thalern und der Kaplan eine Zulage von 100 Thalern. Das SchuIgeld in der Skala von 3, 4 und 6 Thalern sei praenumerando und zwar getrennt von dem der Elementarschule zu erheben. Dasselbe solle verwandt werden, 1. für eine sonntägliche Messe mit Predigt für die versammelten Schulen, 2. für Reinigung und Heizung der Klassenräume, 3. für die Schulbibliothek, 4. zur Unterstützung hülfsbedürftiger Knaben mit Schulbüchern, 5. zu Gratificationen an Lehrer nach bewiesenem Pflichteifer und glücklichem Erfolg ihres Wirkens. Das Schulhaus befinde sich in einem sehr schlechten Zustande und bedürfe eines Neubaues.
Dieser werde der Stadt zur Last fallen, aber der Staat gerne bereit sein, eine billige Unterstützung zu gewähren. Man solle den Plan dazu einreichen und auf 4 Schulräume, darunter einen größeren für die versamelten Klassen, und auch auf Wohnungen für sämtliche Lehrer Bedacht nehmen. Die Besetzung der Stellen hange von der Regierung ab, sie seien Königlichen Patronats; bei der Kaplansstelle bleibe es wie bisher.
Da einstweilen nur 952 Thlr. 21 Sgr. 10 Pfg. aus dem abteilichen Pensionsfonds verwendbar seien, so werde man das Fehlende mit 97 Thaler aus dem bergischen Schulfonds beilegen, bis die letzte Pension anheimfalle oder das Deficit auf andere Weise gedeckt werden könne.
Gegen diese Anordnungen der Königlichen Regierung legte der Pfarrer Estens Einsprache ein, weil der Kaplan nicht imstande sei, neben seinen Amtsgeschäften auch noch der Schule seine Thätigkeit zu widmen. Er halte zufällig einen dritten Geistlichen, damit die Seelsorge nicht zu leiden habe; aber auf die Dauer werde das weder seine noch die Kirchenkasse ertragen .
1811 bezog die Kirche an Grundrenten von 1 Garten vor dem Kölnthore, von Haus Nr. 116, von 1 Garten am Sandpütz, von 1 dritten vor dem Mühlenthore, von Haus Nr 14 und 82, von einem andern hinter Dr. Brunners Wohnung, ferner vom Haus Nr. (58 Bines Boch), von dem Kaplansgarten an der Mauer, vom Hausplatz Nr. 93, zwei andern neben Nr. 195 und Nr. 3, vom Hülsenhof, vom Haus 112 und einem auf der Steinbahn nebst dem Armenhause bar und an Naturalien 2 Rthlr. 19 Stüber beziehungsweise für 6 Rthlr. 40 Stüber; dazu eine Fundation von 16 Rthlr. 27 Stüber Ertrag; an Zeitpacht von einem Grundstück vor dem Holzthore 51 Stüber; an Zinsen von 2385 Rthlr. 54 Stüber, von denen 636 Rthlr. 50 Stüber die Stadt geliehen hatte, 117 Rthlr. 56 Stüber 12 Pfg.; aus den Leichengefällen und dem Opferstock 30 Rthlr. 6 Stüber
Man möge daher einen geistlichen Lehrer anstellen und den größeren Schulraum so einrichten, daß er auch zu gottesdienstlichen Zwecken benutzt werden könne.
Wahrscheinlich dachte er dabei an die Verwendung der Minoritenkirche, welche die Domänenverwaltung zum Verkaufe ausstellte und die Stadt gerne umsonst erworben hätte. Allein die Königliche Regierung ging darauf nicht ein, und so wurde denn im Herbst 1819 die Schule nach ihren Vorschriften umgewandelt. Die Leitung derselben erhielten Dr. Seber und der Schulamtskandidat Haefels aus Bonn, dem später Stolze folgte. Die Rektorstelle blieb unbesetzt.
Die Lateinschule
1820 wurden die beiden Kreise Siegburg und Uckerath zu einem einzigen verschmolzen und dadurch die Hoffnung angeregt, daß nunmehr der Staat zur Hebung des Hauptortes in demselben noch mehr beitragen werde.
durch Kabinettsordre vom 1. Oktober. Die genannten Kreise waren 1815 als solche eingerichtet.
Man wandte sich daher, nachdem die Herrichtung eines Lehrerseminars auf der Abtei von der Königlichen Regierung aufgegeben war, an diese mit der Bitte, einen Flügel des umfangreichen Gebäudes zur Lateinschule herzugeben und Allerhöchsten Orts dahin zu wirken, daß dieselbe zu einem vollständigen Gymnasium ausgebildet werde. Das Minoitentloster wollte man zu einem Krankenhause benutzen und die verfallene Kirche, wenn sie der Stadt für das Angebot von 205 Thalern überlassen werde, zu einem Schulgebäude für die Elementarklassen umbauen. Dadurch werde man eine Miete von 60 Thalern ersparen, und ein Krankenhaus könne nicht länger entbehrt werden. Der Landrat Scheben begünstigte diese Plane, und am 10. Februar 1821 konnte man in Erwägung ziehen, ob man die Herstellung und Mitunterhaltung des Flügels zu besagtem Zwecke übernehmen, oder aber auf die Vergünstigung verzichten wolle, da auch das Militärkommando Ansprüche auf denselben erhob. Die Flüssigmachung der Kriegsschulden setzte nun zwar die Stadt in die Lage, von den 5684 Thalern 5 Sgr. 8 Pfg. das eine oder andere zu augenblicklichen Bedürfnissen zu verwenden und es der Zeit zu überlassen, wie man die eingegangenen Verpflichtungen wieder abschütteln könne; aber das Unsichere der gemachten Zusage erfüllte doch den Magistrat mit Bedenken, und die Einrichtung des Eichamtes sowie andere notwendige Ausgaben mußten die Gründe hergeben, weshalb man sich von den vorgeschlagenen Bedingungen befreit zu sehen wünschte.
Die Regierung ließ sich bereden, die Kosten des Umbaues und der Einrichtung des Flügels auf den Schulfonds zu überweisen, verlangte aber dafür die Anstellung und Besoldung des dritten Lehrers auf Stadtkosten, oder, wozu einzelne Bürger sich bereit erklärt hatten, auf Grund freiwilliger Beiträge. Der Leutnant Schöller aus Düren wurde versuchsweise in Dienst genommen und mit dem mathematischen und physikalischen Unterrichte betraut, das Kuratorium durch zwei Siegburger Einwohner verstärkt und auch der Bürgermeister als ständiges Mitglied hinzugezogen, dagegen aber von der beantragten Verwaltung des Schulfonds durch eine Kommission städtischer Bürger Abstand genommen und diese dem Domänenrentmeister und Rendanten des Kuratoriums Herrn Halm überwiesen. Am 19. April 1822 konnte Schulrat Grashof den Abteiflügel der Lateinschule übergeben und gleichzeitig eine Prüfung der 50 Zöglinge vornehmen. Seine Ausstellungen am Unterrichte waren niederdrückend und mehr noch die Bemerkung hinsichtlich Schöllers, daß seine Existenz in Gefahr schwebe, wenn nicht die versprochenen Beiträgé durch die Zeichner und zwar im voraus gezahlt würden. Der französische Unterricht müsse ausfallen, solange die Herrn sich weigerlich verhielten, und an eine Erweiterung der Anstalt zu einem Gymmasium sei gar nicht zu denken. Clouth, Freymann und Genossen hatten nämlich verschiedene Bedingungen gestellt, unter denen sie zu zahlen bereit seien, und da diese von der Regierung nicht genehmigt waren, so hielten sie sich zur Erfüllung ihres Versprechens nicht weiter verpflichtet Um nun das Erreichte nicht ganz wieder zu verlieren, erklärte sich die Stadt bereit, bis zum Anfall der von Bullingschen Pension jährlich 300 Thaler aus ihrer Kasse beizusteuern und auch die Unterhaltung des Gebäudes übernehmen. Man hoffte auf die Überlassung der Minoritenkirche erhielt auch schließlich die Bestätigung des Finanzministers zu 21. Dezember 1821 endgültig vollzogenen Kaufe.
Die Siegburger Kirmes und die Bonner Studenten
Inzwischen belehrte ein Vorfall die Siegburger Bürger, zu welch kühnen und hoffnungsvollen Söhnen die studiererde Jugend herangebildet werde, wenn sie einmal die Gymnasialjahre hinter sich habe und in freier Thätigkeit den Mußen der Bonner Hochschule folgen könne.
Diese war 1818 gegründet und zeitigte neben ernsten wissenschaftlichen Bestrebungen auch ein recht heiteres Studentenleben, wie es dem Frohsinn der munteren Rheinländer entspricht. Die einzelnen Verbindungen hatte jede ihre besondere Tracht, und die bunten Mützen, hohen Stülpstiefel sowie die mit Schnüren besetzten Samtjacken und großen Tabaksbeutel vor der halb entblößten Brust stachen der jungen Damenwelt gar sehr in die Augen. Man fand eine Ehre darin, von solchen Herrn begleitet oder auf Bällen zum Tanz geführt zu werden. Die Stadt Bonn war damals noch sehr klein, und die alma mater hatte Nachsicht mit den Studierenden. Wo in der Nachbarschaft Feste gefeiert wurden, da zeigten sich auch die Herrn Studenten, und wo in einem Saale Musik ertönte, waren sie die ersten, welche den Reigen eröffneten. Die ortseingesessenen Burschen fühlten sich dann zurückgesetzt und kneipten mit Unwillen ihren Schoppen in der Ecke, während jene sich mit ihren Schönen belustigten. In Siegburg hatte das schon 1820 zu unangenehmen Auftritten geführt, und 1821 auf Kirmes wäre es beinahe zu Schlägereien gekommen, wenn nicht die Obrigkeit begütigend eingewirkt und Ruhe gestiftet hätte. Deshalb vereinigten sich 1822 vierzehn junge Leute vor dem Bürgermeister mit der Bitte, doch diesmal dafür sorgen zu wollen, daß dergleichen Möglichkeiten von vornherein unterdrückt würden.
Der 13. Mai erschien und mit den Andächtigen von nah und fern auch eine Schar von 20 Studenten, welche sich im Herrengarten niederließen. Nachdem die Prozession beendigt und auch die Nachmittagsandacht geschlossen war, erklangen die Töne der Musik, und schnell füllte sich der Saal des Wirtes Görz, welcher von Bodenée das Lokal übernommen hatte, mit Tanzlustigen. Der Lang-Englisch wurde arrangiert und auch ein zweiter und dritter Tanz ungestört ausgeführt, als einige Herrn vom Lande wieder den ersteren Tanz verlangten und mit ihren Damen dazu Aufstellung nahmen. Das wollte den Bonner Herrn nicht gefallen, und einer von ihnen rief in den Saal hinein: „Welcher Esel hat denn wieder Lang-Englisch bestellt?“ Den Esel nahm ein junger Gutsbesitzer auf sich und erklärte, es existiere keine Tanzordnung, man könne daher verlangen, was man wolle. Den Esel solle man in Bonn lassen, in Siegburg existierten keine solche. Darüber wurde der Musensohn aufgebracht und mit Hülfe seiner Kommilitonen der Gutsbesitzer an die Luft gesetzt. Allein kaum hatte der Tanz wieder begonnen, da kehrte der Beleidigte mit einer Flasche zurück und zerschlug sie an dem Kopfe eines Studenten, daß das Blut zur Erde rann. Mit wildem Ungestüm fiel man nun über den Thäter her, schlug mit Bierseideln auf ihn ein und wirbelte ihn zur Thür hinaus. Hier standen mehrere handfeste Knechte, die sich des Bekannten annahmen und die Studenten zur Rückkehr nötigten. Die Polizei war ihnen gegenüber machtlos; Steine flogen durch das Fenster, Knittel wurden herbeigeholt und dann drang man in das Lokal, die Beleidigung zu rächen. Die Bonner Herrn verbarrikadierten sich in der kleinen Stube vor dem Saale und fanden Schutz an dem Wirte; aber das Toben der Burschen hörte nicht eher auf, bis einige Soldaten requiriert waren, welche Björnstierna freundlichst zur Verfügung stellte. Bei deren Erscheinen entfernten sich die Angreifer, aber nicht weniger auch die Studenten, so lange es noch Tag war. Ihre blutigen Köpfe setzten die ganze Studentenschaft in Bonn in Aufregung, und auf allen Straßen hörte man den Ruf: Burschen heraus, Burschen heraus!
Auf nach Siegburg!
In der Nacht ging das nun freilich nicht mehr, da die Ponte abgefahren war und die Polizei eine Überfahrt zu verhindern suchte. Man entwarf daher einen Kriegsplan für den folgenden Tag und ließ sich auch durch die Warnung des Rektors, welche dieser am schwarzen Brette anschlagen ließ, nicht abhalten, den Rachezug auszuführen. Um 2 ½ Uhr nachmittags sollte der Ausmarsch beginnen; ein jeder war mit einem Stecken bewaffnet, und die Geschlagenen sorgten für Begeisterung. Der Universitätspedell Krüger war unterdessen nach Siegburg vorausgeeilt, um die Bürger von dem Vorhaben der Studenten zu benachrichtigen und geeignete Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Der Landrat Scheben aus Hennef wurde durch einen Eilboten herbeigerufen.
Man brachte die Fahrzeuge bei Mülldorf und Buisdorf an das diesseitige Ufer und stellte Wachen daneben, auf daß niemand die Ankommenden herüberholen könne. Die Thore sollten geschlossen und zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht mehr geöffnet werden. Der Kommandeur des Landwehrstammes wurde angegangen, seine Leute zusammenzuhalten und jederzeit zur Hülfe bereit zu sein; die ganze Stadt war in Aufregung. Inzwischen waren die Studenten, wohl 200 Mann stark, an der Sieg angelangt und hatten sie an seichten Stellen durchwatet. Der Pedell suchte sie zu beschwichtigen und warnte vor Exzessen. Allein in Siegburg wollten sie unter jeder Bedingung hinein, und wenn sie die Thore erbrechen müßten. Mehrere Ortskundige hatten unterdessen den großen Haufen verlassen und waren an einer unbewachten Stelle über die Mauer gestiegen. Ihnen begegnete der Landrat Scheber mit dem Bürgermeister, und nachdem sie die Versicherung gegeben, daß man nichts Feindliches vorhabe, sondern sich nur zu amüsieren gedenke, wurden sie zu Parlamentären benutzt, um auch die übrigen durch Ehrenwort zu einem freundlichen Verhalten zu verpflichten, worauf ihnen die Thore geöffnet wurden. Man zog Stecken und Mützen schwingend in den Herrengarten, kommersierte und tanzte, und als man mit dem Oberpedell wieder abzog, wurde der Stadt Siegburg ein stürmisches Hoch ausgebracht. So endigte der verhängnisvolle Tag. Da der Wirt Görz den ihm zugefügten Schaden nicht hoch anschlug und als Kläger nicht auftreten wollte, so wurden die Unthaten des vorigen Tages vergessen und der Krawall verlief im Sande.
Im folgenden Jahre erließ der Bürgermeister den strengsten Befehl, daß weder Bürger noch Handwerksburschen sich zusammenrotten und mit den Bonner Studenten Händel anfangen sollten, ja 4 ½ Uhr nachmittags erging noch vom Landrat die Aufforderung an Seber, daß er als provisorischer Rektor den Gymnasiasten verbieten solle, sich aus ihren Quartieren zu entfernen und umherzutreiben. Es müssen also wieder Beängstigungen stattgefunden haben, aber welcher Art sie gewesen sind, läßt sich aus den Akten nicht mehr ersehen. Merkwürdig ist, daß am 4. Juni 1823 der Königliche außerordentliche Regierungsbevollmächtigte an der Rheinischen Universität namens Rehfues das Ansinnen an die Stadt Siegburg stellte, ihre Kirmes in die Ferienzeit zu verlegen, damit keine Exzesse durch die Studenten vorkämen. Selbstredend wurde diese Zumutung zurückgewiesen, aber gebeten, der Senat möge durch Anschlag am schwarzen Brett vor Ausschreitungen warnen und die begangenen rücksichtslos bestrafen, das werde das Beste sein. Siegburg den 5. August 1823.
Außer den Studenten machten auch die Soldaten viel von sich reden, indem sie bei Nacht von der Abtei herabkamen und allerlei Händel in den Wirtshäusern anfingen. Selten endigte das Kartenspiel bei Felder ohne eine Prügelei, und wenn man gemütlich aufbrach, zog man singend und lärmend durch die Straßen und weckte die Nachbarschaft und die Dienstmädchen. Der Nachtwächter war überall und nirgends, am wenigsten da, wo er sein sollte. Der Diebstahl blühete in der frechesten Weise, fast täglich wurden Anzeigen vor der Polizei gemacht. Förmlich organisierte Räuberbanden zogen durch das Land, und noch manches Stückchen wird von einem Schinderhannes (?) und seinesgleichen erzählt. Josue Abraham führt 1820 Klage bei dem Bürgermeister, daß auch die aus Köln ausgewiesenen Bettler seiner Konfession viel Unfug in der Stadt anrichten, sich des Samstags namentlich zu Dutzenden einfänden, bei Felten an der Mauer Quartier nähmen, die Almosenspender mit Frechheiten behandelten und allerlei Chikane verübten; sie wanderten ohne Erziehung von Ort zu Ort und machten sich ein Vergnügen daraus, hier und da herausgeworfen zu werden. Er möge doch den Aufenthalt derselben in der Stadt verbieten oder wenigstens die Glaubensgenossen vor Thätlichkeiten schützen. Der arme Bürgermeister hatte recht viel zu thun und konnte es nicht einmal verhinderen, daß sein Kassenrendant ihm eine große Summe veruntreuete.
Kirchliche Verhältnisse
Mit der Moralität war es leider nicht gut bestellt, so sehr auch der Dechant Eskens sich bemühete, den Geist der Frömmigkeit in den Bürgern anzuregen und sie zu gottseligen Werken anzuhalten. In der Kirche wurde der jetzige Hochaltar hergerichtet, dessen Altarplatte aus dem Kloster zu Heisterbach stammt. Gastwirt Bodenée schenkte 142 Thaler zu den Chorstühlen, die Kirchenkasse übernahm 730 Thaler für die Wiederherstellung der Orgel, die alte Sakristei war schon 1821 beseitigt und dadurch dem Chore ein freundlicheres Aussehen gegeben; der Reliquienaltar wurde neu angestrichen und bemalt, und was an den Schreinen zerbrochen war, sollte ein Kölner Künstler ausbessern. Das Alles war seine angelegentlichste Sorge. Man konnte sich nun wieder in dem Gotteshause erbauen, und selbst die arbeitende Klasse war imstande, des Morgens eine heilige Messe zu hören, wenn sie nur dem Rufe hätte folgen wollen. Der Weltpriester Schwerzgen hatte es gegen eine freiwillige Belohnung übernommen, den Dienst der Minoriten anzutreten und eine Frühmesse zu celebrieren. Die Kollekte war aber selten ergiebig, und das Eingesammelte mußte noch zwischen ihm, dem Küster, dem Chorrektor und dem Einsammler geteilt werden. Es fanden also täglich 3 Messen statt, bis Schwerzgen 1823 starb. Der Küster bezog 1830 aus der Kirchenkasse 7 Rthlr. 24 Sgr. 10 Pfg., der Organist 23 Rthlr. 2 Sgr. 4 Pfg., der Bälgetreter 3 Rthlr., der Chorrektor 19 Rthlr. 6 Sgr. 11 Pfg., der Chorsänger 6 Rthlr. 4 Sgr. 7 Pfg. Die Gesamteinnahme derselben belief sich auf 167 Rthlr. 4 Sgr. 8 Pfg. und ebenso die Ausgabe.
Der Kirchenrat bestand 1826 aus den Herren: Dechant Eskens, Friedensrichter Schwaben, Dietzgen und Busch, also aus 4 Personen. In diesem Jahre baute der Branntweinbrenner Moritz Hagen die jetzige Kaplanei als Privatwohnung, geriet aber dabei in einen Prozeß mit der Stadt wegen der Anlage der Treppe vor derselben auf dem Kirchhofe, weil dieser laut Dekret vom 13. Oktober 1807 Eigentum der Bürgergemeinde sei. Nach langen Verhandlungen wurde sie ihm schließlich für das jetzige Haus gegen eine Abgabe von 15 Thalern zugestanden und auch genehmigt daß er die vor demselben stehenden Pappeln entfernen dürfe.
Durch Stadtratsbeschluß vom 24. August 1854 wurde dagegen das Eigentumsrecht der katholischen Pfarrkirche an den um die Kirche liegenden Platz, unbeschadet des Rechtes, welches der Gemeinde für die Benutzung ihres Brandspritzen-Lokales zustehe, anerkannt. Unterzeichnet; Brambach, Bürgermeister, Schöffe Danco, Gemeindeverordnete: Bürger, Dobbelmann, Dietzgen, Dahl, Imhof, Junkersdorff, Kuttenkeuler, von Ley, Königs.
Pappeln gab es einen gauzen Kranz um die Kirche, sie waren 1808 angepflanzt worden. Der Kaplan wohnte 1841 noch in dem oberen Stocke der Klause und wünschte damals die Vikarie an dem Küsterhause, welche lange Zeit als Schule benutzt war, zu beziehen. Wie es mit dem Kirchhofe 1826 aussah, geht aus einer Verordnung des Bürgermeisters Ley hervor, dergemäß die willkürliche Benutzung desselben zu Holzablagerungen, Reiten, Fahren etc. als pietätwidrig strengstens untersagt wurde. Das gleiche sollte auch mit dem Markte geschehen, dessen sich namentlich der Kommandant als eines Reitplatzes und die Zimmerleute zu Baukonstruktionen zu bedienen pflegten. Er wurde neu geebnet ind mit 137 Karren Kies befahren. Die hölzernen Bänke auf demselben wurden entfernt.
Was den Vätern der Stadt am meisten Sorge machte, war die Erhaltung der Lateinschule. Leutnant Schöller suchte aus derselben das Lateinische und fakultative Griechische zu verdrängen, weil es für die Siegburger Jugend nicht in Betracht komme, und Dr. Seber, ein hektisch angelegter Herr, erlaubte sich in trüber Stimmung oft Bemerkungen, die den Eltern der Zöglinge nicht angenehm waren, auch zum Teil den konfessionellen Frieden störten. Man zog daher die Schüler zurück, und Herbst 1823 konnte man nur mit 27 arbeiten, während Ostern noch 33 auf den Bänken gesessen hatten. Im folgenden Jahre sank die Zahl sogar auf 15 Köpfe, was eine Untersuchung der Verhältnisse durch Schulrat Grashof herbeiführte. Bei der Prüfung entsprachen nur 5 der Oberklasse den gestellten Anforderungen, und die Leistungen in der Mathematik waren durchgehends schwach. Deshalb mußte Schöller seine Stelle aufgeben und dem Studiosus Lücke aus Meschede Platz machen. Die Schule befand sich wieder in der Klause, in sehr engen Räumen, die dazu noch von der Sonne arg belästigt wurden. Zwei lagen zu ebener Erde und wurden durch einen gemeinschaftlichen Ofen in der Wand geheizt, zwei unter dem Dache.
Die Irrenheilanstalt
Was die Rückkehr zu diesem Gebäude veranlaßte, war die Einrichtung einer Irrenheilanstalt auf dem Abteiberge, den die Provinzialverwaltung, soviel bekannt, für 24 000 Thaler erworben, aber sich verpflichtet hatte, bei etwaiger anderer Verwendung der Anlagen durch den Staat diesen das Ganze wieder gegen eine gleiche Summe abzutreten. Ein an der Regierung zu Köln Beschäftigter will wiederholt den Revers in der Hand gehabt haben. Das Amtsblatt vom Jahre 1824 sagt: „Des Königs Majestät haben jedoch zur Beförderung des wohlthätigen Zwecks sämmtlich Gebäude der vormaligen Abtei unentgeltlich, und die Ländereien derselben gegen Zahlung des Taxpreises der Irren-Heil-Anstalt überwiesen sowie die Verlegung des Landwehrstammes und Zeughauses auf Kosten des Einrichtungsfonds zu befehlen geruht. Von dem Königl. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten ist die Unterbringung der lateinischen Schule in der Stadt Siegburg angeordnet und aus gedachtem Fonds dazu ein Zuschuß bewilligt“ worden. Die Eröffnung der Anstalt erfolgte im Spätherbst des genannten Jahres unter der Leitung des 1856 verstorbenen, hochverdienten Geheimen Medizinalrates Dr. Jacobi, welcher sich mit besonderer Liebe und Aufopferung der Unglücklichen annahm und durch glänzende Heilresultate das Vorurteil zu zerstreuen wußte, welches die rheinische Bevölkerung anfangs der Stätte edler Menschlichkeit entgegenbrachte. Die Siegburger bewahren ihm ein ehrenvolles Andenken, und die Jacobistiftung zeugt von dem Anteile, welchen Freunde und Gönner an den Bestrebungen dieses ausgezeichneten Herren nahmen.
Die Lateinschule erhielt endlich einen Rektor in der Person des Pfarrers Pauli aus Rheidt. Die Königliche Regierung veröffentlichte dieses am 22. März 1825 in dem Kölner Amtsblatte mit den Worten;
„Um den bisherigen Mängeln der lateinischen Schule zu Siegburg abzuhelfen, haben wir dafür Sorge getragen, daß derselben zu Ostern d. J. ein Rektor vorgesetzt werde, der die Einheit des Ganzen erhalte und für die Ausführung eines angemessenen Lehrplanes sorge. Wir haben damit den Schulpfleger Herrn Pfarrer Pauli in Rheidt beauftragt, und der Anstalt unter Hinzuziehung anderer geeigneter Lehrer die Einrichtung gegeben, daß sie die vier unteren Klassen eines Gymnasiums umfasse und ihre Schüler bis zur Sekunda desselben vorbereite; diejenigen aber, welche nicht eine höhere wissenschaftliche Bildung erstreben, denjenigen Grad der Ausbildung gewinnen können, der sie zum Eintritt in ihren künftigen Beruf, oder in eine praktische Vorbereitung für denselben geschickt macht. Es ist darum auch die französische Sprache in den Lehrplan aufgenommen worden. Für die evangelischen Schüler wird der Religionsunterricht durch einen evangelischen Geistlichen gegeben werden. Bei der verbesserten Einrichtung der Anstalt bedurfte es der Erhöhung des Schulgeldes, welches der Norm desselben auf anderen höheren Schulen mehr genähert und für die Folge in der Weise bestimmt ist, daß von Ostern ab in der Quarta jährlich 6 Rthlr. preuß. Cour., in der Tertia 8, in der Sekunda 10 und in der Prima 12 von jedem Schüler und zwar in vierteljährigen Ratis praenumerando gezahlt, auch außerdem für das Winterhalbjahr 1 Rthlr. 15 Sgr. Heizungsgeld entrichtet wird. Das besondere Honorar für den französischen Unterricht fällt dagegen weg.“
Köln, den 17. März 1826.
Großer Jubel herrschte unter den besseren Ständen, und auch der gewöhnliche Mann war zufrieden, weil Rektor Pauli als Geistlicher wieder eine dritte Messe lesen und im Beichtstuhle aushelfen konnte.
Evangelischer Lehrer sollte der Seelsorger an der Irrenheilanstalt werden, dessen Stelle am 15. Januar neben der des katholischen Seelsorgers ausgeschrieben war. Dazu kam noch, daß Se. Majestät am 17. Februar desselben Jahres durch Kabinettsordre die Benennung der beiden vereinigten Kreise Siegburg und Uckerath als Siegkreis genehmigt und Siegburg als Hauptort in demselben bestimmt hatte mit dem Zusatze, daß der Nachfolger des zeitigen Landrats Wohnsitz und Büreau in Stadt selbst einzurichten habe. Dadurch hoffte man auf einen größeren Verkehr und fortschreitendes Interesse der Behörden an der Hebung des Städtchens. Das Gehalt des Rektors betrug 550 Thaler, und da die Frequenz der Schule sich noch keineswegs hob, so trug man kein Bedenken, das an der Besoldung Fehlende auf die Stadtkasse zu übernehmen und einstweilen als unvorhergesehene Ausgaben zu verrechnen. Auch die Regierung zeigte sich wohlwollend und gewährte der Anstalt einen Zuschuß von 200 Thaler aus dem bergischen Schulfonds. Pauli mußte ein Dienstsiegel anschaffen, das 2 Thaler 15 Sgr. kostete.
Ob dieser nun zu der Einsicht kam, daß unter den dermaligen Zuständen in Siegburg ein Progymnasium wenig Zweck habe, oder ob der Schulrat Grashof Beeinflussungen zugänglich gewesen war, die den katholischen Charakter der Schule zu modifizieren trachteten, muß dahingestellt bleiben, es lag ein Haar in der Suppe. Am 22. November machte die Königliche Regierung der Stadt den Vorschlag, aus der Lateinschule eine höhere Bürgerschule zu machen, wie eine solche außer zu Neuwied im ganzen Rheinlande nicht existiere, und wie sie nach der Ansicht des hohen Ministeriums auch am besten für Siegburg passe. Der Gymnasien und Progymnasien seien schon zu viele in der Provinz, als daß sie die erwünschte Schülerzahl erwerben könnten. Das wollte nun dem Kurarium nicht sonderlich gefallen, man erwog hin und her, und nachdem an sich über die Zwecke und Einrichtung der Schule aus den Beckedorfschen Jahrbüchern unterrichtet hatte, glaubte man auf die Annahme des gemachten Vorschlages verzichten zu müssen. In der Stadt und Umgegend fehle es einem eigentlichen Kaufmannsstande, und Sinn für Kunst und Kunstwerbe sei auch nicht vorhanden, so erklärte man. Keiner der sogenannten Kaufleute in der Stadt habe kaufmännische Rechte, und der Marktverkehr sei ein sehr geringer. Die Beamten, Handwerker und Bauern wollten ihre Söhne in ihrem Stande erhalten wissen und bedürften keiner höheren Bürgerschule, wohl aber würde das eine oder andere Kind zur Theologie, Medizin und Jurisprudenz bestimmt, sodaß es notwendig Latein lernen müsse. Der geringe Besuch der Schule sei eine Folge der Neuorganisierung und des noch vorhaltenden Mißtrauens gegen die objektive Haltung der Lehrer, an der man früher Ärgernis genommen habe. Der Ausstand des evangelischen Religionsunterrichts mache sich auch noch geltend und vor allem der Mangel an passenden Schullokalen. Man möge nicht außer Acht lassen, daß zwei Lehrer kaum imstande gewesen seien, die alten Schäden, wie man erwartet zu haben scheine, auszubessern. Alles wolle seine Zeit haben; man dürfe an dem Aufblühen des Städtchen nicht verzweifeln und dergl. mehr. Daraufhin genehmigte denn die Königliche Regierung die Beibehaltung der Lateinschule, drang aber auf einheitliches, planmäßiges und zweckentsprechendes Wirken der Lehrer und Besetzung der Stellen mit tüchtigen Kräften. Stolze habe sich nach einer anderen Verwendung umzusehen und müsse mit Jahresfrist seinen Posten aufgeben. Die Väter der Stadt hatten die Wahrheit gesagt und gaben sich den schönsten Hoffnungen hin; allein wer will es der Regierung verdenken, wenn sie, dem Augenschein folgend, gerechte Zweifel darüber auf kommen ließ, daß die dargebrachten Opfer ihre Sorge lohnen würden?
Örtliche und bürgerliche Verhältnisse in der Stadt
Sehen wir uns einmal das Städtchen in seiner damaligen Verfassung an, aber hüten wir uns, von der Jetztzeit Schlüsse auf die Vergangenheit zu ziehen, da nur wenige sich wohl eine rechte Vorstellung von der Ärmlichkeit desselben machen können, und noch weniger die Zustände mit Augen geschaut haben, in welchen sich die Gemeinde damals darstellte.
Vor uns liegt eine Karte, welche die Jahreszahl 1829 trägt. Auf derselben sehen wir im Westen nur den Hauhof, unmittelbar an der Sieg; jetzt ist er verschwunden mitsamt seinem schönen Baumgarten und der Allee, welche in der Richtung der gleichnamigen Straße zu ihm hinführte.
Der Hohnpott oder besser gesagt Hornpott, so genannt von einer Kalifabrik, welche der Sohn des Bauunternehmers Freymann dort anlegte, existierte damals noch nicht, und auf der Zange erblickte man nur das Fährmannshäuschen an der Sieg. An dem Mühlengraben lag das Waschhäuschen, die jetzige Dickofsche Wohnung, und seitwärts von ihm eine unbewohnte Scheune nebst einer zweiten, kleineren Scheune; im tiefen Loch die Hansensche Schleifmühle; oberhalb derselben, auf dem Hüttenufer, sah man 2 Häuser, rechts von ihnen an der Fortsetzung (jetzt Augustastraße) der Fahrgasse 3, an der Schladen 2 oder vielmehr Höfe, an der Kölnstraße, dem Heiligenhäuschen gegenüber, nur eine Wohnung; an dem Parallelwege (jetzt Mittelstraße) oben 3, vor dem Wege, der zur Dakaule führt, nach der Höhle zu, jetzt Breitestraße, 5 Hütten, eine 6. unmittelbar am Loche selbst. Die Aulgasse war schon ziemlich besetzt, aber noch weit entfernt, das lichte Aussehen zu gewähren, welches ihr die Anlage der Aggerthalstraße gegeben hat. Zwischen ihr und den beiden nächstliegenden Thoren der Stadt gab es nur Gärten, über welche das Klogkapellchen hoch hervorragte. Hinter der Dakaule, am Igelsloch, befand sich ein Kiefernwäldchen, das nach und nach abgetrieben und in Feld verwandelt worden ist. Der Lohmarer Wald glich einem Busche und ließ die Kirche des Dorfes nebst den Höhen hinter den Hirzenberge deutlich hervortreten. Der Heckershof in der Nähe des Uleroth verlor bald seine Existenz, und an den Hülsen- und Flögerhof erinnert nur noch der Name Flögerfeld nördlich von dem Beu und dem fast ganz im Sumpfe gelegenen Seehof bei der Aulgasse. Der Brungshof weist noch heute (1892) fast die gleiche Anzahl Hütten auf wie damals, während der Tönnisberg mehr bebaut ist. An der jetzigen Zeitstraße begegnete man am Klinkenberge nur der gleichnamigen Hofessiedelung und einem alleinstehenden Häuschen, da z. B. das Breidt-Achnitzsche Haus erst in den dreißiger Jahren von dem Töpfermeister Munny erbaut worden ist.
Nach Wolsdorf zu lag in der Tiefe der Neuehof; hinter ihm dehnten sich Weiher und Sümpfe aus. Auf der Papagei bauete 1835? Imhof eine Scheune, wozu ein gewisser Weber 1862 Wohnung und Stallung fügte. Das Rolffssche Etablissement entwickelte sich vom Jahre 1840 ab, als die Besitzer einer Kattundruckerei in Köln, Christian Gottlieb Rolffs und Komagnie, sich veranlaßt sahen, die durch den Wellenschlag des Rheines gefährdete Wäscherei daselbst an ein ruhigeres Gewässer zu verlegen und dazu den Mühlengraben unter dem Abteiberge auserwählten.
Das Terrain hieß in der Hühnerlage. Weiter seitwärts lag das Steinendeichgut von Clasen, welches 1841 hinzugekauft wurde. Nachdem nun zur Schaffung eines zusammenhängenden Areals ein Teil des Grund und Bodens gegen Ländereien der Irrenheilanstalt ausgetauscht war, wurde das ganze Terrain Siegfeld genannt. Vor dem Mühlenthore erblickte man außer den Mühlen nur ein aus rohen Baumstämmen zusammengefügtes Bleichhäuschen. Auf dem Bahnhofsterrain standen Erlen. Die Stadt selbst schloß noch eine circa 7 Meter hohe Mauer ein, im Norden und N.-W. umgeben von dem schmutzigen Spülgraben, zwischen den Mühlen und dem Kölnthore von dem Thierbungert. Die Muttergottes-Kapelle hatte noch keine andere Nachbarschaft als die Lohgerberei von Philipp Diezgen, welche heute Wohnungen Platz gemacht hat und rückwärts verlegt worden ist. Die Thore waren eng und niedrig, sodaß hochbeladene Frachtfuhrwerke das Grömmelzthor z, B. nicht passieren konnten.
Diese mußten sich mühesam um die Stadt herumwinden und liefen beim Kapellchen Gefahr, über die niedrige Einfassungsmauer an der Stelle in den Spülgraben zu schlagen. Pflaster zeigten die wenigsten Straßen oder vielmehr Gassen, wie sie damals noch hießen, und von Trottoiren war keine Spur zu finden.
Den Namen Blumenthal soll der Eingang vom Kölnthore her bis zum Markt von dem Schmutz bekommen haben, welcher sich hier breit machte. Die jetzige Zeughausstraße war gar nicht ausgebaut, und an der Kaplaneistraße (jetzt Annostraße) standen zu Anfang und Ende nur je zwei kleine Häuser. Der Neue Weg (jetzt Kaiserstraße) zum Grömmelzthore zeigte die Rückseiten der Häuser von der Sebastiansgasse, und was an ihm selbst von Bauwerken entstand, war so winzig und niedrig, daß sie einer Stadt fast unwürdig erschienen.
Steinerne Gebäude gab es nur drei oder vier, außer der Pastorat. Einzelne hatten einen massiven Unterbau wie das von Fußhöller, Ley und der Herrengarten; die meisten bestanden aus Holzfachwerk, zum Teil mit übergebautem Oberstock und nochmal vorspringendem Giebel. Die Hausflur ließ die Eintretenden auf Estrich stehen, die Küche zeigte noch keinen Steinbelag, viel weniger hölzernen Fußboden, sondern ebenfalls Estrich von Lehm und Thon gemischt. Strebt man heutzutage nach hohen, luftigen Räumen, so war früher das Gegenteil der Fall, und der Cylinderhut würde in arge Berührung mit der Stubendecke gekommen sein, wenn ein sechsfüßiger Rat sich eine Unhöflichkeit erlaubt hätte. Werkstätte und Wohnstube bildeten bei den meisten Handwerkern dasselbe Lokal; die Warenvorräte hielten die Krämer in Schränken und Theken, wie man sie vielfach noch in einem Dorfe antrifft, und in den Wirtsstuben setzte sich der Gast neben die Hausfrau, welche strickte, spann oder Kartoffeln schälte. Ein mattes Öllämpchen erhellte den dumpfen Raum und verhinderte den Blick in die Karten, mit denen man fleißig spielte.
Die Bessergestellten tranken nur Wein, das Bier war schlecht und der Schnaps fuselhaltig. Wollte man sich einen Frühtrunk leisten, so nahm man wohl das Butterbrot mit in das Wirtshaus und scheuete sich auch nicht, mit der Zipfelmütze auf dem Kopfe, ohne Rock oder Jacke das Lokal zu betreten. Restaurationsschnittchen zu essen, hätte man für eine Sünde gehalten, die kannte man einfach noch nicht, wohl aber einen salzigen Häring. Zu Hause kam wöchentlich etwa 3 mal Fleisch auf den Tisch, des Sonntags Rindfleisch, sonst Speck von selbst gezogenen Schweinen. Ein achtzigjähriger Siegburger erzählt, jetzt bekäme ein Geselle an einem Tage mehr Fleisch vorgesetzt, als damals in der ganzen Woche.“ Die Hauptnahrung bestand in Hülsenfrüchten, Mehlspeisen, Kartoffeln, Suppen von Gerste, Hirse und Hafergrütze, dazu Pflaumen und anderes getrocknetes Obst. Statt des Kaffee, der von den besseren Ständen wohl getrunken wurde, bereiteten sich die mittleren und vollends erst die ärmeren Klassen einen Haferschleim, wenn es hoch ging, auch eine Suppe von Weizenmehl. Man nannte sie „Wärmb“ und verspeisete sie namentlich des Morgens. Das Weißbrot bildete einen Leckerbissen, den man sich an Kirmes und hohen Festtagen erlaubte; für gewöhnlich aß man nur Schwarzbrot, welches die Hausfrau selbst zubereitete. Man hört so haufig die Behauptung aufstellen, daß es eine Zeit gegeben habe, wo der Knecht oder die Magd sich vorzubehalten pflegten, nur einmal wöchentlich mit Fisch traktiert zu werden. Das klingt nicht unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß damals die Flüsse noch reichlich Makrelen, Gußhechte, Alsen oder Maifische, Forellen und vor allen Lachse lieferten, und ein Fischer in Mondorf allein für 2100 Reichsthaler Alsen im Jahre gefangen haben soll. In Menden wurde die zu einem Gute gehörige Fischerei 1824 noch auf 62 Thaler angeschlagen, und bei Siegburg war der Lachsfang um so, ergiebiger, als die hohen Deiche in der Agger und in der Sieg ein Ansammeln der oft 30 Pfd. schweren Fische herbeiführte, weil sie nicht gut hinüber konnten. Man fing sie in Streichnetzen oder Hebegarnen, Blitze genannt, und die Buisdorfer „Ströpper“ auch in Schlingen.
Der frühere Besitzer des Deichhauses, Krumbach, will in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts einmal 103 Lachse in einem Zuge mit seinem großen Netze gefangen haben. Schreiber selbst erinnert sich noch, wie in den siebziger Jahren Herr Sperpig an der Stelle einen Lachs von 43 Pfd. gefangen hat.
Die Makrele wurde bis 1860 weniger beachtet, obgleich sie in großen Zügen herankam. Die Fischereipächter überließen sie der beutelustigen Jugend, welche auf den Ruf: die Makrelen kommen! in ganzen Scharen zu den Flußwehren eilte und mit allen möglichen Instrumenten, Rechen, Spießen, bodenlosen Körben etc sich des Tieres bemächtigten. Man warf den Korb über die dicht gedrängten Fische, drückte ihn fest auf den Grund und holte sie mit den Händen durch die obere Offnung heraus.
In den dreißiger Jahren kostete eine Lachsforelle ungefähr 8 Sgr., ein Maifisch, 3 – 4 Pfd. schwer, 20 – 30 Pfg.
Ähnlich ging es mit dem Wild, das in großer Menge durch Wald und Flur streifte. Ein Rebhuhn kaufte man leicht für 25 Pfg., einen Hasen für 10 Sgr., ein Gebund Krammetsvögel für 2 ½ Sgr., einen starken Rehbock für 5 – 6 Mark nach unserem jetzigen Gelde, eine Schnepfe schon für 80 Pfg. Der wilden Enten, Bekassinen und anderer Sumpfvögel gab es in der Einsenkung des Rotenbachs von der Agger bis zur Wolsdorfer Trift so viele, daß kein Jäger nach Hause kam, ohne wenigstens einige an der Jagdtasche hängen zu haben. Ein Herr hat mir erzählt, daß er noch 1864 mit vier anderen Jägern an einem Tage des Monats Juli dort 50 junge Enten erlegt habe, ohne daß er sich auf Jägerlatein verstand. Gegenwärtig, wo die Sümpfe ausgetrocknet sind, dürfte es schwer halten, in einer Woche dort ein Dutzend aufzutreiben, geschweige denn zu erlegen. Der Schnepfenstrich hat vollends nichts mehr zu bedeuten, aber ein verirrtes Stück Schwarzwild leitet noch dann und wann auf die Fährte und sinkt von der Kugel durchbohrt nieder. Die Jagden waren verpachtet und bildeten schon verschiedene Distrikte; die Beute wanderte meistens nach Köln, weil die Siegburger Hausfrauen etwas anderes zu thun hatten, als Braten zu spicken.
Man trieb Gartenbau und Ackerwirtschaft, und selbst die Handwerker sahen sich genötigt, dieser Arbeit für sich obzuliegen, um stets Beschäftigung zu haben. Ein Morgen gutes Land trug etwa 5 – 6 Rthlr. Pacht, und auf dem Wießberge, nördlich von dem Tönnisberge, wo jetzt die Kiesgruben sind, wurde der Morgen Erbland, als es zur Teilung ging, zu 17 Rthlr. angerechnet. 1872 wurde er zu 1000 Thlr. verkauft. Die Früchte reichten freilich nicht aus, die Bevölkerung zu ernähren, aber sie lieferten immerhin das Nötigste, und die Mahlmühle sorgte für weiteren Bedarf. Auffallend teuer war die Butter gestellt, da nur wenig zu Markte gebracht wurde, während ein Kalb doch nur 3 – 4 Mark, eine gute Milchkuh 70 – 90 Mark jetzigen Geldes kostete. Ein starker Zugochs kam auf 90 – 120 Mark zu stehen, ein Schwein von 180 Pfd. auf 30, ein fetter Ochs auf 75 – 100 Mark. Das Pfund Kalbfleisch kostete 10 – 12 Pfg., Rindfleisch 15 – 20, Schweinefleisch 20 – 25 Pfg., denn die Metzger wollten auch etwas verdienen. Es gab ihrer 2 in Siegburg, deren Hauptabsatz nach der Irrenheilanstalt ging, der gewöhnliche Mann kaufte bei den Juden. 1824 gab es ihrer 19 Familien, 1809 nur 10, dagegen 1841 schon 38 Steuerzahler. Sie handelten mit allem Möglichen und hatten fast allein Ellenware feil.
Die besten Geschäfte machten die Lohgerber, etwa 5, dazu zwei Weißgerber, Hagen und Schwerzgen, wenn letztere noch existierten. 1812 versteuerten diese 300 beziehungsweise 250 Schaffelle; erstere: Scherpig 250 Kuh- und 150 Kalbfelle, Kesseler 80 und 60, Dietzgen 280 und 200, Königs 100 und 80, Holzem 120 und 100 von den entsprechenden Sorten.
Die Schreiner arbeiteten nur auf Bestellung mit Ausnahme von Sterzenbach, der auch in Schnitzarbeit machte. Lövenich bediente sich seiner zur Herstellung von Formen bei der von ihm betriebenen Töpferei, und mancher Krug ist damals als alte Kunstware in die Welt gewandert, obgleich er der neuesten Zeit angehörte.
Die Hauptwirtschaften bildeten der Stern und der Herrengarten neben verschiedenen Bierlokalen. Man machte an sie keine großen Ansprüche, weil z. B. das alte Hövelersche Haus in der Kaplaneistraße auch eine Weinstube darbot und trotz des schlechten Weges zu ihm von den Altbürgern besucht wurde. Spötter meinten, es geschähe deshalb, damit die Frauen die Gäste nicht abholen kämen, weil man bei schlechtem Wetter von einem Steine zum andern in der ungepflasterten Straße hüpfen mußte. Eine Flasche Wein kostete 40 – 50 Pfennige und war jedenfalls ebensogut, wie heutzutage eine viel teurere.
Die Kaufleute beförderten ihre Ware gelegentlich durch die Holzflößer oder auf Schiebkarren von Köln her, und gingen auch selbst wohl mit der Kiepe hausieren. Als daher Mitte der dreißiger Jahre ein gewisser Brodesser sich entschloß, statt der Schiebkarre einen Frachtwagen zwischen Köln und Siegburg fahren zu lassen, war das ein Ereignis von nicht geringerer Bedeutung als das Erscheinen der ersten Lokomotive auf der Eisenbahn, welche eine Gegend erschließen soll. Aber Freymann sorgte auch für bessere Wege, und die Poststraße war leidlich. 1828 fiel das Brückengeld bei der Aggerbrücke, und das Chausseegeld wurde um den Betrag für eine halbe Meile erhöht. Nach Bonn war im schlechten Winter kaum durchzukommen. Schlaglöcher und Geleise machten den Feldweg unfahrbar. Von dort bezog man meistens die Kohlen, und eine Fuhr von 4 – 5 Malter kostete 2 Mark, mitunter etwas mehr, die Steinkohlen per Malter 2 Mark 80 Pfg. Das Buchenscheitholz war in Siegburg verhältnißmäßig teuer, die Klafter kam auf 12 – 15 Mark zu stehen; Buchenknüppelholz kostete 9, Weichknüppelholz 6 – 7 Mark; 100 Schanzen 3 – 5 Mark. Man brannte aber vielfach Rasentorf, dessen Aushebung und Trockenstellung den Drieschern und Aulgassern im Sommer viel zu schaffen machte. Das größte Lager fand sich im Lohmarer Bruch, in dem Thale der Rotenbach, welches deshalb in den heißen Monaten gar sehr belebt war. Auch die Städter beteiligten sich an der Arbeit, da man das Brennmaterial namentlich zur Warmhaltung des Viehfutters liebte. Die Löhne für das Dienstpersonal waren sehr gering.
Ein erfahrener Ackerknecht bekam etwa 30 Thaler, ein Anfänger 10 – 12.
Die Mägde erhielten je nach ihrer Tüchtigkeit 1/3 bis ½ weniger als die Knechte, aber dazu sogenannte Lievnisse, 1 Paar Schuhe, 2 gefärbte Schürzen und 2 Hemden, oben von Leinen, unten von Werg, „Werken-Ungersch“. Die Wäscherin bezog für 12 – 14 stündige Arbeit neben der Kost 25 – 35 Pfennige, ein Taglöhner desgleichen, unter Umständen auch mehr; ein Handwerksgeselle bekam wöchentlich 15 – 25 Sgr. Schließen wir unseere Betrachtungen der damaligen Verhältnisse und bemerken wir nur noch, daß Siegburg rund 2500 Einwohner hatte d. h. die Bürgermeisterei. 1815 waren es 2437, 1834 nach dem Rheinischen Provinzialblättern 2600, und der Siegkreis hatte 65 000. Pflegt sich die Landbevölkerung schwächer zu vermehren als die einer Stadt, so vergleiche man die Einwohnerzahl der übrigen Bürgermeistereien des Kantons Siegburg vom erstgenannten Jahre. Damals hatte Sieglar 2903, Niederkassel 2977, Lohmar 3364 und Wahlscheid 1903 Bewohner. Wie viele mögen von diesen in der Lage gewesen sein, einen Sohn nach Siegburg in die Lateinschule zu schicken, da man 60 – 70 Thaler Kostgeld verlangte?
Aus den Bergen war erst recht nichts zu holen, und wer die Mittel besaß, einen Sohn ans Gymnasium oder zur Universität zu senden, der ließ ihn lieber privatim durch einen Ortsgeistlichen unterrichten, um mehrere Jahre Auslagen zu sparen, als daß er ihn aus dem Hause gegeben hätte. Im letzten Jahre waren daher keine neue Zöglinge aufgenommen worden, und als Schulrat Grashof am 27. Juli 1826 erschien, um eine Prüfung der Anstalt vorzunehmen, konnte er nur 21 examinieren, darunter 5 evangelische und 2 auswärtige. Das schien ihm nach den gemachten Anstrengungen für den Fortbestand der Schule zu wenig, er schlug abermals die Umwandlung derselben in eine höhere Bürgerschule vor.
Pauli sähe sich nach einer anderen Thätigkeit um, und Stolze und Lücke müßten abgehen, so sagte er; wenn je, so sei jetzt der richtige Augenblick gekommen, mit dem Alten aufzuräumen und etwas Besseres an seine Stelle zu setzen; man solle sich kurz entschließen und das Neue probieren.
Aber keiner war zäher als das Siegburger Kuratorium. Es wies darauf hin, daß unter den gegenwärtigen Schülern allein 12 die Universität besuchen wollten, und daß deren Eltern, meistens Beamte, dadurch in die Zwangslage kämen, entweder dieses Ziel nicht weiter zu verfolgen, oder sich den notwendigen Aufwand vor der Zeit schon am Munde abzusparen. Die schriftlich eingereichten Gründe für ihre Ansicht beständen noch zu Recht, und man bäte dringend um Erhaltung der alten Form.
„Ja, dann müßten doch die beiden genannten Lehrer das Feld räumen”, meinte der Schulrat, die Gehälter seien zu gering, um ein anständiges Leben zu gestatten. Wolle man die Schule beibehalten, so müßten Quarta und Tertia kombiniert werden. Bei dem in Aussicht genommenen Schulbau werde die Mietsentschädigung wegfallen und dadurch eine Ersparnis von 200 Thalern eintreten; alle übrigen Bedürfnisse ließen sich mit 250 Thaler decken. Der Rektor müsse künftig 500, die zwei anderen Lehrer 400 und 300, der Schreiblehrer 60 und der Schuldiener 20 Thaler Gehalt beziehen. Wäre man damit zufrieden, so werde er bei der Regierung die betreffenden Anträge stellen.“ Selbstredend ging das Kuratorium darauf ein, weil der Schulbau zunächst in Frage stand und damit das Weitere sich finden werde. Von der Umgestaltung der Klausenkirche zu dem Zwecke hatte man Abstand genommen und das baufällige Rathaus zum Opfer gebracht. Der Bauunternehmer Clouth berechnete die Kosten auf 3431 Thaler 26 Sgr. 11 Pfg. und mit Entschädigung der Nachbaren für 2 zu erwerbende Bauplätze an der Kaplaneistraße, deren Häuser auf den Stadtgarten gesetzt werden sollten, auf 4097 Thaler 8 Sgr. 5 Pfg. Es sind das die beiden zwischen dem Gymnasium und der Direktorialwohnung stehenden Häuser der damaligen Besitzer Wolf nd Staf, jedes zu 307 Thaler 20 Sgr. 9 Pfg. im Umbau veranschlagt.
Die 6 Fuß breite Gasse zwischen der Gymnasialremise und dem ersten Hause gehört der Stadt und dem Eigentümer des letzteren gemeinschaftlich.
Die Dachtraufen von jener dürfen hineinfallen. Als Mittel zum Bau waren vorhanden: 2000 Thaler von der Irrenheilanstalt, als Entschädigung für die Wegnahme des früheren Schullokals, 1304 Thaler 19 Sgr. 8 Pfg. im Schulfonds, und zwei Beilagen von 500 und 600 Thaler seitens der Stadt, wozu noch aus dem Erlös für die Baumaterialien vom alten Rathause 60 Thaler kamen, Summa 4114 Thaler 19 Sgr. 8 Pfg. Ohne Zögern ging man ans Werk, und 1827 wurde der Bau für 7700 Thaler fertiggestellt. Die Schulkasse lieferte einen Beitrag von 1480 und die Stadt einen solchen von 3920 Thaler. Der größte Keller unter dem Gebäude sollte als städtischer Weinkeller dienen. Die beiden Wappen von dem Rathause befinden sich jetzt, das eine vom Hauptportale (Vergl. Abbildung 05 unten das Wappen Wilhelms von Hochkirchen) an der Pförtnerwohnung der Schützenburg, das andere von der Giebelfront, wie schon erwähnt, an der Schützenburg selbst, nachdem es lange in Sterzenbachs, dann in Uhrmacher Beckers Keller zertrümmert gelegen hatte. Der Stadtrat Karl Becker nahm sich seiner an.
Rektor Pauli ging Herbst 1826 an das Lehrerseminar zu Brühl ab, und an seine Stelle trat provisorisch mit 450 Rthlr. Gehalt Franz Huberti, nachdem man den Vorschlag der Regierung, einen evangelischen Kandidaten der Theologie, welcher auch zugleich Griechisch und Latein in Tertia und Quarta übernehmen könnte, mit Erfolg bekämpft hatte. Die Empfehlung eines katholischen Geistlichen vom Gymnasium zu Neuß war umgelehrt zurückgewiesen worden. Am 12. Oktober wurde die dritte ordentliche Lehrerstelle zu einer etatsmäßigen erhoben und dem Inhaber derselben außer freier Wohnung im Schulgebäude ein Gehalt von 300 Rthlr. durch den Minister zugebilligt. Dieselbe erhielt am 22. März 1827 der evangelische Schulamtskandidat Beyda aus Altenkirchen, und da Dr. Seber brustleidend war, wurde Gerhard Brambach aus Siegburg, der eben sein Triennium an der Universität absolviert hatte, gegen eine Remuneration von 12 Rthlr. monatlich zur Vertretung zugelassen.
Am 19. Mai 1828 fand sich wieder der Schulrat Grashof ein, um eine Verbindung der Lateinschule mit den Elementarklassen zur Sprache zu bringen und dadurch seinen Plan hinsichtlich der Errichtung einer höheren Bürgerschule in der Stadt auszuführen. Alle Einwendungen des Bürgermeisters halfen nichts. Das Gnadengeschenk Sr. Majestät, erklärte er, sei nicht unwiderruflich und nur auf Siegburgs Schulzwecke im allgemeinen berechnet. Der Stadt thue eine Schule not, die für das praktische Leben ausbilde; man müsse die Studierenden zurückhalten anstatt sie zu begünstigen. Die Lehrer der Schule wurden herbeicitiert und über ihre Ansichten hinsichtlich des neuen Vorhabens der Regierung befragt.
Huberti, Seber und Mohr, welcher den Gesangunterricht leitete, erklärten sich bereit, die ihnen eventuell zufallenden Unterrichtsstunden nach der Neuorganisation zu übernehmen, dagegen Beyda verlangte Bedenkzeit. Die Elementarschule sollte in das Gymnasialgebäude verlegt werden und Mohr und Seber darin Wohnung beziehen. Ersterer erhielt einen Gehülfen mit 100 Rthlr. Gehalt in Aussicht gestellt. Daraufhin annoncierte Huberti am 4. Oktober in der Zeitung „autoritate Grashofs die Lateinschule als eine höhere Bürgerschule und die Regierung genehmigte sie am 14. Oktober nach dem im Mai festgesetzten Plane. Huberti übernahm 12 Stunden Mathematik und 8 Stunden Naturlehre, Beyda je 8 Stunden Französisch, Deutsch und Geschichte resp. Geographie, Mohr Gesang und Schreiben in je 2 Stunden, Frühling 4 Stunden Zeichnen, Kaplan Müller 4 Stunden Religionslehre und Seber 6 Stunden Latein und 2 Stunden Griechisch. Es waren damals 48 Schüler vorhanden. Der Tod Sebers und Beydas führte am 8. Mai 1829 Brambach zurück, welcher unterdessen das Examen pro facultate docendi bestanden hatte. Huberti und letzterer teilten sich in die ausgefallenen Stunden gegen je 50 Rthlr. Remuneration, und am 8. September stellte ihnen die Regierung 600, beziehungsweise 400 Rthlr. Gehalt in Aussicht, wenn die Anstalt auf zwei Lehrkräfte beschränkt würde. Die Unzufriedenheit derselben mit den geringen Leistungen der Schule suchte Huberti auf die Neuorganisation der Schule und die Vorurteile der Bürger gegen dieselbe zurückzuführen und verzichtete, da er sich ohne Konsens der Regierung verheiratet hatte, auf jedwede Unterstützung für seine eventuelle Witwe.
Am 16. Februar 1831 verlangte die Regierung den Nachweis, daß der Staatszuschuß noch nötig sei, sonst wolle man ihn anderen Lehranstalten, welche Erfreulicheres leisten, zuwenden und drang am 15. Juni auf Besetzung der Rektorstelle. Zu dieser meldeten sich auf ein öffentliches Ausschreiben acht Bewerber, darunter der evangelische Rektor der höheren Bürgerschule zu Hückeswagen namens Kortegarn, den die Regierung in Vorschlag gebracht hatte. Das Kuratorium nahm Anstoß an seiner Konfession und bat um Belassung des damaligen Verhältnisses. Hierin willigte denn auch die Regierung auf ein Jahr ein, bis Huberti und Brambach, um was sie sich zu bemühen hätten, eine andere Stelle erworben haben würden. Alsdann sollte aber die definitive Umwandlung de Schule vor sich gehen. Mohr müsse ganz der Elementarschule wieder gegeben werden, und 20 Sextaner genügten nicht, die Schule zu halten.
Das Zeughaus
Es thue Bildung für das Leben not. Man rieb sich die Köpfe und konnte sich das Vorgehen der Regierung gar nicht erklären. Siegburg ging doch nicht zurück; die Beamten vermehrten sich; eben war man mit dem Bau des Zeughauses beschäftigt; die Landratur sollte nächstens in die Stadt verlegt werden; Siegburg war die Hauptstadt eines der größten Kreise der Rheinprovinz und sollte kein Progymnasium haben?
Man maß die Schuld allein dem Regierungs- und Schulrat Grashof bei, der die Interessen der Stadt verkenne und die Zukunft zu wenig ins Auge fasse.
Nachdem das Jahr verlaufen war, drohete die Regierung wirklich mit Einziehung von 700 Thaler aus dem zugewiesenen Fonds, weil das hohe Ministerium sich überzeugt habe, daß ein Progymnasium in Siegburg kein Bedürfnis sei; es sollten 96 Rthlr. 24 Sgr. 9 Pfg. zur Erhohung der von Bullingschen Pension und 252 Rthlr. 27 Sgr. 4 Pfg. zur Erweiterung der Siegburger Elementarschulen verwandt werden.
Das brachte den Stadtrat außer sich, und man beschloß einstimmig eine Immediateingabe an Seine Majestät. Eine zweite Petition wurde an den Herrn Oberpräsidenten gerichtet, damit er sich der schwer gedrückten Stadt annähme, woraufhin denn das hohe Ministerium am 13. Oktober 1831 von der Königlichen Regierung zu Köln eingehenden Bericht über die Schulangelegenheit zu Siegburg verlangte und die Stiftirung der Schulumwandlung bis zur Allerhöchsten Resolution anordnete. Diese erfolgte am 20. November, und die Stadt erhielt von Berlin die Nachricht, daß
„Auf die Immediatvorstellung des Stadtrates und der Bürgerschaft zu Siegburg vom 31. März c. wegen Erhaltung der dortigen höheren Stadtschule des Königs Majestät mittels Alle höchster Kabinettsordre vom 20. v. Monats Allergnädigst zu bestimmen geruht habe, daß zuvörderst ohne Beschränkung des einmal bewilligten Zuschusses die Schulanstalten zu Siegburg in solcher Weise zu organisieren seien, als es sich für das Bedürfnis der Stadt und der Umgegend am zweckmäßigsten und nützlichsten zeigen werde, und erst dann, wenn es feststehe, daß nach Erreichung dieses Zweckes von dem bewilligten Zuschusse ein Teil übrig bleibe, auf anderweitige Verwendung desselben anzutragen sei“. „Indem das Ministerium, so heißt es weiter, dieses dem Stadtrathe und der Bürgerschaft hiermit eröffnet, bemerkt es zugleich, daß die Königliche Regierung zu Köln beauftragt worden ist, zur zweckmäßigen Organisation des dortigen Schulwesens die nötigen Einleitungen zu treffen.
Daß das Mißlingen der mit der höheren Stadtschule bisher gemachten Versuche, deren Hauptplan nicht, wie in der Immediateingabe ungehörig bemerkt worden ist, mehrmals, sondern nur einmal aus guten Gründen verändert worden, in Umständen begründet war, die zwar in dem Erfolge, nicht aber zum voraus sich als ungünstig erkennen ließen, wird bei ruhiger Erwägung dem Stadtrath und der Bürgerschaft nicht entgehen, und um so eher darf das Ministerium erwarten, daß sie die gemachten Erfahrungen benutzen und sich angelegen sein lassen werden, die Bemühungen der Behörden zu unterstützen, um so der Allerhöchsten Absicht so vollkommen, als es nach den Umständen möglich sein wird, zu entsprechen. Berlin, d. 1. Dezember 1831.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, Unterrichts-Abteilung. Nicolovius.“
Die Bürger jubelten und vergaßen darüber den Kirchendiebstahl, welcher wochenlang das Tagesgespräch in den Familien und in den Wirtshäusern gebildet hatte. Es war das silberne Schiffchen zum Weihrauchsfaß, die Krone des Muttergottesbildes und das Szepter, der eine und der andere Leuchter, ohne daß er von Silber war, aber er war versilbert, mitgenommen worden und keine Spur von dem Verbleibe der Gegenstände zu entdecken. Man tröstete sich damit, daß das Heiligste selbst unberührt geblieben war und das Tabernakel gehalten hatte.
Die Aufregung wegen der Einschleppung der Cholera von Holland her hatte sich gelegt. Die Krankheit hatte in der Rheinprovinz nur wenige Opfer gefordert, während aus Ostpreußen die traurigsten Nachrichten darüber einliefen und die Regierung allerlei Vorsichtsmaßregeln zur Bekämpfung derselben anordnete.
Die Hospitalsangelegenheit kam daher wieder zur Sprache; die von Schirp- und Wallrafschen Vermächtnisse wurden auf ihren Bestand geprüft, die Klause untersucht und von Heene eine Neueinrichtung entworfen, aber das Kapital mit Zinsen deckte kaum ein Drittel der Kosten, und die alten Räume, welche vermietet waren, schienen mehr geeignet, die Krankheit zu befördern als zu heben. Mit dem Verzuge der Gefahr blieb daher alles beim Alten und noch 20 Jahre sollte es dauern, ehe das wohlthätige Institut ins Leben gerufen wurde. Am 2. Januar 1832 beabsichtigte die Königliche Regierung auf Grund obiger Ministerialverfügung die Neuorganisation der Schule in der Weise vorzunehmen, daß 5 Klassen gebildet würden, von dener beiden oberen die Aufgabe einer Mittelschule zu lösen hätten. Der Rektor und der erste Lehrer sollten akademisch gebildete Herrn sein, die übrigen Lehrer Zöglinge eines Lehrerseminars, mit einem Gehalte von 550, 400, 280, 170 und 150 Thaler. Zur Leitung derselben wurde der Gymnasiallehrer Schneider vom Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln berufen, da er sich in Brühl mit dem Organismus des Elementarwesens vertraut gemacht hatte. Er trat am 15. Oktober ein und ward zur Erleichterung des Geschäftsbetriebes auch zum ordentlichen Mitgliede des Kuratoriums ernannt, nachdem am 6. Februar bereits der evangelische Prediger Vogt von der Irrenheilanstalt eingeschoben war. Am 2. Dezember 1833 folgte als ordentlicher Lehrer im Kollegium Gerhard Brambach, und Pfarrer Engelmann, Eskens Nachfolger, erhielt die Leitung des Religionsunterrichts. Die Bestrebungen der akademisch gebildeten Herrn, die oberen Klassen bis zur Gymnasial-Tertia zu erweitern, fanden am 3. August 1834 insofern die Genehmigung der Regierung, als man davon Abstand nehmen würde, den Gymnasialcharakter der Schule in irgend einer Weise hervortreten zu lassen, es gäbe genug Studierende; aber man hoffte mit dem kleinen Finger die ganze Hand zu bekommen und arbeitete mutig darauf los.
Eine höhere Töchterschule
Um auch der weiblichen Jugend eine weitere Ausbildung zu gewähren, als sie in der Elementarschule leicht gewonnen werden konnte, war am 1. April 1833 eine höhere Töchterschule ins Leben gerufen, an der Rektor Schneider, Gerhard Brambach, Mohr, Dilgen und Kaplan Hertel unterrichteten. Sie bildete einen Teil der Stadtschule und war ziemlich stark besucht; aber wie es denn zu geschehen pflegt, wenn einmal die gewünschte Schüler- oder Schülerinnenzahl nicht vorhanden ist und die Unkosten sich nicht lohnen, so ging es auch mit dieser Einrichtung.
Die Regierung ließ sie nur als ein Privatunternehmen der beteiligten Lehrer und Lehrerinnen bestehen und kümmerte sich wenig um ihren Fortbestand. Traurig sah es 1834 noch mit den Klassenräumen der Mädschenschule aus. Hatten die Knaben die schönen Säle in dem Gymnasialgebäude inne, so durfte man das schwächere Geschlecht in der Klause doch auch nicht länger gleichgültig behandeln. Es fragte sich nur, wohin damit.
Freyman machte den Vorschlag, ein drittes Stockwerk auf die neue Schule zu setzen und die Klause entweder zu versteigern oder der Armenverwaltung zu Hospitalszwecken zu überlassen. Der Abbruch der Klausenkirche gäbe Material zu dem Stockwerk und der Verkauf des Platzes sowie des anliegenden Gartens, 72 Quadratruten zu a 10 Thaler, das nötige Geld; für 1800 – 2000 Rthlr. lasse sich der Aufbau ausführen, während ein Neubau 3600 – 4000 Thaler kosten werde. Das schien auch dem Schulrat Grashof einleuchtend, so daß er die Sache näherer Erwägung anheim gab; aber mit dem Überlegen kam man nicht weit von der Stelle. Der Garten sollte beim Hospitale bleiben, und das von Abraham Josue vermachte Kapital von 4000 Thalern zu gunsten der Armen beiderlei Konfession konnte nicht zu diesem Zwecke verwandt werden. Es fehlte also an Geld, und die Vereinigung von Mädchen und Knaben in demselben Gebäude, wenn auch bei getrennten Eingängen, schien die Erziehung keineswegs zu begünstigen.
Man wollte daher lieber einen anderen Raum mieten oder sich einstweilen noch behelfen. Die Schulden der Stadt betrugen 1838: 6754 Rthlr. 20 Sgr. 5 Pfg., zu deren Verzinsung allein 304 Rthlr. 14 Sgr. 8 Pfg. aufgebracht werden mußten. Die jährlichen Einkünfte an Grundzinsen resp. Pachtgeldern beliefen sich auf 19 Rthlr. 6 Sgr., die Miete von Gebäuden auf 33 Rthlr., die Grundrenten auf 14 Rthlr. 15 Sgr. 10 Pfg., die Markt- und Standgelder auf 37 Rthlr,, Summa auf 106 Rthlr. 21 Sgr. Die Umlagen bezifferten sich 1835 auf 2573 Rthlr., 1836 auf 2798 und 1837 auf 2502 Thaler bei einer zu zahlenden Grund- und Klassensteuer von 2349, 2717 und 2714 Thaler in den entsprechenden Jahren, sodaß also für die Gemeindebeiträge im Durchschnitt über 100 % der letztgenannten Steuern aufgebracht werden mußten.
Das war für die damalige Zeit viel, und der kleine Mann seufzte noch mehr als der wohlhabende, für den schon ein Besitzer von 3 – 4 Tausend Thaler Vermögen galt. Der christliche Kaufmannsstand war erst im Entstehen, die Bestellung des Ackers brachte wenig ein, der Marktverkehr war ein äußerst geringer und sozusagen nur auf den Frühjahrs- und Nikolaimarkt beschränkt; es darf daher nicht Wunder nehmen, wenn ein Ahlefeld z. B. neben dem Tagelöhner an der Ausbesserung der Wege arbeitete und Scharwerksdienste verrichtete.
Das Postwesen
Die Post lieferte erst 10 Jahre später, als die Verhältnisse sich schon bedeutend gebessert hatten, täglich ungefähr 70 Briefe und 10 Pakete resp. Geldsendungen. Sie befand sich auf der Kaiserstraße in dem Alsschen Hause und wurde durch einen Postgehülfen und einen Briefträger bedient; auf das Land wanderten drei Bestellboten.
Bis 1836 kursierte eine Schnellpost zwischen Köln und Siegburg, ward aber am 15. Oktober bis Altenkirchen ausgedehnt. Es war ein 4 sitziger Wagen. Gab es der Reisenden mehrere, so wurde ein Beiwagen angespannt. Das Fahrgeld betrug für die Person per Meile 8 Sgr. Dazu konnte man aber noch nicht täglich die Gelegenheit benutzen, sondern nur Montags, Dienstags und Samstags bergaufwärts, an den 3 anderen Wochentagen zurück nach Köln. Den Pferdewechsel besorgte der Posthalter Imhof am Markt, in dem jetzigen Davidschen Hause. 1836 erbaute Dobbelmann den Nassauer Hof gegenüber dem Neuen Weg, und imponierte durch den stattlichen Bau gar sehr dem reisenden Publikum. Die Wirtsstube im Stern war ein schmaler Raum und wenig einladend, der Herrengarten zu abgelegen und zeichnete sich nur durch seinen Tanzsaal aus.
Man konnte aber in allen Gasthäusern für 5 – 6 Groschen Nachtquartier haben, und der Wein war nicht schlecht. Es mochte den Kölner Herrn, welche die Irrenheilanstalt revidierten, und ebenso dem Schulrat Grashof recht ärmlich vorkommen, wenn sie in solchen Räumen sich aufhalten mußten, und auf den Straßen fast niemanden als den Kleinbauer oder Bettler erblickten. „Es scheine, so erklärte jener am 8. Juni, eine Tertia in der Richtung einer Gymnasialbildung durch die örtlichen Verhältnisse nichts weniger als begründet.
Man müsse auf die Ersparnis von Geldmitteln bedacht sein und wenigstens die Stadtkasse nicht weiter in Mitleidenschaft ziehen. Der im Ministerialrestripte vom 1. Dezember 1831 vorgezeichnete Plan für die Einrichtung der Siegburger Stadtschule sage ausdrücklich, daß diese Anstalt mit der Elementarschule in engste Verbindung gesetzt werden solle. Wolle man nun auch nicht annehmen, daß in dem jetzt befolgten Unterrichtsplane die Gymnasialbildung vorzugsweise betrieben worden sei, sondern müsse vielmehr anerkannt werden, daß der Bildungszweck der höheren Bürgerschule auch jetzt mit gutem Erfolge erreicht werde, so erscheine es doch auffallend, daß auch selbst in dieser Richtung nur eine sehr geringe Frequenz der oberen Klassen sich herausstelle. Unter den 9 Schülern der Tertia und Quarta fänden sich nur 3, höchstens 4, welche der Gymnasialbildung bedürften, und von den 12 Zöglingen der zweiten Klasse wollten nur 2 studieren, für die übrigen 10 würde es also mehr des realistischen Zweckes bei ihrem Unterricht bedürfen. Der Charakter einer hoheren Bürgerschule scheine für die Siegburger Stadtschule beibehalten werden zu müssen und sei in der That das dem vorherrschenden Bedürfnisse Entsprechende. Indes möge die Kommission bei ihren weiteren Beratungen des Gegenstandes nicht aus dem Auge lassen, daß zwar die Ersparung der 300 Rthlr. aus der Kommunalkasse von der Königlichen Regierung gewünscht und sogar beabsichtigt werde, daß damit aber keineswegs die Absicht bestehe, der nach einer höheren Bildung strebenden Jugend der Stadt Siegburg die Möglichkeit zur Erreichung ihres Zweckes zu entziehen und diejenigen Klassen, welche in die mittlere Bildungsstufe eines Gymnasiums und einer mit demselben verbundenen höheren Bürgerschule hinübergingen, ganz aufzugeben. Es komme nur darauf an, daß dieser höhere Zweck seinen Bedürfnissen nach genau erkannt und die Einrichtung der mit der Elementarschule organisch zu verbindenden höheren Klasse danach abgemessen werde. Bei der jetzt noch herrschenden Verschiedenheit der Ansichten über die Einrichtung der höheren Bildungsanstalten werde die Richtung auf die Vereinigung der beiden in den Gymnasien und höheren Bürgerschulen sich getrennt aussprechenden Zwecke wahrscheinlich die Oberhand gewinnen, und würden daher auch diejenigen Unterrichtsanstalten, welche nur einen Teil dieses Unterrichts zu verfolgen hätten, am besten thun, wenn sie diese Richtung unausgesetzt im Auge behielten. Wolle man die höheren Bildungszwecke in Siegburg ganz aufgeben, was unmöglich im Interesse der Gemeinde liegen könne, so wäre zu befürchten, daß der Zuschuß aus der Staatskasse, der nur gerade auf das Bedürfnis eines höheren Unterrichts gegründet sei, der Stadt entzogen werde. Es sei höheren und höchsten Orts durchaus festgestellt, daß eigentliche Progymnasialzwecke nicht als die Hauptrichtung der vereinigten Anstalten in Siegburg angesehen werden dürften, und es müsse daher der eine oder andere für den höheren Unterricht angestellte Lehrer das Feld räumen, um die erwähnte Ersparnis an Unkosten herbeiführen zu können.
Das wollte den versammelten Kommissionsmitgliedern nun keineswegs einleuchten, obgleich Schneider sich im Sinne des Herrn Schulrates aussprach. In der am 23. Juni anberaumten Sitzung gab man zu Protokoll, daß es in der citierten Ministerialverfügung heiße, mit den einmal bewilligten Zuschüssen sollten die Schulanstalten Siegburgs zuvörderst und ohne Beschränkung derselben so organisiert werden, als es sich für das Bedürfnis der Stadt und Umgegend am zweckmäßigsten und nützlichsten zeigen werde.
Man habe daher vor allem die Zukunft ins Auge zu fassen, und Siegburg als Hauptort des Siegkreises mit den verschiedensten Beamtenkategorien bedürfe seiner Lage und Bevölkerung nach etwas anderes als einer Bürgerschule, damit den Kindern der angesehensten Stände eine passende Bildung zu teil werde. Die Trennung der Elementarklassen von den Mittelklassen erweise sich schon jetzt als durchaus notwendig. Die ersteren könnten der Aufsicht des Rektors entzogen und unter die Kontrolle einer Schulkommission gestellt werden, wodurch jener Zeit gewinne, seine Kraft voll und ganz der höheren Schule zuzuwenden. Solle die Stadt den Zuschuß von 300 Thaler nicht länger gewähren, so genüge neben dem Rektor auch ein Litterat und ein Elementarlehrer, um das Erwünschte zu erreichen.
Der Stadtrat pflichtete diesen Ausführungen bei, glaubte aber auf Grund der Kabinettsordre vom 28. Mai 1818 verlangen zu müssen, daß die Staatszuschüsse auch der Elementarschule zugute kämen. Eine Herabminderung der Gehälter für die Lehrer sei nicht möglich. Wäre der Rektor oder der zweite Lehrer ein Geistlicher, so könne er mit 450 Thaler recht gut auskommen, da er ja freie Wohnung und für eine Familie keine Ausgaben habe. Früher hätten die Schüler mehrmals in der Woche Gottesdienst und an Sonn- und Feiertagen eine eigens für sie berechnete Predigt gehabt; jetzt begnüge man sich mit einem einmaligen Kirchengang in der Woche und mit der sonntäglichen Frühmesse, in welcher alle 4 Wochen einmal Predigt gehalten werde, und die Nachmittagsandachten seien den Schülern der oberen Klasse ganz fremd. Das sei nicht gut, es liege im Interesse der heranwachsenden Jugend, die Grundsätze der Religion durch Anhörung von Predigten sich bleibend anzueignen und so vor unnützen Schwärmereien und demagogischen Umtrieben geschützt zu werden.
Der Andrang der Bevölkerung aus den umliegenden, ausschließlich katholischen Gemeinden zu dem Siegburger Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen habe das Bedürfnis eines dritten Geistlichen längst fühlbar gemacht, und erlaube man sich daher die gehorsamste Bitte, die Anstellung eines solchen an den höheren Klassen auf Vorschlag der Schulkommission hochgeneigtest herbeiführen zu wollen.
Die Königliche Regierung teilte diese Ansicht nicht und erklärte sich am 25. März 1837 in dem vom Konsistorialrat Herrn Grashof entwickelten Sinne, daß das Bedürfnis einer guten Schulbildung für Siegburg und Umgegend sich kaum über die Grenzen einer guten Elementarbildung erstrecke, so daß daher eine Organisation der Schule, wie jener sie in Vorschlag gebracht habe, durchaus den örtlichen Verhältnissen entspreche.
Dies sei es auch, was sie jetzt höheren Orts zu beantragen sich veranlaßt finde, da sie sich nicht für befugt halten könne, gegen die Bestimmung des Ministerialrestripts vom 1. März 1831 etwas zu verfügen. Bis die Entscheidung falle, solle alles beim Alten bleiben, und der Landrat habe dafür zu sorgen, daß ohne ihre Genehmigung keine Veränderung getroffen werde. Alle ferneren Verhandlungen in dieser Angelegenheit, die von der städtischen Behörde oder einzelnen Mitgliedern derselben ausgingen, müßten an das Landratsamt gerichtet und durch dieses an die Regierung befördert werden, widrigenfalls auf eine Ent- und Bescheidung nicht zu rechnen sei.
Die Stadt wandte sich darauf beschwerdeführend an das hohe Ministerium, aber die Regierung war ihr zuvorgekommen, und am 14. Juni erfolgte eine Kabinettsordre Sr. Majestät, demgemäß von den bisherigen Fonds das Gehalt für einen Lehrer der oberen Klassen noch gewährt, aber der Überschuß zum Besten des Schulwesens in der Rheinprovinz verwandt werden solle.
Die Mitteilung dieses Allerhöchsten Willens wirkte wie eine Niederlage auf die Gemüter der Siegburger. Man konnte nicht anders annehmen, als daß die Königliche Regierung zu ungunsten der Stadt berichtet habe, und maß alle Schuld an diesem verhängnisvollen Schritte dem Schulrat Grashof bei. Stadtrat und Kuratorium traten zusammen, die nunmehr zu treffenden Maßregeln zu beraten, und man war einstimmig der Ansicht, daß der ihnen unbekannte Antrag Hochlöblicher Regierung auf Überweisung der Fonds unmöglich die Absicht des Geschenkgebers und die Ausdehnung der Dotation schmälern, noch auch die Verwendung des Geschenkes regulieren könne. Es komme vielmehr lediglich darauf an, wie des Königs Majestät, wohlwollend und unbeschränkt in Allerhöchst Ihren Absichten, die Fonds für die Verbesserung der niederen und höheren Schulanstalten zu bestimmen geruht habe, und da die Regierung selbst, laut Bescheid vom 11. August, nicht abgeneigt sei, so viel als möglich von den besagten Fonds der Stadt Siegburg zu erhalten, so werde ein allerunterthänigstes Gesuch an das hohe Ministerium diesem die Gelegenheit geben, auf Grund eingehenden Berichts über die wahre Sachlage Se. Majestät umzustimmen und die Zurücknahme der Kabinettsordre zu veranlassen.
Die Bemühungen des Pfarrers Engelmann, der unterdessen Schulinspektor für die Dekanate Siegburg und Uckerath geworden war, zu gunsten der Stadt blieben erfolglos. Die Immediateingabe an Se.Majestät vom 20. März 1839 hatte dasselbe Resultat, und Schulrat Grashof erschien am 13. Juni nur zu dem Zwecke, mit der Schulkommission die Frage zu ventilieren, ob die obere Klasse der zeitigen Schule künftig für sich bestehen, oder, was allerdings viel für sich haben werde, mit der Elementarschule in engere Verbindung gesetzt werden solle. Als dritter Punkt der Beratung bezeichnete er die Unterhaltung des gesamten Schulwesens, um den Betrag ermitteln zu können, welcher von der Milde Se. Majestät aus dem bisherigen Zuschuß für die Siegburger Unterrichtszwecke zu erbitten sei. Nach den darüber ergangenen Allerhöchsten Bestimmungen sollte dieser Betrag darin seine Grenze finden, daß die auf das örtliche Bedürfnis zu beschränkenden Einrichtungen mit Hülfe eines mäßigen Schulgeldes ohne einen Zuschuß aus Kommunalfonds getroffen und unterhalten werden könnten; der Kommission müsse es überlassen bleiben, wenn sie kostspieligere Einrichtungen als das Bedürfnis erfordere, treffen oder beibehalten wolle, die dazu nötigen Geldmittel ihrerseits zu beschaffen.
Die Schulkommission erklärte, daß sie die Verbindung, in welcher beide Anstalten bisher gestanden, keineswegs für gut halten könne, indem ihren bisherigen Erfahrungen zufolge die aus der oberen Elementarklasse entlassenen Schüler nicht in dem Maße die für das bürgerliche Leben notwendigen Schulkenntnisse erworben hätten, wie dieses infolge der Trennung der Fall gewesen sein würde, da diese Klasse bisher stets in ihrem Unterrichte auf die höheren Klassen habe Rücksicht nehmen müssen und auch genommen habe. Im übrigen glaube sie in eine nähere Erörterung über die drei gestellten Fragen wohl nicht eingehen zu dürfen, weil ihr bisher noch keine Entscheidung von des Königs Majestät auf die in Verbindung mit dem Gemeinderate eingereichte allerunterthänigste Vorstellung zugekommen sei. Darauf erwiderte der Herr Kommissar, daß der Königlichen Regierung die vorläufige Entscheidung Sr. Majestät vorliege, und daß er daraufhin seine gegenwärtigen Ausführungen gegründet habe. Wenn nun die städtische Schulkommission glaube, durch eine jetzt schon abgegebene Erklärung sich oder dem Gemeinderate etwas zu vergeben oder mit sich in Widerspruch zu treten, so werde er sich freilich darauf beschränken müssen, in seinem Berichte der Königlichen Regierung davon Kenntnis zu geben und die Beantwortung der von dem hohen Ministerium gestellten Fragen dieser seiner Behörde nach Lage der Akten zu überlassen.
Wie diese ausgefallen ist, ergiebt sich aus dem Reskripte des Minisleriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten vom 11. Juni 1840 gez. v. Ladenberg, Finanzministerium v. Alvensleben:
„Da nach dem Berichte der Königlichen Regierung vom 11. v. Monats B. 8008 die als notwendig erkannten Abänderungen in der inneren Organisation der höheren Stadtschule zu Siegburg noch nicht so weit vorgeschritten sind, daß die Einnahmen und Ausgaben der Schulkasse für die nächsten Jahre auch nur approximotiv angegeben werden können, so wird der unterm 29. Februar cur. vollzogene Etat für die genannte Schule pro 1840 hierdurch auf das Jahr 1841 prolongirt“.
Auf die am 27. Juli ausgesprochenen Wünsche der Schulkommission in betreff der oberen Klasse erwiderte die Königl. Regierung am 13. Nov.: So sehr wir auch wünschen, daß die Einrichtung der höheren Stadtschule zu Siegburg mit zweien ordentlichen Lehrern, wie sie jetzt besteht und nach dem Berichte der städtischen Schulkommission vom 27. Juli cur. dem dortigen Bedürfnisse genügt, ohne weiteren Zuschuß von Seiten der Stadt möge erhalten werden können, so muß doch die bleibende Zusicherung von 200 Thaler aus dem bergischen Schulfonds noch abgewartet werden, bis über die höherenorts beantragte definitive Bestimmung und resp. Verteilung dieses Schulfonds eine Entscheidung eingegangen sein wird. Einstweilen wird die Zahlung dieser 200 Thaler noch fortdauernd erfolgen, solange deren Überweisung an eine andere Anstalt nicht fest ausgesprochen ist, wodurch wenigstens die Ersparung von 300 Thalern aus städtischen Fonds zur Unterhaltung der höheren Stadtschule noch gesichert bleibt.
Die Verminderung der Lehrerzahl war durch den Tod des Rektors Schneider herbeigeführt worden, welcher 1839 zum größten Leidwesen der Stadt und seiner zahlreichen Familie gestorben war. Die Leitung der Schule wurde deshalb bis zur definitiven Einrichtung derselben dem ältesten der noch vorhandenen Lehrer, Huberti, übertragen, aber die Stelle des Rektors blieb unbesetzt.
Fabrikanlage von Rolffs & Comp.
Die Verhältnisse der Stadt fingen damals an sich zu bessern, teils durch den Verkauf von Domänenländereien, deren Erwerb die Bürger anspornte, das angelegte Kapital nun auch fruchtbar zu machen, teils durch das Verdienst der ärmeren Leute auf der 1824 gegründeten Friedrich-Wilhelm-Hütte und der jetzt entstehenden Fabrikanlage der Firma Rolffs & Komp., die anfangs eine Bleicherei und Appreturanstalt, dann, nachdem die einzelnen Teile des Kölner Etablissements herübergeschafft waren, eine Färberei und namentlich Blaudruckerei darstellte. Die Gründung derselben erregte anfangs große Besorgnis wegen der möglichen Verunreinigung des Mühlengrabens durch gesundheitsschädliche Farben und Chemikalien, sodaß der Direktor der Irrenheilanstalt, Medizinalrat Dr. Jacobi, bei der Regierung vorstellig wurde, die genannte Firma zu verpflichten, in gehöriger Entfernung von dem Graben fest eingemauerte Senkgruben anzulegen und zwar so tief, daß deren Böden unter die Sohle des Flußbettes zu liegen kämen. Die Königliche Regierung oder vielmehr die Verwaltungskommission der Irrenheilanstalt gez. v. Gerlach antwortete auch am 19. Juli 1840 dem Antragsteller, „daß in dem aufzunehmenden Kontrakte diese Bestimmung genau zu stipulieren und der p. Rolffs zu verpflichten sei, das Wasser im Mühlengraben überhaupt nicht zu trüben noch für den Privatgebrauch der Einwohner Siegburgs oder der Anstalt unbrauchbar zu machen“.
„Hierbei wird übrigens, so heißt es weiter, ausdrücklich bemerkt, daß die Zustimmung nur seitens der Verwaltungskommission und nicht zugleich von dem unterzeichneten Vorsitzenden in seiner Eigenschaft als Präsident der Königlichen Regierung erteilt wird, welches dem Bürgermeister Kuttenkeuler und dem p. Rolffs ausdrücklich zu eröffnen ist, damit hieraus keine Folgerungen, im Falle sich später Reklamationen gegen die fragliche Anlage erheben möchten, hergeleitet werden können“.
Wegen der Benutzung des Mühlengrabens zahlt die Firma Rolffs jährlich sechs Mark Steuer. Dieselbe war nun weit entfernt, sich an den Gesundheitsverhältnissen Siegburgs zu versündigen vielmehr leitete sie in Verbindung mit der Irrenheilanstalt die stehenden Gewässer der Umgebung ab und half dadurch das Sumpffieber beseitigen welches in der verschiedenartigsten Gestalt die meist schlecht genährte Bevölkerung oft heimsuchte. Die jetzigen Siegburger haben kaum noch eine Vorstellung davon, wieviel Weiher und Lachen damals das städtische Terrain bis nach Kaldauen zu bedeckten. Man spricht von 150, und kaum ist die Zahl zu hoch gegriffen. Die Oberförsterei half im Lohmarer Walde nach, sodaß man jetzt da üppigen Baumschlag entstehen sieht, wo ehemals nur Rietgras und Sumpfpflanzen ihre Existenz hatten.
Die israelitische Synagoge
Die guten Geschäfte, welche namentlich die Israeliten in Siegburg machten, veranlaßten auswärtige Glaubensgenossen, sich in dem Städtchen niederzulassen und hier ihren Handel zu treiben. 1839 zählte die Gemeinde schon 30 Familienhäupter, und der kleine Raum in dem Mendel-Levischen Hause sowie das 1834 zu dem Zwecke angekaufte Stroßsche Haus in der Holzgasse reichten nicht mehr hin, ihre gottesdienstlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Daher that man sich am 1. April 1839 vor Notar Wurzer zu einer Synagogenbaugesellschaft zusammen, beschloß das Stroßsche Haus wieder zu verkaufen und auf dem ehemaligen Binnes-Bockschen Terrain einen Neubau aufzuführen. Namhafte Zeichnungen von Geldbeträgen ermöglichten gleich den Beginn des Unternehmens, und am 22. Oktober 1841 konnte der Oberrabbiner Dr. Auerbach Bonn die Heiligtümer der Gemeinde aus dem alten Betsaale in den neuen Tempel übertragen lassen und diesen einweihen. Sämtliche Behörden der Stadt und auch der Landrat von Loe beteiligten sich an der Feierteit.
Die evangelische Gemeinde
Drei Monate später, am 4. Januar 1842, erhielt auch die kleine evangelische Gemeinde ihre synodale Konstitution, nachdem das Rolffsche Etablissement neuen Zuwachs geliefert hatte. Sie benutzte zu ihrem Gottesdienste die Abteikirche und stand unter der Leitung des Anstaltsgeistlichen als Pfarrverwesers. Der Versuch Pfarrer Neide’s, 1846 – 47 (er schrieb eine Brochüre: Der Siebenschläfer.), die Stadtgemeinde zur Einrichtung einer selbständigen evangelischen Kommunalschule zu zwingen, scheiterte an dem Widerspruche der erstern, auch für auswärtige Kinder Verpflichtungen übernehmen zu sollen. Die Regierung empfahl eine Privatschule auf Grund freiwilliger Beiträge, bis die Verhältnisse sich gebessert hätten. Dieselbe wurde am 20. Oktober 1852 unter einem gewissen Bornemann eröffnet und 14 Jahre später mit Heranziehung der Gemeinden Wolsdorf, Buisdorf, Niederpleis und Mülldorf zur Deckung der Kosten auf die Stadtkasse übernommen. Jetzt (1891) besteht sie aus 3 Klassen mit mehr als 200 Schülern beziehungsweise Schülerinnen und ist stätig im Wachsen begriffen.
1841 bezahlte die Stadt Siegburg eine Prinzipalgrundsteuer von 951 Thaler 8 Sgr. 3 Pfg., die mit Hebegebühren und sonstigen Zuschlägen auf 1025 Rthlr. 18 Sgr. 10 Pfg. sich erhöhte. Die Klassensteuer betrug 1839 für die Gesamtbürgermeisterei 2232 Thaler 15 Sgr.
Der zunehmende Verkehr veranlaßte die Oberpostdirektion in Köln, vom 1. Juni 1841 ab, wenn auch nur für den Sommer, bequemere, neunsitzige Postwagen statt der bisherigen viersitzigen zwischen Köln und Siegburg laufen zu lassen und das Personengeld von Köln ab auf 17, von Deutz ab auf 15 Sgr. zu ermäßigen. Der Abgang der Post erfolgte Sonntags, Dienstags, Mittwochs und Freitags abends 6 Uhr, des Monntags, Donnerstags und Samstags morgens 6 Uhr, umgekehrt von Siegburg nach Köln des Sonntags, Dienstags, Donnerstags und Samstags morgens 6 Uhr, des Montags, Mittwochs und Freitags erst 10 Uhr nach Ankunft der Schnellpost von Altenkirchen. Die neuen Wagen begleitete ein Kondukteur, mit Pistolen und Dolch gegen räuberische Anfälle bewaffnet. Er bildete für die Haltestellen die lebendige Zeitung, und wenn er seine dienstlichen Geschäfte besorgt hatte, wußte er den neugierig Fragenden alle möglichen Schaudergeschichten zu erzählen, die er selbst erfunden oder gehört hatte. Die Kölner Zeitung konnte sich kaum noch mit einem Kreisblättchen der Jetztzeit messen und war auf einem Papier gedruckt, das heute nur zu Düten verwendet werden würde. Die Briefe besorgte in der Stadt ein Bote, gelegentlich auch der Postsekretär selbst; auf das Land nahmen auch die Bürgermeistereiboten, welche den brieflichen Verkehr mit der Landratur zu vermitteln hatten, Bestellungen mit. Von Verantwortlichkeit war keine Rede, sodaß häufig erst am nächsten Sonntag, wenn die Bewohner zur Kirche kamen, die Briefe ihnen eingehändigt wurden. Zwischen Siegburg und Bonn ging ein Extrabote.
Entsprechend dem postalischen hob sich auch der Frachtfuhrverkehr zwischen Köln und Frankfurt. Fast stündlich sah man 2- und 4-spännige Karren die Stadt passieren, und die Wirtschaften hatten reichlichen Zuspruch. Vor dem Grömmelzthore that sich die Schenke zum Bock auf, von Heinrich Bertram, und mehrere Jahre später die Wirtschaft von Dahl, jetzt Schiefelbusch. Die Anlage der Beuel-Overatherstraße 1843 bis 45 zog die Bewohner des Aggerthales nach Siegburg, während sie frührer meist in Köln ihre Einkäufe besorgt hatten. Der Marktverkehr hob sich zusehends, und die Butterhändler brauchten nun nicht mehr auf dem Hühnermarkte zu stehen, um ihre Ware feilzubieten, sondern sie konnten oben an der Straße Platz nehmen.
Marktverkehr
Der Bürgermeister Kuttenkeuler führte 1842 eine neue Marktordnung ein, dergemäß all öffentlichen Verkaufe bestimmten Gegenstände, wofern sie nicht durch direkte Bestellung auf ein Haus angewiesen wären, nur auf dem marktplatze verkauft werden dürften. Markttag war jeder Tag in der Woche, besonders der Donnerstag und Samstag. Als Standgeld bezahlte man für 12 Quadratfuß 3 Sgr. 10 Pfg., für 6 – 12 Quadratfuß 1 Sgr. 11 Pfg., für weniger Raum 1 Sgr. 2 Pfg. Die Flachs- und Hanfverkäufer mußten pro Pfd. 2 Pfg. erlegen. Eine städtische Wage kontrollierte die Gewichte, und für schwerere Gegenstände konnte man zwangslos die Wage des Eichamts benutzen. Vor den Thoren schon Verkäufe abzuschließen war verboten; die Vorkäufer durften sich erst 10 Uhr morgens auf dem Markte zeigen und mußten als solche einen Schein auf dem Bürgermeisteramte lösen. Einigungen zwischen Käufern und Verkäufern zum Zwecke der Preissteigerung oder des Zuschlags der Waren erst nach 10 Uhr wurden bestraft, verfälschte Waren konfisziert und unreife Früchte vernichtet. Die Klausenkirche diente vielfach zur Aufbewahrunng solcher Gegenstände, bis sie wegen Baufälligkeit 1842 abgebrochen wurde.
Die Kartoffelkrankheit
Das Jahr 1845 brachte zum ersten Male die bekannte Kartoffeltrankheit, gegen welche man auch jetzt noch mit Mühe ankämpft. Die Behandlung der Knollen mit Soda und Chlorkalk erwies sich als unpraktisch und wenig nutzbringend; im Jahre 1846 steigerte sich die Krankheit, und da auch die Halmfrüchte wegen des schlechten Wetters mißrieten, so sahen die ärmeren Leute einem Winter entgegen, der ihnen den blassen Tod vor Augen stellte. Das siebenpfündige Schwarzbrot kostete 10 Sgr., der Centner Kartoffeln 2 Thaler und darüber, und doch stand der Tagelohn auf nur höchstens 10 Sgr. Die kräftigsten Männer arbeiteten schon für 30 Pfennige, wenn sie die Kost dazu bekamen, und die Frauen gar für 15 Pfennig. Die Bettelei nahm überhand, und der Hunger zeigte sich in einer Gestalt, der das größte Mitleid bei allen Wohlhabenden herausforderte. Man richtete in Siegburg eine Volksküche ein, die Brotlosen mit warmen Speisen zu versorgen. Frauen und Jungfrauen stritten sich um die Ehre, ihre Kochkünste in der Klause zu zeigen, und ein alter Junggeselle, dessen Thätigkeit ihm den Namen „Suppen-Gottfried“ eingetragen hat, leitete die Verteilung der fertiggestellten Gerichte. Gegen Frühjahr langte russisches Korn an, nachdem alle Speicher geleert waren.
Erschienen sonst die Bauern, um ihre letzten Vorräte auf den Markt zu bringen, so sah man sie jeht mit leeren Karren durch das Thor kommen, von den Händlern ihren eigenen Bedarf einzukaufen. Die Stadt besorgte Saatkartoffeln, die an die Armen verabfolgt wurden, sonst wäre der Acker unbestellt geblieben, und ein Glück noch, daß es geschehen, da die Fruchtbarkeit des kommenden Sommers jede Ausgabe lohnte.
Pfarrer Engelmann
Vergessen soll hier nicht werden, daß Siegburg im Jahre 1846 noch ein anderes Leid zu tragen hatte, als die Furcht vor dem Hungertode. Seelsorger, Pastor Engelmann, nahm unerwartet Abschied von der Gemeinde und trat zum Deutschkatholizismus über.
Man konnte den Schritt nicht begreifen und die Freunde suchten ihn zu entschuldigen, aber bald erhoben sich Stimmen, die laut von Herzensregungen sprachen, welche einem Geistlichen nicht mehr gestattet seien, und so wurde denn der Herr ein Gegenstand von Verdächtigungen, deren Zulässigkeit sein späteres Leben vielleicht rechtfertigte. Er begab sich zunächst nach Elberfeld, dann nach Mainz und Frankfurt (?) und schließlich nach Amerika, von wo er sich vergebens zurücksehnte. Sein Nachfolger in Siegburg wurde Joh. Wilh. Schmitz aus Seelscheid, vorher Pfarrer zu Troisdorf und Niederkassel und noch früher Pfarrverweser zu Ruppichteroth. Was ihm an einnehmender Freundlichkeit abging, daß ersetzte sein offener und gerader Charakter, und sein Freimut mit Duldsamkeit gepaart, gewann ihm nicht nur die Liebe der Glaubensgenossen, sondern auch die Achtung der Nichtkatholiken, welcher Religion sie auch angehören mochten.
Das Jahr 1848
Das Jahr 1847 bietet wenig zu berichten; man erholte sich von den Folgen des Hungerjahres und achtete wenig auf die Bewegung der Geister, welche sich damals in Deutschland rege machte. Nun aber kam das Jahr 1848, mit all den Bestrebungen, welche Unzufriedenheit und unruhige Köpfe in die Welt setzten. Der Aufstand der Pariser gegen das absolute Königtum hatte auch nach Deutschland die Fackel der Empörung geworfen, und noch ehe die Regierung die Gefährlichkeit der Lage einsah, wußten Freiheitsmänner im Frack und Kittel sich der Stimmung im Volke zu bemächtigen und dieses gegen die bestehenden Verhältnisse aufzuhetzen. Man forderte laut die Freiheit der Presse und unbeschränktes Vereins- und Versammlungsrecht; die Minister sollten verantwortlich gemacht, der Unterschied der Stände aufgehoben und die Konfessionen gleichgestellt werden. Was die Bauern noch drückte, die altherkömmlichen Lasten, sollte fallen, das Jagdrecht sollte beseitigt und das Volk bewaffnet werden. Das Gerichtswesen schien veraltet oder wenigstens unzulänglich; man wollte mündliches Verfahren und Öffentlichkeit in Schwurgerichten; kurz und gut, es sollte alles anders werden und das Rochowsche Wort vom beschränkten Unterthanenverstande keine Geltung mehr haben.
Für Siegburg war die Nähe von Bonn von einflußreicher Bedeutung. Hier spielte neben anderen Herrn Prof. Kinkel den politischen Agitator und verschmähete es auch nicht, gelegentlich auf das Land gehen und die leichtgläubige Masse zu harranguieren. In Volksversammlungen wurde ungehindert Freiheit und Gleichheit gepredigt und der Bauer durch Steuermäßigung, der Arbeitnehmer durch Lohnerhöhung, die man in Aussicht stellte, geködert. Der Exekutor und der Gerichtsvollzieher durften sich kaum noch sehen lassen, und der Polizist erschien als eine Persönlichkeit, die man künftig entbehren zu können sich einbildete.
Niemand sollte sich mehr mit ihnen zu Tisch setzen, so beschlossen eines Tages die Aulgasser, man müßte ihnen das Handwerk verleiden; aber wenn sie jemandem ins Haus kämen, rief ein Ziegelbäcker dazwischen, so solle man sich ihnen ja nicht widersetzen, das könnte sonst gefährlich werden. Die lieben Vorstädter waren recht brave Leute, die sich im Schweiße ihres Angesichtes das Brot verdienten, aber sie stießen sehr haufig mit dem Flur- und Waldschützen zusammen, und das wollte ihnen nicht gefallen.
In der Stadt selbst hatte sich ein demokratischer Verein gebildet, an dessen Spitze ein gewisser Fußhöller mit einem Müller vom Knipscherhof getreten war. Derselbe hielt seine Zusammenkünfte in der Holzgasse (bei Weber in dem spateren Bach’schen Hause) ab seine Hauptsitzungen aber im Reichenstein, und da wurde denn, wie sich denken läßt, unendlich viel geschimpft und noch mehr getrunken. Der Bürgermeister Kuttenkeuler war so wohlwollend, den einen oder anderen zu sich zu bestellen und in aller Güte zur Vorsicht zu ermahnen; indes die wilden Schreier ließen sich durchaus nicht abschrecken; die Bassermannschen Gestalten wollten Radau schlagen und die Zeitungsleser eine staatsverbessernde Weisheit zu Tage fördern, nach der sie am allerwenigsten zu handeln verstanden.
Zur Beruhigung der Gemüter wurde von der Stadt ein zweiter Polizeidiener gedungen und mit weißer Binde am Arm und Schleppsäbel an der Seile in den Dienst gestellt. Dieser setzte aufangs ein höchst martialisches Gesicht auf und wußte auch durch Handgriffe die Hochstapler zu beseitigen; allein mit der Zeit legte sich sein pflichtmäßiger Eifer; die Reden der Freiheitsmänner fingen an, ihn zu bestechen, und ehe er sich’s versah, war er aus einem Friedensstifter ein Aufrührer geworden und frech in das Lager derselben mit übergetreten.
Die fast gleichzeitig errichtete Bürgerwehr bot nur ein lustiges Schauspiel dar, an welchem Jung und Alt seine herzhafte Freude hatte.
Sobald sie des Sonntags ihre Übungen gehalten und nebenbei auch auf ihre Ausrustung hin untersucht war, dann durfte man vollständig ruhig sein, daß nun nichts mehr von ihr zu befürchten war. Man zog auf Wache vor der Taube und patrouillierte auch bisweilen die Straßen ab; aber wenn des Abends einmal die Fenster klirrten, vor allem in der Holzgasse, dann wagte man sich nicht eher hinaus, als bis die Lichter hinter die Scheiben gestellt waren, und bis dahin waren die Übelthäter verschwunden. Eine Straßenbeleuchtung wie jetzt gab es damals noch nicht, und die Dunkelheit war für manchen ein bedenklicher Zustand.
Daher erlaubte sich denn der Mopp, wie man zu sagen pflegt, manch unliebsamen Streich, und ein Barthel X. sang ebenso laut seine deutsche Marseillaise wie Schmures Jupp und Konsorten das „chicaneuse Hepp hepp“, womit man die Juden zu ärgeren suchte; bei Tage ging alles in der besten Ordnung her.
Die Niederwerfung der Revolution in den Hauptstädten führte schließlich aber doch zu ernsterem Nachdenken bei den Siegburgern. Die Demokraten mußten sich sagen und, wer nicht gerade in Alkohol machte, auch zu der Einsicht gelangen, daß für republikanische Einrichtungen einstweilen noch kein Platz sei im deutschen Vaterlande, und daß sie am allerwenigsten die Macht besäßen, solche ins Leben zu rufen und später auch vor Beseitigung zu schützen. Die Nationalversammlung in Frankfurt arbeitete mit allen Kräften an der Wiederherstellung des deutschen Kaiserthrones; die „Schuftenschaft“ eines Hecker und Genossen war mit Abscheu vom Präsidenten zurückgewiesen und an die Luft gesetzt worden; der Erzherzog Johann hatte schon die Reichsverwesung übernommen und sich dementsprechend auch mit einem Reichsministerium umgeben; die Reichsverfassung bildete den Gegenstand fast täglicher Beratungen und angestrengtester Debatten; – was sollte da noch das unfruchtbare Raisonnieren im Reichenstein und das Drohen mit Worten oder gar mit Halsabschneiden, wozu ein Dachdecker sich einmal versteigen wollte?!
Die Familienväter blieben allgemach zu Hause und kümmerten sich nicht mehr um Dinge, die sie nicht durchsetzen konnten, und die Müßiggänger hatten ihre unschuldige Freude daran, nunmehr durch Feld und Busch streifen zu können, um die freigegebene Jagd auszuüben. Das war für beide eine sehr beruhigende Medizin, und der Schoppen wurde außerdem noch gestochen, so wenig auch bei der Jagd wie bei der Arbeit heraus zu kommen pflegte.
Konstitutionelle Verfassung
Der König von Preußen hatte schon gleich am 18. März, nachdem eben der Barrikadenkampf zu Berlin in Scene gesetzt war, seine Zustimmung zu den liberalen und nationalen Forderungen des Zeitgeistes gegeben und in einem Aufrufe an die deutsche Nation vom 21. März sich als „konstitutionellen König“ und „Führer der freien, wiedergeborenen deutschen Nation“ hingestellt. Dieses Ehrenwort erfüllte die Freiheitskämpfer mit Mut und Begeisterung, und die Abgeordneten, welche im nächsten Monate gewählt wurden, um mit der Regierung die langersehnte Staatsverfassung zu beraten, gingen freudig nach der Hauptstadt, ihren eigenen und des Volkes Willen auf den Tisch zu legen. Allein das Parlament in Frankfurt hatte schon die bedeutendsten Kräfte nach der Paulskirche gezogen, und was noch übrig blieb, entsprach keineswegs den Anforderungen, welche die Schwierigkeit der Sache und das Neue der ganzen Zeitlage mit sich brachte. Ihrem Kerne nach demokratisch, standen die meisten Abgeordneten unter dem Einflusse der Berliner Volksherrschaft, und ihre Rücksichtnahme auf das, was zu Frankfurt geschah, störte fortwährend das Einvernehmen, in welches man sich zu der Staatsregierung zu stellen hatte. Man verbrachte die kostbare Zeit mit zwecklosen Erörterungen, Wortkämpfen und Interpellationen, und die Minister, welche in rascher Folge wechselten, besaßen leider nicht die Entschlossenheit, welche zu thatkräftigem Handeln notwendig gewesen wäre. Daher kam man mit der Beratung des vorgelegten Verfassungs-Entwurfes gar nicht von der Stelle, und das Volk in Lande, welches mit Spannung den Verhandlungen folgte, erging sich in Ungeduld und andauernder Besorgnis, was denn schließlich das Endebnis seiner hochfliegenden Wünsche und Erwartungen sein werde.
Überall bildeten sich politische Vereine und sogenannte Klubs, in welchen die Tagesfragen besprochen und zur Behandlung in der Presse vorbereitet wurden. Man wollte den Abgeordneten mit weisen Ratschlägen an die Hand gehen und glaubte sich um so mehr dazu berufen, als bereits deutliche Anzeichen dafür zu Tage traten, daß man es bald mit reaktionären Strömungen zu thun haben werde.
In Siegburg bildete sich ein solcher Verein auf Anregung des Bergwerkbesitzers Gustav Bleibtreu aus Pützchen, der als Abgeordneter der zweiten Kammer die Berliner Zustände an Ort und Stelle kennen gelernt und die unangenehmsten Eindrücke von dort mitgebracht hatte.
Zu einer dazu eingeladenen Versammlung im Nassauer Hofe erklärten sämliche Anwesende ihre Zustimmung zu dem patriotischen Vorhaben, und fünf Herren wurden damit beauftragt, die notwendigen Statuten für die Gesellschaft auszuarbeiten. Dieselbe konstituierte sich am 14. Oktober unter dem Namen Bürgerverein des Siegkreises und wollte im Herrengarten tagen. Jeder großjährige Einwohner des Siegkreises sowie auch der benachbarten Landgemeinden sollte Zutritt zu demselben haben können und durch Unterzeichnung des Statutes und Erlegung von 5 Silbergroschen halbjährlichen Beitrags legitimationsfähiges Mitglied desselben werden. Als Zweck des Vereins wurde hingestellt, „politisches Leben im Siegkreise zu fördern, die errungenen Freiheiten gegen jegliches reaktionäre und anarchistische Streben zu wahren und zur naturgemäßen Fortentwickelung derselben in einer gedeihlichen Neugestaltung des Vaterandes nach Kräften mitzuwirken.“ Derselbe „erkannte die konstitutionelle Monarchie auf möglichst breiter demokratischer Grundlage als diejenige Verfassungsform an, welche am meisten den Erfordernissen der Gegenwart entspreche,“ und wollte „durch gegenseitige Belehrung und, wo es förderlich erschiene, durch Wort und Schrift seinen Ansichten über politische und sociale Verhältnisse Geltung zu verschaffen suchen.“ 15 Personen übernahmen für die Dauer eines Kalenderjahres die Führung der Geschäfte, und aus ihrer Mitte sollten in jedem Monat der Vorsitzende, ein Vicepräsident und 2 Schriftführer gewählt werden, damit keine Überbürdung bei ihnen einträte. Die Wahlen sollten sich mit relativer Stimmenmehrheit vollziehen, bei Stimmengleichheit wiederholen, und wenn auch dann noch kein Resultat erzielt würde, die Entscheidung durch das Los eintreten; zu gültigen Beschlüssen jedoch sollte eine absolute Majorität notwendig sein und „wenn ein Schriftstück vom Vorstande unterzeichnet wäre, die Minorität sich nicht mehr weigerlich dazu verhalten.“
Als erster Präsident wurde der Friedensrichter Heister, als zweiter der Friedensrichter Goebbels aus Hennef, als dritter der Baumeister Court etc. gewählt, ohne daß die Namen hier alle aufgeführt werden sollen. Die Hauptredner bildeten Dr. Focke und Dr. Weber aus Siegburg, jener von der Irrenheilanstalt, dieser aus der Stadt, neben denen sich der Referendar Bernbach durch seine Unverfrorenheit hervorthat. Am ruhigsten lauschten den Verhandlungen der Pfarrer Schmitz und der Gymnasiallehrer Brambach, welche deshalb auch vielfach zu Redaktionszwecken benutzt wurden. Fast beständiger Schriftführer war der Kommunalsteuerempfänger Lückerath, dessen Aufzeichnungen wir diese Mitteilungen verdanken. Daß die Gesellschaft auch an anderen Orten getagt habe außer zu Siegburg, läßt sich aus den Akten nicht mehr erkennen; nach den Statuten konnte es geschehen und wurde es sogar gewünscht. Die Mitgliederzahl belief sich am Jahres-schlusse auf 112 Mann und hatte zu ihren Teilhabern auch einen Gymnasiasten namens Franz Fußhöller. Die übrigen gehörten allen möglichen Ständen an, vom Bürger bis zum Bauer, vom Fabrikbesitzer bis zum Tagelöhner, da niemand zurückgewiesen werden durfte, der seinen Namen unterzeichnen konnte, und jeder sich für das Gemeinwohl interessieren sollte.
Große Thätigkeit entfaltete der Verein, als am 5. November 1848 der Graf Brandenburg mit der Bildung eines neuen Kabinettes beauftragt wurde. Dieses Ministerium wollte energisch mit der Revolution brechen und seine erste Handlung bestand darin, die National-Versammlung durch Se. Majestät von Berlin nach Brandenburg verlegen zu lassen „ihre Beratungen vor dem Scheine der Einschüchterung bewahht blieben.“ Ein Entrüstungssturm lief durch das ganze Land. Man bestritt der Krone das Recht, die Versammlung zu verlegen; die verantwortlichen Beamten, welche ihr dazu geraten, hätten sich einer schweren Pflichtverletzung gegen die Krone, gegen das Land und gegen die National-Versammlung schuldig gemacht; sie seien gar nicht fähig, die Regierung zu führen; man musse sich der Ausführung der Anordnung widersetzen und durch Adressen an die Abgeordneten, an den König und an die Centralgewalt in Frankfurt den verhängnisvollen Schritt rückgängig zu machen suchen.
Die Siegburger waren recht eilig mit der Sache und richteten schon in den ersten Tagen eine Adresse an die National-Versammlung. Dann am es zu stürmischen Debatten in dem Bürgervereine, ob man noch weitere Schritte thun und auch an den König und an den Reichsverweser sich mit Vorstellungen wenden solle. Die Hauptwortführer waren Gustav Bleibtreu und der Referendar Bernbach, daneben Samuel Bürger, Emil Langen, Assessor Kesseler, Dr. Weber, Simon Josué und Gerhard Brambach. Nach langen Für- und Widerreden einigte man sich schließlich dahin, „mit Rücksicht auf die weiteren Vorgänge in Berlin“ von einer Adresse an den König Abstand zu nehmen und nur die Centralgewalt in Frankfurt um Vermittelung angehen zu wollen. Dieses Schriftstück liegt uns noch im Wortlaute vor und mag deshalb hier eine Stelle finden.
„Kaiserliche Hoheit“!, so lautet es, „Der beklagenswerte Konflikt zwischen den beiden höchsten Gewalten im Staate hat Preußen in zwei sich feindlich gegenüberstehende Heerlager geteilt. Wir stehen am Vorabend eines Buürgerkrieges. Nach welcher Seite hin sich der Sieg auch wenden möge, – in seinem Gefolge ist maßloses Elend und Unglück. Nur der Weg der Vermittelung und gütlichen Beilegung scheint das traurigste Geschick von Preußen, vom ganzen deutschen Vaterlande, von Europa abhalten zu können. Der konstitutionelle Bürgerverein des Siegkreises naht sich Euerer Kaiserlichen Hoheit mit dem ehrfurchtsvollen Gesuche, diesen Weg betreten und mit dem ganzen moralischen Gewichte der deutschen Centralgewalt verfolgen zu wollen.“
Siegburg, den 19. November 1848. X. X.
Die vertagte Nationalversammlung setzte unter ihrem Präsidenten von Unruh ihre Sitzungen zu Berlin fort und fügte sich erst dann dem unabwendbaren Zwange, als über die Stadt der Belagerungszustand verhängt und alle politischen Vereine unter die strengste Aufsicht der Polizeibehörde gestellt waren. Ihre zuletzt abgegebene Erklärung, daß das Ministerium Brandenburg nicht mehr berechtigt sei, Steuern zu erheben und die Staatsgelder zu verwenden, bis die Nationalversammlung wieder zu Berlin mit voller Sicherheit ihre Pflichten erfüllen könne, verhallte fast wirkungslos im Lande und bewies eben dadurch, daß man die ganze Sachlage und die wahre Stimmung im Volke verkannt habe. Der König löste am 5. Dezember die widerwillige Versammlung auf und gab unbekümmert um sie, ganz aus eigener Machtvollkommenheit, eine konstitutionelle Verfassung. Der gemäß sollten dem Könige als dem Staatsoberhaupte zwei Kammern zur Seite stehen, das sogenannte Herrenhaus, bestehend aus den Prinzen des königlichen Hauses, den Standesherren nebst Vertretern der Kirche und der Hochschulen, sowie hervorragenden Männern aller Stände und den Bürgermeistern der bedeutendsten Städte, 2. das Haus der Abgeordneten, hervorgehend aus dem Volke durch mittelbare Wahl und dieses in seinen Entschließungen und eventuellen Vorschlägen vertretend.
Beide Häuser sollten mitwirken bei der Gesetzgebung durch Beratung und Beschlußfassung über die vom Ministerium einzubringenden Vorlagen, durch Prüfung der Finanzverwaltung, bei Feststellung des Staatshaushaltungsetats, bei Steuerbewilligungen und Anleihen und endlich bei Abschluß von Staatsverträgen; sie sollten Bittgegesuche entgegennehmen und Beschwerden vortragen können, herrschende Übelstände besprechen und Anträge stellen können, aber ein durch beide Häuser vereinbarter Gesetzesvorschlag erst durch die Zustimmung des Königs Gesetzeskraft erhalten und diesem allein die höchste Regierungs-, Militär und Justizgewalt zustehen. Der übrige Inhalt der Verfassungsurkunde: daß alle Preußen vor dem Gesetze gleich sein und Standesvorrechte nicht mehr bestehen, die öffentlichen Ämter unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen für alle dazu Befähigten gleich zugänglich sein sollten; daß die persönliche Freiheit gewährleistet werde und die Wohnung unverletzlich sei; daß die Freiheit der Auswanderung nur in Bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden könne und der Genuß der staatsbürgerlichen und bürgerlichen Rechte vom religiösen Bekenntnisse unabhängig sei; daß dieses in voller Freiheit ausgeübt werden solle und die Wissenschaft wie ihre Lehre frei sein, für die Bildung der Jugend durch öffentliche Schulen hinreichend gesorgt und alle öffentlichen und Privat- Unterrichts- und Erziehungsanstalten unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden stehen sollten etc. etc.; diese Zusicherungen mögen hier nur kurz angedeutet werden.
Die Siegburger Politiker drückten mit dem Kölner Bürgervereine ihr tiefes Bedauern darüber aus, „daß sich der Vereinbarung der Staatsverfassung auf gesetzlichem Wege unübersteigliche Hindernisse entgegengestellt hätten, und daß die Krone, um das Vaterland vor unabsehbar Gefahren und Opfern zu schützen und der verderblichen Rechtsunsicherheit ein Ende zu machen, sich zur einseitigen Verleihung einer Verfassung gezwungen gesehen habe“, daß sie aber „dem Geiste der Verfassung ihre volle Zufriedenheit entgegenbrächten und die feste Hoffnung hegten Unvollkommenheiten und Lücken würden durch die demnächst zusammentretenden Kammern verbessert und ausgefüllt werden“.
Die Beamten im Lande gaben sich alle Mühe, die neuen Wahlen im Interesse der Regierung zu lenken. Die konstitutionellen Vereine Rheinlands und Westfalens sprachen am 6. Januar 1849 zu Dortmund ihren Dank dafür aus, daß der König dem preußischen Staate eine so freisinnige Verfassung gegeben habe, und der Schulrat Landfermann aus Coblenz meinte, „daß bei den bevorstehenden Wahlen alle konfessionellen Unterschiede schwinden und die Wahl nur auf solche Männer gelenkt werden müßte, welche sich durch Vaterlandsliebe, edlen Gemeinsinn, sittlichen Wandel und Charakterfestigkeit des Vertrauens ihrer Mitbürger würdig erwiesen hätten“. Die Siegburger hatten Dr. Focke mit Gustav Bleibtreu und Emil Langen zu dem Kongresse geschickt und wirkten nun in jenem Sinne durch Volksversammlungen und Flugblätter, welche sie teils von außen her bezogen, teils bei C. F. Dämisch in der Stadt drucken ließen.
Die Bauern suchte ein „offener Brief“ (gedruckt zu Coblenz bei Hildebrandt) von einem Standesgeossen zu bearbeiten, der keinem andern Kandidaten seine Stimme geben wollie, als der unter den Bauern selbst aufgewachsen sei und eben deshalb auch wußte, wo ihnen der Schuh drücke, der nicht gern übermäßige Steuern zahle, aber auch keine notwendigen verweigere, mit einem Worte nur „einem deftigen Landwirt“; denn wenn ihr so einen wählt, heißt es wörtlich im Texte, dann gilt es gleich, ob er rechts oder links ist, ob er Hott oder Hahr ruft, denn so einer wird schon zur rechten Zeit Üh sagen, wenn er sieht, daß die Karre in den Dreck gerät. Am besten ist’s freilich, wenn er gradaus fährt und das schnurstracks, daß er weder Hott noch Hahr braucht, denn es taugt alles beides nicht. Hott soll man nur rufen, wenn es zu viel Hahr geht, und Hahr nur, wenn es zu viel Hott gegangen. Das ist eben das Unglück, daß sie lauter schlechte Fuhrleute wählen, die nicht gradaus fahren können, sondern immer Hott und Hahr wollen, zu beiden Seiten in die Löcher hinein, das wird all sein Lebtage kein gut thun und hat auch diesmal kein gut gethan, und viele meinen, die Karre sei schon verfahren, und es werde Vorspann brauchen, um sie wieder ins ebene Gleis zu bringen. Wer aber den Vorspann bezahlen müßte, das sind wir, denn wir sollen am Ende doch immer den Sack lappen.
Darum wird es gut sein, wenn ihr einen stämmigen, handfesten Mann wählt der im Notfalle selber mit Hand ans Werk legt und einen tüchtigen Ruck thun kann. Und Haare auf den Zähnen muß einer haben und muß auch einem die Zähne weisen können, wenn’s darauf ankommt; denn mit Leuten, die sich ins Bockshorn jagen lassen und durch die Abtritte kriechen, wie man Beispiele hat von Exempeln, mit solchen Helden ist uns schlecht gedient.“
Hott und Hahr = Haut und Haar, bedeutet rechts und links, weil das Pferd seine Mähne nach links trãgt, also rechts der Hals unbedeckt ist und die Haut zeigt.
Der Siegburger Aufruf führte eine ganz andere Sprache und brachte deshalb eine um so kräftigere Wirkung hervor.
„Mitbürger!“ sagte er, „Es naht wieder ein Tag der Prüfung für uns alle, – ein Tag, der den Grund unserer politischen Reife und unserer Gesinnungstüchtigkeit offenbaren, und über den die Geschichte richten wird. Bürger! es ist dies der Tag der bevorstehenden Wahlen.“
„Als wir im Frühjahre des vorigen Jahres wählten, waren uns die Dinge noch zu neu, von einer deutlichen Erkenntnis der Wichtigkeit der Handlung noch keine Rede. Es war daher verzeihlich, daß unsere Wahl nicht mit der der hohen Bedeutung derselben entsprechenden Ruhe und Überlegung stattfand“.
„Seitdem haben wir eine Schule der Erfahrungen durchgemacht, haben die bittere Schale der menschlichen Prüfungen gekostet. – Bürger! sorgen wir, daß wir diese Schale nicht bis auf die Hefe auskosten müssen.“
„Die Wichtigkeit des bevorstehenden Wahlaktes kann nicht genug anerkannt werden; von dem Ausfall derselben hängt unsere Zukunft, das Wohl des Vaterlandes, unser eigenes und das unserer Nachkommen ab.
Unser eigenes Geschick liegt also in unserer Hand; denn wenn die Wahl der Abgeordneten auch nicht unmittelbar von uns ausgeht, so bestimmen wir doch die Männer, welche jene wählen; nach der persönlichen Tüchtigkeit der Wahlmänner wird aber auch die Tüchtigkeit der von diesen zu wählenden Abgeordneten abhängen.“
„Bei den kommenden Wahlen werden die verschiedenen Parteien sich bemühen, ihre Kandidaten durchzusetzen und zu dem Ende die Wähler bearbeiten. Bürger! die von uns entsandten Deputirten sollen die Verfassungsurkunde feststellen, sollen also bestimmen, welche Rechte uns als Staatsbürger an und für sich, welche im Verhältnis zur Regierung und dieser letzteren im Verhältnis zu uns zustehen. In Verfassungsurkunden können Extreme nichts nützen, sondern nur schaden. Es kann also nichts frommen, Männer mit jenem Werk zu beauftragen, welche die Durchsetzung ihrer Parteiinteressen dem wahren Wohle des Vaterlandes und des Volkes voransetzen. Mitbürger! das Wohl des Ganzen muß höher stehen als der Sieg einer Ansicht, eines Prinzips, — dieses wenigstens in seiner strengen Konsequenz fallen, wenn jenes es verlangt.“
„Daher, Bürger, laßt euch nicht täuschen und von blinder Leidenschaft bethören; folget der Stimme eures Innern und wählet nach reiflicher Uberlegung und Besprechung mit euren Mitbürgern. Wählet Leute zu Wahlmännern, die über dem Getriebe de Parteileidenschaften stehen, die das Wahre vom Falschen zu unterscheiden wissen, die mit der gehörigen Einsicht und Ruhe den Mut verbinden, ihre Meinung frei und kühn auszusprechen und daneben die Aufopferung besitzen, ihr persönliches Interesse dem Heile des Vaterlandes unterzuordnen.“
“Mitbürger! bedenket also wohl, was ihr thut; euer eigenes Geschick ruht in eurer Hand! Und so möge denn der Genius der Freiheit und des Vaterlandes eure Wahl leiten!“
Man glaubt in dieser Ansprache den Dr. Weber zu erkennen, der sich später der sogenannten Fortschrittspartei anschloß. Wenn er des Abends im Nassauer Hofe seine politischen Gespräche hielt, dann legten selbst die Kartenspieler ihre vier Könige beiseite und vergaß ein Schopp seine Stopfen in die Tasche zu stecken, nach denen er seine Zeche zu bezahlen pflegte.
Am 26. Februar traten die neugewählten Kammern in Berlin zusammen. Die erste war dem Kerne nach konservativ, aber doch für eine konstitutionelle Monarchie, die zweite abermals sehr demokratisch angehaucht und mit den namhaftesten Rednern und Führern der „konstituierenden Versammlung“ ausgerüstet. Indes gelang es dem Herrn von Vincke, durch ein sehr weites Programm, worin nur die Rechtsgültigkeit der aufoktrohierten Verfassung und das Prinzip der konstitutionellen Monarchie unter der erblichen Regierung des Hauses Hohenzollern anerkannt wurde, alle konservativen Elemente zu einer starken Partei zu vereinigen und die Beschlüsse der Versammlung, wenn auch nur mit geringer Stimmenmehrheit, im Sinne der Regierung durchzusetzen.
Dieses wirkte beruhigend auf die Bevölkerung des Landes, und die konstitutionellen Vereine, welche sämtlich ihre Schuldigkeit gethan, konnten einstweilen mit Muße Unterhaltung pflegen und vertrauensvoll auf die Entwickelung der Dinge gespannt sein. Herr Lückerath in der Aulgasse richtete schon am 28. Februar ein Schreiben an Dr. Weber, worin er die Aufmerksamkeit des Vereins-Ausschusses auf einen Punkt zu lenken sucht, der ihm sehr schwere Sorge bereitet zu haben scheint. Er erinnert den Präsidenten daran, daß der aus den Beiträgen der Mitglieder gebildete Kassenbestand durch Insertionsgebühren, Portoaussagen und Leistung eines Beitrages an den Centralverein zu Köln auf 13 Sgr. 6 Pfennige zusammengeschmolzen sei, und daß noch 8 Thaler 22 Sgr. restierten, welche die Einladungen zu Wahlbesprechungen und zwei ihm bewußte Ansprachen an die Urwähler über Republik und Monarchie und über die sociale Frage gekostet hätten.
„Da nun zur Beseitigung dieser Angelegenheit sich schwerlich noch eine weitere Teilnahme finden werde, so würde wohl den Ausschußmitgliedern nichts anderes übrig bleiben, als daß sie zur Deckung des Deficits in ihre selbsteigenen Taschen griffen, damit der Bürgerverein, dessen Thätigkeit nunmehr erloschen sei, doch wenigstens schuldenlos seine irdische Laufbahn beschließen könne.“ Herr Dr. Weber war nicht der Mann, sich aus Kleinlichkeiten etwas zu machen, und was die übrigen Herren angeht, so werden sie auch wohl in der Lage gewesen sein, den Drucker nicht zweimal bei sich anklopfen zu lassen. Eine Quittung jedoch liegt nicht mehr vor.
Zug der Freischärler unter Kinkel behufs Plünderung des Siegburger Zeughauses und die Schlacht auf dem Stallberg
Eine neue Aufregung bemächtigte sich der Geister, als im Frühjahr 1849 König Friedrich Wilhelm IV. die ihm angebotene Kaiserkrone ablehnte und bald darauf auch so wie Österreich seine Abgeordneten von Frankfurt abberief.
Er äußerte am 26. April zu einem Freunde, er sei kein großer Regent wie sein Ahnherr Friedrich der Große; eine Kaiiserkrone könne nur auf dem Schlachtfeld erobert werden, was bekanntlich 1870/71 geschah.
Der Friedensrichter Heister war zufällig noch in Siegburg und mußte es sich nun gefallen lassen, wegen seiner riesig großen Kokarde bespöttelt zu werden, welche er als Abgeordneter an seinem Hute zur Schau trug. Jene Ablehnung aber versetzte die Nationalversammlung in eine höchst unangenehme und fast verzweiflungsvolle Lage. Ohne daß sie es wollte, geriet sie zu den Regierungen in Gegensatz und gab durch ihr Festhalten an der Reichsverfassung den radikalen Elementen im Volle einen Vorwand, sich von neuem mit den Märzvereinlern zu verbinden und die Fahne der Empörung hoch zu schwingen. In Sachsen, Baden und der Pfalz kam es zu wildtobenden Auftritten und auch in der Rheinprovinz regten sich die unmutsvollen Demokraten, das mühesam Errungene festzuhalten und einer Gegenrevolution nach Kräften vorzubeugen. In einer Volksversammlung zu Köln am 8. Mai erklärten Abgesandte aus 303 Städten und Dorfgemeinden, daß sie bei dem von Preußen erhobenen Konflikte treu auf seiten der Nationalversammlung ständen, und daß sie das Verbot der Zusammenkünfte, welches die Regierung erlassen habe, sämtlich als ungesetzlich, weil verfassungswidrig, betrachten müßten. Alle waffenfähigen Männer sollten ihren Wunsch, die Reichsverfassung zur Geltung gebracht zu sehen, offen aussprechen und sich einstweilen keinem andern Willen zur Verfügung stellen, als der ihnen von Frankfurt aus entgegengebracht würde. Diesen Gedanken griffen die Volksaufwiegeler mit Begeisterung auf und suchten nun auf dem Lande sowie in den Städten die Landwehrleute, welche zur Ablösung der Linientruppen eben einberufen waren, um deren Garnisonen zu beziehen, von der Befolgung des Befehles abzuhalten.
In Bonn besorgte dieses Geschäft Professor Kinkel mit mehreren anderen Rädelsführern des demokratischen Vereins, in Siegburg der schon obengenannte Parteimann Müller in Verbindung mit den Studenten Schurz und Meyer, welche eigens zu dem Zwecke von Bonn herüberkamen.
Es bedarf daher keines Nachweises, daß die ganze Bewegung im Siegkreise von dort ausgegangen ist, und daß namentlich die Plakate, welche zur Aufwiegelung des Volkes in den Dörfern angeschlagen wurden und die Landwehrleute zur Beschlußfassung über ihr Verhalten auf den 11. nachmittags in den Reichenstein beschieden, nicht in der Stadt Siegburg selbst, sondern in dem Verlage der Bonner Zeitung ihren Ursprung gehabt haben, obgleich sich in der Stadt leider der demokratische Verein wieder aufgethan und das Direktorium seine Unterschrift zu dem Aufrufe gegeben hatte.
In Bonn sollten die Gestellungspflichtigen schon am 11. Mai eingekleidet werden, weshalb man eine gleiche Versammlung auf den 10. abends in dem Römer angesagt hatte. Soldaten, Bürger und Studenten fanden sich hier zahlreich ein, und Kinkel, Schurz und Ungar stiegen abwechselnd auf den Tisch, ihre aufrührerischen Pläne an den Mann zu bringen. Man brauche der Gestellungsordre keine Folge zu leisten, meinte Ungar, weil kein äußerer Feind an der Grenze stehe, und Bürgerblut zu vergießen, das für die Freiheit flösse, sei für jedermann eine unauslöschliche Schmach, die niemand auf sich laden dürfe. Die Elberfelder und andere hätten schon ihren Entschluß gefaßt und würden sich der Zwangseinziehung mit den Waffen widersetzen; es käme nun auf sie an, auch diese Erklärung abzugeben und nötigenfalls den Bedrängten Hülfe zu leisten.
Kinkel hatte sich eine Zeitlang aus der Gesellschaft zurückgezogen und kehrte erst nach 9 Uhr, mit einem Schleppsäbel und einer Provianttasche unter dem Arme, in dieselbe zurück. Er schien etwas unruhig zu sein und entfernte sich häufig in eine Nebenstube, um sich auf sich selbst zu besinnen. Dann, nachdem es bereits 10 geschlagen, forderte er die noch Anwesenden auf, mit ihm einen Zug zu unternehmen, dessen Ziel und Endzweck ihnen erst später mitgeteilt werden könne. Er verhehle sich keineswegs die Schwierigkeiten, welche sie zu überwinden haben würden. Er habe seine Rechnung mit sich abgeschlossen. Wer ihm folgen wolle, solle seine Hand zum Schwure aufheben, später aber der Leitung eines gewissen Annecke folgen, der mehr vom Kriegswesen verstände als er.
Die meist Betrunkenen gaben ihre Zustimmung und entfernten sich dann langsam nach Hause, um sich mit Knitteln und anderen Gegenständen zu versehen, die sie als Waffen gebrauchen könnten.
Gegen Morgen, nach andern schon bald nach Mitternacht, kehrten die Freiheitsmänner in Menge wieder zurück. Annecke ordnete sie auf der Kegelbahn und widerlegte auch noch die Bedenken, welche ein gewisser Becker den leichtsinnig Angetretenen entgegenhielt. Um 7 Uhr sehte sich dann de Zug in Bewegung. Durch die Achterstraße gelangte man zum Kölnthore und von da um die Stadt herum zu dem Platze, wo der Schenkwirt Kamm die Beueler Fähre angelegt hatte. Die Herbeischaffung von Pulver brachte anfangs noch einige Zögerung hervor. Winkelmann und Schurz standen schon am jenseitigen Ufer und harrten der Ankommenden.
Nachdem man dann hier angelegt hatte, zählte Annecke die Häupter seiner Lieben und siehe, es waren 112 Köpfe. Verschiedene hatten sich wohl schon gedrückt, andere waren den Strapazen im Römer erlegen und noch andere fragten sich bedenklich, was man denn zu thun vorhabe. Kinkel sprach allen Mut ein und drängte mit Schurz zum Aufbruche.
Zwischen Beuel und Hangelar ereilte sie die Nachricht, daß eben ein Trupp Bonner Dragoner aufgesessen sei und mit Geschwindigkeit hinter ihnen herkomme. Dieses beschleunigte die unsicheren Schritte, und man gelangte glücklich noch bis in die Nähe von Pützchen. Da aber erblickte man die ersten Dragoner, welche in Zwischenräumen der Hauptschar voranritten. „Machet Platz, Bürger, Platz“, rief Kinkel mit heller Stimme, „setze sich niemand zur Wehr, uns erwarten Tausende zu Siegburg, lassen wir sie ruhig durchziehen!“ Damit waren aber auch die Dragoner schon zwischen ihnen, und der Fuhrmann Buhl, dessen Pferd Kapriolen machte, lag unversehends am Boden. Die Soldaten nahmen das Pferd an dem Zügel und führten es als Trophäe zum Leutnant Pfeffer. Der Hauptmann Annecke, welcher an der Spitze marschierte, vernahm mit Schrecken, was hinter ihnen vorging. Kaum hatte er den Aufschrei des Professors Kinkel gehört, da kommandierte auch er: „Halt!“ und mit dem Rufe: „Rettet euch, rettet euch!“ sprengte er schon seitwärts durch die Felder. Die Hangelarer Bauern sollen später gemeint haben, diese unfreiwillige Abschwenkung habe ihrem Lande gar nicht geschadet, sie hätten eine um so reichere Fruchternte gehabt. Der Kaufmann Ungar war auch schon davon gejagt, und Schurz hatte sich ohne Zögern in das Dorf gemacht. Er begegnet uns später wieder zu Siegburg, Annecke in dem Gebüsch bei Menden und Kinkel bei seinem Freunde Hagen in Allner, wo er den Schleppsäbel ablegte, um sich als Flüchtling durch die Berge zu schlagen.
In Siegburg herrschte unterdessen eine sorgenvolle Beklemmung.
In aller Frühe hatte ein Aulgasser die Trommel gewirbelt und den neugierig Fragenden: „was denn da los sei, warum er Spektakel mache,“ zur Antwort gegeben, das Zeughaus solle erstürmt werden, die Bonner seien schon unterwegs. Ein Marktbewohner schüttelte ungläubig den Kopf und zog sich schmunzelnd in seine Thür zurück; aber bald darauf sah man auf dem Kirchturme junge Burschen in den Löchern liegen, mit Pistolen bewaffnet, die, erwartungsvoll über die Sieg hinauslugten, um die Ankommenden zu begrüßen. Der Kommandeur des Landwehrbatallions, Freiherr von Othegraven, ließ sämtliche Stammmannschaften antreten und das Zeughaus besetzt halten; der Leutnant von Mees sprengte hierhin und dorthin, die Feinde auszukundschaften und die von Deutz her bestellte Hülfe zu erspähen; allein es zeigten sich weder die einen noch auch die andere, nur in dem Reichensteine ging es hoch her, wo Müller vom Knipscherhof den Vorschlag machte, man solle sich für permanent erklären Und die Hausangelegenheiten den Weibern überlassen. Die Demokraten hatten am Tage vorher einen neuen Präsidenten gewählt, weil der alte aus Familienrücksichten, wie es scheint, nicht so recht mit thun wollte.
Indes Joseph Gerlach war vorsichtig im Amte und stimmte weder den Vorschlägen Müllers noch auch denen des abgesetzten Konstablers Mathias Rings zu, welcher von Rachegelüsten beseelt war.
Gegen 10 Uhr erschienen endlich die erwarteten Ulanen und lagerten sich oben auf dem Driesch an der jetzigen Luisenstraße. Die Militärbehörde hatte sie kommen lassen, teils um die Landwehrleute vor Ausschreitungen zu bewahren, teils auch, um einem Volksaufstande beizeiten vorbeugen zu können, falls er wirklich beabsichtigt sein sollte. Die Gerichtsakten geben darüber keinen Aufschluß.
Am 10. Mai hatte der Abgeordnete Bleibtreu im Herrengarten Rechenschaft abgelegt über seine Thätigkeit in der aufgelösten zweiten Kammer und war am Schlusse der Versammlung von dem Demokratenführer Fußhöller aufgefordert worden, nun auch bei ihnen, im Reichenstein, einen Vortrag zu halten, da sie in Bürgervereine nicht wohl hätten erscheinen können. Gustav Bleibtreu sagte das zu und nahm auch seinen Bruder Hermann mit, der ihn von Bonn aus begleitet hatte. Die Rede kam sehr bald auf die fertiggestellte Reichsverfassung und dann auf die Vorgänge zu Elberfeld und Iserlohn. Der wilde Müller meinte mit Ungar in Bonn, daß die einberufenen Landwehrleute und Reservisten gar nicht Folge zu leisten brauchten, weil gar keine Gefahr im Verzuge sei, und deutete so etwas an von möglichen Widersetzlichkeiten und sehr großem Zuzug von außen. Andere Unvorsichtige gingen schon weiter und sprachen es ganz offen aus, daß es morgen losgehen werde, die Konstituiionellen möchten sich vorsehen. Gustav Bleibtreu wurde nachdenkend und machte den Rädelsführern den Vorschlag, sich im Interesse der Sache mit den Konstitutionellen zu vereinigen und das Vaterland nicht in Gefahr zu stürzen; aber damit war dem p. Müller nicht gedient, man müsse der Regierung entgegentreten, meinte er, und das mit Gewalt zu erzwingen suchen, was jene nich freiwillig hergeben wollte. Die Reichsverfassung sei fertig und dürfe nicht mehr außer Acht gelassen werden. Schließlich kam es zu sehr harten Wortkämpfen und die Gläser wurden immer höher geschwungen. Kurz nach 10 Uhr rief Heinrich Fußhöller den Bleibtreu in das Billardzimumer und erklärte ihm unter vier Augen, daß man im Falle einer Vereinigung auch gemeinsam handeln müßte, er habe Nachrichten von Bonn, daß etwas unternommen werden solle, wie er sich dazu stellen würde. Gustav Bleibtreu blieb nachdenkend und bat ihn dringend, auch erst mit seinem Bruder darüber zu sprechen. Beide machten ihm dann Gegenvorstellungen und Fußhöller war nicht abgeneigt, sich von der Gesellschaft zurückzuziehen, obgleich er es eigentlich seiner Partei schuldig sei, dieselbe jetzt nicht im Stiche zu lassen.
Die Nachricht von Bonn war wirklich eingetroffen, und wenn ein zweiter Brief einliefe, sollte Generalmarsch geschlagen und die Sturmglocke geläutet werden, damit es in der Nacht noch losgehen könne. Webermeister Reuber erklärte später vor Gericht, daß man an jenem Abend schon einen Anführer gewählt und bis spät in die Nacht hinein zusammen gesessen habe. Bei seinem Weggange nach Hause sei er unter dem Mühlenthore dem Mathias Rings begegnet und habe von ihm erfahren, daß er an diesem Tage schon zweimal in Bonn gewesen sei und wie ein Tier gearbeitet habe. Offenbar standen also die Siegburger mit den dortigen Demokraten in Verbindung und würde es diesen ohne die Wachtsamkeit der Behörden wohl gelungen sein, das beabsichtigte Attentat auszuführen.
Aus den Bergen hatte sich nämlich eine Unmasse von Bauern eingefunden, welche mit Knitteln, Säbeln, Säcken bewaffnet auf dem Stallberge lagerten, um auf ein gegebenes Zeichen in die Stadt einzufallen. Rings spielte den Anführer und traktierte sie fleißig mit Korn, den ein gewisser Hagen geliefert haben soll. Als einmal ein Lanzenreiter zu ihnen herankam, das Heerlager zu besichtigen, schrie Rings mit hohnlächelnder Miene: „He, Bürger, der soll uns den Bart doch nicht abmachen, haltet nur ruhig Stand, noch ist es keine Zeit zum Losschlagen.“
Ei freilich war es keine Zeit zum Losschlagen; die Ulanen würden sie übel empfangen und die am Zeughause stehenden Dragoner wohl ebenso behandelt haben wie Professor Kinkel und seine Kampfesbrüder. Davon wußten aber die Bauern nichts und ließen sich deshalb von Rings hinhalten. Mit der Zeit jedoch wurde es ihnen zu lang, und da der Magen zu knurren anfing, so schlichen sie sich abwechselnd in die Stadt, den Bäckern eine Besuch abzustatten und die Verhältnisse daselbst auszukundschaften.
Ein Eisenhändler erzählt, daß sie großäugig nach seinem Schaufenster geguckt und von den Sensen und Mistgabeln gemeint hätten, die könnten sie wohl gebrauchen. Im übrigen wandelten sie ganz ruhig einher und wagten ebensowenig ihre Absicht zu verraten, wie die Landwehrleute den Reichenstein zu betreten, wenn Lieutnant Mees mit seinem „Regimnentspferde“ vorbei kam. Hier saßen noch die Demokraten und rieben sich gedankenlos ihre weinschweren schweren Köpfe. Müller vom Knipschenhof hatte sich aus dem Staube gemacht, obgleich er am Morgen doch permanent sein wollte, und Heinrich Fußhöller hatte sich auch schon gedrückt, weil er Kopfweh oder sonst ein Unwohlsein zur Schau trug. Nur Hamm und Schurz predigten fortwährend Aufruhr und drangen schließlich auf Absetzung des Präsidenten. Joseph Gerlach entfernte sich deshalb und ließ die Gesellschaft allein sitzen. Aber um 5 Uhr wurde er noch einmal herbeicitiert und zum letzten Male zum Losschlagen aufgefordert. Schurz behaupte nämlich, neue Nachrichten von Bonn bekommen zu haben, und erklärte, daß dort alles in Feuer und Flammen stehe und der Bürgermesster schon am Laternenpfahle aufgeknüpft sei. Das hörten die Schlafsüchtigen mit Entsetzen, und keiner hatte den Mut, sein Leben in die Schanzen zu schlagen. Der eine machte ein noch längeres Gesicht als der andere, und wer noch gehen konnte, entfernte sich still aus der Stube, um sich nicht auslachen zu lassen. Voller Unwillen, so im Stiche gelassen zu werden, warf Schurz nun seine Mütze auf den Tisch und rief: „Dann wollen wir nach Bonn gehen und auf den Barrikaden sterben“. Gesagt, gethan; Christoph Reuter öffnete ihnen schon die Thür und verschwand dann ebenfalls von der Bildfläche. Schurz fiel aber nicht zu Bonn, sondern er begab sich nach der Pfalz und nach Baden, um später der Befreier Kinkels aus Spandau zu werden. Dieser war nämlich vom Kriegsgerichte zu Rastatt zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt und als Preuße nach der vorgenannten Festung transportiert worden.
Wegen seines Freischärlerzuges nach Siegburg wurde er zu Köln mit sämtlichen Angeklagten freigesprochen, aber als Volksaufwiegeler zu Baden in Gewahrsam gehalten. Seine Verteidigungsrede findet sich in einer bei Hanslein zu Bonn gedruckten Broschüre: Der Zug der Freischärler unter Kintel, Schurz und Annecke behufs Plünderung des Zeughauses zu Siegburg, anderes in der Bergisch-Märkischen Zeitung vom Mai 1888.
Die Schlacht auf dem Stallberg aber hat Zuccalmaglio zu einem Heldenepos verarbeitet und dabei selbstverständlich der Phantasie großen Spielraum gelassen. Nur eins bemerkt er zutreffend und wollen wir hier allen Leichtfertigen ins Gedächtnis rufen: „Für solche Demokraten, sagt er, giebt es nur ein gutes Mittel, die Soldaten.“
Die Siegburger Kirmes brachte alles wieder in schönste Ordnung.
Die Frauen hatten keine Zeit mehr, ihre Männer Politik treiben zu lassen, und diese keine Lust, fortwährend böse Gesichter anzuschauen. Auf dem Markte sammelten sich schon die Honignympfen und Trödelhändler; die Kunstreiter und Tierbändiger machten sich die Plätze streitig, wo sie ihre Buden aufschlagen wollten, und die Jugend hatte ihre unverhaltene Freude dararn die Pferde und Bänke mit aufstellen zu helfen, welche die Karussellbesitzer aus ihren Wagen luden. Da hieß es Hände und Füße rühren, alles zu dem Feste in Bereitschaft zu setzen, um die Gäste anständig empfangen zu können. Die Aulgasser waren so kühn gewesen, trotz Oberförster und Waldläufer, einen riesig großen Maibaum im Walde zu fällen und ihn unter den Klängen der Musik, mit Eierschalen und Flittergold behangen, rings um den Markt herum nach der Aulgasse zurückzufahren, wo sie ihn vor dem Klopkapellchen aufpflanzten und folgendes Liedchen um ihn sangen:
Heil dir, du Tag, der du bist erschienen! Es ist schon lange her, das freut uns um so mehr. Drum laßt uns länger nicht verweilen, laßt uns dem Tag entgegeneilen! Vivat der Tag ist da, singen wir Alleluja. Es geschah dieses am Samstag Nachmittag gegen vier Uhr. Der Oberförster Kleinschmidt war vorsichtig genug, keinen neuen Stoff zur Unzufriedenheit zu geben und drückte wohlwollend ein Auge zu; aber 1852 hörte das Vergnügen auf.
Der Lohmarer Wald
Auf Grund der Gemeinheits-Teilungsordnung vom 19. Mai 1851 wurden die am Lohmarer Walde Beerbten durch die Königliche General-Commissson zu Münster der Reihe nach abgefunden und die unbefugte Ausnutzung des Waldes auf das strengste untersagt. Der Receß darüber erfolgte im März 1860. Die Größe des Markenwaldes betrug 2653 Morgen 27 Ruten; jetzt ist einiges hinzugekommen, und gewinnt er durch Wasserentziehungen und Anlage neuer Kulturen ein immer schöneres Aussehen.
Herr Kleinschmidt starb am 20. Mai 1878 und erhielt von seinen Freunden an der Widdauer Wiese ein recht ansehnliches Denkmal gesetzt. Sein Nachfolger im Amte wurde der Oberförster Reusch, nunmehr Forstmeister.
Der 6. Februar 1850 ist für alle Preußen ein ewig denkwürdiger Tag. Da wurde in Berlin die neue Staatsverfassung beschworen und als endgültiges Reichsgesetz für König und Volk hingestellt. „Sie haben die verbessernde Hand daran gelegt“, sagte König Friedrich Wilhelm zur Volksvertretung, „Sie haben Bedenkliches daraus entfernt, Gutes hineingetragen und Mir durch Ihre treffliche Arbeit und durch die Aufnahme Meiner letzten Vorschläge ein Pfand gegeben, daß Sie die vor der Sanktion begonnene Arbeit der Vervollkommnung auch nachher nicht lassen wollen, und daß es unserm vereinten, redlichen Streben auf verfassungsmäßigem Wege gelingen wird, sie den Lebensbedürfniss Preußens immer entsprechender zu machen. Ich darf dies Werk bestätigen, weil Ich es in der Hoffnung kann: Das erkenne Ich mit dem allerwämsten Danke gegen Sie, Meine Herrn, und Ich spreche es gerührt und freudig aus, Sie haben den Dank des Vaterlandes verdient. Und so erklär’ ich, Gott ist des Zeuge, daß Mein Gelöbnis auf die Verfassung treu, wahrhaftig und ohne Rückhalt ist. Mein Leben und Segen der Verfassung, das fühlen Ihre und alle edlen Herzen im Lande, hängen von der Erfüllung unabweislicher Bedingungen ab.
Sie, meine Herrn, müssen Mir helfen und die Landtage nach Ihnen, und die Treue meines Volkes muß Mir helfen wider die, so die Königlich verliehene Freiheit zum Deckel der Bosheit machen und dieselbe gegen den Urheber kehren, gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit, wider die, welche diese Urkunde gleichsam als Ersatz der göttlichen Vorsehung, unserer Geschichte und der alten heiligen Treue betrachten möchten … mit einem Worte, die Lebensbedingung ist die, daß Mir das Regieren nach diesem Gesetze möglich werde, denn in Preußen muß ein König regieren, und Ich regiere nicht, weil es Mein Wohlgefallen ist, Gott weiß es, sondern weil es Gottes Ordnung ist; darum aber will Ich auch regieren. Ein freies Volk unter einem freien Könige, das war Meine Losung seit zehn Jahren, das ist sie heute und soll sie bleiben, solange ich atme.“
Empfang des Kronprinzen Friedrich Wilhelms IV. 1833
Die Siegburger waren ganz erbaut von der Ansprache, als sie dieselbe durch die Zeitungen zu Gesicht bekamen. Sie erkannten denselben liebenswürdigen Herrn wieder, als den sie den König 1833 am 29. Oktober persönlich kennen gelernt hatten, wo er als Kronprinz auf seiner Durchreise von Köln nach Bonn der Stadt die hohe Ehre erwies, in den Räumen des jetzigen Gymnasialgebäudes abzusteigen und mit den Behörden und der Stadtvertretung die wohlwollendsten Worte auszutauschen.
Er hatte sich zwar jeden festlichen Empfang verbeten, aber die Siegburger glaubten einmal ungehorsam sein zu dürfen und hatten vor dem Grömmelzthore einen sehr schmucken Triumphbogen aufgeschlagen. Auch ein Frühstück für ihn hergerichtet und mit den ausgesuchtesten Speisen und Getränken in Bereitschaft gehalten. Allein das letztere lehnte er „aus Unwohlsein und Übermüdung“ ab. Vor dem Zimmer des Elementarlehrers Mohr, in welchem er Toilette machte, begegnete er dem jüngsten Sohne desselben und fragte ihn nach seinem Namen. „Ich heiße Joseph Mohr,“ antwortete der Kleine schüchtern und reichte ihm die Hand.
„Mohr, Mohr,“ entgegnete der Kronprinz; „Mohr? – ja, das ist ja schön, aber wo ist denn der Karl?“ Der Karl war auch da, nur nicht zur Stelle. Vielleicht „räuberte“ er in dem Tierbungert Äpfel oder er trank sich auch wohl schon ein Glas Gerstensaft, wie weiland sein Namensvetter Moor zwei. Eine weitere Verwandschaft existiert aber zwischen beiden nicht, wenigstens läßt sich eine solche nicht gut nachweisen.
Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch “Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart” von 1897. Mehr Infos dazu hier.
Kapitelübersicht
Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
Weitere Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
Kapitel des Buches
Die mit Links hinterlegten Textteile sind bereits online verfügbar. Die anderen Teile werden nach und nach eingestellt.
I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln
II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte
III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit
IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter
V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum
VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich
VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung
Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden
VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse
IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin
Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs
Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg
Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse
X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.
Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise
Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften
Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten
Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege
XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen
Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg
XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte
XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei
XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat
Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.