Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Die Streitigkeiten der Kölner Bürger mit ihrem Bischof und dessen Verwickelungen mit den benachbarten Großen hatten für die Siegburger Verhältnisse das eine Gute gehabt, daß sich die Bauern der Umgegend weniger nach der gefährdeten Hauptstadt, als nach der friedlichen Landstadt hinwandten, um hier ihre Handelsgeschäfte zu besorgen.
Der Verkehr bekam dadurch einen neuen Aufschwung, und der Handel blühte so, daß selbst die Großstädter darauf aufmerksam wurden und ungehinderten Besuch des Siegburger Marktes begehrten. Abt Adolf kam ihnen freundlich entgegen und gewährte den Kölnern 1284 nicht nur volle Sicherheit für ihre Person und ihr Eigentum, sondern auch dieselbe Behandlung in und außerhalb des Gerichtes, wie sie den Siegburgern zu teil würde.
(Ennen: Quellen zur Gesch. der Stadt Köln III. 249 u. Lac. II 795.)
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Die Rechtspflege lag in den besten Händen und die Verwaltung wurde mit einer Umsicht geführt, die ihr das größte Vertrauen von allen Seiten entgegenbrachte. Aus dem Jahre 1282 ist uns noch ein Schriftstück erhalten, worin der Graf von Berg den Wipperfürthern das Privileg erteilt, wenn sie in Rechtsangelegenheiten in Verlegenheit wären, wie sie sich helfen sollten, nach Siegburg zu gehen und hier Consultation zu halten. (Lebebur: Allg. Archiv. IX, 275)
„Ende setten wy ind günnen“, so heißt es in der Urkunde, „unsen burgern to Wippersforde sunderlicke, dess oft yn einiehs recht entbrecke, dair man ane twyfelde, dat se dat recht soeken sullen to Sygburgh an den Scheppenen ind an dem Raide“, wodurch also thatsächlich das Siegburger Regiment als ein musterhaftes anerkannt wurde.
Eine Judenverfolgung
Um so vorsichtiger muß man daher die Judenverfolgung beurteilen, welche 1287 ein trauriges Andenken in der Stadt hinterlassen hat.
Manche Leute waren trotz der Warnung Papst Innocenz IV. und der Zustimmung Kaiser Rudolfs von Habsburg, daß „dat nyet waer en sy, dat einige Kristen sagen, dat de Jüden von eyme Herze eyns doden Kynds Kommuneceren up eren paschen Dach“ (Mering: Gesch. der Burgen, Rittergüter etc. in den Rheinlanden… IV, 77), vielleicht doch der Ansicht, daß die Möglichkeit eines solchen Verbrechens nicht ganz ausgeschlossen sei, und fielen in ihrer Erbitterung über das Schicksal eines Knabens „Johänneken“ aus Troisdorf, welcher zu Seligenthal die Minoritenschule besuchte und beim Müllerhofe tot aufgefunden wurde, blindlings über die Juden Siegburgs her, als wenn sie das Kind in verwandter Absicht ermordet hätten. Die Leiche desselben ward auf einen Karren geladen, um nach Hause transportiert zu werden, aber an der nachmals von dem Vorfalle so benannten Kindsgasse auf dem Driesch blieb das Zugtier plötzlich stehen und wollte unter keinen Umständen weiter ziehen. Johänneken streckte die Hand unter der Decke hervor und zeigte mit dem Finger nach der Abtei, als wenn es dort begraben sein wollte. Da machte man Kehrt und siehe, das Pferd legte sich augenblicklich ins Geschirr. Der Selige war zu einem Martyrer geworden den Feinden des Christentums in die Hände gefallen. Etwa 25 von sollen deshalb nach Brisch (Gesch. der Juden in Köln und Umgebung I, 92.) von der aufgebrachten Menge niedergemacht und erschlagen worden sein, obgleich die Zahl jedenfalls etwas zu hoch gegriffen ist, da mehr als 25 Juden kaum damals in der Stadt existierten und zehn Jahre später uns schon wieder einige begegnen, die von dem Abte und dem Grafen Wilhelm gegen einen aus Schwaben heranziehende Judenverfolger namens Rindfleisch in Schutz genommen wurden. Johännekens Leichnam ward mit Genehmigung des Konventes in der Abteikirche beigesetzt und die rechte Hand von ihm in einem silbernen Gefäße aufbewahrt. Zu der Schweden Zeit war dieselbe noch vorhanden und Gelenius hat auch noch das Kapellchen gesehen, welches man zur Erinnerung an die Blutthat in der Nähe des Müllerhofes erbaut hatte. („Saeci et pii facti ad 24 Sept.“ – Vergl. auch von Mehring: gesch. der Burgen etc. im Rheinlande.) Jetzt ist beides verschwunden, ob aber damit auch der Wahn, daß die Juden wirklich das ihnen zur Last gelegte Verbrechen begangen haben könnten, ist eine Frage, die jeder sich selbst beantworten mag. Es irrt der Mensch so lange er leichtsinnig glaubt, und das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch „Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart“ von 1897. Mehr Infos dazu hier.
Kapitelübersicht
Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
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Kapitel des Buches
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I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln
II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte
III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit
IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter
V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum
VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich
VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung
Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden
VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse
IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin
Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs
Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg
Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse
X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.
Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise
Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften
Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten
Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege
XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen
Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg
XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte
XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei
XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat
Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.