XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte

Der 7-jährige Krieg

Der Dresdener Frieden hatte wohl die Ausübung der Feindseligeiten zwischen Preußen und Österreich eingestellt, aber keineswegs die Keime der Zwietracht entwurzelt, welche zwischen beiden Staaten seit 1556 aufgeschossen waren.

Der Graf von Kaunitz benutzte die Waffenruhe, um als Gesandter Maria Theresias in Frankreich das Interesse der Frau von Pompadour für seine Herrscherin zu gewinnen, und diese, längst schon mit Rußlands Kaiserin zur Niederhaltung Friedrichs II. insgeheim verbündet, erntete den Erfolg ihres sie demütigenden Schreibens an die Maitresse Ludwigs XV., den Sklaven ihrer Neigungen auf Östereichs Seite treten zu sehen, und letzterem das Netz aufstellen zu helfen, in welches jener sich früher oder später verwickeln sollte. Glücklicherweise hatte Friedrich aber Kunde von dem Anschlage bekommen und ließ es bis zu einer fertigen Aufstellung desselben nicht kommen. Ohne irgend einen anderen Bundesgenossen als den König von England, welcher aus Haß gegen Frankreich und aus Furcht für seine hannoverschen Besitzungen sich mit einigen Kleinstaatlern ihm anschloß, schoß er kühn in das Netz hinein und stand, ehe noch die österreichischen Jäger ihm den Weg verlegen konnten, mitten im Böhmer Lande, in welchem das Kesseltreibe beginnen sollte. Die Zurückweisung der Franzosen hatte er den Engländern, Hannoveranern, Braunschweigern etc. überlassen, während er selbst nach zwei Seiten hin Front machen und die Österreicher und Russen beschäftigen wollte.

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Der Herzog von Cumberland war nicht der Mann, mit wenigen Kräften viel auszurichten, aber die Franzosen verlegten sich auch mehr auf das Plündern und Brandschatzen als auf das eigentliche Waffenhandwerk, und nach dem Siege bei Hastenbeck 1757 mußten sie unter Clermont, dem Nachfolger d’Estrées den Rückzug antreten. Der Führer schrieb an seinen König, er teile das Heer in 3 Klassen: die einen lägen unter der Erde, die andern in den Hospitälern, und die dritten lebten zwar noch, beständen aber aus Lumpen, Landstreichern und nichtsnutzigem Gesindel, das schwer zu dirigieren sei. Man spricht allein von 1200 Karren und Fuhrwerken, welche die Frauen der Offiziere, Haarkünstler Sängerinnen, Modistinnen, Salben- und Parfümeriehändler nebst Dienerschaft und Zofen nachbeförderten, gleich als wenn es zu einem großen Hoflager gegangen wäre. Mit diesem Troß und ihren Helden wurde daher der Herzog von Braunschweig, welcher an Cumberlands Stelle getreten war, bald fertig, und nach der Niederlage bei Krefeld am 23. Juni 1758, konnten die Besiegten sich glücklich schätzen, mit 3000 Pferden und der ganzen Bagage in Köln Aufnahme gefunden zu sonst wären sie vernichtet worden.

Siegburger Geiseln in Stade

Schon im April hatte die pragmatische Armee dem bergischen Land eine ungeheuere Kontribution auferlegt und von Dorsten aus am 15. des Monats mit unnachsichtlicher Eintreibung gedroht, wenn das Verlangte nicht rechtzeitig geliefert werde. Siegburg und die Vogtei solllen da je 774 Reichsthaler, und letztere auch noch 1500 Rationen an Korn, Heu und Stroh beitragen. Die Troisdorfer beeilten sich, eine Abschlagszahlung von 400 Thalern zu leisten in der Hoffnung, das andere nachgelassen zu bekommen, nicht aber die Stadt Siegburg, weil die Kontribution nach der Landesmatrikel ausgeschrieben sei, in der Siegburg dem Erbvergleiche nicht figuriere. Das erregte böses Blut in Düsseldorf, und schließlich sah man sich veranlaßt, gute Miene zu bösem Spiele zu machen. Man sandte den Bürgermeister Dietzgen mit der genannten Summe nach der Hauptstadt, um die Sache aufzuklären und unvermeidlichen Falls das Geld an das Königliche Kriegskommissariat in Dülmen abzuliefern. Herr Dietzgen aber kehrte unverrichteter Sache zurück mit dem Vorgeben, der Weg nach Dülmen sei zu gefährlich; der Abt möge ihm neue Verhaltungsmaßregeln zukommen lassen. Derselbe befiehlt nun am 13. Mai von St. Apollinaris aus, wo er sich meistens aufzuhalten pflegte, die Kontribution nicht zu bezahlen, sondern zu sehen, wie sich die Dinge gestalten würden. Der Sieg der Verbündeten bei Krefeld machte die Geschichte schon bedenklicher, und nun erhielt der Notar Baader vom Abte die Vollmacht, im Namen der Abtei mit der Generalität wegen des ihr zugefallenen Kontributionsquantums zu verhandeln. Die Inhaber der abteilichen Güter im Blankenbergischen hätten nachweislich schon 6 Kronen bezahlt, die Abtei trage eine Schuldenlast von 100 000 Reichsthaleren, man möge sie doch nicht doppelt in Anschlag bringen, zumal ihre Besitzungen in den Ämtern Porz, Lövenberg, Lülsdorf und Blankenberg mit dem in Anschlag gebrachten Zehnten auch noch einige Tausend Thaler liefern müßten. Baader verrichtete den ihm gewordenen Auftrag, so gut er konnte, und die Sache zog sich in die Länge. Unterdessen hatten sich die Alliierten wieder über den Rhein zurückgezogen, und die Franzosen legten sich zu beiden Seiten in die Winterquartiere.

Wie freundlich man denselben von Düsseldorf aus entgegenkam, beweist der Befehl des Herzogs vom 14. November, daß man Wege und Stege fur die Herrn in tüchtigen Reparationszustand setzen solle, und eine zweite Verfügung vom 30. November, wodurch die Gemeinden verpflichtet wurden, Schilderhäuser, wenn auch nur aus schlechten Brettern zusammengenagelt, für die Wachtposten in Bereitschaft zu halten. Die verlangten Kapotröcke würde auf Befehl des Marschalls de Contades das Magazin liefern, und die Magazine, wenigstens die Proviant- und Futtermagazine, hatten wieder die Bewohner des Landes zu füllen oder wurden gegen Bezahlung dazu angehalten. Da gab es viele Arbeit und wenig zu verdienen, und die Einquartierten sorgten schon für die rechtzeitigen Lieferungen. 1759 bedurfte es seitens der Troisdorfer eines Geschenkes von 125 Thaler an den Obersten, um ihn zur Erleichterung der Einquartierungslast zu bewegen. In Siegburg und der Vogtei lag vom 31. Januar bis zum 21. April das Freiwilligen-Regiment d’Hallet, nachdem das Kavallerie-Regiment de Noé ins Lülsdorfsche umgelegt war. Der Stab mit 4 Kompagnien kostete der Stadt eine Barauslage von 4200 Reichsthalern auf spätere Vergütung. Die größte Plage hatten die Fuhrwerkbesitzer, indem sie fortwährend angespannt wurden, diesen oder jenen Transport zu befördern, nach Wesel, Elberfeld, Dülmen, Haltern, ja nach Unna und Hamm in Westfalen, wie sich aus den Liquidationsscheinen ergiebt, und die meisten waren froh, wenn sie nach bezogenen Prügeln mit Verlust ihrer Gefähre wieder in Siegburg anlangten. Die Troisdorfer mußten in den Jahren 1758 – 60 dreimal die aggerbrücke abbrechen und wieder aufschlagen, was ihnen laut Gemeinderechnung 423 Reichsthaler kostete. Im ganzen verlangten sie für den erlittenen Schaden an Wohnungen, Gerätschaften und Dienstleistungen 2859 Reichsthaler, wobei sie das freiwillig Hergegebene noch nicht in Anschlag gebracht hätten. Berüchtigt hatte sich namentlich das Fischersche Freikorps gemacht, das im Vorwinter 1759 – 60 in Siegburg und in der Vogtei im Quartier gelegen und der Stadt nicht weniger als 8000 Thaler Unkosten verursacht hatte, sodaß man sich mit der „fußfälligen Bitte“ an den Abt wandte, „bei dem Landesherrn gnädigst dahin interponieren zu wollen, daß das Städtlein für den Winter 1760 mit Einquartierung verschont, oder wenigstens nur mit regulären Truppen belegt werde, so ihr Fleisch und Brot bekommen“, denn man hatte selbst nichts zu essen und zu trinken.

Nicht glimpflicher dürfte die Stadt und Umgegend durch die Hannoveraner davongekommen sein, welche „4 mal Waren und Gelder erpreßt hatten“, vielleicht deshalb, weil man noch immer nicht die zuerst ausgeschriebene Kontribution entrichtet hatte. Am 15. Dezember drohete der General Imhof von Hamm aus allen Abteien, Klöstern, Stiften und Komthureien, mit Zwangsmaßregeln vorgehen zu wollen, wenn die „widerspennstige Provinz“ seinen Befehlen nicht Folge leiste.

Diese Androhung ließ auch nicht lange auf sich warten. Das von Scheitersche Freikorps setzte sich den Rhein hinauf in Bewegung, um im Westerwalde die Formierung kaiserlicher Truppen zu verhindern. In Neuwied jagte es 400 Franzosen über den Fluß, in Altenkirchen entwaffnete es 2 Kompagnien Deutsche und nahm ihnen eine Fahne ab; dann streifte eine Abteilung nach der Kanonie Ehrenstein, wo man den Subprior und 2 Patres zu Hause fand; diese machte man zu Gefangenen und führte sie nach Ruppichteroth, während von Scheiter selbst mit 90 Mann zu Pferde nach Siegburg sprengte, hier die Benediktiner auszuheben. Der Weg führte sie an Allner vorbei, wo der Landdinger von Proff wohnte. Derselbe war zufällig nicht zu Hause und hatte die Führung der Geschäfte dem Kölnisch Geheimen und bergischen Kammerherrn von Spieß übergeben.

Dieser mußte ohne weiteres ihnen folgen, und im Galopp ging es nun über Hennef nach der Stadt Siegburg, deren Bewohner schon durch einen Eilboten von der Ankunft der Feinde benachrichtigt worden waren. Der Bürgermeister Dietzgen berief schnell die Ratsverwandten, um aus ihrem Munde das Zweckmäßige zu erfahren; allein die wenigsten erschienen, und nur Bender und Franken hatten den Mut, ihre Ratlosigkeit mit der Hoffnung zu entschuldigen, es wären vielleicht keine Verbündete, sondern Franzosen, vor denen man sich weniger zu fürchten brauchte; sie wollten einmal an das Mühlenthor gehen und ausschauen, wer denn käme. Das mochte den Schultheißen Sauer und dem Herrn Bürgermeister gefährlich dünken; sie ergriffen beide die Flucht und versteckten sich mit den Mönchen im Lohmarer Walde. Unterdessen sprengten die von Scheiterschen Dragoner durch das Thor den Berg hinauf, ohne sich um Herrn Bender und Franken zu kümmern. Der Pförtner Brunner wollte sie nicht einlassen, weil die Herrschaft nicht zu Hause sei. Ein Blick durch das Gebaude und dann kehrte man mit dem Armen in die Stadt zurück, wo inzwischen die letzten Dragoner mit Herrn von Spieß angekommen waren.

Auf dem Markte machte man Halt, es war niemand auf der Straße zu sehen. Bender und Franken standen hinter dem Fenster im Hause zum Bären, noch viel ratloser als vorhin, weil Tillmann Dietzgen mit der leeren Stadtkasse verschwunden war. Da erschien ein Offizier an der Thür und fragte nach dem Bürgermeister. „Der ist nicht hier“, war die Antwort, und „Sie sind?“ „Ratsverwandte, die nichts thun können“.

Nun gut, dann folgen Sie mir“, heischte er sie an, dort oben ist der Herr Kommandant“. Sie gehorchten, willig oder nicht, und wurden neben den Herrn von Spieß gestellt. „Wo sind die übrigen Stadträte und der Herr Schultheiß?“ fragte der Befehlshaber. „Wir wissen es nicht“, entgegneten die Gefangenen, „wahrscheinlich in ihren Häusern“. „Sie sollen herbeikommen“, befahl Herr von Scheiter, und auf der Stelle sprengten Reiter nach allen Richtungen hin auseinander, die Betreffenden hervorzuholen. An der Horngasse stand der Apotheker Keller, welcher sich mit Fuchsius und dem Herrn Pastor in die Klause geflüchtet hatte, um hier Schutz zu finden. Die Neugierde trieb ihn nach außen; aber kaum hatte man „seinen fein galonierten Hut mit unterhabender Perücke und den Frack“ zu Gesicht bekommen, als auch schon ein Reiter zu ihm heransprengte, um ihn zum Mitgehen zu nötigen. „Ich bin ja der abteiliche Apotheker oder Keller, wie Herr Dietzgen später behauptete“, sagte er, „und gehöre nicht zu den Ratsverwandten“. Das half nichts, er bekam seinen Platz neben den andern Gefangenen. Bald darauf brachte man auch die Frau Fischer und Frau-Lizentiatin Kurtius, weil man ihre Männer nicht angetroffen, und aus der Mühlengasse Daniel Becker, welcher einen Sattel hatte hergeben sollen und für seine Widerspenstigkeit rücksichtslos geprügelt worden war. Herr Keller sollte für den „abteilichen Keller“ haften, in dem nach dem Berichte des Herrn von Scheiter an Ferdinand von Braunschweig vom 20. Januar 1760 für mehrere Tausend Thaler Wein lagerten.

Ein mehreres inquirierte man nicht, sondern führte die Geiseln noch an demselben Abend zu Fuß nach Ruppichteroth, die Weiber auf einem Karren des Halfen vom Neuen Hof, welcher dadurch zwei Pferde und das Gefährt einbüßte. Am folgenden Tage indes ließ man die Frauen wieder los und führte nur die Herrn Franken, Bender, Becker und Keller über Hamm, Münster, Bremen, Nienburg nach Stade, wo Becker 213, die übrigen 534 Tage in Gefangenschaft gehalten wurden. Kost und Logis mußten sie sich selbst stellen, und das war nach ihrer wiederholten Klage und Bitte um Geld sehr teuer. Besser sollten es, wie sie berichteten, der Prior von Heisterbach und die Geheimräte Ekart und Baumeister haben, weil sie in preußischem Gewahrsam seien. Die Stadt verstand sich nun dazu, die 774 Reichsthaler Kontribution per Wechsel auf eine Kölner Firma an das Kriegskommissariat einzusenden, um ihre Mitbürger in Freiheit zu setzen. Allein das Geld wurde in Dülmen nicht angenommen, weil Siegburg nach der Landesmatrikel, auf welche die Kontribution lautete, zur Beisteuer nicht verpflichtet sei. Eine zweite Kontribution von 3000 Thaler und 3000 Rationen hatte der Abtei gegolten, und nun sollten die Gefangenen für diese haften. Man machte allerlei Versuche, die Unbilligkeit des Verfahrens dem Herzoge von Braunschweig klar zu machen; der aber hielt fest, was er hatte, und wollte von der Auslösung nichts wissen. Am 4. Februar schickte man den Gefangenen per Wechsel 260 und im März noch einmal 200 Thaler.

„Die im Elend Weilenden“ schrieben einen Brief über den anderen, und Baaders Bemühungen in Düsseldorf und bei der Armee blieben fruchtlos. Johann Benders Stimmung giebt ein Schreiben wieder, das er im April 1760 an den Herrn Bürgermeister und die Stadt richtete, und das wahrscheinlich Herrn Keller zum Verfasser hat, wenn auch die Stilisation keinen Künstler verrät.

„Dero Hochedle u.s.w. geehrtes unterm 26. Marty mit den 200 Rrx sehr schlechtem gelde haben zwaren im vorigen schreiben gemeldet, richtig empfangen zu haben; nunmehro aber hätten gehoffet, die ehre zu haben, Uns persönlich zu sprechen; aber daß ist weith gefehlt, waß hat doch Herr Baader gedacht, daß er kein mandatum gesucht, uns dahier loszumachen, oder hat er sich vielleicht vorgebildet, daß anitzo sr Durchlaucht der Herzog Ferdinand schuldig wäre, uns loszugeben?

Es ist aber eine große Schant, indeme daß die contribution abgemacht und nicht besser gesorgt worden, daß wir loßgelassen werden und zum spoth als Sclaven unser noch wenig überbliebenes reißgeld /: wie kümmerlich wir uns behelfen :/ noch dahier gäntzlich aufzehren müssen und die folge nach sich ziehet, wenn das glück kommen würde, daß wir alsdan der Handwerksgesellen ihren bettelspruch auf der rückreiße gebrauchen müßen. unser General von Zastrow hat auf unseres bitten zweymal die gnad gehabt, nach dem Hauptquartier unsertwegen geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Herr Franken hat eine Supplique ahn Herrn adjudant-general und Obrist Baron von Reden, wie auch eine an Herrn Koenig (in Düsseldorf) abgeschickt, und wir wissen, wir hören und sehen nichts, als wan die Kontributionsgelder nicht zum rechten Herrn gebracht wären.

Die Altväter in der Vorhöllen haben lange gedult gehabt in Hoffnung, erlößt zu werden, aber sie haben weder Essen noch Trinken, vielweniger Quartiergeldt zahlen dürfen. Wir aber müssen unter solcher Hoffnung den 14. May allein an quartiergeldt 24 rx zahlen. Unser Raths wäre, daß Hochedle einen capablen mann nach dem Haubtquartier abschickten mit der instruktion, er möchte Sr. Durchlaucht dem Herzoge Ferdinand /: welcher sich gerne sprechen läßet :/ eine Supplique selbst überreichen, wohe sonsten nicht sehen thun, durch waß mittel uns loßgeholfen werden lann. Wir müssen hiesigen orths, zu Hamburg oder Bremen, gelder suchen, es möchte vielleicht dorthen zu späth fallen. übrigens hab verstanden, daß in unserm armen stättgen wiederumb so viel böser gästen wären, und unsere Häuser, ohnerachtet wir abwesend, stark versorget worden. auf solche art solte man zum siegburg nicht stark hungern.

Ich und meine Cammerathen Empfehlen sich an Herrn Bürgermeister und die übrigen Herrn, wie nicht weniger an Gemahlin und ersterbe Ew Hochedlen dienstwilligsten Diener

Jean Wilhelm Bender.“

Am 12. April schickte man den Geiseln noch einmal 50 Reichsthaler, dann aber hörte es auf, und als sie von Major Günther 60 Louisdor geliehen hatten, um zu existieren, erklärten die Siegburger rundweg, sie hätten keinen Auftrag dazu gegeben, man möge für die Rückzahlung selbst sorgen. Wenn sie von der Stadt etwas fordern zu können glaubten, möchten sie klagbar werden. Das empörte die Gefangenen aufs äußerste; sie nahmen unter Verpfändung ihres Vermögens Gelder auf, und als sie endlich, Keller über Holland, die andern auf dem Binnenwege in der Heimat wieder anlangten, forderten sie pro Tag und Person ihrer Abwesenheit 1 Rthaler Alimentationskosten und für häusliche Versäumnisse, erlittenen Schaden und dergl. ebenfalls je einen Thaler. Das war dem Herrn Bürgermeister aber zu viel. Man hatte das Lösegeld am 8. März 1760 durch den Wechsler Matthias Frantzen mit 2515 Gulden 12 Albus zahlen lassen, und am 25. März durch denselben Herrn „Wexeliren“ 650 Gulden zur Unterhaltung der Gefangenen abgesandt; damit glaubte die Stadt ein Übriges gethan zu haben und wollte nun von einer weiteren Entschädigung der Herrn nichts wissen.

Der Geiselprozeß

Der Geiselprozeß giebt uns ein höchst lustiges Bild von dem damaligen Rechtsverfahren, indem man sich Artigkeiten vor Gericht sagen durfte, die jede für sich eine neue Anklage hätte hervorrufen können.

Der Herr Bürgermeister meinte, die Gefangenen hätten sich in übertriebenen Klagen hinsichtlich des Essens und Trinkens ergangen, sie seien alle mit dicken Köpfen zurückgekehrt. Herr Keller müsse wohl einen Dusel, Tummel oder Kümmel im Kopfe gehabt haben, als er sich aus „curiositas, die sonsten generis feminini“ zu sein pflege, den von Scheiterschen Leuten in die Arm geworfen habe; wahrscheinlich habe er mit der Reise ein spekulatives Geschäft verbinden wollen, daß er sich über Holland zurückbegeben, und Daniel Becker ginge die Stadt gar nichts an, da er sich ja selbst als einen französischen négocier in die Listen habe einschreiben lassen; die bezogenen Ohrfeigen für sein loses Maul seien ihm ganz gut bekommen u. dgl. m. Dafür warf Herr Keller dem Bürgermeister Feigheit und Unehrlichkeit vor, weil er mit der Stadtkasse entwichen sei, und behauptete, er verfahre parteiisch, indem er die Ratsverwandten begünstige und deren Forderungen zu bezahlen bereit sei. Er solle einmal offene Karte vorlegen, wo das Geld geblieben sei, das er angeblich für sie aufgenommen und abgesandt habe; in ihre Hände sei es nicht gelangt.

Der Abt verlangte in der That noch am 23. Juli 1766 den Nachweis für sämtliche Auslagen in den Jahren 1759 – 64, und das Ende vom Liede war, das die Stadt sowohl in Düsseldorf wie in Siegburg den Prozeß verlor und die Kläger schadlos halten mußte. Sie hatten, wie der Herzog von, Braunschweig sich ausdrückte, für die Stadt und Abtei „kontinuierlich“ gehaftet, und so mußten die Mitbürger für sie einstehen. Interessant ist es, aus dem Geiselprozesse zu erfahren, daß das Amt Blankenberg 1760 an die britisch-hannoversche Armee nicht weniger als 22 130 Reichsthaler nebst 25 000 vollständigen Rationen hat liefern müssen und an die Preußen 21 130 Reichsthaler, aber keine Rationen. Nimmt man nun die Einquartierungslasten und Ausplünderungen hinzu, so begreift es sich, wie die armen Leute selbst die Soldaten ansprachen, mit ihnen ihr Brot zu teilen, damit sie dem Hungertode entrissen würden.

An entscheidenden Schlägen fehlte es auf dem westlichen Kriegsschauplatze, weil die Franzosen eigene Pläne verfolgten, und die Eifersucht der Feldherrn Soubise und Broglie ein erfolgreiches Zusammenwirken lähmte. Man zog hin und her, vorwärts und rückwärts, und begnügte sich mit dem Aussaugen des Landes. Ein Beispiel, wie die Einquartierung sich oft drängte, giebt uns das Haus Dorjo in Troisdorf. Hier lagen vom 13. – 19. August 1760 vier Offiziere vom Regiment Tournais mit 8 Pferden und 4 Bedienten, vom 19. ab auf mehrere Tage 6 Offiziere mit 12 Pferden vom Detachement Drumont; später am 8. Oktober 3 Offiziere mit 6 Pferden vom Regiment Rochefort, am 9. Oktober 8 Offiziere mit 18 Pferden vom Regiment Thiange, am 13. 3 Offiziere 7 Pferde vom Regiment Brisac, am 14. 4 Offiziere 8 Pferde vom degiment d’Orleans, am 17. 2 Offiziere 5 Pferde vom Regiment Craats, am 6. Dezember 5 Offiziere mit 10 Pferden vom Schweizerregiment de Solis u.s.w.

Die Siegburger klagten dem Abte, daß sie vom 7. – 16. Oktober keinen Tag von Einquartierung frei geblieben seien, daß die Regimentsstäbe regelmäßig in der Stadt ihr Unterkommen suchten, und in einzelnen Häusern oft 20, 30, 40 ja 100 Mann auf einmal gelegen hätten. All ihr mit vieler Mühe gepflanztes Gemüse und Gartengewächs sei daraufgegangen, sie wüßten nicht, wovon sie im Winter leben sollten, und es dauerten die Durchmärsche fort; dazu käme noch, daß hier Rekruten geworben und angesammelt würden, denen man de die in diem 17 Stüber nebst Essen und Trinken zu geben habe. Fortwährend hätten sie 3 Thore zu bewachen und gebrauchten dazu viel Öl und Holz. Die Männer kämen kaum zu Bett, und es seien doch nur 120 Häuser, die Wachen stellen könnten. Würden sie wieder mit Winterquartieren belästigt, so sei zu befürchten, daß viele wie früher „weinenden Auges“ auswanderten, da Furcht und Angst jeden trostlos mache u.s.w.

Die Verwendung des Abtes in Düsseldorf zu gunsten des Städtchens blieb erfolglos. Am 28. Februar 1761 erschien wieder das gefürchtete Fischersche Korps, um in der Stadt und Vogtei untergebracht zu werden. Mit ihm wechselten zeitweilig die Regimenter von Boncour, la Couronne, la Salle, Bullon, Royal Suedois, du Roi, Dillon und das Schweizerregiment de Reding, welches als das letzte sich noch vor allen durch Erpressungen hervorthat. Auch im Winter 1761 – 62 lag hier dieses vom 13. Oktober bis zum 29. März im Quartier und ließ sich trotz der Armut der Bürger gut verpflegen. Als es abzog, rückte ein Pikett Kölner Garnison in die Stadt, und die Offiziere nahmen Wohnung auf dem Berge. Am 16. Mai stand auf einmal ihre Küche im Feuer, und sämtliche Stallungen, das Schlachthaus und das Nebengebäude brannten ab. Zur Wiederherstellung derselben mußte die Abtei ein Kapital von 6000 Reichsthaler aufnehmen, die zu ersetzen die Franzosen sich weigerten, obwohl doch der Kriegsschaden für die Mönche allein auf 40 000 Thaler berechnet wurde. Am 2. Juni 1762 erließ der Herzog den Befehl, statt der am 22. Mai vorgeschriebenen Stellung von 3 Knechten, 2 Pferden in der Gabel und 7 Vorspannspferden nebst dem nötigen Geschirr sich so einzurichten, daß jederzeit die doppelte Anzahl gestellt werden könne.

Man habe Brot und Futter frei und täglich noch 20 Sous Belohnung.

Das war den erschreckten Bürgern ganz unmöglich, da in der Vogtei nur 8 brauchbare Pferde sich vorfanden. Sie ließen die Sache an sich herantreten. Am 29. Juli sollte das französiche hauptquatier in Siegburg eintreffen mit 8 Batallionen Garden und dergl. Die Anmeldung am 23. begleitete der Befehl, unverzüglich die nötige Fourage ad 1000 rationes für den Stab und 425 für jedes Bataillon Garden herbeizuschaffen, da sonst die Früchte im Felde abgemähet und zerstört würden. Die Ration für die Infanteriepferde bestehe in 10 Pfd. Heu und einem halben boisseau Hafer, die für die Kavallerie in 12 Pfd. Heu und 1/3 Scheffel Hafer; wäre letzterer nicht vorhanden, so genügten 4 Pfd. Roggen oder 6 Pfd. Gerste, und fehlten auch diese, so wäre die doppelte Ration Heu zu liefern. Man schlug die Hände über dem Kopfe zusammen und war ratloser denn je. Am 25. Juni waren 22 Karren aus der Stadt und Vogtei zum Armeepark gestellt worden, bei 50 Goldgulden Ordnungsstrafe, und kein Gefähr war aufzutreiben, die Lebensmittel herbeizufahren.

Das Hauptquartier langte an und traf nichts in Bereitschaft. Da drang man in die Häuser, fluchte und schimpfte, und Prügel regnete es über Jung wie Alt. Wo nichts ist, hat freilich auch der Kaiser sein Recht verloren, und die Herrn Generale waren billig genug, der leidigen Unmöglichkeit Rechnung zu tragen. Man brach schnell wieder auf, nachdem man auf der Abtei bewirtet war. Was der nächste Winter über Siegburg gebracht hat, findet sich nicht mehr aufgezeichnet. Am 15. Februar 1763 drang die Friedensnachricht an den Rhein, und Freund und Feind trennten sich, um in der Heimat auszuruhen. Die Troisdorfer mußten noch zweimal die Aggerbrücke abbrechen und wieder aufschlagen, wofür sie 36 Thaler 33 Albus 8 Pf. an Barauslagen berechneten. Die Gesamtleistungen wollten sie mit 1112 Thaler 10 Albus für das letzte Jahr vergütet haben.

Wahlkapitulation Gottfried Ferdinands von Schaumberg

In Siegburg regierte damals Gottfried Ferdinand von Schaumburg, der langjährige Sekretär des Abtes von Hagen.

In dem oben mitgeteilten Apothekerpatente unterschreibt er sich Schaumberg, in Akten liest man gewöhnlich Schaumburg.

Seine Wahl war am 28. Mai 1762 vom Erzbischof Maximilian Ferdinand bestätigt, aber die Huldigungsfeier mußte „obwaltender Umstände wegen“ bis auf den 1. Januar 1766 verschoben werden. Es läßt sich nicht ermitteln, worin diese bestanden haben. Vermutlich fehlte es an Geld, die Benediktionskosten zu bezahlen, oder aber die eingegangenen Bedingungen gefielen an höchster Stelle nicht.

Diese verpflichteten den Abt,

1. für den Gottesdienst zu sorgen und auch die dazu nötigen Paramente zu beschaffen;

2. eine vollständige Amnestie für das zwischen ihm und seinen Mitkonventualen früher Vorgefallene zu erlassen und ein Inventar über die Aktiva und Passiva aufzunehmen;

3. sollte er gehalten sein, den Mitbrüdern alle Jahre die Statuten des Gotteshauses mitzuteilen, die Zwischenfälle vorzutragen, die einzelnen Konventualen nach ihrem Alter und Sitz darüber zu hören, und ohne Veräußerung der Immobilien auf eine Abtragung der Schulden bedacht sein;

4. sollte er sich in Gegenwart zweier Konventualen vom Kellner Rechnung ablegen lassen;

5. für die Kranken und Schwachen sorgen und ihnen die Krankenportionen gewähren;

6. ordentliche Speisen für das Refektorium mit Extrazugaben für die Festtage beschaffen;

7. nicht zu häufig verreisen, damit die Ordnung im Kloster aufrecht erhalten werde, und sich mit 1 Pferde und 1 Diener begnügen;

8. darüber wachen, daß dem Kapitel zu Martini für die zeitenahe und gebührende Kleidung 40 Reichsthaler à Person vom Kellner ausgezahlt würden;

9. keine fremde Religiosen in den Dienst des Gotteshauses aufnehmen, sondern die zu besetzenden Stellen aus der Mitte der Kapitulare nach Gutdünken versorgen;

10. die Propsteien nach der Lage der Abtei bessern und nach Ablauf der halben Pachtzeit die Güter unter Zustimmung des Kapitels vorteilhafter austhun;

11. die Propsteien, welche nicht besetzt seien, nach den Herren juxta senium et merita betiteln und diesen 40 Thaler aus den Einkünften derselben zukommen lassen;

12. bei größerer Anzahl von Ordensmitgliedern dieselben aber besetzen und im Todesfalle des Propstes alle Utensilien daselbst ein Jahr lang zur Verfügung stellen, bis 2 Kapitulare den Vermögensstand aufgenommen hätten, bei schlechter Verwaltung dagegen den Inhaber der Stelle absetzen;

13. bei Verpachtungen den Konventualen und Offizialen die Dokumente zeigen;

14. Konvent und Gotteshaus nach altem Herkommen halten;

15. keinen Syndikus oder Sekretär ohne Vorwissen der Kapitulare absetzen und jene auch „pari passu“ diesen vereidet sein lassen;

16. Kellner und Küchenmeister nicht gestatten, einen besonderen Tisch zu führen, sondern alle Konventualen zur gemeinsamen Tafel befehlen;

17. letzern die Freiheit gewähren, in kurzer Kleidung wie bisher an bestimmten Tagen spazieren zu gehen.

Da war der Abt gewissermaßen ein Deutscher Kaiser geworden, immer Mehrer des Reiches, aber ohne die Kraft, den Mitfürsten zu gebieten. Es war Zeit, mit seiner Herrlichkeit aufzuräumen und das Verbrauchte in die Rumpelkammer zu werfen.

Die Muttergotteskapelle

Gottfried von Schaumburg war übrigens ein frommer Herr oder wenigstens der Frömmigkeit gewogen. Den Bürgern Siegburgs, welche in den letzten Jahren das Beten fast verlernt hatten und Gefahr liefen, den Glauben an Gottes Vorsehung zu verlieren, zeigte er durch den Wiederaufbau des Kapellchens vor dem Kölnthore und zweier Heiligenhäuschen in der Mühlengasse und am Holzthore, wo der Hexenturm noch mit Angst und Schrecken erfüllte, den Weg, auf dem sie zu froher Hoffnung erwachen und Trost und Gnade vom Himmel erlangen könnten. Das Kapellchen trägt über seiner Thür noch die Inschrift: „RegInae paCIs post praeLIa DI fICabar“ d. h. der Königin des Friedens wurde ich nach den grausigen Kämpfen eines verwegenen Krieges 1763 geweiht und in gottwohlgefälliger Weise wieder aufgebaut. Die Mutter Gottes war die Patronin der Lohgerber- und der Bäckerzunft, welche bei allen Verlusten in der letzten Zeit noch die besten Geschäfte gemacht hatten und darum nun auch das Meiste zu der Wiederherstellung des Gebäudes beitrugen. Allen voran ging der Bürgermeister Dietzgen und Sahr; ihnen folgten Kolfenbach, Linder, Loskamp, Scherpig, Schwertzgen, Kesseler, Stöcker, Hamacher und Berger aus Königswinter, welchem man auf Lebenszeit die Zunft verliehen hatte. Die Bäcker waren so zahlreich vertreten, daß sie keinen neuen Zuzug mehr wünschten und deshalb die Einschreibungsgebühren auf 70 Reichsthaler erhöheten. Andere Zünfte machten ähnliche Versuche, wurden aber vom Abte zurückgewiesen.

Huldigung des Abtes

Am 30. Dezember 1765 ließ der Schultheiß Sauer durch die Behörden der Stadt bekannt machen, daß alle Bürger und die Bewohner der Vogtei am Neujahrstage zwischen 7 und 8 Uhr morgens vor dem Rathause erscheinen sollten, um dem Abte nach Anhörung des Vortrags den pflichtschuldigen Huldigungseid zu leisten. Die Herrn Pastöre von Siegburg und Troisdorf sollten dieses am 31. in der Kirche verkündigen und bis 2 Uhr nachmittags durch einen Boten anzeigen lassen, daß es geschehen sei. Zugleich wurde „von wegen Sr. Hochwürden Gnaden des Herrn Prälaten“ dem Stadthauptmann Brunner der Auftrag gegeben, „auf den morgen anzusagenden Huldigungstag, am 1. January, von hiesiger Bürgerschaft zur begleitenden Wache mit scharfgeladenem Gewehr nachfolgende auf die hochadlige Abtei zu befehlen und ihnen den Chyrurgen Hard zum Kommandanten vorzusetzen: Meister Franz Kurtius, Peter Dietrichs, Wilhelm Hansen, Anton Heller, Dominikus Gelbe, Kugelhofen und Brodesser aus der Aulgasse, Probe, Hemmersbach, des Sängers und Krahnenbeckers Eidame, endlich noch Meister Söntgen“. Diese sollten ihre Ordres vom Offizier, und dieser wieder höheren Orts empfangen.

Insinuiert vom Gerichtsdiener Broel.

Der Tag brach an, und alle Beamten, Ratsverwandte, Gemeindemänner nebst Bürgern und Bauern harrten im schönsten Gewande, das vorgeschrieben war, zur festgesetzten Stunde der Ankunft des Prälaten.

Derselbe erschien in einem sechsspännigen Wagen, umgeben von den Schützen, und nahm unter dem großen Thore des Rathauses seinen Sitz auf einem Thronsessel mit untergebreitetem Teppich. Der Stadtsyndicus teilte der Versammlung den Zweck ihres Erscheinens mit, und nachdem Hochderselbe Prälat den gesamiten dero Unterthanen gnädig zugesagt, daß er sie bei ihren alten Privilegien, wohlhergebrachten Gebräuchen, Rechten und Gerechtigkeiten gnädig schützen und manuteniren wolle, so ist von obgedachtem Stadt- und Vogteischultheißen Herrn Sauer qua Syndieo perillustris abbatiae der Huldigungseid allen anwesenden ganz klar und deutlich vorgetragen, und von ihm selbst sowohl als auch von sämtlichen Stadt-Vogteiofficianten wie nicht weniger allen en front gewehrstehenden Bürgern und zur Seite placirten vogteilichen Eingesessenen nach von jenen gestreckt und niedergehaltenem Gewehr Ihro Hochwohlgedachten Hochwürden Gnaden vor unter dem gewölbten Bogen auf einem über einem Teppich gestellten Sessel sitzenden Herrn Prälaten als Ihrem rechtmäßigen Erb- und Grundherrn extense dahin aufgeschworen worden, daß sie Hochderselben, dem dahier hergebrachten Gebrauch gemäß, als Ihrem Allerseits gnädig regierenden Herrn in unterthänig pflichtschuldigster Devotion getreu, hold und gehorsam sein und beständig verbleiben, auch nach ihrem besten Vermögen Hoch dero Bestes befördern, alles Arges abwehren und sich in Allem als getreue Unterthanen gebührend verhalten und aufführen wollen, so wahr ihnen Gott und sein h. Evangelium helfen solle.

Nach also vollzogener dieser Feierlichkeit haben gesamte Gerichts- und Magistratspersonen im Zustand aufgezogener Bürgerschaft unter Kommando eines zeitlichen Stadthauptmannes Ihre Hochwürden Gnaden zur hochadligen Abtei zurückgeleitet, woselbst Hochdieselbe sämtlich zur Tafel gezogen und herrlich bewirthet, unter die Bürger und übrigen gemeinen Unterthanen aber jeden Orts Brot, Fleisch und Wein reichlich austheilen lassen“. So der amtliche Bericht von demselben Tage. Von einer Beschenkung des Abtes seitens der Stadt ist nicht mehr die Rede.

Wahrscheinlich hat er auf diesen Usus verzichtet, um ihr die Kosten zu ersparen, und da durfte sie sich bedanken.

Die Folgen des siebenjährigen Krieges waren noch nicht überwunden, sondern Armut trieb ganze Scharen von Bettlern aus einem Orte in den andern. Die Arbeitslosigkeit führte Müßiggang und dieser wieder Diebstahl herbei, sodaß man kaum vor Gaunern sicher war. Diesem Übelstande abzuhelfen, erschien am 17. November 1767 eine bergische Polizeiordnung, der gemäß alle ausländischen Bettler, Packjuden, bettelnde Studenten, Tierleiter, Taschen- und Schattenspieler binnen 8 Tagen über die Grenze geschafft oder durch harte Strafen zum Abzuge genötigt werden sollten. Über die ortsansässigen Armen habe man ein Verzeichnis zu führen und jedem bettelnden eine bleierne oder zinnerne Marke auszuhändigen mit dem Namen des Amtes und des Jurisdiktionsortes, auf daß man erkennen könne, ob er zum Almosensammeln berechtigt sei oder nicht. Wer ohne dieses Legitimationszeichen betroffen würde, sollte mit 25 Stockprügeln beziehungsweise mit 8 – 14 Tagen Gefängnis bei Wasser und Brot bestraft werden. Die Eltern hätten dafür zu sorgen, daß ihre Kinider zur Kirche und Schule gingen und zur Arbeit angehalten würden.“

Der Vorsteher der Schule sollte darüber ein Verzeichnis führen und amitlichen Bericht erstatten. Um der Prozeßkrämerei ein Ende zu machen, wurde den Winkeladvokaten das Handwerk gelegt, und die Rechtsvertretung nur studierten Leuten zugewiesen. Handel und Verkehr fanden eine besondere Stütze an der Regierung durch Anlage von Wegen und Einführung gleicher Spurweite auf 5 Fuß rheinisch. Ein Wochenblatt brachte alle amtlichen Bekanntmachungen, und den Geistlichen wurde genaue Buchführung über Geburts- und Sterbefälle zur Pflicht gemacht. Die weltlichen Behörden sollten durch sie jährlichen Nachweis beziehen und im Unterlassungsfalle davon Anzeige machen.

Abschaffung von kirchlichen Feiertagen

Die geistliche Behörde kam auch zu der Einsicht, daß die vielen Feiertage der arbeitenden Bevölkerung nicht zum Vorteil gereichten. Sie schaffte deshalb 1770 den dritten Oster- und Pfingsttag ab, desgleichen Johannis-Evangelisten- und den Unschuldigenkindertag, Sylvester-, Matthiä-, Philippi- und Jakobi-, Kreuzerfindungs-, Jakobi-, Anna-, Laurentius-, Bartholomäus-, Matthäus, Michaelis-, Simon und Juda-, Andreas- und St. Thomastag, und bestimmte, daß an den beibehaltenen Feiertagen, wozu auch Johannis Baptistae-, Josephs- und Stephanustag gehörten, mit Ausnahme des — (des Mehlmahlens und Brotbackens), keine öffentlichen knechtlichen Arbeiten oder Geschäfte vorgenommen werden dürften, ja daß die außer an den Markttagen nicht einmal geöffnet werden sollten. Die bergische Regierung nahm diese Verordnung an und veröffentlichte diese am 25. April.

Die neue Poststraße

1771 kam der Kurfürst Herzog in das Land, um sich von dem Stande der Dinge zu überzeugen. An allen Poststationen, die er berührte mußten 50 Pferde für ihn bereit stehen. Er selbst fuhr seinem eigenen Wagen.

Die Poststraße von Köln nach Frankfurt führte durch die Aulgasse über den Stallberg nach Seligenthal zu, wo eine Fähre die Verbindung mit dem jenseitigen Siegufer bewerkstelligte. 1772 wurde die Straße durch Siegburg angelegt und eine hölzerne Brücke bei Buisdorf erbaut. Der Abt vereinbarte am 18. Mai mit dem Halfen Zopus von Neuenhof die Herstellung der Erdarbeiten auf dem Driesch nach den Vorschriften des bergischen Ingenieurs, sodaß er unter Beihülfe Stadt den abteilichen Anteil übernahm und dafür 15 Jahre die Barrieregelder beziehen sollte. Der Weg wurde 20 Fuß breit und erhielt zu beiden Seiten Gräben. Von Steinschlag wurde Abstand genommen, aber die Mühlengasse wegen der tiefen Schlaglöcher in derselben gepflastert.

Die Instandhaltung der Gräben fiel den Besitzern des Nachbarlandes zur Last, während der Kies auf Gemeindekosten beschafft wurde. Die mit „6 Pferden“ bespannte Post kam jeden Sonntag und Donnerstag von Köln her und jeden Mittwoch und Samstag von Frankfurt her in Siegburg an. Beim Posthalter Halm war Pferdewechsel. Die halbe Barriere wurde von der Post mit 8 Reichsthaler bezahlt. Freien Weg hatten nur die Bewohner der Stadt für ihre Ackerbau- und Holzfuhren, die ritterbürtigen Landstände und seit 1782 auch die Unterherrn und der päpstliche Nuntius von Köln.

Brand der Abtei 1772

Das Jahr 1772 ist für Siegburg noch in einer anderen Beziehung wichtig, weil am Neujahrstage, wie es heißt, infolge eines Blitzstrahles, fast die ganze Abtei abbrannte. Da ein gewisser Spielbähn, d. h. der Spielmann Joh. Bernhard aus Sieglar, den Brand an jenem Abende in der Schenke seines Dorfes vorausgesagt, ja sogar den Burschen namhaft gemacht hatte, der die Spritze fahren würde, so geriet er in den Verdacht, um die Brandstiftung gewußt zu haben, und wurde deshalb ein Jahr lang zu Honnef im Gewahrsam gehalten. Die Untersuchung ergab indes keine Belastung, und so wurde er denn wieder losgelassen.

Derselbe Spielbähn verkündete auch die später wirklich eingetretene Bepflanzung des Marktplatzes in Siegburg mit Linden und die Zerstörung derselben durch die Kosalenpferde, was 1813 eintraf. Seine Prophezeiungen sind von Schrattenholz und anderen Gläubigen an seine Wahrsagerkunst herausgegeben worden.

In dem Bittgesuche des Abtes an den Fürsten von Schwarzenberg zu Wien um eine Beisteuer zur Wiederherstellung des Gebäudes heißt es, „daß am 1. dss. Jahres Abends nach 8 Uhr unbegreiflicherweise das Dachwerk des ihm untergebenen adelig abteilichen Stiftes an drei Ecken in Brand geraten sey und daß das Feuer bei der hohen, wasserlosen Lage desselben dergestalt um sich gegriffen habe, daß dadurch das ganze Gebäu mit allingen Lebensmitteln und den meisten Mobilien eingeäschert worden sey“.

Auch in dem Briefe des Abtes an den König von Frankreich um Ersetzung des 1762 durch die Franzosen veranlaßten Brandschadens auf dem Berge wird darauf Bezug genommen und gesagt, daß „le premier de l’année passèe toute l’abbaye excepté l’église fut malheureusement consumée par le feu. Ce nouveau malheur et perte a immensement ruiné la maison, et on n’est plus en état de rétablir le monastère, parce que la guerre passée a frop épuisseé l’ablaye“.

Das wollen wir ihm gerne glauben und noch mehr die freudige Stimmung bezeugen, in welche ihn 98 Spenden von Bischöfen, Adligen und Klöstern, die mit den tief verschuldeten Mönchen Mitleid hatten. Sie brachten ihnen 5329 Reichsthaler, 37 Albus und 4 Pfennige ein. Nach den vom Fürst von Schwarzenberg eingezogenen Erkundigungen beliefen sich die Schulden über 100 000 Thaler, der Brandschaden „dem Vernehmen nach über 20 000 Reichsthaler“. Er spendete 400 Florin, der Erbstatthalter von Holland 1000 Florin, der Churfürst von der Pfalz 2000 Reichsthaler aus den Brüchten des Amtes Blankenberg, der Graf zu Hachenburg meinte, „viel zu geben sei nicht thunlich und wenig zu geben nicht reputirlich“, er zeichnete daher mit Hochachtung.

Der Schutt wurde weggeräumt und der innere Ausbau der steinernen Wände wieder vorgenommen. Aus Compiegne aber lief am 18. August 1774 von dem französischen Kabinette ein Schreiben ein, daß man mit den Herren zwar alles Mitleid hege, indes den Brand von 1762 nicht zu decken gesonnen sei, bis der Beweis der Verschuldung durch die Franzosen erbracht werde. Der zweite Brand gehe sie gar nichts an.

Der Abt von Schaumburg war am 2. September 1772, sechsundsechszig Jahre alt, gestorben und hatte den Freiherrn zu Eybach, Franz Ferdinand von Seraing zum Nachfolger bekommen. Dieser kränkelte ebenfalls und segnete schon 1787 in demselben Monat das Zeiltliche. Er war erst 47 Jahre alt und wie jener wassersüchtig.

Während seiner Regierung kam in Frankreich der Aufklärungsschwindel zum Durchbruch, und die Schriften der Encyklopädisten fanden nicht nur dort, sondern auch in Deutschland viele Freunde und Leser. Die Bitte der Mönche an den Erzbischof, ihnen die Lektüre profaner Werke zu gestatten, wurde von diesem abschlägig beschieden und betont, sie hätten Thomas a Kempis, die h. Schrift und die Kirchenväter, diese möchten sie studieren und sich um die Welt nicht kümmern. Das berührte sie nun keineswegs angenehm, da der Siegberg doch in der Welt lag und sie noch mit einem Fuße in derselben standen; indes beruhigten sie sich bald, als sie von der Aufhebung des Jesuitenordens hörten und ihnen das vor Augen gerückt wurde, was 30 Jahre später der Reichsdeputationshauptschluß über sie verhängen sollte. Sie freueten sich daher noch ihres Daseins, lasen Zolners van Brandt vita Annonis und Wunderberichte, malten mit Bleifeder das Refektorium und das Innere der Kirche hinein, und karrikierten sich selbst in der heitersten Laune. Die Siegburger arbeiteten unterdessen an der Wiederherstellung ihrer verfallenen Häuser, nahmen Kapitalien auf, die sie später nicht mehr bezahlen konnten, und füllten das Gerichtsbuch mit massenhaften Eintragungen. Auf dem Brückberg kostete der Morgen Sandland nur 2 Thaler. Der abteiliche Eichenbestand daselbst war derartig geschädigt und abgetrieben worden, daß von 1741 ab kaum noch ein Büschchen zu sehen war. Der „Schnepfenstrich“ hatte aufgehört zu existiren, und nur an dem Abhange am Mühlengraben standen noch einzelne Bäume. Die Stadt zählte 134, die Aulgasse und der Driesch 66 Häuser.

Die Pfarrkirche

Am traurigsten sah es mit der Pfarrkirche aus, deren Dach schon 1748 so baufällig gewesen war, daß „den andächtigen Besuchern der Kirche durch die aus der Decke herabfallenden Steine große Lebensgefahr drohete“.

Eine Reparatur war unbedingt notwendig, und es fragte sich nur, wer sie vornehmen solle. Die Gemeinde wollte wohl den Turm, aber nicht die Seitenschiffe unterhalten, der Pastor von Menden als Inhaber des großen Zehnten zwar das Hauptschiff und was damit zusammenhange, aber die Abtei sollte Beihülfe leisten und der Pfarrer von Siegburg das Chor übernehmen. Dazu war weder dieser noch jene bereit, und der Bau verfiel immermehr. Die Verhandlungen über den Streit führten zu einem Gutachten des Herzogs Kurfürsten Karl Theodor, welcher auf eine Verordnung seines Vorgängers vom 10. Juli 1711 hinwies, demgemäß der Inhaber des großen Zehnten oder dessen Teilhaber das Mittelschiff, wer den kleinen Zehnten besitze, das Chor, und die Gemeinde inklusive freien Güter und Rittersitze das Übrige an der Kirche zu unterhalten schuldig seien (20. Mai 49). Der große Zehnte sei nach der Qualität und nicht nach der Quantität zu definieren, sodaß alle, welche an harten Zehntfrüchten: Weizen, Roggen, Gerste, Hafer u.s.w. Anteil hätten, zum Baue des Schiffes beitragen müßten, nicht aber die, welche den Rott- oder Novalzehnten, auch weicher oder kleiner Zehnt genannt, bezögen. Habe der Pastor von Siegburg den letzteren nicht, so fiele den Inhabern des erstern auch die Unterhaltung des Chores zu, wodurch indes an anderen Verpflichtungen und Vereinbarungen betreff des Kirchenbaus nichts derogiert werden solle (17. Oktober 1751).

Pastor Averdunck that alles, die Streitfrage zum Austrage zu bringen, aber des Protestierens war kein Ende. Er kaufte auch mit den Kapitalien mehrerer Fundationsmessen den Seidenberger Hof zurück, aber die Instandsetzung der Kirche sollte er nicht mehr erleben. Sein Nachfolger Ordenbach (1754) betrat dieselben Wege wie er und erwirkte am 31. August 1773 von Polizei wegen in Düsseldorf den Befehl, die Abtei und den Pastor von Menden zwangsweise zur Leistung ihrer Verpflichtungen anzuhalten, im Widersetzungsfalle aber die Kirche auf deren Kosten herstellen zu lassen, da das Gewölbe dem Einsturze drohe. Jetzt geriet die Abtei mit dem Pastor von Menden in Streit wegen der Heranziehung ihrer Höfe und Ländereien im städtischen Gebiete zu dem Zehnten. Sie besitze, sagte dieser, wohl 750 Morgen Land im Kirchspiel, wenn auch nicht alle Inhaber deraselben z. B. der von Junkersbroich und Ziehof den Zehnten zu entrichten brauchten. Um die Aulgasse un auf dem Driesch existiere kaum eine Parzelle, die der Abtei nicht gehöre; woher er den Zehnten nehmen solle. Dadurch zog sich die Sache wieder in die Länge, und Ordenbachs Nachfolger, Brüninghausen war gerade so weit wie jener. Unbedeutende Ausbesserungen wurden vorgenommen, aber die Kirchenkasse deckte einstweilen die Ausgaben und konnte sehen, wie sie wieder zu ihrem Gelde kam. Es waren recht unangenehme Verhältnisse, welche nur die Minoritenkirche erträglich machte.

Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten

Inzwischen fiel eine Einrichtung, welche früher eine Art Bürgerlast, dann aber die Sache des Offermanns gewesen war, nämlich das Läuten mit den Glocken zu Maitag, bei Gewittern und bei andern Gelegenheiten, die mit kirchlichen Feierlichkeiten nichts zu schaffen hatten. Durch Befehl des Kurfürsten vom 17. Februar 1780 wurde der willkürliche Gebrauch der Glocken zu derartigen Zwecken auf das strengste untersagt, mit Ausnahme bei Feuersbrünsten und „einfallenden Donnern sowie andern schädlichen Ungewittern“.

Dieses veranlaßte den Magistrat von Siegburg, die dem Offermann zur Besorgung des Läutens in Nutznießung gegebenen Gärten zurückzunehmen und ihm nur zwei derselben mit der Bedingung zu lassen, daß er an Sonn- und Feiertagen das dritte Zeichen zu der Frühmesse mit zwei Glocken gäbe und zwar eine halbe Viertelstunde lang, „maßen die Aulgasser und sonstige Auswärtige das Zeichen mit der kleinen Glocke nicht wohl hören können“. „Gegen diese angemaßte, lächerliche, ohn sein unumgänglich Wissen und gnädige Erlaubnis getroffene Anordnung“ protestierte der Abt von Seraing aufs entschiedenste und verlangte, daß man den Offermann bei seinen ihm vom Vorgänger verliehenen Einkünften belassen solle, oder sonst würden die 5 Gulden aus Kirchenmitteln an ihn auch nicht mehr bezahlt werden. Der Offermann solle jedoch außer zur Frühmesse dann auch zum Hochamte, zur Vesper und Komplet eine viertel Stunde, und mittags und abends wenigstens 5 Minuten die Glocken ziehen (20. November 1783).

Damit scheint sich der Magistrat zufriedengestellt zu haben, wenigstens hören wir noch jetzt das Geläute in der vorgeschriebenen Weise, wenn auch der Küster die Gärten nicht mehr besitzt und vielleicht nicht einmal die Lage derselben und den schönen Namen „Donnerwettersgärten“ kennt.

Der Winter 1783 – 84 war ein sehr harter und der Rhein vom 11. Januar bis zum 27. Februar teilweise zugefroren. Da trat plötzlich Tauwetter in Süddeutschland ein, während es am Niederrheine noch fror. Die Folge davon war eine riesige Uberschwemmung und Aufstauung des Eises bei Bonn. Köln und Mülheim, wo 164 Häuser spurlos verschwanden. In Deutz kam ein herangetriebenes Pferd auf das Dach eines Israeliten zu sitzen und verendete daselbst kläglich. Mit der Sieg sah nich viel besser aus als mit dem Rheine, und auch durch sie wurden Häuser und Länderstrecken fortgerissen. Die Zerstörungen waren derartig, daß der Herzog ein Verbot erließ, Holz und Eindämmungsmaterialien aus ihrer Nähe an den Rhein zu verabfolgen, bis der eigene Schaden erst ausgebessert sein werde. Dazu kam noch der Mangel an Lebensmitteln und die Furcht vor kriegerischen Verwickelungen, welche der Länderaustausch Kaiser Josephs und des Kurfürsten Karl Theodor herbeizuführen schien. Man sah im Geiste schon wieder die massenhaften Einquartierungen und Kontributionen, welche der siebenjährige Krieg noch in treuer Erinnerung gelassen hatte. Die städtischen Beamten wurden veranlaßt, alle Futter- und Lebensmittel in den Häusern anzusehen und zu verzeichnen; das Amtsblatt enthielt Andeutungen von möglichen „Völkerbewegungen“; in den Niederlanden zeigte sich große Unzufriedenheit mit dem bevorstehenden Herrscherwechsel, und als dieser durch den Fürstenbund unter Friedrich II. hintertrieben war, noch größeres Mißbehagen an den von Joseph vorgenommenen Neuerungen und Staatsumwälzungen.

Revolution in Frankreich

Es war eine beängstigende, unglücksschwangere Zeit, deren Entbindung durch die Revolution in Frankreich 1789 erfolgte.

Die deutschen Fürsten hatten es versäumt, im rechten Augenblick Ludwig XVI. Hülfe zu bringen, und als dieser Österreich den Krieg erklärte, beschleunigte der Anmarsch der Verbündeten nicht nur den Sturz des Königtums, sondern auch das grenzenlose Elend, welches zügellose Freiheit in ihrem Schoße birgt.

Die Maas-Sambrearmee

Siegburg sah im Juni 1792 die preußische Armee unter dem Herzoge von Braunschweig rheinaufwärts rücken, um durch das Moselthal in Frankreich einzufallen. Am 5. Juli passierte der Herr von Budberg mit der Bagage des Prinzen Ludwig und 217 Mann Leibgarde die Stadt. Ihm folgten die Bataillone unter von Kleist und von Haugwitz mit den Hauptleuten Mauritz, von Hövel, von Sell und andere, welche je einen Tag in der Stadt verpflegt wurden. Die Auslagen wurden pro Mann mit 10, beziehungsweise 20 Stüber vergütet, und jede zu liefernde Portion mußte in ½ Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, einem Gemüse und ½ Maß Bier bestehen. Die Pferderation betrug 3 ¾ preußische Metzen Hafer, 3 Pfd. Heu und 4 Pfd. Stroh. Gute Geschäfte machte um diese Zeit der Hauderer Hagen, welcher französische Emigranten nach Hachenbusch, Linz und Neuwied beförderte. Selten kehrte er ohne 100 Thaler zurück und legte dadurch den Grund zu dem später so bedeutenden Vermögen, welches seine Nachkommen zu Hospitalszwecken geschenkt haben.

Kämpfe um Siegburg herum

Der Feldzug in der Champagne nahm einen traurigen Ausgang, teils wegen Mangels an Lebensmitteln, teils infolge von Krankheiten, welche den Herzog von Braunschweig zum Rückzuge nötigten. Dumonriez Sieg bei Jemappes lieferte den Franzosen fast ganz Belgien aus, und wenn auch die Österreicher dasselbe im folgenden Jahre wiedereroberten, so zwang doch Jourdans ruhmvoller Sieg bei Fleurus am 26. Juni 1794 die Deutschen, das Feld zu räumen und hinter dem Rheine Rettung zu suchen.

Der Prinz von Koburg hatte seine Leute nach der Niederlage bei Aldenhofen am 2. Oktober gar nicht mehr in seiner Gewalt und sah sich gezwungen, die Landbewohner zum offenen Widerstande gegen ihr Raub- und Plünderungssystem aufzufordern. Die Abtei reklamierte am 25. August schon einen Schadenersatz von 1100 Reichsthalern und am 10. Oktober einen solchen von 190 und 650 Thalern, bald darauf für Verluste im Lülsdorfer und Lövenberger Gebiete 1784, im Blankenbergischen 1549 Reichsthaler, und zu all dem Leid gesellte sich nun auch noch die Furcht, die Franzosen möchten es nicht bei der Rheingrenze bewenden lassen, sondern über Bonn und Köln hinaus, wo sie am 4. und 5. Oktober eingetroffen waren, den Fluß überschreiten. Es war das buntscheckigste Gesindel, welches man sich denken kann, voller Begeisterung für die blutig errungene Freiheit, aber seinen Führern auch nur leidlich gehorsam. Der eine trug einen grauen, der andere einen blauen Rock, dieser eine Jacke mit Ärmel, jener einen Überrock; wer keine Schuhe hatte, behalf sich mit Gamaschen und Überstrümpfen. Die Kopfbedeckung bestand in Pickelhauben, Hüten, Stallmützen, die Bewaffnung in Gewehren mit und ohne Bajonett; dem einen fehlte der Hahn, dem andern die Pulverpfanne; dieser Mann hatte keinen Säbel, jener keine Patrontasche, ein dritter keinen Ladestock u.s.w.

Das Volksheer repräsentierte sich in einer Weise, daß man staunen muß über die Erfolge, welche es in Belgien davongetragen hatte. Aber die deutschen Truppen waren auch nicht besser und vor allem die Reichsarmee. Man kann sich kaum eine Vorstellung machen von dieser Elite aller Kleinstaatler. Jeder Fürst ernannte seine Führer, und jeder Offizier blieb, was er war, ohne Avancement. An ein einheitliches Zusammenwirken war nicht zu denken, und wenn der Höchstkommandierende dies befahl, so befahl der Nächstunterstellte wieder anders. Man schleppte die Weiber nach, wie 1756 die Franzosen, und wenn sie fortgeschickt werden sollten, so behielt man sie erst recht bei, um zu beweisen, daß das jedermanns eigene Sache sei.

Einquartierungen

Selbstredend wurde das rechte Rheinufer nun von den Kaiserlichen besetzt, und die Einquartierung war für die ansässigen Bewohner eine sehr drückende.

Das Rauben und Plündern hörte nicht auf, weil die Offiziere kaum Gewalt über den gemeinen Mann hatten. Die abteilichen Räume waren zu einem Krankenhospitale in Siegburg eingerichtet, und auch die Stadt lag voller Mannschaften. Am 1. Juni verlangte der Kellermeister von der Reichskriegskasse 7700 Thaler 24 Albus Entschädigung, aber die Bezahlung blieb aus, weil kein Geld in derselben war. Vergeblich wandte man sich an den Herzog-Kurfürsten um Beseitigung der Unbequemlichkeiten. Von Düsseldorf aus wies man auf das linke Rheinufer hin, wo die Bevölkerung noch mehr zu leiden habe als diesseits. In der That liefen die schrecklichsten Nachrichten von dort ein, und wer noch Sympathien für die Franzosen im Herzen hegte, begrub sie stumm in seinem Busen, um sich derselben nicht schämen zu brauchen.

Carnot hatte nach der Beseitigung der Preußen durch den Baseler Frieden den Plan entworfen, Österreich von drei Seiten auf ein Mal anzugreifen und es so in seinem eigenen Lande zu ersticken. Napoleon sollte von Italien aus gegen dasselbe vordringen, Moreau über den Oberrhein durch Schwaben und Baiern, General Jourdan mit der Maas-Sambrearmee über den Niederrhein durch Franken. Als sich dessen Leute auf der linken Rheinseite ansammelten, flüchteten die Mönche mit ihren Schätzen und Reliquienkasten nach Westfalen hinter die Demarkationslinie, und nur der Abt mit dem Küchen- und dem Kellermeister blieb zurück.

In der Nacht von 5. auf den 6. September setzte Lefèvre mit einer Abteilung Franzosen bei Eichelskamp über den Rhein, drängte die Kaiserlichen unter steten Kämpfen vor sich her und fand durch die kurpfälzischen Behörden Aufnahme in die stark verproviantirte Stadt Düsseldorf. Hier ward eine Brücke über den Fluß geschlagen und Kleber mit dem Gros seiner Truppen herübergelassen. In der Stadt fand man 353 Geschütze und 10 000 Gewehre, welche jedenfalls nicht alle dortgeblieben sind. Am 12. schon stand man bei Mülheim und Deutz, und der Österreicher Nauendorf mußte willig oder nicht sich hinter die Sieg zurückziehen. An der Agger kam es zu einer fürchterlichen Kanonade, indem man lange Zeit den Übergang streitig machte. Die Brücke war abgebrochen und der Wasserstand ein nicht unbedeutender. Trotzdem fielen die Franzosen von Lohmar her den Kaiserlichen in die Flanke, und nun flüchtete Alles durch die Stadt und um den Abteiberg herum dem andern Flusse zu. Kaum waren die Fuhrleute Peter Hochhäuser, Gottfried Klein, Matthias Krüger, Peter Busbach, Walterscheid aus Wolsdorf, Matthias Wasserbach und Scheffe Kesseler imstande, die Verwundeten aufzuladen und hinter die Gefechtslinie zurückzubringen. Die Vorhut unter Grenier setzte den Österreichern auf dem Fuße nach und zeigte den Siegburgern das Ungestüm seiner raubgierigen Banden. Lefevre schlug sich seitwärts nach Kaldauen zu, während im Siegfelde ein blutiger Kampf um die Siegbrücke entbrannte, welche die Österreicher trotz der Überlegenheit der französischen Artillerie von Wolsdorf aus nicht aufgeben wollten.

Erst als Ney mit dem verwegensten Gesindel sich in Weingartsgasse und auf den Happerschosser Höhen zeigte, verließ man, um nicht umgangen zu werden, den Posten, und zog sich nach Uckerath zurück. Unterdessen war Jourdan als général en chef mit Kleber und großem Gefolge in Siegburg eingetroffen und hatte auf der Abtei Quartier genommen.

Bis zum 15. ließ er sich hier verpflegen. 100 Gedecke bildeten des Mittags die Tafel, des Abends zum wenigsten 70, wie der Kellermeister von Neumüller berichtet. In der Stadt lagen 6000 Mann. Alle Weinkeller wurden erbrochen, und auf dem Markte war großes Heerlager. 27 ½, Ohm mußte die Abtei hergeben in einem Werte von 1373 Thaler, den besten ließen sich die Offiziere selbst vorsetzen. Als man aufbrach, gefielen dem Höchstkommandierenden die 4 braunen Wagenpferde des Abtes so sehr, daß er ihn veranlaßte, sie ihm gegen eine Anzahl Assignaten freundlichst abzutreten, was selbstredend geschah. Sie wurden auf 120 Karolinen, ungefähr 936 Reichsthaler, geschätzt, und da der Herr Adjutant Flos Verlangen nach einem Gefähre trug, so konnte der Herr Prälat nicht umhin, ihm „wohlanstaltshalber“ die „vierräderige eigene Chaise“, 150 Thaler wert, zu „schenken“. Am 16. mußte abermals ein Pferd auf Requisition abgegeben werden, denn jeder konnte etwas gebrauchen. An Kleidungsstücken war in der Stadt nichts mehr aufzutreiben, und die Verwundeten verbluteten fast in der Kirche aus Mangel an Verbandzeug. Man riß den Frauen die Schürzen vom Leibe, und wer eine leinene Hose trug, mußte sie ausziehen, um die Blößen der Franzosen damit zu bekleiden. Es wird erzählt, daß an diesem Tage ein anständig gekleideter Bürger den Markt hinab bis an das Kölnthor verfolgt worden sei, damit er seinen Anzug hergäbe, und als er sich in das Hospital flüchten wollte, sei er durch eine Kugel niedergestreckt worden.

Ein Wegweiser namens W. kehrte vom Müllerhofe des Abends zurück, so wie ihn Gott geschaffen hatte, ohne jegliche Bekleidung. Es ist schwer, aus der Menge der mündlichen Berichte die Wahrheit herauszufinden; der Unterdrückte ist zu Übertreibungen geneigt, wie der Überwältiger sich von Exzessen nicht frei hält. Die Kriegsbilder sind immer schrecklich, und schrecklich waren sie ohne Zweifel damals. Ein Bürger G. entwandte einem Franzmanne die Waffe in dem Augenblicke, als er einen Kameraden durchprügeln wollte, und schlug ihn nieder. Dafür mußte er durch das Wirtshausfenster flüchten und durfte sich erst wieder sehen lassen, als die Feinde abgezogen waren.

Der Prinz von Württemberg gedachte den Franzosen an der Lahn Halt zu gebieten und machte sich zu einem Kampfe bereit; allein der Übergang neuer Gegner bei Neuwied und anderen Orten über den Rhein nötigten ihn zum Rückzuge nach dem Maine, wo der kaiserliche Generaleldmarschall Clairfait seine Truppen zusammenzog. Die Kämpfe bei Höchst und an der Nidda zersprengten die Scharen Jourdans, sodaß das Hauptquartier am 19. morgens schon wieder in Siegburg anlangte.

Hatte man früher mit Assignaten bezahlt, so bedurfte es jetzt schon reicher Geschenke, um den Schutz der Offiziere zu erkaufen, und selbst der Höchstkommandierende verschmähete es nicht, sich vom Abte „wohlanstandshalber“ das letzte Reitpferd, welches er im Stalle hatte, schenken zu lassen. Der Wein floß reichlicher und besser denn je zuvor, und 10 Ohm wurden an einem Tage verthan. Als man am 20. abzog, sollten die Mönche die unangenehme Entdeckung machen, daß „aus dem Tabernakel ein silbernes, starkvergoldetes Ciborium verschwunden war, und ebenso aus dem Speiseraume 2 Dutzend Dessertbestecke; 16 Dutzend feine Servietten, 29 Tischtücher und viele andere schöne Effekten“. Am 17. September war eine Kontribution von 3 000 000 Livres für das bergische Land ausgeschrieben, von denen auf die Abtei allein 50 000 Livbres fielen. Geld war weder in der Stadt noch in der Umgegend zu haben. Deshalb mußte der Küchenmeister von Neumüller als Geisel uach Köln wandern, wo ein Bankhaus sich der Mönche annahm und die Summe ausbezahlte. Sie betrug mit Aufgeld wegen der Kursdifferenzen 16 069 Reichsthaler. In Troisdorf war der Scheffe Mülhens in der glücklichen Lage gewesen, binnen 5 Tagen 2340 Livres der armen Gemeinde zu beschaffen; über die Stadt Siegburg finden sich keine Angaben.

Den abziehenden Franzosen setzten die Kaiserlichen auf dem Fuße nach, aber nur, um gleich wieder die Flucht zu ergreifen. Das Grün-Laudonsche erste Bataillon unter Baron d’Aspre und die Barkohusaren waren bis Mülheim vorgedrungen, als in der Nacht vom 20. auf den 21. die Lefèvresche Armee einen Vorstoß machte und schnell bis Uckerath vorrückte. Eine furchtbare Kanonade zeigte ihr die Überlegenheit des Prinzen von Württemberg, und ein weiteres Vordringen war nicht mehr möglich. Man zog sich wieder hinter die Agger zurück und schlug zwischen Troisdorf, Sieglar, Lülsdorf u.s.w. ein Lager auf. Die Bauern mußten Tag und Nacht schanzen und Materialien aus den Wäldern herbeischaffen, während Weiber und Kinder das Weite suchten. Am 8. Oktober traf Kienmeyer mit der kaiserlichen Vorhut in Siegburg ein und nahm mit 19 Offizieren Quartier auf der Abtei. Die Nähe des feindlichen Lagers mochte ihm aber den Aufenthalt hierselbst gefährlich machen; er zog sich hinter die Sieg zurück und überließ Soults Banden die arme Stadt Siegburg zur Besetzung. Diese blieben bis zum 22. November. Was jetzt an Vieh, Fischen etc. noch vorhanden war, mußte den Franzosen ausgeliefert werden. Die Offiziere hielten täglich große Tafel auf der Abtei, und wiederholt erschienen Hardi, Lefévre, d’Haupoult und andere Genossen Soults, um mit ihm das Mahl zu teilen. 28 ½ Ohm Wein wurden in der kurzen Zeit geleert und für 300 Thaler Hämmel und Kälber geschlachtet. Als am 23. November eine Quartierverlegung hinter die Wupper stattfand, konnte Alexander von Neumüller eine Schadenrechnung von 20 700 Reichsthalern inklusive Kontributionsgelder (?) aufstellen und nach Düsseldorf zur Liquidation einschicken. Selbstverständlich hörte damit die Einquartierung noch nicht auf. Es erschienen wieder die kaiserlichen Vorposten, und bis zum 31. Mai hatte die Abtei meistens 6 Offiziere in Verpflegung. 7 ½ Ohm Wein wurden getrunken und der Unterhalt pro Mann mit 1 Reichsthaler, für den Bedienten mit 30 Stüber berechnet. Unangenehme Gäste müssen die Wurmser Rotmäntel gewesen sein, da sich Baron d’Aspre durch wiederholtes Bitten des Abtes bewegen ließ, diese Leute aus der Stadt zu entfernen.

Kaum weckte die Frühlingssonne die Welt zu neuem Leben, da rasselte auch schon wieder der Säbel in der Scheide. Österreich kündigte am 21. Mai 1796 den von Clairfait mit Pichegrü geschlossenen Waffenstillstand und hoffte durch den Erzherzog Karl die deutsche Ehre retten zu können. Den rechten Flügel seiner Armee erhielt der Prinz von Württemberg, welcher den General von Kienmeyer mit 5800 Mann über Uckerath hinaus an die Sieg sandte, während Graf Donells Freikorps von Neuwied aus den Rhein hinabzog, und das zweite Bataillon Rohan diesem folgte (31. Mai). Kleber passierte am 1. Juni vormittags die Agger ohne Widerstand, und Lefévre nahm seinen Weg nach Happerschoß, Collaud suchte bei Meindorf und Menden die Sieg zu überschreiten.

Die Vorhut Klebers wurde von Kienmeyer über Buisdorf zurückgeworfen, und es entspann sich ein harter Kampf bei Niederpleis, als Collaud mit seiner Kavallerie den Bedrängten zu Hülfe kam. Das Terrain zu behaupten war den Tapferen nicht möglich, weil Lefeèvre die Flanke bedrohete und an der unteren Sieg bereits die Österreicher geschlagen waren. Er zog sich nach Altenkirchen zurück mit Hinterlassung von 8 Kanonen und einigen hundert Gefangenen, die nach Bonn transportiert wurden. Am 4. Juni zwang Kleber den Prinzen von Württemberg trotz des heftigsten Widerstandes zur Flucht ins Lahnthal, bis wohin Erzherzog Karl unterdessen vorgedrungen war. Dieser hemmte Klebers Siegeslauf und wies ihn nach Uckerath zurück. Am 19. morgens griff Kray mit etwa 14 000 Mann die hier verschanzten Freiheitsmänner an. Es waren ihrer 7 Bataillione Infantrie, 4 Regimenter Kavallerie unter Richepanse und die gesamte Artillerie Klebers. Collaud stand in Reserve.

Der erste Zusammenstoß warf die Österreicher nach Kircheip zurück, und Tausende von Toten und Verwundeten bedeckten das Schlachtfeld, aber der Sturm auf die Höhen unter Klebers eigener Führung wurde von den todesmutigen Deutschen unter Mylius mit dem Bajonette zurückgewiesen. Es entstand ein furchtbares Ringen und Handgemenge. Keiner wollte weichen. Eine erbeutete Fahne stählte den Mut der Deutschen, und ihr Gewehrfeuer streckte ganze Reihen der abgematteten Franzosen nieder. Es wäre fruchtlos gewesen, die Reserven noch in den Kampf zu führen. Kleber ließ zum Rückzuge blasen, und schneller als sie vorgedrungen waren, eilten die Besiegten zu ihrem Lagerplatze bei Uckerath.

Die Österreicher folgten ihnen nicht, weil sie erschöpft waren, aber die Franzosen wagten auch nicht, dort zu bleiben. Von 3 Uhr nachmittags bis zum Abend wurde alles zusammengepackt und dann bei Nacht so still der Abmarsch angetreten, daß man, wie es heißt, die Geschützräder mit Stroh umwickelte, um das Rasseln derselben zu verhüten. Erzherzog Karl bezog am folgenden Tage das Quartier Klebers beim Steuerempfänger Stockhausen und ging dann mit Kray nach dem Hauptquartier in Altenkirchen zurück. Kienmeyer übernahm die Vorposten an der Sieg.

Am 20. speisete er mit 11 Offizieren auf der Abtei zu Siegburg und konnte den flüchtigen Franzosen nachsehen. 3 Ohm Wein wurden unter seine Leute verteilt oder in die Nachbarschaft abgeführt, ganze Körbe Verbandzeug und Lebensmittel aus der Stadt nach dem Kampfplatze geschafft. Man gab, was man hatte, und auch das Geringste wurde verpackt; die Kirche lag voller Verwundeter und die Franziskaner besorgten den Dienst.

In Düsseldorf zog Kleber Verstärkungen an sich und brach am 29. Juni wieder nach Süden auf. War die Flucht eine eilige gewesen, so sollte die Rückkehr eine schreckliche werden. Nichts wurde von den rachesüchtigen Franzosen geschont, weder Gotteshäuser noch Privatwohnungen, weder Felder noch Gärten, selbst der Quersack des Bettlers wurde auf seinen Inhalt durchsucht und der Träger zum Krüppel geschlagen, der nicht freiwillig hergab. Hie und da fand sich ein mutiger Bauer, welcher die Ehre seiner Frau zu retten oder zu rächen suchte und aus dem Hinterhalte die nächtlichen Streifer überfiel. Die Verzweiflung führte zu Thaten, die auch den Rächer schändeten, und der Geängstigte achtete nicht mehr auf die Notwehr, sondern auf die Möglichkeit eines Angriffs.

Am 30. vormittags traf das Hauptquartier wieder in Siegburg ein und blieb hier bis zum 2. Juli. Am nämlichen Tage setzte Jourdan bei Neuwied über den Rhein, um sich mit Kleber zu vereinigen. Deshalb war Eile nötig, und noch vor Sonnenuntergang war alles in Bewegung.

Die abteilichen Wagen mußten Weine und gebratenes Fleisch bis nach Uckerath schaffen, wo man zu Mittag sein wollte. Stündlich kamen neue Truppen an, als gälte es einen nahen Kampf, und doch stand der Erzherzog in Süddeutschland, wo Moreau sein Feldherrntalent herausforderte.

Am 10. Juli ging der Abtei der Befehl zu, unverzüglich ihren Anteil von 4000 Livres zu der erzwungenen Anleihe von 300 000 Livres nach Düsseldorf abzuliefern; jede Einrede sei vergebens. Die Stadt war mit 1100, die Vogtei mit 8576 Livres bedacht; man wußte nicht, woher man das Geld nehmen sollte. Eine Reise nach der Hauptstadt erwirkte zwar eine teilweise Stundung, aber die Exekution folgte schneller als man erwartet hatte, und bis zum 17. Oktober mußte alles erlegt sein. Bis dahin krachte es in Süddeutschland an allen Ecken und Enden. Jourdans Leute hauseten schlimmer als früher, und mit den unerhörtesten Mißhandlungen verbanden sich die viehischsten Ausschweifungen, welche sich die Franzosen erlaubten. Am 24. August langte die Nachricht in Siegburg an, daß Bernadotte bei Teining fast bis zur Vernichtung geschlagen sei, und der Erzherzog in Eilmärschen gegen Jourdan heranrücke. Man wußte nicht, wem man den Sieg wünschen sollte, da man des Leids genug gekostet hatte, um die fliehenden Unholden noch einmal in die Wohnungen aufzunehmen. Die Schlachten bei Amberg und Würzburg entschieden zu ungunsten der Freiheitshelden. Vollständig aufgelöst eilten die Franzosen durch den Spessart und das Rhöngebirge nach dem Rheine, überall verfolgt von den aufständischen Bauern, welche sie mit Sensen und Heugabeln niedermäheten oder spießten. Marceau, einer der ritterlichsten Führer, fiel im Westerwalde durch die Kugel eines Deutschen.

Am 12. September stand Kleber wieder auf dem Siegberge und harrte der Befehle des Höchstkommandierenden. Am 15. ging er nach Bonn. Die nächslen 4 Tage zeigten den Bürgern nichts als das Elend und die Verzweiflung der durchziehenden Scharen. Jeder Offizier wollte in der Abtei bewirtet sein, und das Refektorium vermochte die Ankommenden nicht zu fassen. Am 20. wurde zweimal getafelt, zuerst von Grenier, Bastoul, Championet, der diesmal wohl keine 8 Gänge, wie zuletzt, verlangte, dann von Jourdan mit Gefolge selbst. Die Menschen waren unzählbar, wie der Küchenmeister berichtet; alle Zimmer und Gänge der weitschichtigen Abtei waren besetzt, und der Verbrauch an Lebensmitteln kostete ihr wenigstens 650 Thaler Um 11 Uhr folgenden Tags langte Bernadotte mit Lefévre an, welche bis Nachmittag blieben und auch bewirtet sein wollten. Es gingen in den zwei Tagen 11 Ohm Wein darauf, 6000 Pfd. Heu und für 80 Thaler Hafer. Der Schaden an den Weinbergen, deren Trauben man in Körben in das Lager auf dem Brückberge schleppte, um Essen und Suppe daraus zu bereiten, wurde auf 900 Thaler berechnet, der Wald so beschädigt, daß er sich „in 50 bis 60 Jahren nicht erholen“ konnte. Betrug der Gesamtverlust der Abtei durch die Franzosen in diesem Feldzuge 93 381 Reichsthaler 37 Stüber, was mögen die Bürger Siegburgs geseufzt haben unter der Last der Einquartierung und den Räuberhänden der entmenschten Soldaten!

Am 23. langten die Barkohusaren mit den von Tennerschen Scharfschützen in der Stadt an, um an der Agger Vorposten zu beziehen. Kienmeyer und Haddyk unternahmen noch einen Angriff auf das Championetsche Lager bei Zündorf, kehrten aber ohne Erfolg zurück. Vom 22. November bis zum 15. Dezember lag der kommandierende General von Warnek mit seinem Stabe auf der Abtei, dann nur noch Kienmeyer mit etwa 10 Offizieren, und vom 2. Januar 1797 ab das Offizierkorps der le Loupeschen Jäger. Was sie verzehrten, wurde bezahlt, aber der Wein auf Rechnung geschrieben, und das gab eine Summe von 1050 Thaler.

Um den Bürgern die Einquartierung nicht allzu drückend zu machen, wurden auf dem Driesch Baracken aufgeschlagen und jede Scheune mit Mannschaften belegt. Diese sollten sich die Speisen selbst anschaffen und auch kochen, und da die Bürger merkten, daß sie Geld hatten, schlugen sie eigennützig mit dem Preise auf, weil sie im Sommer soviel eingebüßt hatten. Das veranlaßte das Marktkommissariat, die Lieferung des Fleisches durch einen Metzger zu beantragen, „damit die Soldaten das Kochen nicht aufgäben und sich nicht mit Lebensmitteln entschädigten, die Krankheiten und dergl. herbeiführen könnten. Das Fleisch dürfte nicht mehr als 6 Stüber kosten, wozu es auch die Händler vom Lande hergäben“.

Der Verkehr mit Troisdorf war durch die Wachtposten fast ganz abgebrochen, denn niemand wurde durchgelassen, der keinen Paß aufweisen konnte. Schultheiß Schwaben berichtet am 8. April an die Regierung zu Düsseldorf, daß er im ganzen Winter von dort nichts gehört habe und nicht in der Lage sei, die rückständigen Steuern einzutreiben, weil er Erheber Schuhmacher daselbst die Hebelisten geflüchtet habe und aus Furcht vor dem Wiederausbruche des Krieges Bedenken trage, dieselben zurückzuschaffen. In dem Dorfe sei auch geradezu nichts mehr zu holen; Hunger und Not herrsche in Häusern und Hütten; kein Vieh, keine Lebensmittel seien vorhanden und der Kredit gänzlich erschöpft. Woher die armen Leute noch die Steuern nehmen sollten?

Daß die Furcht vor einem neuen Feldzuge nicht unbegründet war, bewiesen die Hiobsbotschaften aus Italien, wo Napoleon Bonaparte die Österreicher aus allen Festungen und verschanzten Stellungen herausgeworfen hatte und am 3. April nur noch 5 Tagemärsche von Wien stand. Der Aufstand der Venetianer und neue Anstrengungen des Erzherzogs Karl bestimmten ihn jedoch zum Waffenstillstande und andere Rücksichten zum Frieden, der den Österreichern nicht weniger erwünscht war. Da es sich um die Rheingrenze handelte, so war am 13. April Moreau bei Straßburg noch einmal über den Fluß gegangen, und bei Düsseldorf la Hoche, welcher an Jourdans Stelle getreten war. Am 17. morgens schlug Championet sein Hauptquartier auf einen Tag in Siegburg auf und speisete mit le Grand, Simon, Klein, Salm und anderen Generalen und Offizieren auf der Abtei. Es gingen 1 ½ Ohm Wein darauf. In der Stadt waren bis zum 4. Mai täglich Truppen zu verpflegen, indem man bald vorwärts, bald rückwärts zog und erst noch die Bezahlung von 1 000 000 Livres Kontributionsgelder, welche der General en chef ausgeschrieben hatte, erzwingen wollte. Die Abtei erhielt 50 000 Livres zu entrichten und mußte für jeden Tag der Zögerung 8 Kronenthaler Exekutionskosten tragen, bis der Kellner von Bullingen als Geisel das Geld in Köln flüssig machte. Es gelang ihm dies am 12. Mai, und das Kloster hatte 15 972 Thaler 14 ½ Albus Schulden mehr. Die Vogtei Siegburg war mit 1528 ½ Livres bedacht, die Stadt Siegburg mit etwas weniger, welches die Bürger, Schloß und Aldenhofen erlegten.

Der französische General Debelle ließ sich vom Abt die Ehre, eine Nacht bei ihm zugebracht zu haben, mit 100 Louisdor bezahlen, welche die Freifrau von Spieß der Abtei vorschoß und später an Josue Abraham cedierte.

Vom 24. Juni bis zum 29. August lag das Kriegskommissariat in der Stadt, und die Mönche hatten täglich 16 Beamten nebst vielen Fremden zu Tisch. Es wurden 7 ½ Ohm Wein vertrunken.

Aus Troisdorf berichtet der Ortsvorsteher Quadt, daß man vor Quälereien seitens der Franzosen gar nicht mehr gewußt habe, was man in der Not anfangen sollte. Tag und Nacht hätten Billette ausgegeben werden müssen, und seine Kräfte seien geradezu erschöpft. Die Fouragiere wären nicht abgezogen ohne Bestechung, und erst gestern noch habe er einem Kapitän „4 Packet Rauchtabak und ¼ Pfd. Schnauftabak“ geben müssen, um Erleichterung von der Mühsal zu bekommen. Einmal hatte die Gemeinde das Glück gehabt, zwei vom Viehtransporte zurückgebliebene Ochsen anzuhalten und sie schleunigst zu verkaufen. Diese Freude sollte aber nicht lange dauern. Nach ein paar Tagen erhielt sie Befehl, unverzüglich drei Ochsen an das Proviantmagazin nach Siegburg zu liefern, und nun mußte sie zu der Beute noch hinzulegen. Am 25. September langte der Oberst Aveillar mit dem 11. Chasseurregiment in der Stadt an und blieb bis zun 18. November. Auf der Abtei war täglich große Tafel mit 8 Gängen, selbst des Abends. Die Offiziere vertranken 2 ¼ Ohm des besten Weins und entsandten auch noch 17 ½ Ohm an die Truppen in der Stadt. Die ersteren berechnete der Kellermeister mit 135, die letzteren mit 700 Reichsthaler. Am 19. November rückte die 16. halbe Brigade in die Stadt und blieb bis zum 19. Dezember; dann folgte am 31. Dezember die andere Hälfte der Brigade bis zum 11. Januar. Mit ihnen hörte Einquartierung auf. Was mögen die armen Bürger entzückt gewesen sein, einmal wieder aufatmen zu können! Man hatte Französisch gelernt mit Holländern verkehrt, Ungaren bewirtet, weiß Gott, mit wem sonst sich verständlich gemacht, und die Prügel hatten mehr geleistet als die Rute in der Lateinschule. Nun konnte Johann Kuttenkeuler den „bon“ des Leutnants Burns lesen, worin dieser 1800 bescheinigte, daß er „avoir loge chez le nommé Jean Kuttenkuler pendant la nuit du 29 au 30 du courant avec un billet du bourgemeistre, où j’ai reçu les vivres et fourage pour deux chevaux“, und der Troisdorfer Quadt den bon des Kommandeurs Schönewald: Goed voor Twe entagentig Rations Fourage complet voor den 30. Juli, aber sie werden wohl auf Bezahlung haben warten müssen. Die Abtei berechnete ihren Verlust mit 117 638 Reichsthaler 10 ½ Albus, den durch die Kaiserlichen erlittenen Schaden auf 140 263 Reichsthaler 24 ½ Albus. Man hatte alles genau notiert, denn das ist das Wichtigste.

Die Familie Kuttenkeuler stammt wahrscheinlich von Troisdorf, wo 1640 ein Johann uff der Kuttenkoulen als Scheffe erwähnt wird. Übrigens giebt es auch einen Hof Kuttenkaul in der Bürgermeisterei Lohmar.

Dem Frieden zu Campo-Formio folgte der Kongreß zu Rastadt, um die deutschen Reichsstände zur Abtretung des linken Rheinufers zu bewegen Die versammelten Abgeordneten wußten anfangs nicht, um was es sich eigentlich handele. Als sie aber sahen, daß am 10. Dezember die Festung Mainz den Franzosen übergeben wurde und diese anfingen, das linke Rheinufer nach heimischer Weise in Departements einzuteilen, da gingen ihnen über der Thatsache die Augen auf, und es blieb der nichts anders übrig als zu dem Übereinkommen Österreichs und Preußens mit Frankreich Ja zu sagen. Es handelte sich nur noch um die Entschädigung der in Mitleidenschaft gezogenen Fürsten, und dazu sollte die Säkularisation der geistlichen Herrschaften dienen. Die Protestation Ihrer zeitigen Besitzer nutzte nichts. Je länger sich die Verhandlungen hinzogen, desto anmaßender traten die Franzosen auf; sie verlangten die Schleifung der Festwerke auf dem rechten Rheinufer, namentlich Kehls, Kastells, Ehrenbreitsteins, Deutz und dazu noch die Abtretung der Rheininseln und anderes. Der Zank und die Ratlosigkeit auf dem Kongresse steigerte sich mit jedem Tage, und im Frühjahr 1799 woar man noch keinen Schritt weiter gekommen als vorher.

Die Unternehmung Napoleons gegen Ägypten hatte die Türken in den Harnisch gebracht, der Verlust Maltas den Kaiser von Rußland als Protektor des Johanniterordens. Beide Mächte vereinigten sich mit England zu einer neuen Koalition gegen Frankreich und fanden auch an Österreich einen Bundesgenossen, weil es die geheime Stipulation des Friedens von Campo Formio, betreffend der Abtretung des Innf und nicht zur Ausführung gebracht sah. Der Krieg entbrannte in und um Süddeutschland und nahm für Frankreich eine sehr bedenkliche Wendung. In dieser Not erschien wieder Napoleon und zwar als erster Konsul auf der Bühne. Er ging am 14. Juni 1800 als Sieger über die Österreicher hervor, während in Deutschland Moreau die Schlacht bei Hohenlinden gewann.

Säkularisation der Abtei

Im Lüneviller Frieden 1801 behielt Frankreich das linke Rheinufer, und die Säkularisation der geistlichen Herrschaften ward ausgesprochen. Die zur Erledigung des Geschäftes eingesetzte Kommission aus Reichstagsmitgliedern bequemte sich den von Frankreich und Rußland getroffenen Vereinbarungen an und bestimmte nach zweijähriger Arbeit am 25. Februar 1803, daß alle geistlichen Güter, Stifter, Abteien und Klöster zur freien und vollen Disposition der betreffenden Landesfürsten stehen und teils zu gottesdienstlichen und Unterrichtszwecke teils auch zu anderen gemeinnützigen Einrichtungen und zur Aufbesserung der Finanzen verwandt werden sollten. Damit war Siegburgs Herrlichkeit zu Ende und das lang erstrebte Ziel der Herrn von Jülich-Kleve-Berg erreicht.

Der Abt Johann Speyart von Woerden schied nach sechszehnjähriger Regierung voller Sorgen und Mühen aus der Reihe der Unterherrn und ward mit seinen Ordensbrüdern auf den Aussterbeetat gesetzt. Sie bezogen ein Gnadengehalt von 240, er von 450 Thalern, und konnten auf der Abtei wohnen bleiben oder auch sonst wo ein Unterkommen suchen. Das erstere mochte dem abgesetzten Gewalthaber nicht lange behagen; er zog sich nach Düsseldorf zurück und wohnte 1812 beim Hofrat von Hagens. Die letzten Kapitulare waren von Muffil Sparr von Greiffenberg, Johann von Bach, Freiherr von Hallberg, Wilh. Von Schirp, Joseph Maria Jakob Marquis de Copons, von Bullingen und mehrere Pröpste, welche ihre Stellung behielten. Die Einkünfte des Klosters beliefen sich auf 50 000 Reichsthaler, allein der Schulden war auch eine ungeheuere Masse. Der Weinhändler Pleunissen in Köln allein forderte 26 514 Thaler 54 Stüber und ließ sich sein Guthaben von der bergischen Regierung durch Überlassung des Klosters Altenberg decken, welches seine Erben 1816 für 36 000 Thaler an den Regierungsrat von Bulow verkauften. Die Güter der Abtei wurden den betreffenden Pächtern so lange gelassen, bis die Domänenverwaltung Zeit und Muße gewann, sie mit Vorteil zu veräußern. Regierender Herzog war damals Maximilian Joseph aus dem Hause Zweibrücken-Birkenfeld-Bischweiler. Er war ein Franzosen und ließ sich von ihnen gegen das Deutsche Reich ins Schlepptau nehmen.

Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch “Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart” von 1897. Mehr Infos dazu hier.

Kapitelübersicht

Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
Weitere Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart

Kapitel des Buches
Die mit Links hinterlegten Textteile sind bereits online verfügbar. Die anderen Teile werden nach und nach eingestellt.

I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln

II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte

III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit

IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter

V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum

VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich

VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung

Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden

VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse

IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin

Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs

Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei

Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg

Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse

X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.

Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise

Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften

Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten

Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege

XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen

Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg

XII. Die Zeit des dreißigjährigen Krieges.
Schutzbrief Kaisers Ferdinand II.
Kontributionen
Gustav Adolf
Baudissin in Siegburg
Schwedische Besatzung unter Loyson
Pfarrer Menner
Räumung der Abtei seitens der Schweden
Bekanntmachung des Abtes von Bellinghausen betreffs der Wiederaufbauung der zerstörten Häuser
Glasjunker als Zünftler
Klösterliche Verhältnisse
Soldatenleben
Hexenprozesse
Feuersbrunst
Die Pfarrkirche
Glockenguß in Siegburg

XIII. Verlust der abteilichen Reichsunmittelbarkeit
Schutzbrief Kaisers Ferdinand III.
Johann von Bock
Vergleich vom Jahre
Die Minoriten in Siegburg
Pfalz-Neuburgische Besatzung in der Stadt
Die Leibkompagnie des Abtes
Rangstreit unter den Stadträten
Ein fauler Häring
Die Elementarschule
Die Pest
Aufnahme von Novizen
Jagdübung der Konventualen
Neue Kapitulation zwischen der Abtei und dem Herzoge
Prätensionen desselben
Bernard Gustav von Baden als Koadjutor
Seine Abdankung
Einjährige Bürgermeister
Präliminarvertrag zwischen der Abtei und dem Herzog
Der Erbvergleich
Erneuerung des Vertrages mit den Minoriten

XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte

XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei

XVI. Siegburg unter bergischer Herrschaft
Das Zunftwesen
Schulverhältnisse
Die Kirchen Siegburgs
Verkauf der abteilichen Mühlen
Siegburg als Munizipalstadt
Budget vor
Der neue Friedhof
Bepflanzung des Marktes mit Kastanienbäumen
Huldigung des jungen Herzogs Ludwig Napoleon
Bevölkerung der Stadt
Aufhebung der Zünfte
Das französische Gesetzbuch
Zurückhaltung der Reliquienschreine
Der russische Feldzug und die Schlacht bei Leipzig
Frhr. von Hallberg
Übergang der Verbündeten über den Rhein
Steuern
Eine russische Wagenburg und der Marktplatz
Napoleons Abdankung
Die Rheinlande fallen an Preußen
Proklamation des Königs Friedrich Wilhelms III.
Napoleons Ende

XVII. Siegburg als Hauptstadt des Siegkreises
Der Landwehrstamm in der Stadt
Hungersnot
Kabinettsorder Sr. Majestät betreffs der Siegburger Schulen
Die Lateinschule
Die Siegburger Kirmes und die Bonner Studenten
Kirchliche Verhältnisse
Die Irrenheilanstalt
Örtliche und bürgerliche Verhältnisse in der Stadt
Das Zeughaus
Eine höhere Töchterschule
Das Postwesen
Fabrikanlage von Rolffs & Comp.
Die israelitische Synagoge
Die evangelische Gemeinde
Marktverkehr
Die Kartoffelkrankheit
Pfarrer Engelmann
Das Jahr
Konstitutionelle Verfassung
Zug der Freischärler unter Kinkel behufs Plünderung des Siegburger Zeughauses und die Schlacht auf dem Stallberg
Der Lohmarer Wald
Empfang des Kronprinzen Friedrich Wilhelms IV.

XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat

Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.