Gerhards größte Sorge beschäftigte sich um diese Zeit mit einem anderen Gegenstande, der ebenso sehr auch den übrigen Ordensgenossen am Herzen lag, das war die Selig- oder Heiligsprechung des Erzbischofs Anno, an dessen Grabe mancherlei Wunder, wie man glaubte, durch Gott geschehen waren.
Es hatte sich der päpstliche Legat Kardinal Petrus von Tuskulum längere Zeit auf dem Siegberge aufgehalten und vieles von dem Leben und den großen Verdiensten des Verstorbenen um die Kirche gehört. Seine Seele mußte offenbar in den Himmel aufgenommen sein, sonst hätte seine Fürbitte keine Wunder wirken können. Er schlug deshalb dem Abte die Beantragung der Kanonisation Annos vor, und mit Empfehlungsschreiben vom Kaiser ausgerüstet, langte jener 1181 in Rom an, um dem Papste seine Bitte vorzutragen. Leider war Petrus Freund, Alexander, eben gestorben, und Lucius mit seinen Räten zeigte sich keineswegs entgegenkommend in der Sache, einmal weil die Briefe nicht an ihn gerichtet waren, sodann auch, weil jene behaupteten, „aus deutschem Lande pflegten nur Krieger nach Italien zu kommen, sie wunderten sich sehr, daß es dort auch Heilige geben könne.“ Indes versprach der Papst doch, die Sache in Erwägung zu ziehen und bei nächster Gelegenheit mit dem Kaiser Rücksprache darüber zu nehmen, er werde ihm keinen Wunsch in dieser Angelegenheit abschlagen.Am 24. Juni 1182 forderte er wirklich den Abt auf, abermals nach Rom zu kommen und Beweise für die Heiligkeit des Bischofs mitzubringen. Gerhard war nicht in der Lage, die Reise selbst antreten zu können, weil die Blankenberger Geschichte und anderes sein Verbleiben nötig machten. Deshalb unterzog sich der Domdechant von Köln der großen Mühe und begab sich mit Empfehlungsschreiben der rheinischen Bischöfe auf den Weg. Der Kanonisationsprozeß wurde eingeleitet, und die Autorisation zur Enthebung des Heiligen aus dem Grabe erteilt. Allein der Überbringer des Briefes starb unterwegs, und letzterer ging ganz verloren. Da erschienen im Frühjahr zwei päpstliche Gesandte am Rhein, um irgendwelche Geschäfte für den Papst zu besorgen, der Kardinal Johannes von Anagni und der Bischof Petrus von Lunag.
Der Domdechant Adolf und ein Priester Johannes Petrinus bezeugten ihnen die Absicht und bereits getroffene Entscheidung des heil. Vaters, und wie sie es selbst aus seinem Munde gehört hätten, daß er den oben erwähnten Brief abgesandt habe. Das genügte jenen, um sich nach Siegburg zu begeben und die Heiligsprechung auch ohne ausdrücklichen Befehl des Papstes dazu vorzunehmen. Die Verdienste und Wunder des Seligen wurden noch einmal vor ihren Richterstuhl gezogen und geprüft, und dann, nachdem man sich von der Heiligkeit des Bischofs überzeugt hatte, die Gebeine desselben am 29. April auf den Altar gehoben. Man wußte anfangs das Grab Annos nicht aufzufinden, weil fromme Scheu vor Entweihung, wie Zolner sich ausdrückt, dasselbe unkenntlich gemacht hatte; aber nach emsigem Suchen vom Mausoleum aus gelangte man endlich zu der wohlvermauerten Gruft und erkannte an dem Siegelringe, welchen Heinrich IV. einst dem lieben Freunde geschenkt hatte, sowie an zwei bleiernen Täfelchen mit der Inschrift:
„Hie requiescit Dominus Anno secundus, Coloniensis ecclesiae tricesimus tertius Archiepiscopus, huius Coenobii fundator devotissimus. Obiit vero pridie nonas Decembris – Anno ab incarnatione Domini Millesimo septuagesimo Quinto, Indictione tertia decima, anno Episcopatur sui vicesimo Primo. In hoc autem sepulero positus est tertio Idus Decembris regnante Rege Quarto Henerico“ die Richtigleit des gewünschten Fundes.
Man legte die Gebeine in eine Schrein und stellte sie auf den Altar. Der Kardinal Johannes las Hochamt „de uno confessore“, der andere Legat leitete den Chor, während der Feier verordneten sie nach vorhergehender Ansprache an das Volk im Namen des Papstes, daß dieser Tag als Festtag zu Ehren des heil. Anno begangen werden solle. Im römischen Martyrologium wird Anno auf den 4. Dezember erwähnt.
Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch “Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart” von 1897. Mehr Infos dazu hier.
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Kapitelübersicht
Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
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Kapitel des Buches
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I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln
II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte
III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit
IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter
V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum
VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich
VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung
Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden
VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse
IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin
Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs
Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg
Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse
X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.
Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise
Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften
Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten
Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege
XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen
Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg
XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte
XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei
XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat
Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.