Die ersten Zunftbriefe
Das Städtchen hatte sich in den letzten Jahren zusehends emporgearbeitet, und die Geschäftsleute vertrieben ihre Waren schon weit in dem Sieg- und Aggerthale hinauf. Da ereignete es sich denn auch wohl mal, daß die Betreffenden in fremder Herren Ländern abgefaßt und gefangen gesetzt wurden, sodaß die Stadt viel Geld und Mühe aufwenden mußte, dieselben wieder loszukaufen. Das Zunftwesen fing an, sich fester zu gestalten, und die Gewandmacher, Lohgerber und Weinschröter hatten schon ihre strengen Vorschriften.
Aber auch die Krämer und Schenkwirte bedurften der Kontrolle, da sie die Accise herauszuschlagen suchten, und die Weinfälschung in voller Blüte stand. Man nannte diese eine Pulverei, wie überhaupt alles, was man jetzt mit dem Namen Panscherei zu bezeichnen pflegt. Als der Abt 1461 die Acciseerhebung der Stadt auf neue 25 Jahre überließ, bedang er sich für die Abtei den Ausschank ihres eigenen Wachstums in dem Brauhofe, dem Kauerzinnen und dem Leopard sowie auf ihrer Immunität vom Aarenhofe bis zu der Klosterpforte aus, obgleich es die Interessen der Bürger selbstredend schädigte. Diese besuchten dehalb weniger die genannten Häuser, und die Mieter hatten einen schweren Stand. Der Brauhof lag in der Holzgasse, der Leopard an der Ecke des neuen Weges links, und der Kauerzinnen in dem jetzigen Griesgäßchen, damals „Kauertzgasse“ genannt, von dem Kawertschen Ricardo, welcher sich 1276 dort niedergelassen hatte, um in Gewürzen und auch in Geldgeschäften zu machen. Er war ein Italiener.
Das Schöffenessen
Das Festhalten an dem Alten war für die Mönche von größter Bedeutung, aber für diejenigen, welche darunter zu leiden hatten, keineswegs angenehm. Nun schien es 3 Herren, die zum Schöffenamte erkoren waren, etwas viel verlangt, daß sie beim Antritte ihrer Stellung das althergebrachte Schöffenessen noch geben sollten. Sie protestierten mit aller Entschiedenheit dagegen, aber der Abt erkannte darin eine Auflehnung gegen die bestehenden Verhältnisse und entsetzte sie deshalb alle 3 ihres Postens.
Es waren Johann von Markelsbach, Johann von Wahlfeld und Heinrich von Ostendorp. 1451 verzichtete Johann von Drachenfels mit Göddert, Herrn zu Oilbrück und Heinrich von Drachenfels, Gebrüder Söhne, auf ihr Anrecht an dem Siegburger Stadtgraben, und überließen denselben auf Martini Abend der Stadt gegen eine Abgabe von jährlich 8 Mark an die Abtei.
Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.
Daß in der Klause ein St. Annen-Altar existierte, beweist uns die Stiftung einer Erbmesse, welche auf jeden Saterdag an ihm gelesen werden sollte, und daß auch das Katharinenhospital mit einem Kapellchen versehen war, die Stiftung einer ähnlichen Erbmesse durch Jakob von Lutzerade, welcher in dem Institute seine Heilung gefunden hatte. Die Stadt zahlte damals schon jährlich 4 Mark an einen Schulmeister, und auf dem Berge trieb man die Wissenschaften noch mit solchem Eifer, daß ein Mönch namens Albert es 1455 wagen konnte, eine Kaiserchronik zu schreiben, wozu ihm Heinrich von Herford vielleicht mancherlei Stoff geliefert hat.
Die Frommen Siegburgs vereinigten sich im letzten Regierungsjahre des Abtes zu einer Bruderschaft, die eine glückliche Sterbestunde ins Auge faßte und zu ihren Mitgliedern nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Jünglinge und Jungfrauen zählte, das war die „broderschaft sent Joists ind der reinen Junfferen sent Lucienind de is angehauen van den leuendigen yrstmaills in den jairen unses heren duysent veirhundert ind do man schriff Ein ind seestig“.
In diesem Jahre starb, wie gesagt, Abt Wilhelm Spieß von Büllesheim und ward nach dem „recrologium sigbergense“ durch Rabodo de Windern ersetzt, ohne daß in den Akten etwas von ihm zu finden ist.
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Aber es war damals die „guede Ziet“, von der uns ein Papierschnitzel im Kirchenarchive erzählt, wo die Lebensmittelpreise so niedrig standen, daß man „zo Coelle uff dem gemeinen mark eyn malder roggen fur XIV albus, eyn malder haferen fur VIII albus, eyn malder weiss“, d. i. Weizen, „fur III marc, eyn malder gerste fur VIII alb, eynen tonnen herings fur III gulden, zween fette schwein fur V gulden, eyn roeckgen von XXX loet fur I heller und eyn semelgen des Weissbroet auch fur I heller“ kaufte. Der Albus oder Weißpfennig galt ungefähr 6 Heller; der Raderalbus hatte seinen Namen von einem auf seiner Rückseite ein Kreuz umgebenden Ringe. Der deutsche Gulden war eine dem Florenus nachgebildete Goldmünze im Werte von etwa 6 Mark heute. Der Silbergulden kommt erst im 17. Jahrhundert auf und galt ungefähr 18 Groschen a 12 Pfennige. Sogenannte Hohlpfennige waren von sehr dünnem Silberblech geschlagen und nur einseitig geprägt, daher auf der anderen Seite hohl.
Von Siegburger Münzen ist bis um diese Zeit nichts zu entdecken gewesen, aber in der Stadtrechnung vom Jahre 1476 liest man: „Item unserem hern dem abt ind dem moentzmeister up dem Rosenkrantz eyn gelaich geschenk, cost I marc VIII sch.“, und noch einmal aus demselben Jahre: „Item do de moensmeistere by unsem hern dem abt aissen, cost uns VI sch VIIL st. (-Stüber)“. Dieser Abt war Wilhelm III. von Lülsdorf, ein regierungsfähiger und hochstrebender Herr, der dem Reiche und dem Herrn von Berg vielleicht einmal zeigen wollte, daß die Abtei auch das Münzrecht besitze und dieses unter Umständen auch auszuüben imstande sei. In der That finden sich in Grotes Münzstudien noch zwei Hohlpfennige und ein Raderalbus abgebildet, die jener Zeit angehören und den Beweis dafür liefern, daß es nicht bei dem bloßen Vorhaben der Herren geblieben ist, sondern dieses auch ins Werk umgesetzt wurde.
Die Einnahmen der Stadt Siegburg beliefen sich 1468 an Steuern, Zöllen, Zunftsporteln u. dgl. auf 181 Gulden 1104 Mark, gegen 186 Gulden und 901 Mark im Jahre 1431. Das Geschoß allein wies eine Mehreinnahme von 185 Mark auf, woraus man auf einen Zuwachs der Bevölkerung, oder aber auf erhöhte Umlagen schließen kann. Umgekehrt zeigte die Einnahme achtzehn Jahre später einen bedeutenden Rückschritt, da nur 148 Gulden und 848 Mark verzeichnet sind. Der Grund davon ist nicht klar ersichtlich, aber wahrscheinlich hängt er mit den allgemeinen Zeitverhältnissen zusammen, von denen uns die Geschichtschreiber kein freundliches Bild zu entwerfen vermögen.
Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch “Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart” von 1897. Mehr Infos dazu hier.
Kapitelübersicht
Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
Weitere Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
Kapitel des Buches
Die mit Links hinterlegten Textteile sind bereits online verfügbar. Die anderen Teile werden nach und nach eingestellt.
I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln
II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte
III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit
IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter
V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum
VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich
VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung
Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden
VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse
IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin
Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs
Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg
Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse
X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.
Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise
Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften
Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten
Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege
XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen
Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg
XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte
XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei
XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat
Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.