Römerstraßen
Daß das rechtsrheinische Germanien auch nach den Freiheitskriegen der Deutschen noch in teilweiser Abhängigkeit von den Römern gestanden, läßt sich nach allem, was darüber geforscht und geschrieben worden ist, wohl kaum bezweifeln. Handels- und Heeresstraßen führten kreuz und quer durch das Land und vermittelten den Verkehr, in welchen Freund und Feind zu einander traten. Professor Schneider (neue Beiträge zur Gesch. u. Geogr. der alten Rheinlande) verzeichnet mehr solcher Wege, welche Römerhände in unserer Gegend angelegt haben sollen, einen von Oberkassel nach Eudenbach, einen andern von Mondorf nach Altenrath, einen dritten von Beuel über Siegburg nach dem Heckhause, welcher weiterhin in eine Querstraße ausmündete. Die Landschaft war verhältnismäßig stark bevölkert und gewährte den Römern nicht nur ein leichtes Absatzgebiet für ihre Produkte, sondern auch weites Kornmagazin zur Verpflegung ihrer Truppen, die sie in Köln und Bonn zur Verteidigung ihrer Herrschaft unterhalten mußten. Der Ackerbau machte rasche Fortschritte bei den Deutschen, und mit der Einträglichkeit der Beschäftigung, der sie sich immer mehr hingaben, wuchs die Liebe zu dem Boden, den sie bestellten, ihre Ansiedelungen wurden bleibende.
Soll nun auch nicht behauptet werden, daß die Feldmark von Siegburg sich ganz besonders zum Ackerbau geeignet hätte, da im Norden und Osten derselben viel angetriebener Dünensand sich vorfindet, so bot doch das Schwemmland der Sieg ein recht ausgezeichnetes Erdreich, dem Hirten ein saftiges Wiesengrün und dem Ackerbauer ein fruchtbares Saatfeld ersprießen ließ. Hier siedelte man sich an und weidete man das Vieh, hier besorgte die Hausfrau mit ihren Kindern und Schalten die Feldarbeit, während der Mann mit dem Bogen durch den Wald strich, das Wild zu erjagen, oder in der wasserreichen Sieg seine Rute auswarf, um die wohlschmeckendsten Fische einzufangen. Das bewegliche Zelt ward zum Blockhause mit Raumeinteilung, und das Lochfeuer vor der Hütte zum nie erlöschenden Herdfeuer, um welches sich die Familie abends traulich zusammenfand.
(Der Dünensand rührt offenbar aus einer Zeit her, wo noch das Meer unsere Gegend bedeckte und vulkanische Erhebungen sowohl den Siegberg als auch den Wols- und Riemberg emporgetrieben haben. Vergl. Roeggerath: Die Entstehung und Ausbildung der Erde)
Altdeutsche Gräber
Eine Thatsache von Wichtigkeit ist es, daß in dem unfruchtbaren Sande am Hirzenberge viele altdeutsche Gräber aufgedeckt worden sind, welche offenbar einer langjährigen Ansiedelung daselbst angehörten. Der Hirzenberg liegt ungefähr 4 km von Siegburg in dem Lohmarer Walde (siehe Wo ist der Hirzenberg). Zu Anfang dieses Jahrhunderts sah man wohl noch 100 hügelbedeckte Gräber in seiner Nähe, die allmählich von ruchlosen Händen zerstört und ausgebeutet worden sind. Auf dem Berge selbst erhob sich ein Kranz von 12 kleineren um einen großen Stein, der als Opferstätte gedient haben dürfte.
Darf man von ihrem Dasein auf eine gleiche unter viel günstigeren Bedingungen an dem Siegberge schließen, so wäre das Alter der Gemeinde bis in die Römerzeit hinein festgestellt und nur die Furcht nicht ausgeschlossen, daß sie in dem Strudel der Völkerwanderung mit untergegangen sind und erst später durch eine neue ersetzt worden sei. Die Ripuarier indes zogen nicht alle über den Rhein, sondern bebauten auf dem diesseitigen Flußufer die Felder weiter, welche sie von ihren Vorfahren ererbt oder teilweise selbst urbar gemacht hatten. Ihre Wanderlust war schon durch das Gefühl der Heimatliebe gedämpft, und das deutsche Heldentum in den Dienst der Häuslichkeit getreten, deren Reize das Abenteurerleben nicht mehr aufzuwiegen vermochte. Wer könnte es da noch vorgezogen haben, das Sichere mit dem Unsicheren zu vertauschen und in der Ferne das Glück zu suchen, welches ihm daheim bereitet war? Der Haus- und Hofbesitzer blieb wohnen und freute sich der wiedergewonnenen Freiheit (diese erfolgte unter Kaiser Honorius 395 – 423, der die römischen Legionen vom Rheine zurückzog) ohne Sehnsucht nach den Städten Galliens und der Kultur der Welschen. Was er bedurfte, war Ruhe und Frieden, und wenn diese nicht in Gefahr kamen, so räumte er nicht mehr die Hütte, die er sein eigen nannte, sondern blieb fest an die Scholle gebannt.
(Die Ripuarier oder Uferfranken umfaßten alte Stämme unter neuen Verhältnissen. Der Name Franken bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach nichts anderes als die Freien.)
Dies ist ein Ausschnitt aus Rudolfs Heitkamps Buch “Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart” von 1897. Mehr Infos dazu hier.
Kapitelübersicht
Über das Buch
Buch zur Siegburger Geschichte von 1897 wieder erhältlich
Rezension zu Siegburgs Vergangenheit und Gegenwart
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Kapitel des Buches
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I. Siegburgs älteste Verhältnisse – Wahrheit und Vermutung.
Der Siegberg und seine Bewohner
Römerstraßen & Altdeutsche Gräber
Ansiedlungen und Ständeunterschiede
Rechte und Gerichtswesen
Der Auelgau und die erste christliche Gemeinde
Die Siegburg
Pfalzgraf Heinrich und sein Streit mit Anno, Erzbischof von Köln
II. Die Gründung der Abtei
Die Gründung der Abtei, ihr Zweck, die Abteikirche & die Ordensregeln
Insassen und Ausstattung des Klosters mit Gütern
Der Burgbann, die Rechtspflege und der Vogt
Annos Tod, sei Begräbnis und seine letzte Ruhestätte
III. Die Stadt Siegburg
Die Stadt Siegburg – Markt-, Zoll & Münzrecht sowie ihre Befestigung
Ihre Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Älteste Zustände in ihr
Lage und Beschaffenheit
IV. Entwickelung der Abtei
Entwickelung der Abtei und die Fixierung ihrer Besitzungen
Die Sage von Erpho
Klösterliches Leben und Treiben
Annos Lebensbeschreibung und das Annolied
Blutbad in Köln, geflüchtete Juden in Siegburg
Die Decanie im Auelgaue
Vornehme Begräbnisse auf der Abtei
Vermächtnis Heinrichs IV. und Heinrichs V.
Die Propsteien Oberpleis, Hirzenach, Remagen, Zülpich
Bedeutende Ordensmänner
Abt Kunos Vermächtnis und Anordnungen
Streit mit dem Kassiusstift und die Propstei Millen
Reinalds von Dassel Vorschrift hinsichtlich der abteilichen Güter
V. Städtisches
Städtisches: Marktprivilegien, Christihimmelfahrtsmarkt & Servatiustag
Städtisches Leben und Treiben
Leprosenhäuser – Krankenhäuser, die Kirche und die Einführung des St. Nikolausfestes
Die Märtensfeuer
Das Holzfahrtsfest und der Maibaum
VI. Kannosisation Annos und Siegburgs Kunstschätze
Der Streit um das Burgterrain von Blankenberg, das Burgrecht, der Schutzbrief sowie eine Wasserprobe
Annos Heiligsprechung
Annos Charakterisierung, die Abteikirche
Reliquien und Reliquienschreine
Älteste Siegel der Abtei, der Stadt und des Gerichtes etc., die Einverleibung der Kirchen Oberpleis und Zülpich
VII. Verhängnisvolle Zeiten
Ausplünderung Siegburgs, Engelbert von Köln und Heinrich von Limburg, Übertragung der Schutzvogtei an die Kölner Kirche
Heinrichs Bemühungen, dieselbe (die Schutzvogtei) für das Haus Berg wiederzuerlangen
Das Faustrecht, die Zustände auf der Abtei sowie die Visitation des Klosters
König Richard und Kölner Flüchtlinge in Siegburg
Vertrag , Burg & Pfarrkirche
Privilegium der Kölner Marktbesucher in Siegburg
Consultationsrecht der Wipperfürther (und ebenso auch der Lenneper in Siegburg)
Eine Judenverfolgung
Wortlaut der Vogtsreversalien
Ökonomische Verhältnisse der Abtei und die Einverleibung der Pfarrkirchen
Die Topfbäcker, das Waldschuldheißenamt
Siegburger Juden
VIII. Dynasten im Abtsgewande.
Verhältnis der Abtei zur Kölner Kirche, zum Reiche und dem Hause Berg
Schutz- und Trutzbündnis zwischen der Abtei und Stadt Siegburg
Verhältnis der Abtei zum römischen Stuhle
Dienstmannenverhältnis
Siegburg Enklave von Berg, Löwenburg und Blankenberg
Berg zum Herzogtum erhoben
Verhältnis zwischen Deutz und Siegburg
Propstei Aulgasse
IX. Das aufstrebende Bürgertum
Pelegrin von Drachenfels
Überrumpelung Siegburgs durch Adolf von Berg und Brand der Stadt
Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Adolf und Pelegrin
Der güldene Opferpfennig der Juden
Frühmessenstiftung
Agger- und Siegbrücke
Verwendung der Accise
Das Mühlenthor
Verkauf der Burg an das Erzstift Köln und Rückgängigkeit des Verkaufs
Die ersten Zunftbriefe
Das Schöffenessen
Ausübung des Münzrechtes der Abtei
Vorladungen vor die Feme
Das Recht des Antastes in der Vogtei und Stadt Siegburg
Der Galgenberg
Der Seidenberger Hof und das Hofgericht
Windecker Vertrag
Wolsdorf und Troisdorf
Zollstätte zu Bergheim
Formalitäten bei der Huldigungsfeier neuer Äbte
Vikar Hulweck
Das Reichskammergericht
Türkensteuer
Preisverhältnisse
X. Siegburgs Blütezeit.
Reichsunmittelbarkeit der Abtei
Restauration der Pfarrkirche
Bevölkerungsziffer der Stadt
Namen der Häuser an den Hauptstraßen
Der Tierbungert
Reformatorische Bestrebungen im Erzstift Köln etc.
Das Zunftwesen in Siegburg
Städtische Verwaltung
Neubürger
Heiden
Einwohnerzahl, Gewerbe, Accise
Das Rathaus
Protestanten in Siegburg
Sittliche Zustände in der Stadt
Gebhard Truchses von Waldburg
Kampf auf dem Brückberg
Anschlag gegen den Abt
Die Rottmannschaften
Inventare
Preisverhältnisse
Mahlzeiten
Hans Sachs „Schöne Tischzucht“
Armenpflege
XI. Ringen und Kämpfen
Lehnwesen der Abtei
Schulwesen in der Stadt
Die Trivialschule
Sittliche Zustände
Eine Hinrichtung nach Karls peinlicher Halsgerichtsordnung
Acciseneinnahmen
Der Vogtseid
Klever Vertrag vom . Okt.
Früheres Verhältnis der kontrahierenden Teile
Güter-Erwerbungen und -Veräußerungen der Abtei
Tod Herzogs Johann Wilhelm und seine Folgen für Siegburg
Belagerung von Siegburg
Spanische Besatzung in der Stadt
Das Sendgericht
Das Schätzchen von Siegburg
XIV. Das freiadlige Stift und die Unterherrlichkeit Siegburg
Heinrich Worm
Besetzung Siegburgs durch die Franzosen
Billetierung der Juden
Eine erbauliche Scene in der Kirche
Hungersnot
Ein Kirchendiebstahl
Das Minoritenkloster
Erbhuldigung des Herzogs
Zunftverhältnisse
Revision der Abtei
Ein Geleitsbrief
Die Accise
Französische Einquartierung
Größe abteilicher Höfe der Umgegend
Kriegswirren
Konsumtionssteuer
Die Vogtei Siegburg
Beschränkung der Abtei in Gütererwerbungen
Zurückbringung der geflüchteten Reliquienschreine
Die erste Apotheke in der Stadt
Sporteln der Ärzte
XV. Die Franzosen in Siegburg und die drei letzten Äbte
Der 7-jährige Krieg
Siegburger Geiseln in Stade
Der Geiselprozeß
Die Muttergotteskapelle
Huldigung des Abtes
Abschaffung von kirchlichen Feiertagen
Die neue Poststraße
Brand der Abtei
Die Pfarrkirche
Das Läuten mit den Glocken und die Donnerwettersgärten
Revolution in Frankreich
Die Maas-Sambrearmee
Kämpfe um Siegburg herum
Einquartierungen
Säkularisation der Abtei
XVIII. Blätter und Blüten aus der Neuzeit
Gemeindeordnung
Schulverhältnisse
Verlegung des Landratsamt in die Stadt
Deutz-Gießener Eisenbahn und Postverkehr
Geschäftsleben in der Stadt
Die Gasanstalt
Restauration der Kirche
Die letzten Stadtthore
Die rechtsrheinische Eisenbahn
Die Königliche Geschoßfabrik
Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhaus
Das Vereinsleben überhaupt
Das Kriegerdenkmal
Das Königl. Lehrerseminar und das Gymnasium
Das neue Krankenhospital
Die Herz-Jesukapelle
Das städtische Schlachthaus und die Wasserleitung
Freiwillige Feuerwehr
Katholische und Evangelische Kirche
Verlegung der Irrenheilanstalt
Strafanstalten
Das Königliche Feuerwerkslaboratorium
Die neuen Stadtteile
Der Friedhof
Schulwesen
Bevölkerung von Siegburg
Geschäftsverkehr
Post- und Eisenbahnstatistiken
Verkehrswege
Städtischer Haushaltungsetat
Anhang
Liste der Äbte
Abteiliche Güter
Liste der Vögte
Wort- und Sachregister mit Erklärung und Übersetzung der im Texte vorkommenden fremdsprachlichen Stellen und Ausdrücke sowie anderen Erläuterungen.