Bebauungsplan für ein grösseres Gelände bei Elberfeld

Abbildg. 1. Uebersichtsplan der Stadt Elberfeld und Umgebung

Von Stadtbauinspektor Voss, Elberfeld.
Südlich von dem Weichbilde der Stadt Elberfeld erhebt sich zwischen der Kronenberger Strasse, dem Ostersiepener Thal und der Jägerhofstrasse ein Gelände, welches auf Verlangen eines Theiles der Grundeigenthümer für die Bebauung aufgeschlossen werden soll.

Die Höhenlage dieses Geländes bewegt sich zwischen den Ordinaten 185 und 336 m über N. N. Die Fläche weist also Höhenunterschiede von 150 m auf. Das Gebiet, welches eine Grösse von über 50 ha besitzt, zeigt eine wellige Oberfläche, die ihre größte Höhe an der Jägerhofstrasse erreicht und sowohl nach der Kronenberger Strasse, als auch nach dem Ostersiepener Thal hin stark abfällt. –

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Der von den Hauptbetheiligten der Grundeigenthümer zuerst zur Genehmigung eingereichte Entwurf hatte den Mangel, dass die Strassenzüge von geraden Linien gebildet wurden, welche der Gelände-Gestaltung keine Rechnung trugen. Ausserdem fehlte es auch an charakteristischen Strassenzügen, und es war kein Werth gelegt worden auf die sachgemässe Ausgestaltung der Längen-Nivellements.

Abbildg. 1. Uebersichtsplan der Stadt Elberfeld und Umgebung
Abbildg. 1. Uebersichtsplan der Stadt Elberfeld und Umgebung

Es ist nicht zu verkennen, dass die Aufstellung zweckmässiger Strassenpläne in dem Elberfelder stark durchschnittenen Gelände mit ausserordentlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Umsomehr wurde es daher für erforderlich gehalten, den Entwurf vollständig neu zu bearbeiten, wobei den vorerwähnten Gesichtspunkten in möglichst sorgfältiger Weise Rechnung getragen wurde. Zunächst sei erwähnt, dass die Jägerhofstrasse bereits ausgebaut ist und dass die Anlagen, die die Bezeichnung „Friedenshain“ führen, bereits vorhanden sind. Auch der Spielplatz der Ober-Realschule war schon vor der Aufstellung dieses Strassennetzes angelegt.

Das neu aufgestellte Strassennetz enthält nun eine Hauptstrasse, welche vom Punkte C des Lageplans (Abbildg. 2) bis zum Punkte A, dem Sandplatz, sich erstreckt. Die Strasse erhält Fluchtlinien im Abstande von 15 m und besondere, um 6,5 m hinter den Strassenfluchtlinien zurückliegende Baufluchtlinien zur Herstellung von Vorgärten, so dass zwischen den Gebäuden also eine Breite von 28 m vorhanden ist. Die Einschränkung der eigentlichen Strassenbreite auf 15 m empfiehlt sich aus Rücksicht auf die Geländegestaltung. Vom Punkte C aus erhält die Strasse zunächst ein Gefälle von 1:36, welches allmählich in ein solches von rd. 1:17 übergeführt wird. Die Strasse umfährt mit immer flacher werdendem Gefälle bis 1:150 die Mulde des Ostersiepener Thales und steigt darauf in demselben Verhältniss an der anderen Seite des Thales in die Höhe; sie durchbricht einen kleinen Rücken in einem Einschnitt und fällt dann 1:18 bis zum Sandplatz. Die Führung ist so gewählt, dass die Erdarbeiten möglichst gering sind.

Abbildg. 2. Das neu erschlossene Baugelände
Abbildg. 2. Das neu erschlossene Baugelände

Ausser dieser Hauptstrasse sind noch zwei Haupt-Verkehrsstrassen vorgesehen, und zwar die Strassen F-E und G-D. Beide Strassen erhalten eine Breite von je 13 m und beiderseitige 5 m breite Vorgärten. Für diese Strassen sind über die Jägerhofstrasse einerseits und die Kronenberger Strasse andererseits hinaus bereits Fortsetzungen vorgesehen, welche das in Rede stehende Strassennetz mit anderen zukünftigen Bebauungs-Schwerpunkten in Verbindung bringen.

Von diesen Strassen steigt die mit D-G bezeichnete zunächst schwach, dann allmählich steiler an; sie überschreitet dann den Höhenrücken in einem sanften Bogen und fällt schliesslich mit einem Gefälle von rd. 1:17 bis zur Kronenberger Strasse. Die Führung dieser Strasse ist so gewählt, dass leıztere im Grundriss einen Bogen bildet, durch welchen die Wölbungen im Höhenplan dem Auge möglichst verdeckt werden. Dieselbe Regel ist auch bei den übrigen Strassen nach Möglichkeit beachtet worden.

Die Strasse E F senkt sich ständig mit wechselndem Gefälle bis zur Kronenberger Strasse,

Besonders zu erwähnen ist noch die im Ostersiepener Thal vorgesehene Strasse, welche mit einer Steigung von 1:12, d.h. der steilsten in dem Strassennetz vorkommenden Steigung, die Kronenberger Strasse mit der zuerst erwähnten Hauptstrasse verbindet. Diese Strasse erhält eine Breite von 15 m und 3 m breite Vorgärten.

Die übrigen Strassen sind Auftheilungs-Strassen, bei denen aber auch nach Möglichkeit darauf Rücksicht genommen worden ist, dass sich durchgehende Verbindungen ergeben. Für sie sind Breiten von 12 und 10 m vorgesehen und beiderseitige Vorgärten von je 5 m.

Südlich vom mittleren Theile der Hauptstrasse soll eine dreieckige Schmuckanlage von 11 000 qm Flächeninhalt angelegt werden, für welche die Hauptbetheiligten in anerkennenswerther Weise bereits die erforderliche Fläche zur Verfügung gestellt haben. Die hier inbetracht kommende Fläche zeigt Höhenunterschiede bis zu 22 m.

Ungefähr im gleichen Abstande dieser Anlage von der bereits vorhandenen Anlage „Friedenshain“ ist auf der anderen Seite des Ostersiepener Thales in der Nähe des Sandplatzes eine weitere Anlage in Aussicht genommen worden.

Da, wo die Hauptstrasse die Ostersiepener Thalmulde umfährt, verbietet der grosse Unterschied in der Höhenlage zwischen dieser Strasse und der Jägerhof-Strasse die Herstellung von Verbindungs-Strassen. Damit aber doch Fussgängern Gelegenheit gegeben wird, ohne zu grosse Umwege von der einen Strasse zur anderen kommen zu können, so sind Geländestreifen der Bebauung, vorenthalten worden, welche geschlängelte Fusswege mit eingelegten Stufen erhalten sollen. Die neben diesen Wegen liegenden freien Flächen können bepflanzt werden. Zur freundlichen Ausbildung der Strassenzüge soll ferner noch durch Herstellung von Baumreihen an geeigneten Strassen beigetragen werden.

Ueber die Art der Bebauung sind besondere Vorschriften bisher noch nicht erlassen worden. Es ist unter den Betheiligten Neigung vorhanden, durchweg die landhausmässige Bebauung zur Ausführung zu bringen, und zwar wird beabsichtigt, Einfamilienhäuser in einer solchen Ausstattung herzustellen, dass es auch dem Minderbegüterten ermöglicht ist, ein solches Einzelhaus zu einem mässigen Preise zu miethen, oder auch zu einem nicht zu hohen Kaufpreise zu erwerben.

Im Hinblick auf die Schwierigkeit, welche das Entwerfen eines zweckentsprechenden Strassennetzes in dem Elberfelder Gelände verursacht, ist auch der bewährte Rath des Geh. Brths. Stübben in Köln eingeholt worden, welcher dem vom Elberfelder Stadtbauamte ausgearbeiteten Plane zustimmte und einige Anregungen gab, die beider weiteren Bearbeitung Beachtung gefunden haben. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 15.01.1902 in der Deutsche Bauzeitung.