Das Bugspriekspiel in Belgien

Das Bugspriekspiel in Belgien. Nach einer Originalskizze von L. v. Elliot

Zu den beliebtesten der in Belgien so zahlreichen, meist derb-komischen Volksspiele gehört das sogenannte Bugsprietspiel (siehe unser Bild), das besonders zur Zeit der großen Kirmeß in Brüssel, im August, eine der Hauptbelustigungen bildet.

Das Volksspiel findet auf dem Kanale statt und lockt stets Tausende von Zuschauern herbei. Schon Stunden lang vorher halten dichte Menschenmassen die Quais, die nach dem Zollhause führende Brücke und die Kanalfahrzeuge besetzt, von wo aus man einen günstigen Blick auf das Schauspiel hat. Vor dem Zollhause ist gewöhnlich ein Pavillon und Zelte errichtet, worin der Hof, der dem Feste beizuwohnen pflegt, und der Gemeinderath mit den eingeladenen Gästen Platz nimmt.

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Böllerschüsse und das Anstimmen der Nationalhymne, der sogenannten Brabançonne. Seitens des Musikcorps der Pompiers verkünden endlich den Harrenden den Beginn des Festes. Jetzt erscheinen die Theilnehmer am Bugsprietspiele, lauter vorzügliche Schwimmer, denn sie haben im Verlaufe des Spieles wiederholt innige Bekanntschaft mit dem Wasser zu machen. Die Aufgabe besteht nämlich darin, aus einer flachen Schale, die an der äußersten Spitze eines mit Seife bestrichenen Bugspriets befestigt ist, einen Ball zu holen.

Das Bugspriekspiel in Belgien. Nach einer Originalskizze von L. v. Elliot
Das Bugspriekspiel in Belgien. Nach einer Originalskizze von L. v. Elliot

Das Unterfangen ist nicht leicht. Vorsichtig balancirend legt der erste der Theilnehmer, deren Reihenfolge durch das Loos bestimmt wird, einige Schritte auf der glatten Stange zurück; schon ist er bis zur Mitte vorgedrungen, da beginnt er zu wanken und plumpst, ungeachtet aller Anstrengungen, das verlorene Gleichgewicht zurückzugewinnen, unter dem brausenden Gelächter der Zuschauer in den Kanal. Seinen Nachfolgern geht es gewöhnlich nicht besser, bis es vielleicht dem fünften oder sechsten gelingt, auf der nun schon etwas abgetretenen und weniger schlüpfrigen Bahn bis zum Ziele vorzudringen und aus der Schale einen Ball – der den ersten Preis vorstellt – zu nehmen. Stolz hebt er ihn hoch, um ihn den Beifall rufenden Zuschauern zu zeigen, dann taucht auch er mit kühnem Sprunge hinab in die dunkle Fluth. In dieser Weise geht das Spiel fort, bis kein Ball mehr vorhanden ist.

Dieser Artikel erschien zuerst in Das Buch für Alle, Heft 5/1890.