Am 30. Mai d. J. wurde in feierlicher Weise der Schlusstein zu dem neuen Rheinhafen in Düsseldorf gelegt und damit dieses bedeutsame, von der Stadtgemeinde in jähriger Bauzeit mit einem Kostenaufwande von fast 10 Millionen M. aus eigener Kraft ausgeführte Werk als vollendet im ganzen Umfange dem Verkehr übergeben, nachdem einige Theile des Hafens bereits früher in Benutzung genommen waren.
Für die Stadt Düsseldorf war dies ein wichtiger Tag. Denn sie tritt nun wieder als ebenbürtig ein in den Wettkampf der rheinischen Hafenplätze in der Bewältigung des stetig wachsenden Rheinschiffahrts-Verkehrs, an dessen Aufblühen sie immer weniger Antheil genommen hatte, trotz ihrer günstigen Lage und des industriereichen Hinterlandes, da ihre Werftanlagen in keiner Weise mehr den Ansprüchen des modernen Verkehrs genügten. Nach langem Zögern, das bereits verhängnissvoll für die Weiterentwicklung des Düsseldorfer Hafens zu werden drohte, hat eine thatkräftige Stadtverwaltung den Bau des neuen Hafens auch ohne fremde Beihilfe durchgesetzt und die Stadt kann nun mit Befriedigung auf das vollendete Werk blicken, für welches sie nicht umsonst Opfer gebracht haben wird.
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Auch in technischer Beziehung verdient die Anlage nach verschiedenen Richtungen hin Aufmerksamkeit. Es sei daher unter Benutzung der von der Stadtgemeinde zum Eröffnungstage herausgegebenen, reichhaltigen Festschrift, die sich über die Geschichte und den Verkehr, über die Ausführung und den Betrieb des Hafens verbreitet, einiges über die Ausgestaltung der Gesammtanlage mitgetheilt.
Vorauszuschicken sind einige statistische Angaben über den Rheinschiffahrtsverkehr und den Antheil Düsseldorfs an demselben. Im Jahre 1855 betrug die gesammte Zu- und Abfuhr in den deutschen Rheinhäfen 1,1 Mill. t, 1860 noch 1,45, 1870 bereits 3,93, 1880 schon 5,67 und 1890 schliesslich 13,71 Mill. t. An diesem Verkehr nahm Düsseldorf 1860 mit 4 %, 1870 mit 4,3%, 1880 mit 1,2%, und 1890 nur noch mit 0,9 % theil, trotzdem sich die Stadt in diesem Zeitraum von 200 auf 900 ha erweiterte, von rd. 60 000 auf 176 000 Einwohner vermehrte und sich im übrigen in geschäftlicher und industrieller Beziehung entsprechend hob.
Der geringe Antheil an dem Anwachsen des Rheinschiffahrtsverkehrs ist also in den mangelhaften Hafen- und Löschanlagen zu suchen, die in Düsseldorf aus Mangel an Geld und energischem Vorgehen auf dem alten Standpunkt stehen blieben, während Köln, Duisburg und andere Städte alle Anstrengungen machten, um den Schiffahrtsverkehr durch sichere und tiefe Häfen, gute Lösch- und Ladeeinrichtungen, reichliche Schuppen und Lagerhausanlagen anzuziehen.
Erst im Jahre 1880 entschloss sich die Stadtverwaltung, der Anlage eines Hafens näher zu treten, und liess einen Entwurf vom Reg.-Bmstr. Plock ausarbeiten. Verhandlungen mit dem Staate wegen Antheilnahme an der Ausführung eines neuen Zollhafens führten nicht zum Ziele und es musste daher seitens der Stadt allein, um dem dringendsten Bedürfnisse abzuhelfen, zunächst der alte Zollhafen umgebaut werden. 1886 nahm die Stadtverordneten-Versammlung den generellen Plock’schen Plan an, nachdem sich auch Franzius günstig über denselben ausgesprochen hatte. Der Bauentwurf wurde sodann durch den damaligen Reg.-Bmstr., jetzt Stadtbrth. in Düsseldorf Frings, ausgearbeitet. Er schloss mit einem Kostenanschlag von 4,1 Mill. M. ab. Im Jahre 1889 bezw. 1890 erhielt der Entwurf, der inzwischen noch verschiedene Erweiterungen erfahren hatte, sodass der Kostenanschlag auf 6,5 Mill. M. gestiegen war, die staatliche Genehmigung. Die Gelder wurden durch eine Anleihe aufgebracht, Stadtbrth. Frings wurde die Oberleitung, Stadtbmstr. Walter (jetzt Stadtbrth. in Mühlhausen i. Thür.) die Bauausführung übertragen. Auch während der Ausführung erwiesen sich noch verschiedene Aendeungen und Erweiterungen als nothwendig, sodass die Ausführungskosten einschliesslich Grunderwerb, Verzinsung des Kapitals und Kosten der Anleihe auf 9 965 000 M. anstiegen. (Hingewiesen sei hier auch auf den 1890 aufgetauchten Plan, die ganze Rheinkrümmung bei Düsseldorf zu durchstechen. Vgl. Jhrg.1890, S.457 u. ff.)
Der neue Hafen liegt, wie der Uebersichtsplan Abb. 1 zeigt, am südlichen Ende der Stadt, oberhalb derselben, an dem konkaven Ufer einer scharfen Krümmung, sodass die Erhaltung der nöthigen Tiefe an der stromab liegenden Einfahrt gesichert ist und die offenen Hafenbecken gegen Versandung geschützt sind.
Der Hafen ist im Lageplan Abbildg. 2 dargestellt. Er besteht aus 2 getrennten Gruppen, dem unterhalb gelegenen Petroleumhafen und dem durch eine gemeinsame Einfahrt zugänglichen Becken des Zoll-, Handels-, Holz- und Sicherheitshafens. Die Becken sind so angeordnet, dass einerseits die Ein- und Ausfahrt der Schiffe sich in bequemer Weise vollziehen kann und sich anderseits günstige Gleisanschlüsse an den parallel zur Eisenbahnlinie Neuss-Düsseldorf liegenden, mit dem Bahnhof Bilk in Verbindung stehenden Hafenbahnhof ergaben. Der Hafen wird landseitig von der genannten Eisenbahnlinie bezw. städtischen Strassen, nach der Rheinseite zu von einem Hafenschutzdeich begrenzt, dessen 3 m breite Krone 1 m über dem höchsten bekannten Hochwasser von 1882, d. h. auf + 36,88 N.N. liegt.
Die Hafeneinfahrt hat in Höhe des gewöhnlichen Sommerwasserstandes + 28,75 N.N. gemessen eine Weite von 70 m, in der auf + 24,45 N.N. liegenden Sohle eine solche von 58 m. Dahinter liegt zunächst eine 182,50 zu 240 m breite Wasserfläche, in welcher die grössten Schiffe bequem wenden können. Von hier zweigt landeinwärts das Becken für den Zoll- und Handelshafen ab, das in seiner ganzen Länge von 850 m an der Stadtseite von einer Ufermauer begrenzt wird, über deren Ausführung später noch einige Einzelheiten mitgetheilt werden sollen. Die beiden Becken verengen sich an den Kopfenden bis auf 47,5 m. Zu dem Holz- und Sicherheitshafen führt eine gemeinsame Abzweigung von 75 m Weite. Beide Becken ziehen sich ebenfalls auf 48 m an den Enden zusammen.
Die Hafensohle ist auf + 24,45 N.N., d. h. so tief angeordnet, dass die grössten Schiffe beladen bei niedrigstem Wasserstande im Hafen liegen können und dass noch 0,5 m über die auf der Strecke Köln-Emmerich angestrebte Wassertiefe von 3 m bei N.W. vorhanden sind. Die Kaiflächen des Petroleum-, Zoll- und Handelshafens sind vollständig hochwasserfrei, die beiden Hafenzungen haben dagegen nur eine Höhe von + 34 am Rande. Sie steigen nach der in der Mitte gelegenen Fahrstrasse mit 1:100 an, liegen also nur etwa in Höhe des höchsten schiffbaren Hochwasserstandes, aber nicht absolut hochwasserfrei. Von dem gewöhnlichen Hochwasser werden sie übrigens nicht erreicht, und es sind nach den bisherigen Erfahrungen durchschnittlich nur alle 7 Jahre Ueberfluthungen zu erwarten. Man hat diese geringere Höhe gewählt, um die Güter unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht unnütz hoch heben zu müssen. Die hinter dem Schutzdeich liegende 20 m breite Kaifläche, welche mit Gleisen und eingepflasterter Fahrstrasse ausgestattet ist, soll im wesentlichen dem unmittelbaren Umschlagsverkehr von Holz und Sand dienen und ist daher nur auf + 33 N.N. gelegt, d. h. rd. 0,75 m über dem mittleren Hochwasserstand.
Die Kaiflichen der verschiedenen Hafenbecken sind mit Ladegleisen ausgestattet, die mittels Weichenstrassen aus dem nach Hamm zu gelegenen Hafenbahnhof abzweigen. Das Planum dieses Bahnhofs musste behufs Unterführung der Kuhstrasse auf + 38,78 angeschüttet werden. Die Verbindungsgleise zu den etwa 3 m tieferen Kaigleisen haben daher je nach der vorhandenen Entwicklungslänge eine Steigung von 1:160 bis 1:100 erhalten. Die aus dem Hafen kommenden Güterwagen müssen von der Hafenverwaltung der Staatsbahn zu geordneten enger gestellt übergeben werden. Der Hafenbahnhof ist daher ein vollständiger Verschubbahnhof mit Ablauf- und Ausziehgleis, den nöthigen Aufstellungsgleisen, zwei Zentralweichenstellwerken, Lokomotivschuppen für 4 Tenderlokomotiven für den Verschub- und Hafendienst usw. Im Ganzen enthält der Hafen mit dem Bahnhof 18 km Gleislänge, 93 Weichen und 1 Drehscheibe. Die Ladegleise sind dabei in Abständen von etwa 100 m mit Weichen 1:8 verbunden, während im Bahnhof ein Weichenwinkel von 1:9 angewendet ist. Die Halbmesser sinken bis auf 120 m herab.
Die Gesammtfliche des Hafens bedeckt 79,75 ha. Davon sind 61,232 dem Lande abgewonnen, während der Rest vom früheren Strombett abgeschnitten ist. Von dieser Gesammtfläche entfallen 22 ha auf die Hafenbecken, rd. 21 ha auf Lagerplätze, rd. 17 ha auf Gleisanlagen, der Rest auf Böschungen, Strassen, Gebäude usw.
Zur Herstellung der Kai- und Bahnhofsflächen sowie der Deiche mussten 1,94 Mill. cbm Boden geschüttet werden, von denen 1,63 Mill. in den Hafenbecken bezw. bei Abgrabung des linken Rheinufers gegenüber der Hafenmündung zur Verbreiterung des Flusslaufes und Abflachung der scharfen Krümmung ausgehoben wurden, während der Rest im freien Strome zu baggern war. .
Die Hafenanlage ist in günstiger Weise mit den städtischen Strassen, namentlich auch mit dem Industriebezirke Oberbilk in Verbindung gesetzt. Die Entwässerung erfolgt im allgemeinen oberirdisch. Nur die Kaianlage am Handels- und Zollhafen ist unterirdisch entwässert und an die städtische Kanalisation angeschlossen. Für die hinter dem Hafen liegenden tieferen Flächen sind besondere Kanäle unter den Kaiflächen hindurchgeführt bis zu den Hafenbecken behufs Abführung des nach Verlauf eines Hochwassers hinter den Dämmen stehen bleibenden Wassers. Das ganze Hafengebiet ist an die städtische Wasserleitung angeschlossen.
An Baulichkeiten sind im Hafengebiet von der Stadt ausgeführt ein Zollniederlagegebäude, eine Revisionshalle für Rheinschiffe und eine solche für Seeschiffe im Zollhafen, ein Verwaltungsgebäude für das Hafenamt, ein Eisenbahndienstgebäude und ein Maschinenhaus für die elektrische Kraft- und Beleuchtungsanlage. Das Zollgebäude hat bei 95 m Länge 20 m Breite, besitzt ein Keller-, ein Erd-, drei Ober- und ein Dachgeschoss und insgesammt 9202 qm Lagerfläche bezw. 15 070 Tonnen Belastungsfähigkeit. Die Konstruktion ist mit möglichster Rücksicht auf Feuersicherheit ausgebildet. Die äussere Erscheinung gibt der Hafenquerschnitt in Abbildg. 3 wieder. Es ist mit Aufzügen und mit Winden ausgestattet; an der Vorderseite am Kai laufen Winkel-Portalkrähne, die aus den Schiffen die Lasten bis in die obersten Ladeluken heben können.
Das Maschinenhaus mit Anbau für Kessel und Akkumulatoren-Batterie liegt am Kopfende des Handelshafens möglichst günstig inmitten des ganzen Hafengebietes. Es besitzt jetzt bereits Raum für 3 Maschinen und 3 Kessel, von denen je zwei aufgestellt sind. Ausserdem ist das Gebäude selbst auch erweiterungsfähig. Zur Speisung der Kessel, die als Zirkulations-Röhrenkessel ausgeführt sind, dient eine besondere Pumpemanlage. Die Dampfmaschinen sind liegende Verbundmaschinen, die mit 250-313 effektiven Pferdekräften arbeiten. Die mit den Maschinen gekuppelten Dynamos, welche den Strom für die gesammte Hafenbeleuchtung und den Betrieb der Krähne, Aufzüge und Winden liefern, leisten bei 250 Volt Spannung je 85-100 Kilowatt. Die Anlage arbeitet mit Gleichstrom und ist nach den Drehleitersystem ausgeführt. Die Akkumulatorenbatterie dient hauptsächlich zum Belastungsausgleich in den beiden Stromkreisen des Systems. Die Leitungen sind meist als blanke Leitungen auf Gittermasten geführt. Ueber die Hafenmündung hinweg spannt sich die Leitung in 30 m Höhe über dem höchsten schiffbaren Wasserstand. Es waren hierzu 2 Gittermasten von 37,5 m Höhe nöthig.
Von dem Maschinenhaus werden 8 elektrische Krahne von 1500-4000 kg Tragfähigkeit und in den 3 Abtheilungen der Zollniederlage je 1 Plattform-Aufzug von 1500 kg und ein Seilaufzug von 1000 kg mit Strom versorgt. Von den Krahnen sind zwei feststehende Drehkrahne von 2200 kg Tragfähigkeit. Sie stehen auf der Kaifläiche am Hafenschutzdeich. An dem stadtseitigen Kai laufen oberhalb des Lagerhauses 3 Portalkrähne zu 1500 kg und unterhalb des Zollrevisionsschuppens einer zu 4000 kg. Vor dem Niederlagsgebäude und dem Zollrevisionsschuppen sind 2 Winkelportalkrähne zu 1500 kg aufgestellt, die sich mit dem einen Schenkel auf die Kaimauer, mit dem anderen, wagrechten gegen das Gebäude stützen. Ein 25t-Krahn ist von einer Privatgesellschaft aufgestellt. Es wird auch Strom für Kraftzwecke an Private abgegeben, die innerhalb des Hafengebietes Lagerplätze gepachtet bezw. Betriebe eingerichtet haben. Hervorzuheben ist in dieser Hinsicht besonders der von der Düsseldorfer Lagerhaus-Gesellschaft auf dem Zungenkai zwischen Handels- und Holzhafen für 100 000 M. ausgeführte Getreidespeicher, dessen maschinelle Einrichtung an Elevatoren und Transportbändern usw. ebenfälls mittels Elektromotoren angetrieben wird.
Zur Beleuchtung des Hafens nebst seinem Bahnhof dienen im Freien 64 Bogenlampen von 9-20 Ampere und 10,15 bezw. 20 m Lichtpunkthöhe über der Kaifliche, für die Innenbeleuchtung der Gebäude 12 Bogenlampen und 847 Glühlampen.
Die Kosten der Hafenanlage vertheilen sich etwa wie folgt: Grunderwerb 1,571 Mill., Erdarbeiten 2,086, Ufermauer im Zoll- und Handelshafen 1,284, Befestigung der Uferböschungen 0,75, Gleisanlagen 0,502, Strassen, Pflaster 0,4, Gebäude 1,23, elektrische Kraft- und Lichtanlage ausschliessl. der Baulichkeiten 0,504, Wasserleitung, Kanäle, Entwässerung 0,123, nothwendige Abgrabung usw. am linken Rheinufer 0,187, Bauleitung 0,27, insgemein, Lokomotiven und sonstige Betriebsmittel 0,93, zusammen 9 Mill. M. Hierzu kommen an Zinsen des Baukapitals 0,601, an Kosten für die Anleihe 0,364, also alles in allem die bereits früher angeführte Summe von 9,965 000 M.
Von der Bauausführung des Hafens verdient noch die Herstellung. Der 850 m langen Ufermauer, welche das Handels- und Zoll-Becken landseitig abschliesst, besondere Erwähnung. Angeführt sei bei dieser Gelegenheit, dass die übrigen Kaistrecken nur Böschungen erhalten haben, von denen 3440 m je nach der Stärke des Angriffs durch Strom und Dampfschiffahrtsverkehr mehr oder weniger solide auf besonderen Steinfundamenten mit Pflaster aus Basaltsäulen versehen sind, während 1910 m im Holz- und Sicherheitshafen nur eine Begrünung und eine Fusssicherung durch Schüttung groben Kieses erhalten haben.
Die 850 m lange Ufermauer ist auf 565 m Länge im früheren Land, auf 285 m Länge im offenen Strom erbaut. Sie hat von Hafensohle bis Oberkante eine Höhe von 11,5 m. Auf der im früheren Land ausgeführten Strecke lag der gute Baugrund, grober Kies, nur wenig unter Hafensohle; es konnte daher das Profil Abbildg. 4 mit Betonfundament zwischen Spundwänden zur Anwendung kommen. Auf der im früheren Strome liegenden Strecke fand sich guter Baugrund dagegen erst in 3-4 m Tiefe unter Hafensohle, darüber Fliesssand und thoniger Schlick. Wesentlichen Einfluss auf diese Gestaltung der Bodenverhältnisse hatten alte Buhnen ausgeübt. Auf dieser Strecke wurde die Mauer nach dem Profil Abbildg. 5 ausgeführt, d. h. auf einer bis zum guten Baugrund in ausgebaggertem Schlitz eingebrachten Steinschüttung und einem bis über Niedrigwasser reichenden, zwischen Bohlwänden hergestellten Fundament aus Schüttbeton. Diese Gründungsart erwies sich billiger, als Brunnensenkung bezw. Pfahlrost. Abbildg. 6, 7, 8 und 9 verdeutlichen das bei Herstellung der Mauer angewendete Verfahren. Nach Ausbaggerung des Schlitzes für die Einbringung des Steinwurfs rammte man zunächst 3 Reihen Pfähle, von denen die beiden vorderen zum Stützen der Bohlwände dienten, während die hintere lediglich zur Herstellung eines Laufgerüstes bestimmt war. Hierauf wurden die oberen Zangen befestigt, die Schüttsteine in den gebaggerten Schlitz profilmässig eingebracht und: sodann die Bohltafeln eingesetzt, die sich oben gegen feste, unten gegen lose, an Rollen hängende Brusthölzer legten. Letztere bestanden aus U-Prof. 26, und waren mit Holz ausgefüttert. Die 1,5 m breiten, 12 cm starken Bohltafeln wurden durch Winkeleisen zusammengehalten. Nach Einbringung der untersten Betonlage hängte man zur Abdichtung getheerte Segelleinwand ein, die am oberen Ende angenagelt, am unteren Ende durch Steine beschwert wurde. Um sie namentlich an der vorderen, mit 7,5:1 geneigten Wand fest anziehen zu können, wurden von vornherein in den Bohltafeln etwa in Mitte der 2. Betonschicht 2 Gasröhren eingesetzt, durch die man vor Herablassen der Bohltafeln Drähte gezogen hatte. Das innere Ende dieser Drähte verband man mit dem unteren Ende der Leinwand, das äussere wurde sodann fest angezogen und verfestigt. Die Einbringung des Betons erfolgte lagenweise durch fahrbare Schüttrichter, die durch eine Kurbel um eine horizontale Axe so drehbar waren, dass man sie zur besseren Ausfüllung des vorderen Theiles der Baugrube hier entsprechend schräg stellen konnte.
Vor Einbringung der letzten Betonschicht wurden die Wände noch durch eingesetzte 5 cm starke Bohlen, deren unteres Ende mit einbetonirt wurde, verstärkt. In gleicher Weise stellte man in Abständen von 20 m Querwände her, die ebenfalls noch mit Segeltuch abgedichtet wurden. Nach 8-10 tägiger Abbindezeit wurde nun die Baugrube ausgesteift, ausgepumpt und ausgemauert. Zur Ausführung des Maueranschlusses der nächsten Baugrube verband man die Enden des fertigen Mauerkörpers mit den Seitenwänden der Baugruben vorne durch einen kleinen Lehm-, hinten durch einen Beton-Fangedamm und konnte nun die Querwand entfernen. Die Bohlwäinde selbst waren abwechselnd bei den Baugruben wieder zu verwenden. Die beiden vorderen Pfahlreihen wurden nach Fertigstellung in Höhe der Steinschüttung abgeschnitten, die hintere später ausgezogen.
Die von der Steinschüttung nicht gefüllten Theile des Baggerschlitzes füllte man bis zur Hafensohle wieder mit grobem Kies an. Der zur Verwendung gelangte Beton bestand aus 1 Theil Cement, 3 Theilen Sand und 6 Theilen grobem Rheinkies. Die Mauer machte während der Ausführung der oberen Aufmauerung eine Setzung bis zu 4 cm am freien Ende, die im Anschluss an den im Lande ausgeführten Theil allmählich verschwand. Während der Hinterfüllung machte sie eine kleine Vorwärtsbewegung und setzte sich nochmals in geringem Maasse. Die Hinterfüllung ist seit 1 ½ Jahren ausgeführt und es haben sich weitere Bewegungen nicht gezeigt.
Die Kosten der Ausführung im früheren Lande betrugen für 1 m 1378,31M., wovon 1277,40 M. auf Maurerarbeiten und Gründung entfielen, der Rest auf Erdarbeiten. Die oben beschriebene Mauer im früheren Strome stellte sich dagegen auf 1772,79 M. für 1 m, d.h. auf 1610,04 M. für Maurerarbeiten und Gründung, der Rest auf Erdarbeiten. Insgesammt beliefen sich die Kosten der 850 m langen Ufermauer auf 1 283 990,30 M.. Das Mauerwerk wurde in Bruchstein aus Ruhrkohlensandstein in Trassmörtel mit einer Verblendung aus Basaltsäulen hergestellt.
Die näheren Angaben und Zeichnungen über diese Mauer verdanken wir Hrn. Stadtbaumeister Walter.
Dieser Artikel erschien zuerst am 23.12.1896 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „Fr. E.“