Die Einweihung der neuen Hafenanlagen in Köln a. Rh.

Die am 1. Mai d. J. dem Betriebe übergebenen neuen Hafenanlagen in Köln, welche nach einer Inschrifttafel aus Bronze am Malakoffthurme am Eingang zu denselben „unter der Verwaltung des Oberbürgermeisters Wilhelm Becker und des ersten Beigeordneten Jakob Pelman durch den Geheimen Baurath Joseph Stübben, den Stadtbau-Inspektor Wilhelm Bauer und die Abtheilungs-Baumeister Edmund Grosse und Hugo Clef unter Mitwirkung des Hafen-Direktors Georg Christophe in den Jahren 1892-1898“ erbaut wurden, sind am 14. Mai unter der Anwesenheit der preussischen Minister der Finanzen, der öffentlichen Arbeiten, des Handels und des Innern, sowie im Beisein von Vertretern der grossen Rheinstädte der Provinz und des Auslandes usw. in feierlicher Weise eingeweiht worden.

Für das neue Köln bedeutet die Feier den Abschluss des zweiten Abschnittes seiner Entwicklung, welcher dem ersten Abschnitt der Stadterweiterung und der Eingemeindung der Vororte folgte. Die zunehmende Bedeutung der Colonia Agippina als rheinische Handelsstadt und als Vermittlerin des Weltverkehrs für den deutschen Westen spiegelt sich in dem bedeutenden Werke wieder. Wie der Präsident der Kölner Handelskammer, Geh. Kom.-Rth. Michels beim Festmahl im Gürzenich ausführte, hat sich der Gesammtverkehr der Rheinhäfen des deutschen Stromgebiets von 4,5 Mill. t im Jahre 1870 auf 30 Mill. t im Jahre 1897 gehoben und mit dieser Zunahme hat die Vergrösserung der Rheinschiffsflotte gleichen Schritt gehalten. Nicht aber auch die entsprechenden Hafenanlagen in Köln; diesem schritten andere rheinische Hafenstädte erfolgreich voran. Der fühlbare Wettbewerb von Düsseldorf, Mainz und Mannheim liess daher Köln darauf bedacht sein, seine unzulänglichen Hafenanlagen dem modernen Handels- und Verkehrsbedürfniss in weitgehender Weise anzupassen wenn aber am 14. Mai die Vollendung eines grossen Werkes gefeiert wurde, so ist das gleichwohl nur ein erster Anfang. „Die Ueberzeugung hat sich allmählich immer mehr Bahn gebrochen, dass das bis jetzt Geschaffene hoffentlich nur ein erster grosser Anfang ist und dass trotz des inzwischen auf dem rechten Rheinufer, unterhalb unserer Stadt, vom Staate angelegten grossen Sicherheitshafens die Entwicklung unseres Handels und unserer Industrie je eher je lieber dahin führen werden, nicht blos auf dem rechten Rheinufer einen Industriehafen zu errichten, für den das nöthige Gelände bereits erworben ist, sondern auch das linksrheinische Ufer oberhalb und unterhalb noch in grösserem Umfange als bisher für Werftzwecke nutzbar zu machen“, so sprach sich Ob.-Brgrmstr. Becker in seiner Festrede in hoffnungsfreudiger Weise aus.

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„Ja, im Geiste sehe ich schon“, fügte er hinzu, „den beim niedrigsten Wasserstand auf fünf oder sechs Meter vertieften Rhein, bedeckt mit Schiffen aller Nationen, die Rheinseehäfen den eigentlichen Seehäfen inbezug auf die Eisenbahntarife gleichgestellt und an beiden Ufern des Rheines ein neues, prächtiges Köln, mit vollem Antheil an dem Weltverkehr, wie ihn einst das Köln der Hansa in so hohem Maasse besass.“ Von diesem bestechenden Zukunftsbilde, welches die mit grossem Beifall aufgenommene Rede des Oberbürgermeisters ausmalte, führte eine Rede des Geh. Brth. Jos. Stübben, „des genialen Schöpfers des Planes“, wie ihn der Oberbürgermeister in seiner Ansprache nannte, die festliche Versammlung auf die Gegenwart und Wirklichkeit zurück, indem er derselben ein übersichtliches Bild der im Laufe der 6 Jahre unternommenen umfangreichen Arbeiten darbot. Wir können uns hier erlassen, auf das Einzelne einzugehen, da wir demnächst unseren Lesern die grossartige Anlage in bildlicher Darstellung und mit einer ausführlichen Beschreibung vorzuführen in der Lage sein werden. Stübben schloss seine Rede mit den Worten: „Von der Höhe des Bayenthurmes schauen sechs Jahrhunderte kölnischer Geschichte herab auf das moderne Getriebe, und am Fusse des Thurmes haben wir das dem frommen Sinne unserer Altvorderen zu verdankende Standbild des heil. Nikolaus, des Patrones der Schiffer, wieder aufgestellt. Auf dem Sockel desselben stehen die Gebetsworte:

Gieb ihn Hüter der Menschen,
Zum Schutzgeist Denen,
Die sich dem Wasser anvertrauen!

Wir beten nicht mehr so kindlich fromm in derlei Angelegenheiten. Wir sind mehr Kinder dieser Welt und erkennen unsere Aufgabe im Kampfe mit der Natur und in der Nutzbarmachung ihrer Kräfte. Aber wir wissen doch. dass über uns allen waltet die göttliche Allmacht.

Und im Hinblick auf den Ehrfurcht gebietenden Bayenthurm schliesse ich deshalb mit dem Wunsche, dass es dem Himmel gefallen möge, auch unsere schwachen Werke durch Jahrhunderte unseren Nachkommen zu erhalten, zum Nutzen von Schiffahrt, Handel und Gewerbe, zum Heile unserer Stadt! Alaaf Köln!“ – Alaaf Köln! so rufen auch wir und die Schläge des goldenen Hammers nach Benevenuto Cellini’s Entwurf, welche dem Werke den letzten Niet einfügten, mögen für die rheinische Handelsmetropole das Glück geweckt haben im Sinne der drei Wünsche, mit welchen der Handelsminister Brefeld seine drei Hammerschläge begleitete: „Der Stadt Köln blühender Wohlstand und hochstrebender Sinn, wie in vergangener, so in künftiger Zeit! Dem Rhein und seinem Hafen eine stattliche Flotte stolzer und grosser Schiffe, die den Verkehr tragen von den Alpen bis zum Meere und in ferne Länder! Dem ganzen deutschen Lande wachsende Macht und Ehre in friedlichem Wettkampfe der Nationen!“

Mit den herzlichsten Glückwünschen an den Erbauer der gewaltigen Anlage aber, Hrn. Geh. Brth. J. Stübben und an seine treuen Mitarbeiter, vereinigen wir die lebhafte Hoffnung, dass es ihnen beschieden sein möge, das glänzende Zukunftsbild, welches der Oberbürgermeister der festversammlung ausmalte, in Wirklichkeit zu übersetzen. Dazu mögen „opfermüthiges Wollen, tiefgegründetes Wissen und nie versagendes Können“ auch in der Zukunft zusammen wirken. Alaaf Köln!

Dieser Artikel erschien zuerst am 21.05.1898 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-“.

Die neuen Hafen- und Werftanlagen zu Köln.

Am 1. d. Mts. hat die Eröffnung und am 14. d. Mts. die feierliche Einweihung der neuen Kölner Hafenanlagen stattgefunden. An der Hand unserer Abbildungen, welche der von der Stadt Köln herausgegebenen Festschrift entnommen sind, geben wir eine kurze Beschreibung des umfangreichen Werkes, dessen Hauptbestandtheile gegenwärtig nach sechsjähriger Bauzeit vollendet sind.

Abbildg. 1 – Lageplan

Der Raum für die linksrheinischen Anlagen ist im wesentlichen dem Rheinstrom abgewonnen worden, indem auf der Strecke von der Rheinauspitze bis zum Oberländer Thor, dem Anschlusspunkte der neuen Stadtumwallung an den Rhein, im Abstande von 45-105 m vom Ufer eine 2 km lange, annähernd senkrechte Werftmauer im Rheine erbaut wurde. Sie wurde bis zum Lande hinterschüttet (Abbildg. 1), gleichzeitig aber durch Vertiefung, der Flussohle und Abbaggerung des rechten Ufers der Mittelwasser- und Hochwasser-Querschnitt wieder hergestellt. Man hat dadurch Platz gewonnen zur Anlage der 75 m breiten, beiderseits von senkrechten Ufermauern eingefassten Rheinau-Halbinsel (Abbildg. 2) und zur wesentlichen Vergrösserung des nunmehr ebenfalls von senkrechten Werften rings umgebenen Rheinauhafens. Von hier rheinabwärts ist die Uferlinie ebenfalls um 5-25 m vorgeschoben, bis zur Machabäerstrasse sind die Werftmauern erneuert und weiterhin ein neues liegendes Werft (Abbild. 3) hergestellt worden. Auch stromaufwärts wurde an die 2 km lange Strommauer bis zur Gemeindegrenze ein neues abgeböschtes Werft, 2 m über Mittelwasser liegend, angeschlossen. Noch sind die Uferbauten nicht ganz vollendet. Sie stellen eine Länge von 9,3 km dar, davon sind 4,3 km senkrechte Werftmauern.

Abbildg. 2 – Querschnitt der Rheinau-Halbinsel

Zu diesem wasserbaulichen Theile der Aufgabe gesellte sich der Plan einer grossen Verkehrstrasse, einer Rheinuferstrasse von etwa 8,4 km Länge entlang dem ganzen Stadtgebiete. Ermöglicht wurde diese für Köln nothwendige und überaus werthvolle Strassenanlage durch die Verlegung des Zollhafens, der bis heute das Stadtufer in zwei getrennte Theile zerriss, auf die Rheinauhalbinsel und durch die Verlegung des Eisenbahn-Anschlusses vom Norden nach dem Süden der Stadt

Abbildg. 3 – Liegendes Werft am Kaiser-Friedrich-Ufer

Die Eisenbahn-Anlagen bilden den dritten Theil des Werkes. Die neue Hafen-Anschlussbahn mündet in einen fünfgleisigen Uebergabe-Bahnhof, welcher den landseitigen Streifen des dem Strom zwischen dem Bayenthurm und dem Oberländer Thor abgenommenen Geländes einnimmt (vergl. Abbildg. 1). Ein Rangir-Bahnhof und ein Ausziehgleis schliessen sich stromaufwärts an bis zum Vorort Bayenthal. Vom Uebergabe-Bahnhof sind in bequemster Weise Fahr- und Ladegleise gestreckt auf die gesammten senkrechten Werfte, auf dem Stromwerft der Rheinauhalbinsel dreigleisig, sonst zweigleisig und, auf einzelnen schmalen Strecken der Stadtwerfte, eingleisig.

Auch die liegenden Werfte stromauf und stromab können im Bedarfsfalle mit Gleisen belegt werden. Die Eisenbahn-Verwaltung bringt die für den Hafen bestimmten Wagen bis zum Uebergabe-Bahnhof; zwischen diesen und den Werften wird der Betrieb von der städtischen Hafen-Verwaltung geführt; am Uebergabe-Bahnhofe holt die Eisenbahn-Verwaltung die Transporte wieder ab.

Abbildg. 5 – Grundrisse der Zollhalle II.
Abbildg. 7 – Hafenamt
Abbildg. 9 – Das Hauptsteueramt

Der vierte Abschnitt der Aufgabe war ein architektonischer. Wir wählen diesen Ausdruck, weil es sich beim Kölner Hafen nicht blos handelte um gewöhnliche Speicher- und Schuppenbauten, weil vielmehr das Antlitz der Stadt umgestaltet werden sollte, weil ein weitgehender Eingriff sich vollzog in die Rheinansicht der Stadt, in das seit dem Mittelalter berühmteste und auch in der Gegenwart bedeutendste Stadtpanorama Deutschlands. Die Vertretung der Stadt bewilligte aus eigenem Antriebe erhöhte Mittel, um dieser Seite der Aufgabe gerecht zu werden. Die beiden Verwaltungs-Gebäude, nämlich das städtische Hafenamt am oberen und das fiskalische Hauptsteueramt am unteren Hafenende, ferner die drei mit den Revisionshallen verbundenen Lagerhäuser des Zollhafens wurden monumental gestaltet, nicht im Sinne eines weitgehenden Formenreichthums, sondern aus echten Baustoffen in einfacher, den Kunstformen aus Köln’s alter Blüthezeit angepasster Ausbildung. Das Hafenamt (Abb. 7) erinnert an die romanische, die Lagerhanser (Abbildg. 4 und 6) erinnern an die gothische Zeit, das Hauptsteueramt (Abb. 9) mit Nebengebäude an die frühe Renaissance. Da Hafenamt enthält die Diensträume der Hafen-, Eisenbahn und Postverwaltung und mehre Dienstwohnungen. Von den drei Lagerhäusern des Zollhafens hat das eine bei 120 m Länge ausser der Zollrevisionshalle des Erdgeschosses vier Oberböden und einen geheizten Keller, letzteren für ausländische Weine; die beiden anderen besitzen ausser der Zollhalle nur einen Oberboden und einen geheizten Keller. Angeschlossen sind an die Giebel der Lagerhäuser je zwei etwa 30 m lange, erhöhte, aber unbedeckte Ladebühnen, unter welchen abgesonderte Oel- und Spritkeller hergestellt sind (Abbildg. 5).

Abbildg. 4 – Zollhalle I
Abbildg. 6 – Zollhalle II

Geringere Ansprüche sind an die Gestaltung der minder bedeutenden Nutzbauten, nämlich der Speditionsschuppen und Werfthallen, des Lokomotivschuppens, der Stellwerkhäuschen und des Krafthauses gestellt worden. Es sind dies einfache Ziegelbauten, theils massiv, zum kleineren Theil in Holzfachwerk, zum grössten Theil in Eisenfachwerk. Aber auf ein gefälliges Aeussere und auf das Fernhalten des Unschönen wurde doch Werth gelegt. So glaubte die Stadt, es den Schiffahrttreibenden nicht freistellen zu dürfen, ihre Schuppen selbst nach eigenem Geschmack oder Ungeschmack zu errichten, sondern es sind alle Baulichkeiten für städtische Rechnung hergestellt und die Schuppen gegen entsprechende Pacht den Privaten überwiesen. Dadurch macht die neue Hafenanlage einen ungewöhnlich einheitlichen u. zugleich grossartigen, auch architektonisch befriedigenden Eindruck.

Das Stromwerft der Rheinau-Halbinsel, Hansa-Werft genannt, ist nebst den Gebäuden im wesentlichen für den Auslandverkehr bestimmt, nämlich für den fiskalischen Zollhof, für den umgitterten, sieben Schiffslängen umfassenden Zollhafen und für die Rhein-Seeboote. Die Kölner Rhein Seegesellschaft und der Bremer Neptun haben ihre Werfte und Schuppen oberhalb des Zollhafens erhalten und werden in steuerlicher Beziehung von diesem aus bedient.

Abbildg. 10 – Rhein-Seeschuppen

Oberhalb der Rhein-Seeschuppen (vergl. Abb. 10) folgen allgemeine Lagerplätze für den freien Verkehr und dann die ebenfalls für freien Verkehr bestimmte öffentliche Werfthalle. Die weiteren Strecken des Agrippina-Werfts sehen noch ihrer endgiltigen Bestimmung entgegen; den Schluss stromaufwärts bildet das im Bau begriffene Lagerhaus der Kölner Waaren-Credit-Anstalt und ein 30 Tonnen-Krahn für ungewöhnlich schwere Lasten. Da beckenseitige Werft der Rheinau-Halbinsel, Rheinau-Werft genannt, ist nebst seinen acht Speditionsschuppen für den Rheinverkehr bestimmt und an Kölner Firmen im ganzen Umfange verpachtet. Die Rhein-Seeschuppen haben eine lichte Breite von rd. 20 m bei 40-80 m Länge, sind in Eisenfachwerk mit eisernen Dachbindern hergestellt und zur Hälfte der Breite unterkellert. Die Schuppen für den Rheinverkehr haben nur 9 m Breite, 30-100 m Länge, Unterkellerung und ebenfalls Eisenfachwerk-Konstrution. Die Mitte der Rheinau-Halbinsel nimmt die Fahrstrasse ein, so dass Schifffahrt, Eisenbahn, Lagerhäuser, Schuppen und Stadt-Fuhrwerk hier den innigsten Zusammenschluss finden. –

Auch die Stadt-Werfte haben meistentheils die erforderlichen Breiten, um neben dem öffentlichen Strassenverkehr Schuppen, Fahr- und Lade-Gleis und Hebewerke unterzubringen.

Die Hebewerke und die maschinellen Einrichtungen überhaupt bilden den fünften Theil der Anlage. Es versteht sich von selbst, dass in modernen Hafen-Anstalten der Handbetrieb nach Möglichkeit durch mechanische Werke zu ersetzen ist. Wie auf allen Kraftgebieten, so hat auch im Hafenbetrieb der elektrische Strom seinen siegreichen Einzug gehalten. Nachdem schon bei der Bauausführung die Elektrizität in vielfacher Weise benutzt worden war, lag der Wunsch nahe, auch die bleibenden Einrichtungen des Hafens elektrisch zu betreiben.

Allein zahlreiche und eingehende Vergleichungen von Anlage- und Betriebs-Kosten haben doch dahin geführt, dass schliesslich beschlossen wurde, zwar den Strom des städtischen Elektrizitätswerkes als Kraftquelle zu benutzen, die Krähne, Aufzüge und Spille jedoch mittels der hydraulischen Flasche zu bewegen. Elektromotoren, welche von dem jederzeit zur Verfügung stehenden, auf mittlere Spannung transformirten städtischen einphasigen Wechselstrom bethätigt werden, treiben in der Halle des geräumigen „Krafthauses“ die Presspumpen. Diese arbeiten in den kreisförmig geschlossenen, die gesammte Rheinau-Halbinsel und das Agrippina-Werft bestreichenden Druckrohrstrang, dessen künstlich belastete Wassersäule den Druck auf 50 Atm. hält. Von dem Druckrohrstrang beziehen die hydraulischen Flaschen der 31 Krähne auf den Werften, 12 Aufzüge in den Lagerhäusern und 3 Spille an der Hafen-Einfahrt, die ersteren mittels Gelenkrohre, ihr Wasser, und die Gewichts-Akkumulatoren regeln je nach dem Wasserverbrauch beim Fallen oder Steigen den Gang der Pumpen im Krafthause selbstthätig. Die Tragfähigkeit der Krahne wechselt von 1500 kg bis 5000 kg; die meisten heben 1800 kg. Die Flaschen sind dreifach abgestuft, damit der Wasserverbrauch dem Kraftbedarf besser sich anpasse. Von den Krähnen sind 6 Fairbairnkrähne zur Bedienung der Oelkeller und 25 Portalkrähne über drei Gleise am Hansa-Werft und über zwei Gleise am Rheinau-Werft.

Zur Hebung und Bewegung der Drehbrücke, welche über den verlegten 21 m breiten Hafenmund neu erbaut wurde, dient im Kleinen die gleiche Kraftübertragungsart. Elektromotoren, Presspumpe, Standrohr und Belastungsgewicht sind in der ehemaligen Durchfahrt des Malakoff-Thurmes untergebracht. Die Ein- und Ausfahrt der Brücke vollzieht sich durch blosse Hebelstellung spielend in 1 Minute. In dem aus den 40er Jahren dieses Jahrhunderts stammenden Malakoff ist auch die Wohnung des Brückenwärters eingerichtet worden.

Der erwähnte elektrisch-hydraulische Kraftbetrieb des Kölner Rheinauhafens aber soll keineswegs zu dem Schlusse führen, dass allgemein dieser Betrieb dem rein elektrischen überlegen sei. Denn erstens hat seit der Feststellung der Kölner Betriebsart die Konstruktion elektrischer Krähne sehr grosse Fortschritte gemacht, und zweitens finden sich selten so ungewöhnlich günstige Verhältnisse für eine hydraulische Druckleitung wie hier vor. Der in einem in den Werftmauern ausgesparten Kanale verlegte Druckrohrstrang bildet nämlich einen in sich geschlossenen und durch zwei Querstränge verbundenen Kreis, in dessen Mitte die Presspumpen stehen. Zu Gunsten des elektrischen Antriebes sprachen drei wesentliche Umstände, nämlich: die stete Bereitschaft von Kraftstrom aus dem städtischen Elektrizitätswerk, der grosse Vorrath an unbenutzter Energie während des Tages, da der starke Verbrauch in der Stadt erst Abends stattfindet, und die Ersparniss eines besonderen Kesselhauses nebst allem Zubehör auf dem kostspieligen und räumlich beschränkten Hafengelände. Einen besonderen Reiz gewinnt der Kölner Werft- und Hafenbau durch die Verbindung mit werthvollen Resten der mittelalterlichen Stadtumwallung. Den nördlichen Anschluss der letzteren an den Rhein bildete das sogen. Kunibertsthürmchen, auch schlechthin „Thürmchen“ oder „Weckschnapp“ genannt. Dasselbe ist als ein kleines Schmuckstück der neuen Rheinuferstrasse noch in der Wiederherstellung begriffen. Den südlichen Rheinanschluss der Umwallung aber bezeichnet der altehrwürdige trutzige Bayenthurm, der in der Geschichte der Stadt eine ebenso bedeutsame Rolle spielt, wie im Rheinpanorama derselben. Dieser Thurm (vgl. Abb. 1 u. 11) ist nebst dem anstossenden Theil der Stadtmauer, welcher seit dem Mittelalter, mittels Freitreppe erreichbar, den Thurmzugang gebildet hat, nicht blos erhalten und wiederhergestellt, sondern organisch mit den modernen Verkehrsanlagen vereinigt worden. Ein wieder eröffneter Bogen der Stadtmauer gewährt den Lokomotiven Einlass auf das altstädtische Ufergelände, um dort die Eisenbahnwagen auf den verschiedenen Werften zu vertheilen. Es ist ein seltsames Glückspiel, dass die mittelalterlichen Baumeister der Kölner Stadtbefestigung schon zu Ende des zwölften Jahrhunderts die Maasse des Normalprofiles des lichten Raumes der heutigen Vollbahnen vorgeahnt haben, denn der alte Thorbogen umschreibt genau das Normalprofil. So ist der Bayenthurm dem Hafenverkehr nicht hinderlich; er bildet in den Gleisen und Schuppen und Hallen einen überaus angenehmen Ruhepunkt und ist auf der wiederhergestellten Freitreppe von der neuen Rheinuferstrasse über das Bahngleise hinweg zugänglich; er enthält eine Wohnung für einen Amtsdiener und mehre grosse, hohe Säle, denen eine endgiltige Bestimmung noch nicht zugewiesen ist. In Vorschlag gebracht ist die Benutzung als Bauarchiv, d. h. als geordneter, auch dem Bürger geöffneter Aufbewahrungsort für alle technisch oder künstlerisch werthvollen Zeichnungen und Modelle der städtischen Bauämter.

Abbildg. 11 – Bayenthurm

Unter den Bauleitern des Kölner Hafen: ragt neben dem Oberleiter und Träger de Ganzen, Geh. Brth. J. Stübben, in erster Linie hervor der Stadtbauinsp. Wilhelm Bauer, der die Bauleitung mit Verständniss und Sicherheit ausgeübt und dauernde Verdienste um Kölns Wasserverkehr sich erworben hat; sodann die beiden Abtheilungs-Baumeister Edmund Grosse, jetzt Stadtbaumeister in Stettin und Hugo Clef. Ersterem waren die maschinellen Anlagen, letzterem die Hochbauten unterstellt. Von der grossen Zahl von Ingenieuren und Architekten müssen, obwohl die Auswahl schwer ist, wenigstens die Hrn. Krecke und Adam Meyer vom Wasserbau, Frahm und Tellmann vom Maschinenbau, sowie die Arch. Eberlein als Künstler des Haupt-Steueramts, Herbst und Sesterhenn als Mitwirkende bei den anderen Hochbauten genannt werden. Den zuletzt Genannten war unter der unmittelbaren Führung Stübben’s auch der Ausbau des Bayenthurms und der Weckschnapp übertragen. Von den Unternehmern und industriellen Werken, die durch Lieferungen und Arbeiten betheiligt waren, nennen wir schliesslich die Firmen Ph. Holzmann & Cie in Frankfurt a. M., Rud. Dinglinger in Köthen, Karl Hoppe in Berlin, E. H. Geist in Kahn, Haniel & Lueg in Düsseldorf, Harkort in Duisburg, die Gutehoffnungshütte in Oberhausen, P. Streifler, Geb. Meyer, F. Deppenheuer, von Kappen &.Cie, H. Geuer & Co. in Köln u. a.

Die Kölner Bürgerschaft ist stolz auf die einen so stattlichen Eindruck machenden und die Rheinansicht ihrer Stadt vortheilhaft beeinflussenden neuen Hafenbauten. Auch hat der Verkehr vom grössten Theile der Neuanlagen jetzt schon Besitz ergriffen; in überraschender Weise sind in weniger als Monatsfrist Lagerböden, Hallen und Werften mit Kaufmannsgütern besetzt, und die zahlreichen grossen Portalkrähne verrichten, geräuschlos hebend und sich drehend, ihre Arbeit.

So ist es kein Wunder, dass die städtische Vertretung bereits neue Summen für die Erweiterung der Anlagen bewilligt und die Errichtung eines umfangreichen rechbtsrheinischen Industriehafens in Aussicht genommen hat. Durch ihre Stadterweiterung und ihre Hafenbauten ist die rheinische Metropole in einen Zeitabschnitt ungewöhnlicher Entwicklung getreten. –

(Nach der v. der Stadt Köln b. d. Eröffnungsfeier herausgegeb. Festschrift.)

Dieser Artikel erschien zuerst am 28.05. & 04.06.1898 in der Deutsche Bauzeitung.