Tibet

Tibet, das gewaltige Hochplateau nördlich vom Himalaja, ist augenblicklich wieder einmal mehr in den Vordergrund des politischen Interesses gerückt.

Man kennt von dem Innern des Landes in Europa wenig; größer noch als die der übrigen Chinesen ist womöglich die Fremdenfeindlichkeit der Tibetaner, größer als die Abgeschlossenheit der übrigen chinesischen Machthaber die des Dalai-Lama. Allen trotz aller Schrecken und Gefahren, denen Fremde in Tibet ausgesetzt sind, werden immer wieder Versuche zur weiteren Erforschung des Landes gemacht. Indische Feldmesser, Pundits die von Süden her als Buddhisten leichter über die Grene kommen konnten, haben wohl schon früher Lagepläne von Tibet entworfen, aber wie es dort eigentlich aussieht, wie die Städte gelegen, die Paläste gebaut sind, das hat man erst in neuster Zeit erfahren. Erst die großen Fortschritte der photographischen Technik, die Handlichkeit der Apparate, hat es ermöglicht, auch in jenen Gegenden Aufnahmen zu machen. Der mongolisch Kalmuck Ushe Narzunof, ein Mann, der sich an einer russischen Schule und später auf Europareisen größere Bildung aneignete, hat es gewagt, reizvolle Ansichten auf die Platte zu bannen und so den Europäern zugänglich zu machen. Ihm danken wir auch die Bilder aus Lhasa, die wir im vorliegenden Heft veröffentlichen.

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Woche 48/1903.