Berliner Neubauten 71 – Das Haus des „Club von Berlin“.

Architekten: Kayser und von Groszheim in Berlin. Um die Wende des Jahres 1893 hat der „Club von Berlin“, eine vornehme Vereinigung von Standesgenossen zur Ausübung geselliger Zwecke, von seinem neuen Haus Besitz genommen, welches auf dem zu der Form eines Winkels vereinigten beiden Grundstücken Jägerstrasse 2 und 3 und Mauerstrasse 24 durch die Architekten und kgl. Bauräthe Kayser und v. Groszheim in Berlin in der Zeit vom Frühjahr 1892 bis September 1893 errichtet wurde.

Der Bauauftrag ging aus einem engeren Wettbewerb hervor, welcher welcher unter den Mitgliedern des Clubs, welche Architekten sind, ausgeschrieben war. Zur Beurtheilung der eingereichten Pläne und zur Vorbereitung des Baues wurde aus der Mitte des Clubs eine Baukommission gewählt, in welcher als Architekten die Hrn. Brth. Kyllmann und Hofbrth. Ihne sich befanden. In diese Baukommission, welcher auch die Behandlung aller weiteren Bauangelegenheiten anvertraut war, trat nach der Entscheidung über die Pläne Hr. Brth. Kayser als Mitglied bei. Die besondere Bauleitung lag in den bewährten Händen des Hrn. Architekten G. Fiek.

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Die Anordnungen des aus einem Keller-, drei Hauptgeschossen und einem Dachgeschoss bestehenden Gebäudes sind, abgesehen von den Bedürfnissen, die das Clubleben zur Bedingung macht, schon durch die besondere Form der Baustelle und die sich daran knüpfenden baupolizeilichen Vorschriften eigenartige geworden. Die Vorschrift der Freilassung eines entsprechenden Flächenraumes für Höfe hat es mit sich gebracht, dass, während das Gebäude an der Jägerstrasse in geschlossener Fassadenbildung auftritt und hier in einer im Stile einer repräsentativen Renaissance durchweg in weissem Sandstein errichteten Fassade den Haupteingang besitzt, der Gebäudetheil gegen die Mauerstrasse sich um einen viereckigen Hof legt und in dieser Anlage im Aufbau Veranlassung zu einer malerischen Gruppirung im Stile der noch mit gothischen Elementen versetzten deutschen Renaissance gegeben hat. Von der Mauerstrasse her führt ein zweiter Eingang zu dem Gebäude. Neben dem eben genannten, an der Strasse gelegenen, gegen diese durch eine Mauer abgeschlossenen Vorhof sorgen zwei weitere, nahezu quadratische Höfe für den nöthigen Bedarf an Licht und Luft. Um diese Höfe gruppiren sich im Erdgeschoss und den folgenden Stockwerken die Clubräume mit ihren Wirthschafts- und Nebenräumen. Das Kellergeschoss dagegen zieht sich unter der ganzen Fläche des Grundstücks hin und hat neben den Zugängen im Innern des Gebäudes einen besonderen Zugang in dem Vorhof gegen die Mauerstrasse erhalten. Das Kellergeschoss enthält einen grossen Raum für die Zentralheizung mit Kohlenraum, und, da der Club eine eigene Wirthschaft führt, grosse Kellereien für Wein und Vorräthe aller Art. Von besonderem, auch konstruktivem Interesse ist die Anlage einer Kegelbahn mit geräumiger Kegelstube, die sich im Keller durch die grösste Tiefe des Grundstücks hinzieht und ihren Zugaug unter der Haupttreppe bat.

Kellergeschoss
Erdgeschoss

Im Erdgeschoss schliessen sich rechts und links an den Haupteingang kleine Räume für kurzen Aufenthalt der Mitglieder, begleitet von Vorzimmern, sowie ein Zimmer für den Vorstand. Hinter der rechten Raumgruppe liegt die sehr geräumige Kleiderablage mit Ankleidezimmern; darauf folgen Räume für Telephon, Aufzug, den Hausmeister und den Maschinisten. Der zweite Eingang giebt Zutritt zu einer in sich abgeschlossenen Gruppe von Räumen, die aus einem geräumigen Speisezimmer mit Salon und Nebenzimmer, einer Kleiderablage, Anrichteraum und Kloset usw, besteht und getrennt von dem übrigen Theil des Hauses benutzt werden kann.

Das erste und zweite Obergeschoss enthalten in schlichter, ungekünstelter Raumfolge von bedeutender Wirkung die Spiel- und Festräume des Hauses mit ihren Nebenräumen. Die Wiedergabe des Grundrisses des ersten Obergeschosses enthebt uns der weiteren Beschreibung der Anlage dieser Räume und lässt die stattlichen Abmessungen derselben erkennen. Selten wohl ist es gelungen, unter Platzbedingungen, wie den hier gegebenen, eine Raumwirkung von solcher Grossartigkeit bei aller schlichten Würde der Ausstattung hervorzubringen. Die kleine Gruppe der Nebenräume ist in sehr geschickter Weise seitlich ausgeschieden.

1. Obergeschoss
Dachgeschoss

Ein besonderes Interesse hat für uns das Dachgeschoss, weil hier der gesammte wirthschaftliche Betrieb des Hauses vereinigt ist und neben den Räumen für denselben die Wohnräume für den Koch und das Dienstpersonal hier untergebracht werden konnten. Ein stattlicher Raum ist die Hauptküche mit ihren Nebenanlagen als Spülküche, Anrichteraum usw. Die Raum-Eintheilung dieses Geschosses erschien uns wichtig genug, sie im Grundriss dieser Schilderung anzufügen.

Haus des Club von Berlin – Längsschnitt

Was die Aussenseiten des Baues anbelangt, so sind, um die Hofansichten nach dem beigegebenen Querschnitt vorweg zu nehmen, diese in der schlichtesten Weise als Ziegelfugenbau mit sparsamer Verwendung von Sandstein ausgebildet. Die den Fenstern gegenüber liegenden Seiten der Höfe haben auf heller Putzfläche eine leichte, ansprechende Architektur aus grün gestrichenem Holzgitterwerk erhalten. Die im Stile der italienischen Hochrenaissance gehaltene Fassade an der Jägerstrasse, die wir in einer Skizze diesem Aufsatze beigeben, ist durchweg in hellgrauem, schlesischem Sandstein von der Firma Gebr. Zeidler ausgeführt. An den Fassaden an der Mauerstrasse sind die Architekturtheile durch Hof-Steinmetzmeister Karl Schilling in rothem Mainsandstein erstellt, während die Flächen mit weissglasirten Verblendsteinen aus den Siegersdorfer Werken verblendet sind. In formaler Hinsicht sei besonders auf die glückliche Verwendung des Motives des Dagobert-Tempelchens vom Schlosse zu Baden-Baden über dem Erker an der Mauerstrasse hingewiesen. Sämmtliche Modelle des ornamentalen Theils der Fassaden sind von Bildhauer Prof. Otto Lessing gefertigt. Die gesammte Rohbau-Ausführung war imganzen der Firma G. A. L. Schultz & Co. übertragen.

Haus des Club von Berlin – Fassade an der Mauerstrasse

Am Ausbau des Hauses wirkten mit: Bildhauer Westpfahl durch Anfertigung der gegossenen und echten Stuckarbeiten; Karl Hauer durch Anfertigung der Stuckputzarbeiten und der Arbeiten in polirtem, pompejanischem Wandputz im Treppenhaus; das Saalburger Marmorwerk durch die Lieferung der Marmorarbeiten. Von O. Ploeger stammen Kaminarbeiten aus istrianischem Kalkstein; Börner & Herzberg besorgten die gesammten Gas- und Wasser-, Rietschel & Henneberg die Heizungs- und Lüftungs-, Bauer & Betz die elektrischen Beleuchtungs- und Keiser & Schmidt die Klingel-, Haustelegraphen-, Telephon- und Sprachrohr – Anlagen. In die Lieferung der Küchenausstattung theilten sich die Firmen Richard Goehde und A. Bertuch derart, dass erstem die Gaskoch-, Back- und Bratapparate, letztem die übrigen Wirthschafts-Apparate der Küche übertragen waren. Die Speise- und Wirthschafts-Aufzüge stammen von Karl Flohr. Den Gipsestrich besorgte Karl Klein, den Linoleumbelag und die Fussbodenfliesen Rosenfeld & Co,, während die Wandverkachelungen Villeroy & Boch lieferten. Der hydraulische Personen-Aufzug ist von der Amerikanischen Aufzugs-Baugesellschaft konstruirt worden. Ed. Puls und Paul Markus schmiedeten die Kunstschmiede-Arbeiten, L. Kampmeyer, J. C. Pfaff, Lommatzsch & Schröder und H. Emmeluth fertigten die Tischlerarbeiten, Franz Spengler die Fenster- und Thürbeschläge und J. C. Spinn & Co. die Glaserarbeiten.

Von Karl Lange rühren die Maler- und Anstreicherarbeiten her, die Tapeten wurden von Gebr. Hildebrandt bezogen. Die Einrichtungen der Weinkeller und der Kegelbahn besorgten &. A. L. Schultz & Co.

Für die gesammte Bauausführung ist trotz monumentaler Gestaltung der Fassaden, bei massiver Herstellung sämmtlicher Deckenkonstruktionen und bei würdiger, im Material durchweg echter, wenn auch in der Formengebung verhältnissmässig schlichter, jedoch in der künstlerischen Wirkung in keiner Weise beeinträchtigten Ausstattung des Innern die festgesetzte Gesammtsumme von 450 000 M. nicht überschritten worden. Zu dieser Summe tritt noch ein besonderer Betrag von etwa 93 000 M. für Ausstattungsstücke, wie Möbel, Teppiche, Portièren, Beleuchtungskörper usw., die Hans Stobwasser zur Zufriedenheit der Baukommission und der leitenden Architekten geliefert hat.

Haus des Club von Berlin – Fassade an der Jägerstrasse

Wenn es gestattet ist, dieser Beschreibung ein kurzes Wort der Gesammtcharakteristik des Bauwerks anzufügen, so hat dieselbe in erster Linie an die Gestaltung des Innern anzuknüpfen. Der bestimmende Eindruck desselben ist bei der schon erwähnten Verwendung durchweg echten Materials der weiter Grossräumigkeit, schlichter, würdiger Haltung und Berücksichtigung aller Bequemlichkeiten und Intimitäten, welche das Clubleben stellt, mit einem Worte: der Gesichtspunkt praktischen Gebrauchs beherrscht weitaus alle andern Gesichtspunkte. Selbst die Gesichtspunkte künstlerischer Natur müssen sich diesem obersten Gesichtspunkte unterordnen. Es würde jedoch die langjährigen Bestrebungen der Architekten dieses Bauwerkes, der Wohn- und Aufenthaltsstätte des Menschen die Eigenschaften körperlichen Wohlbefindens zu verleihen, verkennen heissen, wollte man die Hervorkehrung des Gebrauchszweckes in diesem wie in einer grossen Reihe ihrer übrigen ausgeführten Bauwerke auf die zufällige knappe Bemessung der Bausumme zurückführen. Auch da, wo diese reichlich bemessen ist, wird sie in erster Linie zur weitgehendsten Befriedigung der Forderungen des Wohlbefindens und erst in zweiter Linie zum künstlerischen Schmucke der hieraus sich ergebenden Einrichtungen verwendet. Englische Einflüsse treffen hier unverkennbar auf deutsche Gemüthsempfindung und stellen sich in Gegensatz zu den früher bestimmend gewesenen französischen Einflüssen. Während ich diese Zeilen schreibe, fällt mein Blick zufällig auf die Zeitschrift des Zentral-Vereins der französischen Architekten „l’Architecture“. Der Gegensatz, von dem ich spreche, wird in treffender Weise durch drei Worte bezeichnet, welche das Titelblatt dieser Zeitschrift schmücken, die Worte: le beau, le vrai, l’utile. Die hier gegebene Reihenfolge ist charakteristisch für die französische Kunst. Wir würden heute sagen: l’utile, le vrai, le beau und in dieser Reihenfolge liegt der gesunde Grundsatz, der der oberste Leitsatz aller baukünstlerischen Bestrebungen bleiben muss. Ihn haben auch die Architekten Kayser & v. Groszheim bei ihren neueren Bauwerken und nicht zum geringsten bei dem hier besprochenen Bauwerke walten lassen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 27.07.1895 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit “-H.-“.