Rudolf Stratz, der Verfasser unseres Romans „Die thörichte Jungfrau“

Im Verlauf von kaum zehn Jahren hat sich Rudolf Stratz durch herrvorragender Dramen und Romane eine angesehene Literarische Stellung geschaffen.

Sein dramatisches Erstlingswerk „Der blaue Brief“ ging im September 1891 am Deutschen Theater zu Berlin in Scene und hatte wegen der glücklichen Vereinigung von Ernst und Humor einen bedeutenden Erfolg. Dem vielversprechenden Erstling folgten andere Bühnenwerke, mit denen jedoch der Dichter keine dauernden Erfolge zu erringen mochte. Seine eigentliche Begabung wies ihn zum Roman hin, in dem er erst den ganzen Reichtum seiner künstlerischen Persönlichkeit entfaltete.

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Rudolf Stratz wurde am 6 September 1864 zu Heidelberg geboren wohin sich sein Vater, früher Großkaufmann in Rußland, zurückgezogen hatte. Auf seine Entwicklung gewann besonders die Mutter, eine geborene Edle von Thomann aus Wien, einen bestimmenden Einfluß; sie erkannte früh das Talent ihres Sohnes und widmete sich mit liebe voller Hingabe seiner Erziehung. Nach beendetem Gymnasialbesuch studierte Rudolf Stratz Geschichte, trat 1885 in die Armee ein und quittierte 1887 als Offizier des hessischen Leibgarderegiments in Darmstadt den Dienst, um seine Geschichtsstudien zu beenden. Er unternahm dann längere Reisen, die ihn durch alle Hauptstädte Europas führten und ihm tiefe Einblicke in das oft von ihm geschilderte Gesellschaftsleben des internationalen „high life“ gestatteten. Auch ein mehrmaliger Aufenthalt in Afrika und viele Hochgebirgstouren verdienen Erwähnung.

Rudolf Stratz in seinem Berliner Heim

Der Schauplatz der Romane von Rudolf Stratz ist so bunt und mannigfaltig, wie es bisher sein ruheloses Reiseleben war. Der Dichter führt den Leser in die grandiose Wunderwelt des Hochgebirges und in die grauenvolle Einsamkeit der afrikanischen Wüste, auf den grünen Vasen von Baden-Baden und auf den klassischen Boden Griechenlands. Charakteristische Erscheinungen aus der höchsten Gesellschaft, aus dem Offizierleben, aus den Theaterkreisen, aus der Künstlerwelt ziehen in butem Wechsel vorüber. Ueberall ist Rudolf Stratz gleicherweise zu Hause und weiß Menschen und Dinge lebendig zu machen. Sein letztes Werk „Die thörichte Jungfrau“, mit dessen Veröffentlichung wir heute beginnen, vereinigt alle Vorzüge seiner vornehmen und stimmungsvollen Erzählerkunst.

Die Redaktion.

Dieser Artikel erschien zuerst 1900 in Die Woche.