Besuch des italienischen Königspaares in Paris

Das italienische Königspaar in Paris - Ausflug nach Versailles

Jubelnd begrüßt von der allerdings nur allzu leicht entflammten Bevölkerung hat der Herrscher Italiens in der französischen Hauptstadt seinen Einzug gehalten. Fast fünf Dezennien waren vergangen, seit Napoleon III. den Besuch Viktor Emanuels II. mit Glanz und Prunk gefeiert hatte, ein halbes Jahrhundert, das die beiden Schwesternationen oft weit auseinandergehende Wege geführt.

Als nun aber am 14. Oktober Viktor Emanuel III. mit der würdigen Frau Loubet am Arm, gefolgt von dem Oberhaupt der Republik, der die liebliche Königin führte, den Bahnhof des Bois de Boulogne verließ, als die Kanonen des Mont Valérien ihren Willkomm ihm boten – da jauchzte Paris, da jauchzte ganz Frankreich, nur allzu gläubig die Größe des Augenblicks überschätzend.

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Italien – so hieß es – habe sich auf sich selbst besonnen, der Dreibund sei gesprengt, eine neue Tripelallianz der Republik mit Italien und dem Zarenreich nur eine Frage der Zeit. Es wird noch recht viel Wasser in der Seine hinab zum Meer fließen, ehe diese kühnen Kombinationen zur Wahrheit werden.

Das italienische Königspaar in Paris - Ausflug nach Versailles
Das italienische Königspaar in Paris – Ausflug nach Versailles
Zum Besuch des italienischen Königspaars in Paris. Ankunft auf dem Bahnhof - König Victor Emanuell geleitet Madame Loubet zum Wagen
Zum Besuch des italienischen Königspaars in Paris. Ankunft auf dem Bahnhof – König Victor Emanuell geleitet Madame Loubet zum Wagen

Auf ganz anderm Gebiet liegt die große Bedeutung des italienischen Besuches. Die Reden, die König und Präsident bei dem Festmahl im Elysée wechselten, atmeten tiefes, aufrichtiges Friedensbedürfnis, im Wunsch nach dauerndem europäischem Frieden trafen sich Zweibund und Dreibund, durch Frankreich und Italien vertreten. Das dürfte das einzig Positive an dem Resultat der Begegnung sein. Denn was sonst die Leiter der auswärtigen Politik, Delcassé und Morin, zu besprechen hatten, bedurfte wohl kaum eines persönlichen Kennenlernens, und die zukünftigen handelspolitischen Beziehungen zwischen beiden Völkern, die man inaugurierte, waren rosige Visionen der Festesfreude. – Daß Frankreich als Republik so gut zu repräsentieren weiß wie einst als Monarchie, hat es schon oft bewiesen. Die offiziellen Festlichkeiten bewegten sich denn auch in dem üblichen Rahmen; Festmahl im Elysée, Empfänge beim Minister Delcassé und im Hotel de Ville, Galaoper, Jagd in Rambouillet und Ausflug nach Versailles.

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Woche 43/1903.