Architekten Semper & Krutisch. Die ausgedehnten und vielseitigen Verbindungen, welche die alte Hansastadt Hamburg seit Jahrhunderten mit den fernsten Welttheilen unterhielt, konnten nicht verfehlen, den Sinn und die Einbildungskraft Einzelner auch auf diejenigen Naturerzeugnisse der fernen Zonen zu lenken, welche zwar nicht unmittelbar als Gegenstände des Handels, wohl aber durch ihre Fremdartigkeit das Interesse auf sich zogen und als Erinnerungen, Reisetropäen oder Proben bis dahin noch unbekannter Produkte oder Thiere gelegentlich herüber gebracht wurden. Wenn dieselben zuerst auch nur als „Raritäten“ und „Kuriositäten“ geschätzt und aufbewahrt wurden, sei es aus Pietät, als persönliche Erinnerung oder um durch sie die weit verzweigten Handelsbeziehungen der Besitzer in helles Licht zu stellen, so sind diese bescheidenen Anfänge unserer Sammlung darum nicht gering zu achten. War auch ihr Ausgangspunkt nichts weniger als wissenschaftlich im heutigen Sinne, so dienten sie doch dazu, das Interesse an solchen Naturerzeugnissen, an ihrer Erhaltung und Nebeneinanderreihung zu wecken und in weitere Kreise zu verbreiten, wo dasselbe nicht fehlen konnte, bei Einzelnen bald ernstere, wissenschaftliche Formen anzunehmen.
Schon im Jahre 1837 trat eine Anzahl von Männer zusammen, zur Bildung eines naturwissenschaftlichen Vereins, welcher den Zweck verfolgte, einen Vereinigungspunkt zu schaffen für die bis dahin zerstreuten wissenschaftlichen Interessen und Bestrebungen und eine ernste Pflege derselben zu erzielen. Die grosse Thätigkeit des Vereins, sowie mannichfache, den Sammlungen derselben aus den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung gewordenen Zuwendungen, liessen erstere sehr bald zu solcher Bedeutung heranwachsen, dass der Verein sich in der Lage sah, mit dem Hamburgischen Staate in Verhandlungen zu treten, um sie demselben unter gewissen Bedingungen anzubieten.
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Diese Verhandlungen führten zu dem gewünschten Ziele und von dem Zeitpunkt an ging das naturhistorische Museum in den Besitz des Staates über; es stand fortan unter dessen Pflege und Verwaltung unter Mitwirkung des noch bestehenden naturwissenschaftlichen Vereins.
Es ist dies ein keineswegs uninteressanter Hergang. Zeigt derselbe doch, wie aus kleinen Anfängen. durch freiwilliges Zusammenlegen vereinzelter, aus privaten Mitteln entstandener Sammlungen, zunächst ohne jede staatliche Beihilfe, lediglich durch das wissenschaftliche Interesse und den Bürgersinn Einzelner, eine Sammlung sich entwickeln konnte, welche den Kern bildete für eine der hervor ragendsten und reichsten Deutschlands.
Schon bald liess die rasche Zunahme dieser Sammlung die dafür überwiesenen Räume nicht mehr ausreichend erscheinen und seit dem Jahre 1865 wurde das Bedürfniss immer dringender und lebhafter nach einer, dem Werthe und Umfange der Sammlung entsprechenden Behausung.
So wohlbegründet die Klagen aber waren, so mussten doch noch manche Jahre vergehen, ehe der Angelegenheit in der erwünschten Weise näher getreten werden konnte.
Im November 1875 wurde vonseiten des Senates der bezügliche Antrag an die Bürgerschaft gestellt und die Erbauung eines für die naturgeschichtlichen Sammlungen bestimmten Museums beschlossen. Es wurde dazu der Betrag von 1 200 000 M. angewiesen, welcher aus dem, auf Hamburg entfallenden Antheil der französischen Kriegs-Entschädigungsgelder zu entnehmen war und es wurde zugleich eine Kommission niedergesetzt, welche sich unverzüglich mit den erforderlichen Vorarbeiten beschäftigen sollte.
Nach Vollendung derselben, am 1. Februar 1884, erfolgte die Ausschreibung des Wettbewerbs für Entwürfe zu dem Bau. Eine sehr wesentliche und bezeichnende Bestimmung des Programmes dieser Preisbewerbung war die, dass dem entscheidenden Wettkampfe ein allgemeiner vorher zu gehen hatte. In diesem waren keine Preise zu erlangen, wohl aber sollten die Verfasser der fünf als beste erkannten Entwürfe noch einmal in engerem Wettbewerbe sich messen. Jedem der fünf daran betheiligten Architekten wurde ein Honorar von 5000 M. zugesichert, die Ausführung des Gebäudes sollte demjenigen der Bewerber übertragen werden, dessen Arbeit die Preisrichter als die zweckentsprechendste bezeichnen würden. Eine weitere Bestimmung war, dass die betheiligten Architekten sich verbindlich und durch Bürgen haftbar machen mussten, die Ausführung des Gebäudes nach ihrem Entwurfe für die von ihnen veranschlagte Summe zu übernehmen. Den Entwürfen mussten deshalb bindende, durch einen als tüchtig und leistungsfähig anerkannten Uebernehmer mit unterzeichnete Uebernahms-Angebote beigegeben werden. Die Gesammtbaukosten sollten einschliesslich des Architekten-Honorars die Summe von 900.000 M. auf keinen Fall überschreiten.
Unter Umständen dürften derartige Bestimmungen – mancherlei Schwierigkeiten und Gefahren mit sich bringen, – weshalb ich auf dieselbe im Verlaufe dieser Darstellung “ zurück zu kommen gedenke.
Zu der am 30. April 1884 geschlossenen Vorkonkurrenz waren 111 Entwürfe eingereicht worden; das am 5. Juni zusammen getretene Preisgericht bezeichnete bereits am 8. Juni die Entwürfe der Hrn. Mahrenholz & Thronicker in Berlin; Heinrich Müller in Bremen; Kirchenpauer & Philippi; Schmidt & Neckelmann; Semper & Krutisch in Hamburg als die besten. Der unmittelbar darauf an sie gerichteten ehrenvollen Anfrage, ob sie geneigt seien, unter den ihnen bekannten näheren Bestimmungen in den engeren Wettbewerb einzutreten, leisteten die Verfasser derselben sämmtlich Folge.
Für Anfertigung der neuen Entwürfe war eine Frist von 6 Monaten gegeben. Der Termin lief am 1. Februar 1885 ab und am 21. desselben Monates erfolgte der Spruch der Preisrichter, durch welchen der Entwurf von Semper & Krutisch für die Ausführung bestimmt wurde. Unmittelbar darauf setzte sich die, aus je 3 Mitgliedern des Senates und der Bürgerschaft gebildete, mit der Ueberwachung des Baues beauftragte Baukommission mit den Architekten in Verbindung und die Vorarbeiten für die eigentliche Ausführung des Museums hatten damit ihren Anfang genommen.
Wie wohl in allen ähnlichen Fällen, so galt es auch hier bei endgiltiger Durcharbeitung der Entwürfe eine Reihe von Anforderungen zu berücksichtigen, welche theils in dem Gutachten der Preisrichter, theils in besonderen Wünschen der Sammlungs-Vorstände begründet waren und die entweder in dem Konkurrenz-Programm nicht hinreichend zum Ausdruck hatten gebracht werden können oder auch später erst hervor traten und bestimmte Formen annahmen.
Ausser solchen baulichen Abänderungen wurden aber auch gewisse, die Ausstattung und Ausführungsweise des Baues, sowie die für denselben zu verwendenden Materialien berührende Bestimmungen getroffen und den Architekten zur Berücksichtigung bei Ausarbeitung der Pläne aufgegeben, welche zwar nicht so sehr auf die Plangestaltung, wohl aber in erheblichem Maasse auf die Herstellungskosten des Gebäudes rückwirken mussten.
So wurde unter Anderen beschlossen, die Eindeckung der Dächer in Kupfer anstatt in Zink, wie seitens der Architekten berechnet worden war, auszuführen. Die bedeutsamste dieser Abänderungen aber war, dass die Baukommission, die bezüglichen Vorstellungen der Architekten unterstützend, bei Senat und Bürgerschaft beantragte, die von der anfangs ausgesprochenen Bausumme von 1 200 000M. abgesetzten 200 000 M. wieder nachzubewilligen, um dadurch zu ermöglichen, dass für die Fassaden des Museums Werksteine verwendet würden.
Bei Bearbeitung der Entwürfe hatten die Architekten die Ueberzeugung gewinnen müssen, dass ebenso, wie der verfügbare Platz im Vergleich zu den an das Museum zu stellenden räumlichen Anforderungen sehr knapp bemessen sei, so auch die ausgesetzte Baukostensumme im Verhältnisse zu der Grösse und Bedeutung des dafür zu errichtenden Gebäudes. Diese Erkenntniss musste, so wie zur äussersten Einschränkung und Ausnutzung des Raumes, so auch zur grössten Sparsamkeit in Bezug auf Ausstattung des Museums führen. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, dass jeder Luxus des Materials sowie der Ausstattung strenge vermieden werden müsse, wenn es gelingen sollte, das Innere des Museums in allen Theilen und in jeder Beziehung solide, würdig und allen an ein solches Institut zu stellenden Anforderungen, namentlich auch in räumlicher Beziehung, entsprechend, herzustellen.
Diesen Gesichtspunkt behielten die Verfasser bei Aufstellung ihrer zum Wettbewerb eingereichten Entwürfe streng im Auge; sie glauben auch in Bezug auf die Einrichtung nichts versäumt zu haben, was dem Zwecke des Gebäudes entsprechend und förderlich sein konnte. Sie mussten aber, um dies zu erreichen, bezüglich des Materials für die Aussen-Architektur sich zu einem Zugeständnis entschliessen, dem sie sich nicht entziehen konnten, so schwer ihnen dasselbe auch wurde. Die Verwendung von Hausteinen in Verbindung mit Verblend-Mauerwerk war ihnen bei dem Entwerfen der Fassaden für die Formengebung derselben bestimmend gewesen. Sie erkannten, dass eine solche Ausführung ohne eine erhebliche Ueberschreitung der Baukosten nicht zu erreichen sei; an dieser aber durfte nicht gerüttelt werden, ohne den Erfolg der ganzen Arbeit aufs Spiel zu setzen.
Angesichts der damals noch bestehenden Verpflichtung, den Bau für den Betrag des mit dem Entwurfe einzugeben Angebotes auszuführen, mussten die Verfasser sich entschliessen, antatt des kostspieligen Sandstein-Materiales, den eunedlen Ersatz desselben, den Zementputz für die Architektur-Theile der Fassaden in ihre Veranschlagung und ihr Angebot aufzunehmen, welche, wie sich nebenbei bemerkt von selbst versteht, den festgesetzten Höchstbetrag von 900 000 M. nicht überschritten, vielmehr programmässig – einschließlich des Architekten-Honorars – damit abgehlossen. Wenn auch die Architekten zu solcher, den hiesigen Gebräuchen durchaus entsprechenden und keineswegs als unsolide angesehenen Ausführungsweise wohl berechtigt und gegen jede Einrede gesichert waren, so waren sie doch selbst nur wenig damit einverstanden; hatten sie doch nur dem Zwange der Noth gehorchend, sich dazu entschlossen. Um so freudiger und dankbarer empfanden sie es, durch den vorher bezeichneten Beschluss der Baukommission dieses Zwanges sich enthoben zu sehen.
Es fügte sich glücklich, dass allen, die Plangestaltung beeinflussenden Anforderungen Genüge gethan werden konnte durch verhältnissmässig geringfügige Aenderungen des ursprünglichen Entwurfes, jedenfalls ohne dem Hauptgedanken desselben zu nahe treten zu müssen.
Wenn dieser günstige Umstand auch gestattete, den endgiltig ausgearbeiteten Bauplan in verhältnissmässig kurzer Zeit der Baukommission zur Gutheissung vorlegen zu können, so waren doch die mannichfachen Veränderungen, welche der Entwurf bei dieser endgiltigen Durcharbeitung hatte erfahren müssen, erheblich genug, um im Verein mit den, die Materialien betreffenden Abweichungen das auf jenem ersten Entwurfe fussende Angebot durch verwickelte Gegenrechnungen so zu verändern, dass es fast hinfällig erscheinen musste. Unter Würdigung dieser Verhältnisse wurde seitens der Baukommission beschlossen, die Architekten von ihrer, durch das programmmässig eingereichte Angebot übernommene Verpflichtung zu entbinden und öffentliche Verdingung für Ausführung des Museums-Gebäudes in General-Uebernahme auszuschreiben.
Dieser Beschluss musste als ein höchst segensreicher, als eine wahre Erlösung erscheinen und wurde von den Architekten mit Freuden begrüsst. Abgesehen davon, dass bei Aufrechterhalten des Angebots infolge der mannichfachen, zum Theil sehr erheblichen Abänderungen des angebotenen Bauobjekts das Rechnungs-Verhältniss ein äusserst verwickeltes zu werden drohte, konnte auch namentlich darüber kein Zweifel bestehen, dass die Stellung der Architekten als Leiter des Baues eine weit klarere und richtigere sein würde, sobald sie der Nothwendigkeit sich enthoben sahen, mit dem Unternehmer durch gemeinsame materielle Interessen verbunden – an ihn in gewissem Sinne auch gebunden zu sein. Solches Zwitter-Verhältniss muss auf die Dauer zu Verschiebungen führen, unter welchen eine der drei Parteien sicherlich, in den meisten Fällen wohl alle drei, zu leiden haben würden.
[Es ist vielleicht nicht uninteressant, mit den folgenden Erörterungen die Ausflührungen zu vergleichen, welche die No. 67 und 79 des Jhrg. 75 u. BI. über den nämlichen Gegenstand enthalten. Die Redaktion.]
Es liegt aber auch andererseits auf der Hand, dass ein Beschluss, wie der hier besprochene, wohl geeignet sein kann, den Architekten in eine recht schwierige Lage dem das Angebot mit unterzeichnenden Uebernehmer gegenüber zu bringen, sobald nämlich letzterer nicht geneigt sein sollte, von diesem programmmässig abgegebenen Angebot ohne weiteres zurück zu treten oder aufgrund desselben Ansprüche gegen den Architekten erheben sollte, welche zurück zu weisen unter Umständen schwierig sein dürfte. Auch im allergünstigsten Falle, und ein solcher darf der vorliegende in jeder Beziehung mit Fug und Recht bezeichnet werden, sieht sich der Architekt nach solchen Beschlüssen in einer keineswegs angenehmen Lage dem Uebernehmer gegenüber, der mit ihm die Entwürfe veranschlagt, als sein Hintermann sein Angebot zu dem seinigen gemacht, alle die Verschiebungen und Veränderungen getrenlich und unverdrossen mit ihm durchgerechnet hat und dem er sich dafür in gewissem Sinne verpflichtet fühlen muss, während er doch andererseits bei der anstelle des bisherigen Verhältnisses plötzlich getretenen Verdingung, die vollste Unparteilichkeit zu wahren hat.
Wenn nun, wie nicht verkannt werden kann, ein solcher Beschluss in gar manchen Fällen als eine etwas bedenkliche Maassregel erscheinen muss, so wird doch dieselbe Sachlage, die ihn im vorliegenden Falle heryor rief, wohl bei jeder gröfseren, aus einer Wettbewerbung sich entwickelnden Bauaufgabe sich wiederholen und ihn trotz alledem doch stets wieder ebenso erwünscht erscheinen lassen.
Wir bezweifeln, dass je ein Bau genau nach den dafür vorliegenden, zur Ausführung gewählten Wettbewerbs-Plänen erfolgt sei und je erfolgen werde. Wohl in allen Fällen werden die nach getroffener Wahl mit dem Architekten zu pflegenden Verhandlungen Abänderungen dieser Pläne nach sich ziehen. Damit ist die Hinfälligkeit des – auf dem Gebäude, wie es durch die Wettbewerbs-Pläne dargestellt ist – begründeten Uebernahms-Angebots in seinem ursprünglichen Umfange ausgesprochen und bei Festhaltung desselben einer gewissen Willkürlichkeit in der Berechnung der durch die Abänderungen hervor gerufenen Mehr- und Minderkosten Thür und Thor geöffnet. Wenn nun, um diesem Uebelstande vorzubeugen, das Auskunftsmittel in allgemeineren Gebrauch kommen, ja zur Regel werden sollte, dass mit jeder erheblicheren Abänderung des dem Angebot zugrunde liegenden Bauplans das bezügliche Angebot ausser Kraft träte – welchen Nutzen würde die Maassregel, den am Wettbewerb betheiligten Architekten von Anfang an an einen Unternehmer zu ketten, dann überhaupt noch bieten? Würden nicht alle solchen Angebote bald nur noch mehr oder weniger nur zum Scheine abgegeben werden? Würden sich Uebernehmer finden, die, angesichts der durch die Erfahrung gebotenen, bestimmten Aussicht, dass ihrem Angebot doch keine Folge gegeben werde, ein solches überhaupt noch ernsthaft nähmen?
Doch nehmen wir an, alle diese Fälle träten nicht ein.
Das Angebot würde vielmehr unter Berücksichtigung aller, nach Annahme des ersten Entwurfs beliebten Abänderungen in seiner Endsumme richtig gestellt, sonst aber aufrecht erhalten und der Bau nähme unter solchen Voraussetzungen seinen Lauf, was wäre dann erreicht? Mit welchen Schwierigkeiten würde der Architekt zu kämpfen haben, namentlich wenn, wie sich dies folgerichtiger Weise meist wohl von selbst ergeben dürfte, sein Honorar, die Entlohnung für seine eigene Arbeit in dem Angebot eingeschlossen sein und gewissermaassen einen untrennbaren Theil der Aktiven des Geschäfts bilden müsste. Welche Macht würde er dem Uebernehmer gegenüber haben? Würde er nicht ganz in dessen Hand gegeben sein, der den Knopf auf dem Beutel hat, der ihn bei Durcharbeitung der Pläne unablässig und erbarmungslos beeinflussen, ihm stets in den Arm fallen würde, sobald er mit Recht oder mit Unrecht seine Berechnungen gefährdet glaubt? Jede Einzel-Gestaltung, welche nicht mit völliger Bestimmtheit aus den ersten Plänen nachzuweisen wäre, würde mit schweren Kämpfen errungen und durchgesetzt werden müssen und wie vieldeutig sind solche Pläne, namentlich bezüglich innerer Ausbildung eines grösseren Baues! Und trotz aller dieser Quälereien, trotz dieses ihm aufgedrungenen Missverhältnisses würde die Verantwortung des Architekten nach keiner Richtung eine leichtere sein, im Gegentheil!
Nach alle dem können wir uns daher der Meinung nicht verschliessen, dass dieses hier und da bei Wettbewerbungen angenommene Verfahren ein sehr bedenkliches ist, das mit wenigen Ausnahmen, wenigstens da, wo es für Gebäude von erheblicher Bedeutung angewendet wird, mit einer gewissen Naturnothwendigkeit zu Schwierigkeiten führen muss, selbst wenn es anfangs auch mancherlei Vortheile und Sicherheiten zu bieten den Anschein haben mag.
Nach dieser Abschweifung, die uns aus mehrerlei Gründen nicht unwesentlich erschien, kehren wir zu unserem Gegenstande zurück.
Die öffentliche Ausschreibung der Verdingung erfolgte am 20. Januar 1886; als Zeitpunkt für Einreichung der Angebote war der 13. Februar festgesetzt und am 8. März erfolgte der Beschluss, nach welchem den Bauübernehmern Gebrüder Braun in Hamburg der Zuschlag für den Gesammtbetrag von 810 948 M. ertheilt wurde. Zunächst vorbehaltlich der noch ausstehenden Nachbewilligung für die Verwendung von Hausteinen, deren Mehrkosten sich auf 165 085 M. bezifferten, so dass nach der am 28. Juni erfolgten Bewilligung die Gesammt-Uebernehmung sich auf 976 033 M. belief.
Die Uebernahme umfasste sämmtliche Bauarbeiten mit Ausnahme der Heizungs- und Lüftungs-Anlagen. Letztere wurden infolge eines beschränkten Wettbewerbes zwischen einigen namhaften Firmen Hrn. Rud. Otto Meyer in Hamburg für den Gesammtbetrag von 25 780 M. übergeben,
Vertragsgemäss sollte mit den Bauarbeiten sofort begonnen und das Gebäude am 1. April 1888 in allen Theilen fertig übergeben werden. Verschiedene Ursachen verzögerten aber die Ueberlieferung des Bauplatzes derart, dass erst mit dem 10. Mai 1886 die Erdarbeiten beginnen konnten, also etwa 6 Wochen der ohnedies sehr kurz bemessenen Bauzeit ungenutzt vergingen.
Die Wahl der Baustelle muss als eine sehr glückliche bezeichnet werden. Von allen denen, welche inbetracht gezogen werden konnten, erfüllt sie am besten alle Erfordernisse, welche angesichts der Bestimmung des Gebäudes an sie gestellt werden mussten. Sie nimmt einen Theil eines im Osten der Stadt hoch gelegenen Platzes ein, welcher weder von dem eigentlichen Schwerpunkte der Stadt, noch auch von den höheren Bildungsanstalten: der Gelehrtenschule des Johanneum, dem Realgymnasum sowie von den Gebäuden für öffentliche Sammlungen zu weit entfernt ist.
Der Platz führt bis jetzt den wenig ansprechenden, wenngleich mit manchen alt-hamburgischen Erinnerungen verknüpften Namen „Schweinemarkt“. Seiner ursprünglichen, durch den Namen bezeichneten Bestimmung war der Platz aber schon lange, ehe das neue Museum auf demselben errichtet wurde, entzogen, so dass bei aller Pietät für alte Ortsbezeichnungen wohl mit Recht bald ein neuer, etwas geschmackvollerer Name für den Platz gewählt werden könnte. Es liegt nach unserer Meinung nicht allzufern ihn in einen „Museumsplatz“ umzuwandeln, um so mehr, da Hamburg einen solchen bis jetzt nicht zu verzeichnen hat.
Die Haupt-Fronte des Museums ist ziemlich genau nach Osten gerichtet und liegt an einer breiten, Steinthorwall benannten Strasse, an deren anderer, dem Museum gegenüber liegenden Seite freie, den ehemaligen Stadtgraben einnehmende und umschliessende Anlagen sich erstrecken. Auch die Strasse selbst ist an beiden Seiten mit Bäumen bepflanzt, ein Umstand, der, so angenehm er im übrigen ist, der Fassade des Museums doch in keiner Weise zum Vortheile gereicht. Die Bäume stehen nicht in Beziehung zu den Axen des Gebäudes; namentlich am Mitteleingang fällt dies störend auf. Ausserdem stehen sie demselben viel zu nahe und verdecken durch ihre Kronen die Fassade derart, dass es unmöglich ist einen Standpunkt zu finden, von welchem aus ein günstiger Ueberblick derselben gewonnen werden könnte. Schliesslich aber sind sie auch dadurch lästig, dass ihre Belaubung, die im Sommer bis dicht an die Fenster der an dieser Seite belegenen wissenschaftlichen Arbeitszimmer reicht, diese in einer, dem Zwecke derselben nicht entsprechenden Weise verdunkelt und unfreundlich macht. Die an geeigneter Stelle darüber erhobenen Vorstellungen und Anträge um Entfernung der wenigen, das Gepräge der Strasse nicht bestimmenden, in solcher Nähe eines monumentalen öffentlichen Gebäudes zum mindesten entbehrlichen Bäume sind aber theils unbeachtet geblieben, theils abschläglich beschieden worden, so dass man sich mit der Hoffnung geströsten muss, dass binnen kurzem die durch sie gebrachten Nachtheile lauter sprechen dürften, als die für ihre Erhaltung vorzubringenden Einwendungen, und dass man sich dann – hoffentlich wird dies recht bald sein – doch noch für ihre Beseitigung entschliessen wird.
Vor der nach Süden gerichteten Seite des Museums und in nicht allzugrosser Entfernung von demselben steht die städtische Bade- und Waschanstalt mit ihrem hohen nicht schönen Schornsteine. Auch dies ist eine, für eine so empfindliche und werthvolle Sammlung keineswegs begehrenswerthe Nachbarschaft, welche, und zwar vielleicht recht bald, wenn nämlich der hier vorherrschende westliche Wind den Alles durchdringenden Rauch und Rufs des Schornsteines auf die Glasdächer des Museums werfen wird, sich als so nachtheilig und Schaden bringend erweisen dürfte, dass Abhilfe nothwendig und unabweislich wird. In solchem Falle wird sich aber leichter ein anderer Platz für die genannte Anstalt, als für das Museum finden. Der Baugrund erwies sich als vortreffllich. Schon wenige Decimeter unter Erdgleiche fand sich fester, tragfähiger Lehm, nur an einigen Stellen stiess man auf schlammgefüllte kleine Mulden, ehemalige Gruben oder Pfützen, welche eine unerhebliche Vertiefung der Fundamente nothwendig machten. Die Folge dieser, an sich gewiss vortrefflichen und erfreulichen Beschaffenheit des Baugrundes war freilich, dass bei den Ausschachtungs-Arbeiten nirgend die sogenannte Kulturschicht getroffen wurde, folgerlich keinerlei interessante Ueberraschungen, geschichtlich oder gar vorgeschichtlich wichtige Funde, zutage traten, deren andere Bauplätze in Hamburg oft in ungeahnt reichem, sogar bisweilen in überwältigendem Maasse sich rühmen dürfen. Waren doch u. a. in einer solchen Baugrube tief in moderndem Schlamme, viele Wagenladungen vortrefflich gegerbter, seit Jahrhunderten in alten Lohgruben aufgehäufter Ochsenhäute gefunden worden, welche einen erheblichen Werth darstellten und deshalb zu einem Rechtsstreite zwischen dem Eigenthümer des Grundstückes und dem Uebernehmer der Grabarbeiten Anlass gegeben haben sollen. Auch die Ausschachtungen für die Freihafen-Anlagen und namentlich diejenigen für die Rathhaus-Baugrube haben die reichsten, für die Topographie des alten Hamburg wichtigsten Aufdeckungen geboten. Alles dies blieb uns vorenthalten; nach keiner Richtung hin boten die Gründungen Schwierigkeiten oder Interesse.
Leider erwiesen sich nicht alle Verhältnisse für den weiteren Verlauf der Bauarbeiten so günstig wie die so eben berührten. Die ganz ausserordentliche Bauthätigkeit, welche sich als unmittelbare oder mittelbare Folge der Aufhebung der von Hamburg bisher eingenommenen Ausnahmestellung als Freihafen, seines Anschlusses an den Zollverein und der damit zusammen hängenden Ausführung eines eigenen, großen Freihafengebietes entwickelte, gab den Bauarbeitern aller Fachzweige Anlass zu theilweise ganz unerhörten Ansprüchen, welchen die Uebernehmer nicht immer nachgeben konnten und durften. Vorüber gehende Arbeits-Einstellungen, so namentlich einmal der Tischler, unterbrachen infolge dessen mehrfach die Arbeiten, und wenn auch zur Zeit immer nur von je einer Gruppe von Handwerkern ausgeführt, so hemmten sie doch den geregelten Fortgang und führten Störungen in der Zeiteintheilung sowie in der Aufeinanderfolge der Arbeiten und damit Verzögerungen und Zeitverluste herbei, welche nicht wieder einzubringen waren. Dieser Umstand, der in Vorstehendem bereits erwähnte Zeitverlust von 6 Wochen durch verspätete Ueberlieferung der Baustelle, sowie endlich die aussergewöhnlich ungünstige Witterung im Winter 1886-87 wirkten zusammen, um die Einhaltung des vertragsmässig festgestellten Ablieferungs-Termines den Uebernehmern zur Unmöglichkeit zu machen, so dass derselbe bis 1. Aug. 1888 hinaus geschoben werden musste.
Nachdem hiermit in Kürze die allgemeinen Verhältnisse berührt worden, gehen wir zu der Erörterung und Beschreibung des Gebäudes selbst über.
Bei Ermittelung der Räume, welche das neue Museum bieten sollte, war eine Auflockerung des bereits vorhandenen bedeutenden Bestandes der Sammlung um das Doppelte und eine Vermehrung derselben um das Dreifache zugrunde gelegt worden, so dass selbst unter Berücksichtigung eines sehr bedeutenden alljährlichen Zuwachses für eine lange Reihe von Jahren genügender Raum gesichert war. Danach berechnete sich für das neue Museum rd. 3000 qm Schrankbodenfläche, ungerechnet die erforderlichen bequemen Gehbahnen, die sehr erheblichen Räume für Vorrathsräume, für Arbeitszimmer, Hörsäle, Bibliothek, Treppen, Vorplätze, Nebenräume usw. Es zeigte sich sofort, dass nur durch eine, auf das Aeusserste wahrgenommene Ausnutzung des verfügbaren Bauplatzes diesen Anforderungen genügt werden konnte.
Dies schien den Architekten am besten durch das von ihnen gewählte System erreicht zu werden. Nach demselben gliedert sich das Museum in einen grossen, von oben erleuchteten Mittelsaal mit rings umlaufenden Sammlungssälen, deren Tiefe sich durch die gegebenen Abmessungen der Gehbahnen und der erforderlichen Schrankreihen auf rd. 9,0 m bestimmte.
Bei solcher Tiefe der Sammlungssäle würde eine zweckentsprechende Beleuchtung derselben unmöglich erreicht werden können, so lange als man dafür auf die Fenster der Strassenfronten beschränkt wäre, ohne das, den Mittelraum erfüllende Licht in ausgedehntem Maasse herbeiziehen zu können. Um dies zu erreichen, ist, soweit die Ausstellungsräume inbetracht kommen, von festen Theilungen zwischen denselben und dem Mittelraume abgesehen worden, an deren Stelle frei stehende, der Licht- und Raumersparniss wegen von Eisen hergestellte Pfeiler getreten sind.
Indem auch alle Querscheidungen in den Sammlungsräumen vermieden sind, stellt das Innere des Museums einen zusammen hängenden, durch Oberlichter und grosse Fenster vollkommen durchlichteten, hallenartigen Innenraum dar, in welchem alle, durch die Aufstellung und Eintheilung der Sammlung nothwendig werdenden Trennungen durch die Schauschränke selbst hergestellt und je nach Belieben verändert werden können.
Die durch vorstehend beschriebene Anordnung erreichte Belichtung der Sammlungsräume hat sich ganz vorzüglich bewährt. Weit entfernt davon, dass durch das zweiseitig einströmende Licht eine Blendung des Beschauers stattfinde, hat sich vielmehr ergeben, dass das zerstreute Licht des Zentralsaales dazu dient, alle Schatten, welche das von den Fenstern ausgehende Licht werfen würde, aufzulösen und dadurch die eingehendste Betrachtung der ausgestellten Gegenstände von allen Seiten zu ermöglichen. Ganz besonders vortheilhaft werden die Säle und Galerien des, ausschliesslich zu Ausstellungszwecken bestimmten Hauptgeschosses beleuchtet, indem dort zu dem Lichte der Fenster und des Mittelraumes noch dasjenige der, in allen Sälen dieses Geschosses vorhandenen Oberlichter hinzu tritt.
Um die für die Sammlungen erstrebten Vortheile möglichst vollständig zu erreichen, musste es von besonderer Wichtigkeit erscheinen, alle die Räume, die eine feste Umgrenzung erforderten und dadurch zu einer Unterbrechung des Zusammenhangs der Sammlungsräume Anlass geben konnten, das Haupt-T’reppenhaus, die Hörsäle, Arbeitszimmer usw. neben einander zu legen, so dass die eigentlichen Ausstellungsräume eine ununterbrochene Reihe grosser Säle darstellten. Derartig zusammen hängende Räume, in denen etwaige Veränderungen der Eintheilung jederzeit und mit verhältnissmässig grosser Leichtigkeit hergestellt werden können, müssen sich zu einer systematischen und übersichtlichen Aufstellung der Sammlungs-Gegenstände weit besser darbieten, als dies von baulich getrennten Einzelräumen fest beschränkten Umfanges erwartet werden kann. Solche würden bei späteren Veränderungen des Bestandes wohl nur in den seltensten Fällen genau den räumlichen Erfordernissen der ihr zugewiesenen Sammlungs-Abtheilung entsprechen. Hierdurch aber würde häufig Anlass dazu geboten sein, diese verschiedenen Abtheilungen entweder in einer. die Uebersicht und das Studium erschwerenden Weise ineinander fliessen zu lassen, oder wo dies vermieden werden müsste, von den vorhandenen Räumen die einen zu überfüllen, die anderen in geringerem Maasse besetzt zu lassen, als das Interesse der Anordnung oder räumlicher Ausnutzung es angemessen erscheinen lassen würde.
Eine weitere Folge der, für das Museum angenommene: Anlage ist die grosse Uebersichtlichkeit desselben, welche sowohl für die Orientirung des Publikum, als auch für die Ueberwachung von grösster Bedeutung ist. Da in den dem Publikum zugänglichen Theilen der Ausblick nirgends durch Wände behindert ist, findet sich in dem ganzen Raume, selbst wenn derselbe mit Schränken vollgestellt sein sollte, kein Punkt, von dem aus nicht mehre der frei und von allen Seiten sichtbar liegenden Treppen zu erblicken wären. Infolge dessen wird auch namentlich bezüglich der Ausgänge niemals eine Unsicherheit eintreten können.
Hier ist noch der Galerien Erwähnung zu thun welche die Bestimmung haben, theils als Verbindungsgänge, theils zu Ausstellungs-Zwecken zu dienen. Solche Galerien sind in beiden Stockwerken angeordnet, und treten um etwa 2,50 m über die Stützsäulen in das Innere des Mittelraumes über. Ebensolche Galerien befinden sich in einer Höhe von 5,20 m über dem Fussboden des Hauptgeschosses. Diese letzteren, von derselben Breite wie die vorhergenannten, sind rings umlaufend sowohl an den Haupt-Stützsäulen als auch an den Aussenwänden angeordnet und treten an ersteren einerseits nach dem Inneren des Mittelsaales, andererseits nach der Seite der äusseren Säle über. Sie bilden mit mehrfachen Querverbindungen im Bereiche der äusseren Säle und zweien, den Raum des Mittelsaales brückenartig überspannenden Verbindungen ein eigenes, mit vortrefflichster Beleuchtung versehenes, zur Ausstellung feiner Gegenstände besonders geeignetes, als Galeriegeschoss bezeichnetes Geschoss. Auch im Hauptgeschoss sind zwei solche, den Mittelsaal überspannende Querverbindungen angelegt, während sie in dem ersten, dem sogenannten Zwischengeschoss fehlen. Bei den Entwürfen zwar angenommen, wurden sie durch Gutachten der Preisrichter beseitigt. Von einer anfänglich in Aussicht genommenen Herstellung des Bodens dieser Galerien durch starke, auf Eisenträger aufgelegte Glasplatten wurde abgesehen, da solche Ausführung mancherlei Unzuträglichkeiten im Gefolge haben würde und da jede Besorgniss von einer Beschattung durch die Galerien angesichts der grossen Höhe derselben über dem darunter liegenden Fussboden, unbegründet erscheinen musste.
Die Galerien sind sämmtlich mit schmiedeisernen 1,00 m hohen Geländern versehen, deren breite Deckleiste zur Aufnahme von flachen Schaukästen bestimmt ist. Da diese Geländer eine Gesammtlänge von 702 m darstellen, wird durch solche Anordnung eine sehr erhebliche Schankfläche gewonnen.
Im wesentlichen sind im Vorhergegangenen die Hauptmerkmale der Gesammtanlage angegeben, auch die Gesichtspunkte, welche für Annahme dieses Systemes die leitenden waren; es wird daher jetzt in die Schilderung des Gebäudes im Einzelnen einzutreten sein.
Die bebaute Grundfläche misst 82,09 m in der Länge und 35,52 m in der Tiefe, umfasst also 2915,84 qm, die vor einzelnen Theilen der Aussenseiten sich erstreckenden Luftgräben oder Areen nicht mit gerechnet.
Das Gebäude enthält 4 Geschosse und zwar Kellergeschoss mit 3,50 m Höhe, Erdgeschoss mit 7,00 m Höhe, Zwischengeschoss mit 5,00 m Höhe, Hauptgeschoss mit 5,20 m Höhe, Galeriegeschoss mit 4,65 m Höhe.
Nach Abzug der Zimmer, Treppen und der Nebenräume, jedoch unter Hinzurechnung des für den Verkehr des Publikums erforderlichen Raumes und des grossen Mittelraumes berechnet sich die für Ausstellungs-Zwecke nutzbare Bodenfläche im ganzen auf 7100 qm. Hiervon entfallen auf das Erdgeschoss 1795 qm, auf das Zwischengeschoss 1480 qm, auf das Hauptgeschoss 2110 qm, auf das Galeriegeschoss 1715 qm, ausschliesslich der Schaukästen auf den Geländern der Galerien, welche bei einer Breite von 0,50 m im ganzen weitere rd. 351 qm Schaufläche bieten.
In das Erdgeschoss des Museums führen 2 Eingangsthüren, die eine im Mittelbau der den Wallanlagen zugekehrten Ostseite, die andere in dem östlichen Risalite der Nordseite. Die erstere dient als Haupteingang für das, das Museum besuchende Publikum.
Von der dahinter liegenden, zur Abhaltung des Zugwindes dienenden Vorhalle, führt eine grosse Glasthüre in die, um weitere 6 Stufen erhöhte, auf der Höhe des Saal-Fussbodens liegende Haupt-Eingangshalle, zu deren beiden Seiten die beiden Haupttreppen, die Garderoben sowie die Toiletten-Zimmer liegen und von welcher man durch grosse Glasthüren den Mittelsaal betritt.
Die zur Verwaltung und wissenschaftlichen Arbeiten bestimmten Zimmer, die Bibliothek usw., sowie zwei Hörsäle sind an die Nord- sowie an die Ostseite des Gebäudes gelegt, wo sie einen großen Theil des Erd- sowie des Zwischengeschosses einnehmen. Der eine der beiden Hörsäle ist für streng wissenschaftliche, der andere, grössere für Öffentliche Vorträge bestimmt. Da die daselbst zu haltenden Vorträge zumeist des Abends, nach Schluss der Besuchszeit des Museums statthaben werden, würde es mit grossen Unzuträglichkeiten für die Ueberwachung und Verwaltung des letzteren verbunden sein, wenn das die Vorlesungen besuchende Publikum auf den Haupteingang angewiesen und damit genöthigt wäre, die Museumsräume zu durchschreiten, um zu den Hörsälen zu gelangen. Um diesen Uebelstand zu umgehen, wurde an der Nordseite der zweite, namentlich für den Besuch der Hörsäle bestimmte Eingang angelegt, welcher zugleich dem Museumspersonal als Zugang dient und mit den übrigen Räumlichkeiten in einer, gegen das grosse Publikum leicht abzusperrenden Verbindung steht.
Der grössere der beiden Hörsäle ist, wie vorstehend erwähnt wurde, für öffentliche Vorträge bestimmt, namentlich auch für solche, in welchen die Demonstrationen und Experimente von wesentlicher Bedeutung sind. Mit Rücksicht hierauf ist derselbe amphitheatralisch angeordnet; er enthält auf 5 halbkreisförmig angelegten Reihen Sitzplätze für 130 Zuhörer. Der, 5 Stufen über Bürgersteig-Höhe liegende Eingang des Hörsaals entspricht der obersten Sitzreihe; der Platz des Vortragenden mit Pult und Experimentir-Tisch steht auf Kellerfussboden-Höhe. Ein in unmittelbarer Nähe liegendes Vorbereitungs-Zimmer ist mittels einer Treppe in Verbindung mit den, in den oberen Geschossen liegenden Arbeitszimmern sowie mit den Sammlungsräumen gesetzt. Ein durch alle Geschosse gehender, hydraulisch bewegter Aufzug von 250 kg Tragfähigkeit ermöglicht es, die für die Vorträge nothwendigen Sammlungs-Gegenstände ohne Mühe und ohne Gefährdung derselben aus jedem Theile des Gebäudes dahin zu befördern. Unmittelbar hinter dem Platze des Vortragenden ist eine, mit dem Aufzuge verbundene Klappe angeordnet, durch welche die herbei geschafften Gegenstände ohne weiteres in den Vortragssaal genommen werden können, Gegebenen Falls, d. h. bei etwaigen festlichen Gelegenheiten, wird dieser Hörsaal auch als Versammlungsraum zu dienen haben; aus diesem Grunde ist in demselben ein gewisser Aufwand von dekorativer Ausstattung gemacht worden, welcher in den übrigen Theilen des Museums, mit Ausnahme des Eingangs und des Haupt-Treppenhauses, sorglichst vermieden werden musste. Er erhielt eine reich kassetirte Decke und architektonisch ausgebildeten Wandschmuck. Der kleinere, an der Ostfront belegene Hörsaal ist ohne amphitheatralische Anordnung der Sitzreihen und gänzlich schmucklos gehalten. Neben demselben liegt ebenfalls ein Vorbereitungs-Zimmer, welches auch zur Aufbewahrung von Modellen, Präparaten, Instrumenten und anderen, für die Vorträge bestimmten Lehrmitteln zu dienen haben wird.
Von der, dem östlichen Haupteingange entsprechenden Eingangshalle führen rechts und links die beiden architektonisch reich durchgebildeten 2,00 m breiten Haupttreppen bis zur Höhe des Hauptgeschosses. Die inneren Wangen derselben sind durch toskanische Säulen mit aufsteigenden Bögen getragen, die Treppenläufe selbst mit Kreuzgewölben überdeckt, welche dem architektonischen Charakter der Treppe entsprechend mit Arabesken nach Art der genuesischen geschmückt sind. Die Stufen sind von gelbgrauem Marmor, sogenanntem sardinischen Granit; zwischen die Postamente der Säulen sind geschmiedete Geländer gestellt.
Im Hauptgeschosse vereinigen sich die Treppen in einem durch Oberlicht erleuchteten Vorsaale, dessen Wandflächen durch ihre Lage und Grösse, sowie auch namentlich durch ihre Lichtverhältnisse sich vortreffllich für monumentale Wandgemälde darbieten. Es bestand auch die Absicht, dieselben mit grossen Bildern von der Meisterband Professor Paul Meyerheim’s in Berlin zu schmücken; die bezüglichen Unterhandlungen mit demselben waren bereits gepflogen und so weit gediehen, dass äusserst. geistvolle Skizzen von ihm vorlagen, welche eine glänzende Bereicherung des Innenraumes sicherten. Die eine der grossen Wände sollte die Darstellung des Paradieses, die andere den Auszug der Thiere aus der, auf einem Berge im Hintergrunde liegenden Arche tragen, Leider sind die Hoffnungen, dass dieser hervor ragende Schmuck zur Ausführung kommen werde, geschwunden. Grundsätzliche Bedenken, welche im Schoosse der Baukommission gegen eine solche Verwendung der, von der bewilligten Gesammtbausumme nicht verausgabten Gelder erhoben wurden, standen derselben im Wege. Hätten diese Bedenken noch überwunden werden können, so würden andere, ebenfalls ausgesprochene, dass nämlich solche Ausschmückung dem wissenschaftlichen Ernste des Museums nicht entsprechend sei, kaum von Belang und gewiss leichter zu beseitigen gewesen sein.
Wie bereits erwähnt, sind die erforderlichen Zimmer für wissenschaftliche Arbeiten ebenso wie die Bibliothek und die Verwaltungsräume an der Ost- und Nordseite des Erdgeschosses und des Zwischengeschosses untergebracht worden. Es sind dies geräumige, ausserordentlich helle Räume, gross genug, um auch für dem Museum nicht angehörende Gelehrte ausreichenden Raum für ihre Studien in demselben anweisen zu können, wenn dies erforderlich sein sollte. Die Arbeitszimmer der mineralogischen Abtheilung befinden sich im Erdgeschoss und stehen in unmittelbarer Verbindung mit einem Zimmer für optische Versuche, sowie mittels eines eigenen Aufzuges mit den im Kellergeschoss befindlichen Zimmern für gröbere Arbeiten.
Die Neuerwerbungen eines naturhistorischen Museums gelangen in der Mehrzahl in rohem Zustande in den Besitz desselben und bedürfen einer Reihe verschiedener Vorbereitungen, um demselben endgiltig eingereiht werden zu können. Die Räume für diese Arbeiten, welche im Gegensatze zu den rein wissenschaftlichen als technische bezeichnet werden, sind ohne Ausnahme in das Kellergeschoss verlegt. An der Westfront desselben liegen zwei grosse, für Ausstopfen und ähnliche Verrichtungen bestimmte Säle, in deren unmittelbarer Nähe die Trockenkammer angeordnet ist, woselbst die fertig ausgestopften Gegenstände einer Temperatur von 40° Cels. ausgesetzt werden können. Zur Erzeugung dieser Temperatur auch während der warmen Jahreszeit dient ein in dem Raume befindlicher, grosser ummantelter Füllofen, dessen Füllung zur Verhütung von Staub und Schmutz vom Korridor aus erfolgt. Um grössere, hier zur Aufstellung fertig gebrachte Stücke ohne Gefährdung derselben nach dem Saale befördern zu können, ist neben diesen Räumen eine 4,40 m auf 2,45 m grosse, für 5000 kg Tragfähigkeit berechnete Hebebühne angelegt. Die Platte derselben ist genau schliessend in einen entsprechenden Ausschnitt des Erdgeschoss-Fussbodens eingepasst und wie dieser selbst, mit Terrazzo belegt, so dass sie einen Theil des Saal-Fussbodens bildet. Herabgelassen legt sie sich in eine, genau ihrer Dicke entsprechende Vertiefung des Keller-Fussbodens, so dass sie mit demselben bündig liegt und die grössten Stücke ohne Schwierigkeit hierauf geschoben, nach dem Erdgeschoss gehoben und dort an die ihnen zugewiesenen Plätze bewegt werden können. Die Versenkung wird durch zwei Handwinden bewegt und läuft in 4, den Ecken entsprechenden Führungsstangen. Ausser den hier genannten befinden sich noch drei der geologischen und drei der mineralogisch-geologischen Abtheilung zunächst zugewiesene Arbeitszimmer im Untergeschoss.
Zu ersteren gehört auch das Schmerzenskind, der Macerirraum. Es dürfte bekannt sein, dass die hier vorzunehmende Verrichtung des Macerirens darin besteht, dass die zu skelettirenden Thierleichen in grossen Bottichen einem Bade von warmem Wasser so lange ausgesetzt werden, bis alle Weichtheile abgefault sind und die Knochen durch Bürsten und Bleichen usw. weiter gereinigt und bearbeitet werden können. Solcher Bottiche stehen drei Stück in dem Raume, deren grösster rd. 1,6 cbm enthält. Sie sind mit starkem Blei ausgelegt und einerseits mit einem, ebenfalls in dem Raume befindlichen Ofen zur Erzeugung des heissen Wassers, andrerseits mit der Abzugsleitung in Verbindung. Starke, mit Filz bezogene Deckel sollen die Abkühlung des Wassers und zugleich die Verbreitung des Dampfes in dem Raume verhindern, dessen Abführung durch ein, in den Deckel eingesetztes, mit einem, unmittelbar über Dach geführten Rohre in Verbindung zu setzendes Zinkrohr bewirkt wird. Es ist klar, dass die hier vorgenommenen Arbeiten nicht ohne Entwickelung der widerwärtigsten Gerüche vor sich gehen können. Schon bei der Anlage des Gebäudes ist daher auf eine besonders kräftig wirkende Lüftung Bedacht genommen worden; es hat sich jedoch erwiesen, dass dieselbe die Verbreitung der Gerüche durch das Gebäude nicht zu verhindern vermochte. Man ist deshalb bemüht gewesen, die Wirkung derselben durch verschiedene nachträgliche Verbesserungen zu sichern und zu erhöhen und noch immer mit der Lösung dieses Problems beschäftigt. Sollten alle diese Versuche nicht den angestrebten Erfolg haben, so würde durch sie dargethan sein, dass Arbeiten dieser Art überhaupt nicht innerhalb eines Gebäudes vorzunehmen seien, dass aber, wo dies aus irgend einem Grunde durchaus nothwendig erscheinen sollte, der betreffende Raum seinen Platz besser auf dem Dachboden als in dem Untergeschoss finden würde.
Der Haupt-Eingangshalle entspricht im Untergeschoss der Heizraum mit den Caloriferen, dem Dampferzeuger, dem Gasmotor, Ventilator usw. In der Mitte des Gebäudes, dem Mittelsaale entsprechend, liegt das Kohlenmagazin, sowie ein Magazin für gröbere Vorräthe des Museums; die ganze südliche Seite wird in der Breite des darüber liegenden äusseren Saales durch einen vorläufig noch nicht benutzten Reservesaal eingenommen, welcher später ebenfalls zu Ausstellungs-Zwecken etwa für grössere, schwer zu bewegende Stücke der mineralogisch-zoologischen Abtheilung dienen kann, da er durch 2 Treppen mit dem Erdgeschoss in Verbindung steht. Zunächst wird er noch als Lagerraum für Museumsvorräthe benutzt. Schliesslich sind noch zwei etwa die halbe Länge der Westseite einnehmende Dienstwohnungen zu erwähnen. Vor denselben liegt, der ganzen Länge der Westfront entsprechend, der 2,50 m breite Lichtgraben (Area), welcher die beiden Wohnungen mit Licht und Luft versieht und von welchem aus 2 Eingangsthüren in das Untergeschoss führen.
Bereits an anderer Stelle wurde des für 250 kg Tragfähigkeit berechneten, durch alle Geschosse gehenden Aufzuges Erwähnung gethan. Die denselben bewegende Maschine wird durch den Druck der städtischen Wasserleitung betrieben und arbeitet tadellos. Der Aufzug hat sich bei den Einrichtungsarbeiten bereits vortrefflich bewähren können.
Das für die innere Gestaltung des Museums angenommene System führte zur weitgehendsten Verwendung von Eisen-Konstruktionen für den inneren Ausbau, da nur dadurch die erstrebte Raumersparniss und Einschränkung aller Schatten gebenden und den Verkehr hemmenden Baukörper erreicht werden konnte. Der statischen Berechnung der Konstruktionen wurden folgende Werthe zugrunde gelegt.
- für das Mitteldach: obere Belastung durch Konstruktion, Schnee und Wind, zusammen 150 kg auf 1 qm, untere Belastung durch Oberlicht 50 kg auf 1 qm
- für die Seitendächer: obere Belastung wie oben 150 kg auf 1 qm, Oberlichter 50 kg auf 1 qm, Fussboden des Dachgeschosses 300 kg auf 1 qm.
- Gesammtbelastung d. Galerie-Fussbodens 500 kg auf 1 qm.
- Desgl. der Fussböden der äusseren Säle 800 kg auf 1 qm.
Die Beanspruchung des Schmiedeisens auf Zug und Druck soll 1000 kg auf 1 qcm nicht übersteigen, die größte Belastung des Mauerwerks 14 kg auf l qcm betragen.
Wie bereits berichtet, sind anstelle von festen Trennungen zwischen den Aussensälen und dem Mittelsaal nur tragende Stützen angenommen worden, welche der Axentheilung der Fassaden entsprechend, in Abständen von 5,03 m beziehendlich 2,515 m bei den halben Axen des Mittelbaues angeordnet sind. Diese Stützen bestehen aus einem tragenden Kern, welcher aus 4, durch Gitterwerk verbundenen Winkeleisen hergestellt und mit Schalen von Kastenguss verkleidet ist. Die Abmessungen dieser tragenden Kerne sind folgende: Im Erdgeschoss 380 x 380, im Zwischengeschoss 340 x 340, im Hauptgeschoss 270 x 270, im Galeriegeschoss und Dachgeschos 200 x 200 mm.
Auf diesen Stützen ruhen das, aus geschmiedeten Trägern mit den entsprechenden Längsverbindungen angeordnete Mitteldach, sowie die, mit ihrem anderen Ende auf den Umfassungsmauern aufliegenden gewalzten Träger der Nebendächer. Am ersteren hängt das eiserne Sprossenwerk, des, den Mittelsaal in Form einer elliptischen Tonne überspannenden Oberlichtes; an letzteren sind die Decken des Galeriegeschosses mit den, in denselben liegenden Oberlichtern aufgehängt. Die Lasten der Decken der 2 unteren Geschosse werden durch Unterzüge aufgenommen,welche dieselben einerseits auf die Stützsäulen, andrerseits auf die Umfassungsmauern abgeben. Der Breite der Säle entsprechend, beträgt ihre freitragende Länge 9,24 m, In Abständen von 1,30 m sind mit ihnen die Deckenträger verlascht; zwischen diese letzteren ist das bombirte Wellblech eingespannt, auf welches die, dem Terrazzo-Fussboden zur Unterlage dienende, im Scheitel 12 cm starke Konkretschüttung aufgebracht ist. Die konsolenartig vortretenden Träger der Galerien bilden Verlängerungen der grossen Unterzüge; sie sind der Länge nach zwei mal mit eisernen, den Deckenträgern entsprechenden I-Balken verbunden. Aehnlich sind die nach beiden Seiten der Stützsäulen vortretenden Träger der obersten Galerien angeordnet.
Die gusseisernen, mit Eisenbelag versehenen Stufen der 4 Nebentreppen ruhen auf I-Trägern, welche ihrerseits durch schmiedeiserne, aus je zwei, durch Deckelbleche verbundenen C-Eisen hergestellte Säulen getragen werden. Diese Treppen sind mit schmiedeisernen Geländern ähnlich denen der Galerien versehen.
Bezüglich der für das Museum angenommenen Heizungs- und Lüftungsanlage ist Folgendes zu bemerken: Die Heizung und Lüftung der Ausstellungsräume des Museums und die der Arbeitszimmer usw. waren verschiedenartig zu behandeln. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die den Ausstellungs-Zwecken dienenden Räume des Museums gewissermaassen einen einzigen Raum bilden, welcher nur bis auf 12,5° Cels. geheizt zu werden braucht, dagegen der Ausdünstungen wegen einen Luftwechsel von 24 000 bis 28 000 cbm in der Stunde erfordert, wurde eine Drucklüftung mit Erwärmung durch zentral angelegte Feuerluftheizung gewählt. Da eine Befeuchtung der Luft für die ausgestellten Gegenstände nur von Nachtleil sein würde, ist davon abgesehen worden, so dass also die Luft ganz trocken eingeführt wird.
Nach ihrem Durchgange durch den grossen, 36 000 cbm in der Stunde liefernden, durch einen Körting’schen Gasmotor von 6 Pferdekräften betriebenen Drucklüfter gelangt die Luft durch den Filterraum in die Zentral-Heizkammer, um dort je nach der Aussentemperatur erwärmt zu werden. Es sind 3 Apparate zu 3 Doppel-Abtheilungen von je 50 qm Heizfläche angeordnet, so dass 9 Einzelfeuer mit zusammen 450 qm Heizfläche entstehen, die jedoch nur bei sehr niedriger Aussentemperatur zusammen in Betrieb genommen werden. Die frische erwärmte Luft wird in das unter Keller-Fussboden liegende Kanalnetz gepresst und vertheilt sich dort in die, in den verschiedenen Räumen ausmündenden Zweig-Luftkanäle.
Den nicht zu Ausstellungs-Zwecken oder dem Verkehr des Publikums dienenden Räumen, nämlich den Arbeitszimmern, Hörsälen, musste eine von ersteren unabhängige Heizung und Lüftung gegeben werden, da für sie eine weit höhere Temperatur, 20 Grad Cels., erreicht werden muss. Für diese Abtheilung wurde deshalb eine Niederdruck-Dampfheizung nach dem System Bechem & Post ausgeführt. Den erforderlichen Dampf liefert ein Patent-Niederdruck-Dampfentwickler mit 5,0 m hohem, 80 mm starkem Standrohr, der in dem Heizraum aufgestellt ist. Die Lüftung dieser Räume, für die ein Luftwechsel von 8000 cbm in der Stunde vorgesehen ist, erfolgt durch die vorgewärmte Luft.
Für die Klosets und die stark zu lüftenden Arbeitsräume im Keller ist Sauglüftung durch Saug-Schornsteine vorgesehen. Diese letzteren sind mittels gusseiserner Rippenplatten gebildet und es genügen im Winter die abziehenden Rauchgase der Heizöfen, um eine hinreichende Entlüftung zu erzielen (mit Ausnahme des bereits besprochenen Macerir-Raumes). Für die warme Jahreszeit sind entsprechende Lockfeuer angelegt. Die durch die Saug-Schornsteine abgesaugte, stark verdorbene Luft wird durch dieselben unmittelbar über Dach ausgeführt, während die Abluftkanäle der übrigen Räume mit weniger verdorbener Luft in den Dachraum münden, von wo aus die Luft durch Jalousien austritt. Es sollte damit erreicht werden, den Dachraum, welcher zunächst keinerlei Verwendung hat, im Winter frostfrei zu halten.
Da das Museum dem Besuch des Publikums stets nur bis zum Eintritt der Dunkelheit geöffnet sein wird, lag eine Veranlassung nicht vor, eine für eine Besichtigung der Sammlung ausreichende Abend-Beleuchtung anzulegen. Die Sammlungs-Räume erhielten deshalb nur eine für die Verwaltungszwecke genügende Beleuchtungs-Anlage, während andererseits die Arbeitsräume, Hörsäle usw. reichlicher, so wie ihre Zwecke es erfordern, damit versehen sind. Von der Anlage einer elektrischen Beleuchtung wurde deshalb zunächst abgesehen und es steht dahin, ob solche etwa für die Hörsäle noch eingeführt werde.
Für die äussere Gestaltung ergab sich als ein Hauptmoment die Nothwendigkeit ausgiebiger Fensterflächen, im übrigen eine einfache, der Bestimmung des Gebäudes entsprechende, ernste Architektur; die beigefügte Ansicht enthebt uns einer weiteren Auslassung über den gewählten Stil, sowie über die Formengebung im Einzelnen.
Nachdem wir uns, dank der bereits besprochenen, nachträglich bewilligten Erhöhung der Bausumme in der Lage sahen, die Architekturtheile der Fassaden in Hausteinen ausführen zu können, entschieden wir uns nach reiflichster Erwägung dahin, für die Gesimse und Gliederungen Nesselberger Sandsteine, für den Untersockel Dolomit zu verwenden; für die Flächen der Fassaden wählten wir Ullersdorfer Verblendsteine. – Auf besonderen Antrag wurden später, während des Verlaufes der Ausführung, auch noch die Mittel bewilligt zu verschiedenen, namentlich skulpturalen Ausschmückungen der sonst sehr einfach gehaltenen Fassaden. So konnten die grossen, zwischen den Fenstern des Zwischen- und des Hauptgeschosses befindlichen Platten mit Reliefs von Aloys Denoth geschmückt werden, welche abwechselnd Relief-Porträts hervor ragender Forscher und symbolische Darstellungen der verschiedenen Erdtheile enthalten; ornamentale Platten, nach Modellen desselben Künstlers von Villeroy & Boch ausgeführt, wurden zur Schmückung des östlichen Mittelbaues in die zu beiden Seiten des Mittelfensters ausgesparten Füllungen eingefügt. Wenn auch, wie in Vorstehendem erörtert, die Erfordernisse des Museums und der aus denselben entwickelte Grundgedanke der Anlage eine umfassende Verwendung von Eisen-Konstruktionen mit sich brachten, so konnte es doch andererseits dem Wesen des Gebäudes nicht entsprechen, die letzteren in ihrer Nacktheit zu zeigen. Bei der grossen Einfachheit der Anlage würde derselben damit allzu sehr das Gepräge eines blossen Nutzbaues gegeben worden sein, was nicht in der Absicht liegen konnte. Die Stützsäulen sind wie bereits erwähnt, mit architektonisch gegliederten Gussschalen, die Galerieträger durch grosse in Holz ausgeführte Konsolen verkleidet worden. Die Unterzüge sind umschalt und verputzt, die unschönen Untersichten der Wellblech-Decken verschalt und gegypst. Der hallenartige Eindruck des gewaltigen Innenraumes ist dadurch in keiner Weise beeinträchtigt, die mit Eisen-Konstruktionen in gewissem Sinne unvermeidliche Rohheit aber vermieden und durch harmonische Gliederung ersetzt worden.
Mit Ausnahme der ganz untergeordneten Räume im Untergeschoss sowie des Dachbodens, welche Ziegelpflaster oder Zementfussboden, der Dienstwohnungen, der Arbeitszimmer, Hörsäle usw., welche Holzfussböden haben, sind sämmtliche Innenräume des Museums mit Terrazzo, die Eingangsvestibüle und Vorplätze mit Steinmosaik-Fussböden belegt; ersterer ist von Odorico in Frankfurt a. Main, letzterer von Villeroy & Boch geliefert. Die Fussböden der Galerien und Querverbindungsgänge sind von 45 mm starken, beidseitig gehobelten und in der sichtbar bleibenden gestäbten Bohlen hergestellt. Die äussere Dachfläche ist mit Kupfer eingedeckt; die betreffenden Arbeiten sind vom Dachdeckermeister Brecher ausgeführt.
Es erübrigt noch, die Namen Derjenigen zu nennen, welche ausser den bereits Erwähnten an dem Werke betheiligt waren, und mit rühmenswerthem Eifer, trotz mancher ‚Schwierigkeiten dasselbe zu Ende führen halfen, Die Gesammtausführung hatten die Hrn. Braun Gebrüder übernommen; sie haben ihrerseits die Maurer-, sowie die Zimmerarbeiten selbst ausgeführt. Die Steinmetzarbeiten wurden von den Hrn. Wallbrecht und Rusch in Hannover ausgeführt und von der Hanseatischen Baugesellschaft in Hamburg gelifert. – Die Hrn. Nagel & Kaemp, speziell deren Ober-Ingenieur Hr. Kohfahl hatten die Güte die Eisenkonstruktionen durchzukonstruiren und zu detailliren; ausgeführt sind dieselben von dem Eisenwerk Lauchhammer. Die Tischlerarbeiten sind von Hrn. Vogt, die Glaserarbeiten von Hrn. W. Völker, die Gas- und Wasseranlagen von Hrn. Basse & Kröger, die Schlosserarbeiten von Hrn. May & Herrman, die Malerarbeiten von Hrn. R. Peldner ausgeführt; die übrigen Betheiligten sind bereits in Laufe dieser Darstellung genannt worden.
Nachdem in Folge von mancherlei Zwischenfällen die Vollendung des Baues einige Verzögerung erlitten, konnte derselbe am 2. Januar 1889 in seinen kontraktlich bedungenen Theilen abgenommen werden. Verschiedene nachträglich bestimmte Ausführungen verzögerten jedoch die eigentliche und endgiltige Ablieferung an die, das Gebäude in Verwaltung nehmende Baubehörde bis zum 1. März 1890. Gänzlich unabhängig davon ist jedoch noch die Eröffnung des Museums für das Publikum. Diese kann erst nach geschehener Einrichtung und Einordnung der Sammlungen erfolgen; es entzieht sich gänzlich unserem Urtheile, wann dieselbe vollendet sein dürfte, da die Beschaffung des erforderlichen Inventars nicht in die Hände der Architekten gelegt worden ist, sondern aus einem eigens dazu bewilligten Fonds durch die Staatsbehörde besorgt wird. Allem Anscheine nach, dürfte noch geraume Zeit darüber hingehen.
Ueber der zur Ausführung des Senats und Bürgeschafts-Beschlusses niedergesetzte Kommission waltete ein seltenes und trauriges Geschick. Vier der Mitglieder derselben starben binnen kurzer Zeit. Zuerst der Präses der Kommission, Senator Bürgermeister M. T. Hayn, sodann Senator Rapp, das Bürgerschafts-Mitglied Dr. E. Fischer, ein hochverdienter Zoologe und endlich, am 6. Januar d. v. Js. der derzeitige Direktor des Museums, Hr. Professor Dr. Pagenstecher. Wenn schon der Tod des erstgenannten Herren, denen die Architekten zu wärmstem Danke verpflichtet waren, schmerzlich empfunden wurde und auf das Tiefste zu beklagen war, so traf sie doch der Tod des Direktors ganz besonders. Der Natur der Sache nach waren viele Einzelheiten des Baues und der besonderen Einrichtungen desselben mit ihm oft und eingehend durchberathen worden, die entweder von ihm selbst ausgingen oder die er sich doch so ganz zu eigen gemacht hatte, dass er stets ganz dafür eintrat. Im vollsten Einverständnisse mit den Architekten verfolgte und förderte er deshalb den Fortgang des Baues; konnte er denselben doch in vielen Beziehungen als sein Werk ansehen! Wir haben Ursache schmerzlich zu bedauern, dass dem hochverdienten Manne nicht mehr vergönnt war, an dem Werke bis zuletzt thätig zu sein und dessen Vollendung sehen zu können.
Im Laufe der Bauausführung hat sich eine nicht geringe Menge von Nachtragsarbeiten, Vervollständigungen, Verbesserungen usw. als nothwendig und wünschenswerth erwiesen, deren Herstellungs-Kosten sich auf rd. 90 000 M. belaufen. Danach berechnen sich die Gesammtkosten des Bauwerkes wie folgt:
Uebernahmevertrag | M. 976 000 |
Heizung und Lüftung | M. 26 780 |
Nachbewilligte Sonderkosten | M. 90 000 |
Gesammtkosten | M. 1 092 813 |
Hierbei sind nicht eingeschlossen das Honorar der Architekten sowie gewisse Neben- und Verwaltungskosten. Bei einer bebauten Grundfläche von 2915 qm ergiebt dies für 1 qm 375 M. und für l cbm umbauten Raumes rd. 14 M.
Dieser Artikel von Manfred Semper erschien zuerst 1890 in der Deutschen Bauzeitung.