Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden

Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden. Besuch des Prätorium der Saalburg

Der Zar, der vor wenigen Wochen nach Darmstadt gekommen ist, um an der Hochzeit des Prinzen Andreas von Griechenland teilzunehmen, weilt noch immer mit seiner Gemahlin auf deutschem Boden und scheint sich hier recht wohl zu fühlen.

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Nachdem er kaum den seit längerer Zeit beabsichtigten Besuch am römischen Hof abgesagt hatte, regte er eine Zusammenkunft mit unserm Kaiser an, die am 4. November in Wiesbaden stattgefunden hat. Der Aufenthalt im Deutschen Reich, dem Vaterland der Zarin, mit seinen geordneten Zuständen mag ihm angenehm sein, weil er sich hier vor Nachstellungen sicher weiß. Von Schloß Wolfsgarten, wo er Wohnung genommen hat, begibt er sich des öftern mit dem Automobil in die nähere oder weitere Umgebung.

Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden. Besuch des Prätorium der Saalburg
Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden. Besuch des Prätorium der Saalburg

So stattete er auf diesem modernsten Fahrzeug mit seiner Gemahlin jüngst auch der Saalburg einen Besuch ab. Gern weilt der Zar offenbar bei den Offizieren des hessischen Leibdragonerregiments Nr. 24, dessen Chef er ist. Am 27. Oktober wohnte er bereits zum zweitenmal einem Reiterfest bei, das von dem Offizierkorps ihm zu Ehren veranstaltet wurde.

Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden. Besuch des Reiterfestes der Darmstädter Dragoner
Das russische Kaiserpaar auf deutschem Boden. Besuch des Reiterfestes der Darmstädter Dragoner

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Woche 45/1903.

Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II.

Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. haben nach der Zusammenkunft in Wiesbaden am 4. November auch den folgenden Tag gemeinsam verlebt.

Von der Zusammenkunft Kaiser Wilhelms II. mit Zar Nikolaus zu Wolfsgarten. Abfahrt des Kaisers von der Station Egelsbach
Von der Zusammenkunft Kaiser Wilhelms II. mit Zar Nikolaus zu Wolfsgarten. Abfahrt des Kaisers von der Station Egelsbach

Gegen Mittag reiste der Kaiser mit dem Reichskanzler nach der Station Egelsbach, wo ihn der Zar empfing, um mit ihm nach dem in der Nähe gelegenen Schloß Wolfsgarten zur Hoftafel zu fahren. Während die beiden Monarchen hier den Nachmittag verbrachten, weilte Graf Bülow in Darmstadt, wo er eine mehrere Stunden lange Unterredung mit dem Grafen Lamsdorf hatte. Abends begaben sich auch die beiden Minister nach Wolfsgarten, um an einer zweiten Hoftafel teilzunehmen. Es war aufgefallen, daß weder hier noch in Wiesbaden die bei solchen Gelegenheiten üblichen Trinksprüche ausgebracht worden waren; den Grund erfuhr man spater als die Nachricht von der Operation des Kaisers bekannt wurde. Es hatte sich auf seinem linken Stimmband ein Polyp gebildet, der dann nach der Rückkehr nach Potsdam durch eine Operation beseitigt wurde. Erfreulicherweise wurde die Geschwulst bei der mikroskopischen Untersuchung als durchaus gutartig erkannt, so daß zu Besorgnissen nicht der mindeste Grund vorliegt.

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Woche 46/1903.