Die Bäder der ungarischen Hauptstadt

Die geographische Lage und die geologische Beschaffenheit Ungarns erklären vollauf den Reichthum des Landes an Naturschätzen, sowie deren Mannichfaltigkeit. Es ist Thatsache, dass es auf dem ganzen Erdenrunde kaum ein zweites Land giebt, dessen Boden fruchtbarer und gehaltvoller als dieser wäre.

Alle Gebirge Ungarns, welche aus krystallinischen Schichten- und Massen-Gesteinen oder verwandten Formationen bestehen, sind von üppigem Quellenreichthum. Bei der grossen Vielseitigkeit dieser Gebilde ist es ganz und gar nicht überraschend, dass das Magyarenland auch eine Fülle von Mineralwässern birgt, von denen einzelne sogar einen Weltruf erlangt haben.

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Vor allem ist der Ruf der Landeshauptstadt wegen ihres Reichthums an Heilquellen verschiedenster Art voll begründet. Budapest darf mit Recht der bedeutendste Badeort der Welt genannt werden, wenn er auch aus unzähligen Gründen nicht der beachtetste sein kann. Vor den Thoren Ofens liegen die Quellen, welche den Namen Ungarns bis in die fernsten Welttheile getragen haben. Auf dem ganzen Gebiete der Hauptstadt, auf dem rechten wie auf dem linken Ufer, ja selbst inmitten der Donau stossen wir auf mineralische Quellen von zumeist hohen Wärmegraden, auf Schwefelthermen, stark kohlensäurehaltige Wässer, Bittersalzquellen von ausserordentlicher Ergiebigkeit und auch auf eine kalte eisenhaltige Quelle. Dieser Reichthum an Bädern und Heilquellen, schon zur Zeit der Römer gekannt und geschätzt, hat sich in neuester Zeit noch bedeutend vergrössert. Alt-Ofen, die ehemalige römische Kolonialstadt Aquineum (Fünfquellenstadt) besitzt noch heutigentags die stärksten Thermen, das Kaiser-, Königs- und Lukasbad. Aus dem Gesteine ihrer Trümmer entstand dann im Laufe der Zeit dieser in archäologischer Beziehung so hoch interessante Stadttheil Budapest’s. Staat und Stadt haben sich bemüht, die einstige Römerstadt aufzudecken, insbesondere deren Bade-Anlagen, welche in selten vorkommender Uebersichtlichkeit das von den Römern bei Anlage ihrer Thermen befolgte System bis in die kleinsten Einzelheiten erkennen lassen.

Ruhe- und Frisir-Salon im Bruckbad

Die heilkräftigen mineralischen Warmguellen in Ofen und Alt-Ofen lassen sich in vier Gruppen theilen:

  1. Die Quellen des Raitzen-, Blocks- und Bruck-Bades; dieselben entspringen aus Dolomit mit einer Temperatur von 34-36 Grad R.
  2. Die Quellen des Kaiser-, St. Lukas- und Königs-Bades; sie kommen aus Nummuliten-Kalk und Kleinzeller Thon. Die Temperatur dieser Quellen schwankt zwischen 22-33 Grad R.
  3. Die Quellen, welche die Mühle der Kekékcsárda, die Schiesspulvermühle und das Schwanfelder Bad mit Wasser speisen; diese stammen aus neueren Ablagerungen und zeigen eine fast gleichmässige Temperatur von rd. 20 Grad R.
  4. Die Quellen der Margarethen-Insel mit einer Temperatur von 26-33 Grad R.

Die Wassermenge, welche sich aus diesen Quellen im Laufe von 24 Stunden in den Donaustrom ergiesst, beträgt bei der Gruppe 1 – 22 000 hl ,bei Gr. 2 – 320 000 hl, bei Gr. 3 — 148 000 hl, demnach zusammen ohne die Quellen der Margarethen-Insel 490 000 hl. Es entspricht dies dem gesammten Wasserreichthum eines sechs Quadratmeilen grossen Gebietes.

Auf der Pester Seite liefert der artesische Brunnen auf der Palatinal-Insel im Stadtwäldchen 12 000 hl binnen 24 Stunden, bei einer Bohrtiefe von 970,5 m und einer Temperatur von 74,10 Grad C. An kleineren Bädern auf dem linken Donau-Ufer sind noch anzuführen das Dianabad, das Tartsay’ und Gachwindt’sche Bad, sowie das Eisenbad in der Lindengasse und das von Arch. Freund erbaute Dampfbad in der Ringstrasse, welches aus dem Eisenbade in der Königsgasse erstanden ist.

Dass trotz der Fülle dieser Bäder der grosse wasserreiche Donaustrom hinsichtlich der Ausnutzung zu Badezwecken nicht vernachlässigt wird, braucht wohl nicht besonders hervor gehoben zu werden. Geräumige Schwimm- und Zellenbäder bieten im Sommer Freunden des kalten Flussbades reichlich Gelegenheit, ihre Glieder in den Fluthen der Donau zu erfrischen und zu stählen.

Das bedeutendste und in künstlerischer Beziehung anziehendste Bad der ersten Gruppe ist das Raitzenbad am Abhange des Blockberges. Schon zu Zeiten des Königs Mathias stand hier ein Bad, welches durch Säulengänge mit dem königlichen Schlosse in Verbindung stand, wovon das jetzige Volksbad noch Reste in sich schliefst. Das heutige Raitzenbad, welches im Jahre 1860 der Besitzer Dr. Heinrich durch den Nestor der ungarischen Architektenschaft Ritter von Ybl um- und ausbauen liess und zu welchem durch Arch. Meinig erst jüngst noch ein neues Vestibul hinzu gefügt wurde, ist unstreitig, wenngleich die Umgebung und dass äussere Gewand der Anlage wenig einladen, ein Muster für die später in anderen Grossstädten errichteten Badehäuser gewesen. Insbesondere hat das grosse Herren-Dampfbad hinsichtlich seiner inneren kompendiösen Anordnung als Vorbild für das Römerbad in Wien gedient, welches letztere als Neubau selbstverständlich noch gegeräumiger und vom akademischen Standpunkte aus regelrechter ausgestaltet werden konnte. Mit feinem Geschmack und grossem Luxus ausgestattet ist das Dampfbad für Damen. Beide gehören zu den hervor ragendsten Sehenswürdigkeiten der Landeshauptstadt.

Türkisches Bad, gegenwärtig heisses Bassin und Dampfbad des Bruckbades

Wenn dagegen das Blocksbad mit seinem alten türkischen Kuppelbau, an sich das primitivste, nur wegen der heissen Therme einen Ruf geniesst, so fordert das dritte Bad im Bunde dieses Quellenbereiches, das hauptstädtische Bruckbad mit vier warmen Quellen, die auch zur Trinkkur dienen, vollberechtigte Aufmerksamkeit. Nachdem bereits der Mittelpunkt der Anlage, das herrliche türkische Bad – von dem Ofner Pascha Mustafa Sokoli 1570-77 auf den Grundmauern eines erzbischöflichen Palastes erbaut – im Jahre 1880 nach den Plänen des städtischen Ingenieuramtes auf das stattlichste hergestellt worden war, ist nach der Landes-Ausstellung des J. 1885 diese hervor ragende Reliquie türkischer Architektur, der kühn konstruirte Kuppelbau als Mittelpunkt gedacht, durch Hinzufügung von kalten und warmen Bassins zu einem grossen Dampfbad erweitert worden. Die grossartige Kuppel, deren innerer Durchmesser 10 m beträgt; ruht auf acht mächtigen Säulen. Die Erleuchtung des Raumes erfolgt durch 86 sternartige, mit farbigen Gläsern ausgelegte Oeffnungen. Die Lichtwirkung ist eine überwältigende und lässt die Schönheit dieses Meisterwerkes in noch höherem Glanze erscheinen. Bis zum Jahre 1881 diente es als ein für Männer und Frauen gemeinschaftliches Volksbad. Die ganze Anstalt umfasst noch 29 Steinbäder, 22 Porzellanbäder, 19 Marmorwannenbäder, 12 Gastzimmer und eine gute Restauration. Es hat zwei Kurhöfe und an der Stirnseite eine schöne Promenade. Das jährliche Erträgniss wechselt zwischen 45 000-50 000 fl. Oest.-W.

Zur ersten Gruppe der Ofner Bäder gehören noch die Bitterquellen, welche dem südlichen Abhange des Blocksberges entsprudeln. Der Reichthum dieser muldenförmigen Niederung an heilkräftigen Quellen wurde erst vor 35 Jahren erschlossen. Heute sind schon Tausend-Millionen Flaschen Ofner Bitterwasser im In- und Auslande verbraucht worden. Ich nenne vor allem die Elisabeth-, Räkoczy-, Viktoria-, Hunyady- und Franz-Josef Quelle. Mattoni’s Elisabeth-Salzbad verfügt über 65 Badekabinen und mehr als 60 Wohnzimmer. Es hat schattige Promenaden und ist durch einen eigenen Omnibusverkehr mit der Hauptstadt verbunden. Dasselbe ist ein sehr besuchter Kurort für Unterleibs- und Frauenkrankheiten.

Unter den Bädern der zweiten Quellengruppe ist das bekannteste und älteste das Kaiserbad, das sich bereits seit zwei Jahrtausenden, schon zur Römerzeit, grosser Beliebtheit erfreute. König Mathias Corvinus hat es verschönern und Mohamed Pascha in den Jahren 1543-1548 vielseitig erweitern lassen. Einen Rest des türkischen Bades Caglia sehen wir noch heute in dem Bassin des jetzigen Volksbades. Zu Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts gehörte das Kaiserbad der Familie Marczibäuyi, gelangte aber 1802 durch Stiftung in den Besitz des Ordens der barmherzigen Brüder. Elf Quellen von 22 bis 52 Grad R. liefern das heisse Wasser für die grossartigen Bassins und Wannen der Anlage. Ausser den zahlreichen Porzellan- und Marmorwannen-Bädern, einer offenen grossen Herren- und einer gedeckten eleganten Damen-Schwimmschule besitzt das Kaiserbad ebenfalls ein nicht unbedeutendes Dampfbad, obwohl diese Anlage mit der im Raitzen- oder Bruckbade sich nicht vergleichen kann. Ein mit stolzen Platanen besetzter Arkadenhof, in dem während der Saison täglich Konzerte geboten werden, bildet einen steten Anziehungspunkt für die zahlreichen Kurgäste und für ein Erholung suchendes Publikum. Bereits trägt man sich mit dem Plane, die ganze Anlage im grössten Stile umzugestalten und zu erweitern. Sind doch die Schwefelthermen in quantitativer Beziehung so überaus ergiebig! Es liefert allein die Trinkquelle binnen 24 Stunden 3300 cbm Wasser von 49 Grad R. In qualitativer Hinsicht zeigen die vielen naturwarmen Schwefelquellen eine ausgezeichnete Heilkraft, bei welcher neben dem Wärmegrade auch die Spuren verflüchtigender organischer Säuren eine Rolle spielen dürften.

Grand Hotel Lukasbad. Architekt Ney

Stromabwärts an das Kaiserbad stossen die baulichen Anlagen des in den letzten 6 Jahren sehr erweiterten St. Lukasbades, dessen Ursprung gleichfalls in die Türkenzeit fällt; doch fehlen auch solche Merkmale nicht, welche bezeugen, dass die Quellen bereits von den Römern zu Badezwecken benutzt wurden, Die Besitzer Palotai liessen in den Jahren 1884-87 durch Arch. Schlesier die Herren- und Damen-Schwimmschulen, das Schlammbad (gemeinsam für beiderlei Geschlecht), sowie die beiden selbstständigen Dampf-Badeanlagen errichten bezw. auch nur erneuern; leider hat eine sparsame Verwerthung und Ausnützung des Geländes und eine entsprechende Schonung des Kurparkes nicht stattgefunden. Allem Anscheine nach hat es von vorn herein an einem klaren Programme gefehlt. Die letzten Jahre haben auf den alten Mauern der Steinbäder ein „Grand Hotel“ erstehen lassen, das nach den Plänen des Architekten Ney ausgeführt worden ist. Vielleicht gelingt es der Aktien-Gesellschaft des Kaiserbades, dieses Konkurrenzbad in künstlerischer Hinsicht noch zu überbieten!

An der Ecke der Kórház és fö uteza treffen wir auf das letzte Bad der zweiten Gruppe – das Königsbad. Obgleich die Heilkraft der Quelle derjenigen der vorgenannten Bäder nicht nachsteht, so dürfte es auch geringen Ansprüchen kaum mehr genügen. Eine „zeitgemässe“ Erneuerung der Wohnungen wie der Bäder (etwas ist bereits geschehen) könnte den alten Ruf der Anlage wieder heben.

Die dritte Gruppe der Ofner Quellen hat geringere Bedeutung; dagegen müssen die zur Nutzung der vierten Quellengruppe errichteten Bauten ein um so höheres Interesse erwecken, und verdienen daher eingehendere Betrachtung.

Das reizende Eiland, dem diese Quellen entspringen, die im Besitz des Erzherzogs Josef befindliche Margaretheninsel, ist bekanntlich ein wahres Kleinod der Hauptstadt, eine echte Perle des Donaustromes. Ist sie doch, ganz abgesehen von ihrer Bedeutung als Kurort während der heissen Sommermonate ein Zufluchtsort der besseren hauptstädtischen Gesellschaft, ein äusserst beliebter Unterhaltungsort für Tausende von Fremden! Ein halbstündiger, lebhafter Lokal-Dampferverkehr erleichtert den Besuch der Insel sowohl von der Pester, wie von der Ofner Seite bis in die späten Abendstunden; eine eigene Pferdebahn verbindet ihren oberen und unteren Theil, deren jeder einen Landungsplatz besitzt.

Dieses kleine Paradies ist längst als Weltbad gepriesen worden und sein Ruf stieg noch mehr, als Restaurationen und Hotels, mit Post und Apotheke versehen, aufgeführt wurden und schliesslich der grosse Badepalast von Altmeister Ritter v. Ybl der Benutzung übergeben ward. Das fast fürstlich ausgestattete Gebäude auf dem oberen Theile der Insel errichtet, hat die Form eines L. Die Hauptfront, gegen Süden gerichtet, ist 75 m lang. Von einem Kuppelraum von 11 m Durchmesser ausgehend, durchlaufen 4,5 m breite Korridore mit hohem Seitenlicht die Flügelbauten. Zu beiden Seiten dieser Korridore reihen sich die mit Vorräumen und Marmorwannen versehenen Badekabinen an. Die in der Mitte der Hauptfront liegende stattliche Halle ist mit Gemälden geschmückt, desgleichen der Kuppelraum und die Gänge. – Das zweite Hauptgebäude dieses herrlichen Badeortes ist das untere Wirthshaus, das an der südlichen Spitze der Insel liegt und mit Benutzung der schon früher hier vorhandenen kleineren Gebäude ebenfalls unter Leitung Meister Ybl’s hergestellt wurde. Es besteht aus einem grossen Saal und einer säulengetragenen Vorhalle mit breiter Terrasse, zu der eine schöne Freitreppe hinan führt. Dem Saalbau schliessen sich rechts und links, einen blumengeschmückten Hof bildend, kleinere Gebäude an, die zur Aufnahme von Kurgästen dienen. Erwähnenswerth sind ferner das Direktions-Gebäude, 2 Hotels mit 170 Zimmern, Lese- und Konversations-Sälen, dann das obere Gasthaus, mehre villenartige Gebäude, sowie das restaurirte erzherzogliche Wohnhaus.

Untere Restauration auf der Margarethen-Insel bei Budapest, Arch. Nic. Ritter v. Ybl

Reich an Baumbestand und Blumenhainen birgt die Insel noch Ruinen eines längst zerstörten Nonnenklosters und Reste einer Praetentura, einer befestigten Wachtstelle der römischen Kolonie Aquincum, auf der nördlichen Spitze des Eilandes. Ein 120 m tiefer artesischer Brunnen liefert eine reine, nach Schwefel riechende Therme von 35 Grad R., ein Wasserquantum von 25 bis 80.000 hl in der Stunde. Die bauliche Erhebung der warmen Quelle über dem Inselgelände beträgt 9,5 m. In Form eines natürlichen Wasserfalles rauscht dieselbe von der Höhe des Gebäudes, das nach der Donauseite hin einer Ruine gleicht, herab in den Altofner Donauarm.

Wenden wir uns nunmehr nach dem Pester Ufer, so ist vor allem das Bad auf der Palatinal-Insel im Stadtwäldchen zu erwähnen, das die Stadtbehörde vor etwa 10 Jahren errichtete, um das Wasser des artesischen Brunnens zu verwerthen. Da das Bad inmitten des bestbesuchtesten Erholungsparkes der Hauptstadt liegt, wird dasselbe so stark besucht, dass der bereits geplante Erweiterungsbau desselben recht erwünscht erscheint. Die Bäder, zumeist mit Porzellan- und Marmorwannen ausgestattet (auch ein Gesellschaftsbad), erweisen sich bei den nämlichen Uebeln als heilkräftig wie die des Margarethenbades. Vor allem bei Gicht und rheumatischen Nervenleiden, bei hysterischen und skrophulosen Zuständen wird der Gebrauch dieser Bäder verordnet.

Die übrigen Pester Bäder sind unbedeutend; sehenswerth ist jedoch das vom Arch. Freund eingerichtete Bad am Theresienring. Vom akademischen Standpunkte betrachtet würden die Pläne all dieser Anlagen wenig bezw. gar nicht befriedigen, schon aus dem einfachen Grunde, weil die betreffenden Bauten mit wenigen Ausnahmen durch Zu- und Umbauten unter verschiedenen Bedingungen und Voraussetzungen, zu ganz verschiedenen Zeiten entstanden sind, demnach als Gesammtanlagen künstlerischen Ansprüchen inbezug auf Axenschnitt und klare Uebersichtlichkeit kaum gerecht werden können. – Von einer Mittheilung ihrer Grundrisse ist deshalb hier Abstand genommen worden. Der Verfasser dieser Skizze verfolgte lediglich den Zweck, durch Hervorhebung einzelner Theile dieser Anlagen, welche besondere Beachtung verdienen, das Interesse derjenigen Fachgenossen anzuregen, die vor der Bearbeitung oder Ausführung einer Badeanlage stehen. Wohl bei keiner baulichen Schöpfung kommt es so sehr auf das volle und rechte Empfinden an, wie bei Ausgestaltung von Baderäumen, vor allem für Dampfbäder, in denen die Kunstformen das Gefühl des höchsten Behagens an Leib und Seele hervorzaubern sollen. Wer je im heissen Bassin des Raitzenbades oder im türkischen Kuppelraum des Bruckbades verweilt, dem bleibt dieser Gefühlseindruck unvergänglich. Möge ein Jeder selbst sehen, das Gute erkennen und den Reiz empfinden, den diese und andere Innenräume alter Anlagen ausstrahlen! Solche Eindrücke bleiben dem Architekten dann auch befruchtend und anregend für die eigenen Schöpfungen.

Der „Pester Lloyd“ brachte in No. 292 d. J. u.a. einen Aufsatz: „Historisches zum balneologischen Kongresse“, welcher beginnt: „Bäder spielen nicht nur in ärztlicher, sondern auch in national-ökonomischer Beziehung eine hervor ragende Rolle. Die Wichtigkeit dieser Thatsache bestimmte die balneologische Sektion des „Ungarischen Aerztevereins“, die Badegäste Ungarns zu einer Konferenz einzuladen, die den Zweck hat, die Mittel zu eruiren, die unseren Bädern ein internationales Gepräge zu geben und ihnen zu jener Rolle zu verhelfen imstande wären, die ihnen vermöge ihrer seit Jahrhunderten anerkannten Eigenschaften mit vollem Rechte zukommt.“

Möge es diesem Kongresse gelingen, eine neue Aera des Badewesens einzuleiten! Mögen seine Beschlüsse eine weigehendere Würdigung der ungarischen Bäder veranlassen!

Budapest, Oktober 1890.
Theobald Hofmann.

Dieser Artikel erschien zuerst 1891 in der Deutschen Bauzeitung.