Die Markthalle in Leipzig (Artikel vom 08. April 1891)

Schon lange Zeit vor der etwas sprungweisen Vergrösserung Leipzigs durch Aufnahme von 16 Vororten binnen 2 Jahren war auch hier der Wunsch nach Errichtung von Markthallen laut geworden und die Leipziger Immobiliengesellschaft hatte zu diesem Zweck zwischen Rossplatz, Markthallen-Strasse (ehem. Windmühlengasse) Windmühlen- und Kurprinzstrasse ein grösseres Gelände erworben, in dessen Innern eine Markthalle erbaut werden sollte.

Sie trat diesen Besitz später an die Stadtverwaltung ab, welche den Bauplatz durch Zukauf weiterer Privatgrundstücke auf eine Grösse von 15 662 qm brachte. Der Gesammtpreis des Geländes hat sich dadurch auf 2 299 986 M. gestellt; die Einzelpreise schwanken zwischen 112 bis 587 M. für 1 qm. Nach längeren Erwägungen wurde die Erbauung der Markthalle nach der hier beigefügten Lageplan-Skizze beschlossen. Sie bedeckt eine Grundfläche von 8745 qm; zum Wiederverkauf für Privathäuser bleiben nach Verbreiterung der ehemaligen Windmühlengasse auf 18 m und nach Durchführung einer neuen Strasse an der Südfront der Markthalle (verlängerte Brüderstrasse) noch 2500 qm zur Verfügung. Die Markthalle selbst erhält nach dem Rossplatz eine Frontlänge von 35 m, entlang der Markthallen-Strasse eine solche von 9 m und an der Brüderstrasse eine Länge von 130 m. Die Durchfahrt durch die Halle vom Rossplatz nach der Brüderstrasse ist in einer Breite von 7,5 m angeordnet; die Hauptwege in der Halle haben 3,5 m Breite erhalten.

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Ueber die Eintheilung der Markthalle, deren architektonisch bedeutsame, bauliche Anordnung in einer späteren Mittheilung d. Bl. vorgeführt werden soll, mögen vorläufig einige allgemeine Angaben folgen. Abgesehen von dem fast ganz zur Vermiethung frei stehenden Keller bietet dieselbe im Erdgeschoss einen nutzbaren Raum von 3648 qm, von dem 1178 qm für den Grossverkehr, der Rest, für 531 Stände verschiedener Grösse dienen. Die Gallerien, auf welche bestimmte Nahrungsmittel, wie Eier, Butter, Käse, Mehl und trockenes Gemüse (Vorkost) verwiesen sind, enthalten überdies 402 Stände mit 1719 qm.

Ursprünglich bewilligt wurden als Baukosten für die Markthalle selbst 1 730 000 M., für Ausführung der anschliessenden Strassen und Schleussen 71 847 M.; doch sind einige bedeutende Beträge für Einrichtung der Lüftung und der elektrischen Beleuchtung, für Ausstattung usw. nachgewährt worden. Genau werden sich die Baukosten erst dann feststellen lassen, wenn die zur Verfügung gebliebenen Bauplätze verkauft sein werden; doch werden sie voraussichtlich etwa dem Durchschnittspreis der Berliner Zentral-Markthalle gleichkommen, der auf 312 M. für 1 qm sich gestellt hat.

Lageplan

Die Standgelder sind verschieden bemessen, je nachdem der Miethspreis täglich oder – was voraussichtlich wohl mehr zur Anwendung kommen wird – monatlich bezahlt wird. Für letzteren Fall beträgt die Tagesmiethe (1/30 Monat) bei den Ständen zum Verkauf von Fleisch, Wild und Geflügel 40 Pf.; von Fischen und Krebsen (ausschl. Wasserzins nach Wasserzähler mindestens zu 32 Pf. täglich für den Stand oder 1 cbm zu 16 Pf. berechnet) 30 Pf.; von Butter, Eier, Käse, Backwaaren, Mehl Obst, Grünwaaren. Blumen, geräucherten Fischwaaren, Delikatessen und Seifen 20Pf.; von Kartoffeln 15 Pf. und von Holzwaaren, Steingut, Korb-, Topf- oder Seilerwaaren und ähnlichen Gegenständen 10 Pf. für 1 qm; für Eckplätze wird ein Zuschlag von 20% erhoben. Die als Neuerung, selbst den Berliner Markthallen gegenüber, eingeführten öffentlichen Waagen werden an Gebühren einschl. Ausstellung des amtlichen Wiegescheines berechnen 2 Pf. für Verwiegung von 1- 5 kg Butter, 3 Pf. für 1-50 kg Kartoffeln, 3 Pf. für 1-25 kg aller übrigen Gegenstände bei mässiger Steigerung für höhere Gewichte. Im Allgemeinen ist angenommen, dass die hiernach auf etwa 220 000 M. berechneten Standgelder nebst Pacht für Restauration, Keller, Läden usw. genügen werden, um 4% an Zinsen und 2% für Amortisation der gesammten Baukosten, nebst den jährlichen, auf 90 000 M. anzunehmenden Verwaltungskosten zudecken.

Ueber den Bau selbst sei vorläufig nur bemerkt, dass die Ausarbeitung der Pläne im städtischen Bauamte unter Leitung des Baudir. Hrn. Licht erfolgte, dass Hr. Stadtbauinsp. Lachmann die Banleitung erhielt und dass nach einer vom Bauamte gegebenen Disposition Hr. Dr. Föppl die Berechnung der von der Marienhütte-Aktien-Gesellschaft zu Cainsdorf bei Zwickau gelieferten Eisenkonstruktion gefertigt hat. Die Genehmigung seitens der Stadtverordneten-Versammlung wurde am 9. Dezember 1887 für Erwerb und Verwerthung des Geländes, am 10.Juli 1889 für Ausführung des vorgelegten Entwurfs ertheilt. Der Abbruch der Gebäude, welche auf dem Gelände standen, begann im Oktober 1888, der Neubau wurde am 23.Juli 1889 in Angriff genommen; für die Ingebrauchnahme ist der 1. Mai d. J. vorläufig festgesetzt.

Erdgeschoss
Gallerie

Die Markthalle hat Anschluss an die Bahngleise der in Leipzig vorhandenen 5 Bahnhöfe nicht erhalten können, Voraussichtlich wird dieselbe für die ganze, räumlich so ausgedehnte Stadt nicht genügen können und dann neben etwaigen später zu errichtenden kleinen Hallen wohl als Zentral-Markthalle zu gelten haben.

Vergleichsweise mag daran erinnert werden, dass die Zentral-Markthallen in Paris bei 42 000 qm Standfläche 60 Millionen Frcs. Kosten verursacht haben und dass die Zentral-Markthalle in Berlin mit 7000 qm Standfläche im Erdgeschoss und auf den wenig ausgenutzten Gallerieen 2 676 686 M. Kosten für Grunderwerb und 2 354 661 M. für den Bau erforderte.

Die Markthalle in Leipzig (Artikel vom 6. Juni 1891)

In No. 23 dieses Blattes war bereits der neu erbauten Markthalle in Leipzig im allgemeinen, d.h. inbezug auf Baugeschichte, Lage, Abmessungen, Grunderwerbs- und Baukosten, Standmiethen usw. gedacht worden. Dieselbe ist inzwischen am 26. Mai durch den Oberbürgermeister von Leipzig, Hrn. Dr. Georgi, ihrer Bestimmung übergeben worden; wir bringen daher unter Beifügung einiger Abbildungen im Nachstehenden unseren Lesern das Wesentlichste über den Bau als solchen.

System des Inneren

Bei der Wahl der Konstruktion der Markthalle wies in erster Linie der Gedanke, dass eine solche im Prinzipe weiter nichts als ein bedeckter Marktplatz – mercato coperto, wie die Italiener sagen – sein soll, auf die Nothwendigkeit hin, die tragenden Stützen zur Ueberdeckung des 8745 qm grossen Raumes in ihrer Zahl möglichst einzuschränken. Die Berücksichtigung klimatischer Verhältnisse machte sodann die durchaus massive Gestaltung aller raumumschliessenden Aussenwände und die Vermeidung aller wesentlichen Oberlichter wünschenswerth. Die Beobachtung beider Gesichtspunkte zusammen ergab die Anordnung der Hauptkonstruktionen, wie sie zur Ausführung gekommen sind; d. h.- es ward ein Innenraum geschaffen, der umschlossen ist von zur Einführung hohen direkten Seitenlichtes sehr reichlich durchbrochenen massiven Umfassungswänden, und der überdeckt ist von einer Anzahl auf schmiedeisernen Pfeilern ruhender, neben einander gereihter Hauptsysteme von 17 m Weite, zwischen welche niedrigere, nur 6,25 m breite Nebensysteme eingeschoben sind. Die geringere Höhe der letzteren ermöglicht eine reichliche Zuführung direkten hohen Seitenlichtes an den höher geführten Längswänden der Hauptsysteme. Die Tages- Beleuchtung des Innenraumes ist dadurch eine ungemein ausgiebige; bei Verwendung von gerieften Rohglasplatten für die Verglasung findet jedoch nirgends eine Blendung durch direkten Einfall der Sonnenstrahlen statt. Natürliche Lüftung wird erzielt durch die drehbare Stellung der oberen Scheiben aller Fenster, überdies durch Deflektoren in den Dächern der Hauptsysteme.

Letzterer sind zwischen Rossplatz und Brüderstrasse 4 vorhanden, in deren erstes auf der Hauptaxe liegendes 3 kürzere rechtwinklig auf die Front der Markthallenstrasse gerichtete Hauptsysteme einschneiden. Der verbleibende Raum an der Ecke zwischen Markthallen- und Brüderstrasse ist durch ein selbständiges Zeltdach überdeckt. Alle vorgenannten Konstruktionen sind in Schmiedeisen ausgeführt (die tragenden Pfeiler, die Galerien und die Dachkonstruktion durch die Königin-Marienhütte in Cainsdorf bei Zwickau); nur die Sparren und die Dachschalung sind in Holz hergestellt. Die Hauptsysteme sind mit verzinktem Eisenblech, die Nebensysteme mit Holzzement auf Moniergewölben zwischen eisernen Trägern eingedeckt. Beim Anschlusse der Nebensysteme an die Seitenwände der Hauptsysteme ist die Abführung der Tagewässer durch Dachrinnen in Monier-Konstruktion, die mit Holzzement ausgekleidet ist, bewirkt worden. Im Inneren der Halle werden die Tagewässer durch Abfallrohre, die an die vorgenannten Pfeiler angeheftet sind, nach dem Keller und von dort in das städtische Schleusennetz abgeführt. Der Schnee soll von den stark geneigten Dächern der Hauptsysteme auf die flach gedeckten Nebensysteme abgleiten und von dort erforderlichen Falls an den jedesmaligen Stirnseiten auf die Strassen geworfen werden.

Die zur Versteifung der Seitenwände der Hauptsysteme nothwendigen Windbalken sind zum Tragen leichter rings herum laufender Gallerien benutzt worden, um die vorgenannten Glasflächen der Seitenwände mit ihren Lüftungs-Einrichtungen leicht kontrolliren zu können.

Durch die Gestaltung des Bauplatzes bedingt und aus der Anordnung der Systeme der Ueberdeckung des Raumes hervor gehend, ergab sich an der zu verbrechenden Ecke zwischen der Markthallen- und verlängerten Brüderstrasse der Platz zur Errichtung eines Uhrthurms, der zugleich zur Aufnahme der Schlagglocken und der Wasserreservoire bestimmt ist, welche letztere den Betrieb der zwischen dem Keller, dem Raume zu ebener Erde und den Galerien verkehrenden hydraulischen Aufzüge bewirken. Diese wurden durch die Firma Unruh & Liebig in Leipzig-Reudnitz konstruirt, während die in farbig glasirter Terrakotta hergestellten Umrahmungen der Thurmuhren Villeroy & Boch in Mettlach fertigten. Das Thurmdach selbst ist mit Biberschwänzen, ebenfalls farbig glasirt, eingedeckt und trägt als bekrönende Spitze eine Wetterfahne – den Stadtlöwen.

Zur grösstmöglichsten Raumausnutzung der Halle sind längs der Aussenmauern, und zwei mal das Innere durchkreuzend, Galerien angeordnet worden. Verschiedene Vorentwürfe und Veranschlagungen hatten ergeben, dass dies im vorliegenden Falle die verhältnissmässig günstigste Bauweise sei. Auf diesen, durch 7 bequeme Treppen leicht begehbaren Galerien befinden sich, wie schon in No. 28 mitgetheilt, 402, zu ebener Erde 531, zusammen also 933 Verkaufsstände, welche 5667 qm nutzbaren Raum in Anspruch nehmen, während 1178 qm für den Grosshandel vorbehalten sind. Eine Durchfahrt für Wagenverkehr durchschneidet in einer Breite von 7,50 m die Halle in der Hauptaxe vom Rossplatze nach der Brüderstrasse; der dieselbe durchkreuzende Hauptweg auf der Axe zwischen Markthallen-Strasse und Kurprinzstrasse hat eine Breite von 3,50, die längs der Umfassungsmauern vor den Ständen der Fleischer, Wildprethändler usw. liegenden Wege haben eine solche von 2,75 bezw. 2,75 m erhalten. Alle übrigen Wege zwischen den Standreihen, ebenso die Gänge auf den Galerien sind 2 m breit. Die Standgrösse wechselt zwischen 3 und 4 qm und steigt in einzelnen Fällen bis zu 12 qm.

Als Pflasterungs-Material dient für die Durchfahrtsstrasse Gussasphalt, für die Fusswege Mettlacher Fliesen, für die Standflächen Saarbrücker Platten. Der Fussboden der Galerien ist zementirt.

Der gesammte Bau ist unterkellert; und zwar sind die bezüglichen Räume unter der Erde von Oberkante Fussboden zu Oberkante Fussboden 4 m hoch; zu ihrer Schaffung und zur Anlage der Fundamente aller tragenden Theile war der Aushub und die Abfuhr von rd. 42 000 cbm Boden, zu 1/5 gewachsener Kies, nothwendig. Wesentlich erschwert wurde die Bearbeitung des Entwurfes bezw. der Anlage durch die bedeutenden Höhen-Unterschiede des Bauplatzes und der angrenzenden Strassen. Vom Rossplatze aus fällt das Gelände nämlich zur verlängerten Brüderstrasse genau 2 m. Da jede Anordnung von Stufen im Inneren der Markthalle ausgeschlossen sein musste, wurde dem Fussboden derselben die besagte Steigung gegeben, so dass, bei horizontaler Auflage der Dachbinder, das Innere der Halle am Rossplatze um 2 m niedriger ist als an der Brüderstrasse.

In demselben Verhältnisse wie der Fussboden der Halle fällt auch der Fussboden des Kellers und das Gewölbe desselben. Das letztere ruht auf massiven Pfeilern und eisernen Säulen, die mit einem Netze walzeiserner Träger überdeckt sind, zwischen welche Gewölbekappen aus Zementbeton (Mischung 1: 7) eingespannt wurden. (Ausgeführt von Dücker & Co. in Düsseldorf.) Dasselbe Material kam bei der Herstellung der Galerien der Halle, ebenfalls zwischen eisernen Trägern, zur Verwendung. Der Keller soll in der Hauptsache als Aufbewahrungsraum für Marktwaaren dienen, beziehentlich an die Abmiether der Verkaufsstände der Halle in einzelnen verschliessbaren Zellen abgegeben werden. Die Umfassungen der letzteren werden durch Drahtgeflechte in eisernen Rahmen gebildet.

Der kleinere Theil des Kellers ist für die Aufnahme einer Kühlanlage verwendet; letztere dürfte, so viel uns bekannt, für Markthallen gerade das erste derartige Beispiel in Deutschland sein. Die genannte Kühlanlage zerlegt sich in 8 Hauptabtheilungen, in denen die Waaren nach der Eigenart ihrer Ausdünstungen geordnet von einander getrennt gelagert werden. Die Kühlung wird bewirkt durch einen Dampfmotor von 36 Pferdestärken mit Kältemaschine nach dem Systeme von L. Sezboth in München mittels Ammoniak-Kompression. Die bezüglichen Dampfkessel liegen in einem Lichthofe an der östlichen Nachbargrenze. Die vorgenannte Maschinen- und Kesselanlage dient zugleich zur Erzeugung des elektrischen Lichts für die Beleuchtung der Halle, die durch 20 Stück Bogenlampen von je 12 Amp. Stromstärke erfolgt. Als Reserve für die Dampfmaschine dient ein sogen. Schnellläufer von 25 Pferdekräften Normalleistung. Zur Aushilfe und als Reservebeleuchtung ist überdies Gas vorgesehen.

Fassade an der verlängerten Brüderstrasse

Im Innern der Halle und zwar längs der Umfassungsmauern sind Komptoirs für Verkaufs-Vermittler, Pissoirs und Aborte, ein Kaffeeschank uud schliesslich eine Gastwirthschaft angelegt; letztere ist auch unmittelbar vom Rossplatze aus zugänglich. Das Gleiche gilt auch von dem hier befindlichen Eckladen. Die Verwaltungsräume sind über der Gastwirthschaft belegen und von der Galerie aus zugänglich. – Während sämmtliche Konstruktionen im Innern der Halle unverhüllt gezeigt, bezw. keiner architektonischen Durchbildung unterzogen worden sind, ist solche den Einrichtungs-Gegenständen, den Trägern der Beleuchtungs-Körper, den Thorwegen, Treppenstützen, Geländern, Firmenschildern usw. in sparsamer Weise zutheil geworden.

Die Innenräume der Gastwirthschaft sind zu einem behaglichen Ganzen zusammengestimmt worden. (Schluss folgt.)

Die neue Markthalle zu Leipzig (Fortsetzung vom 13. Juni 1891)

Architekt: Stadtbaudirektor Huro Licht. Die Gestaltung der Aussenarchitektur musste sich naturgemäss in einfachen Formen bewegen; dennoch gab der grosse Maasstab der Anlage und der äusserlich zur Erscheinung zu bringende Wechsel der inneren Hallen-Systeme Gelegenheit zu einem wirkungsvollen Aufbau der Fassaden. Dieselben sind in gefugtem Backsteinbau mit hellgelben Ziegeln, aus der Fabrik von Kretschmannn in Borsdorf bei Leipzig bezogen, ausgeführt. Ausserdem kamen Cottaer Sandstein und einzelne glasirte farbige Ziegelschichten zur Verwendung.

Fassade am Rossplatz

Einen reicheren Schmuck erhielten die Hauptportale am Rossplatze und an der Brüderstrasse, für die die Bildhauer Damm und Siegert in Leipzig die Kartuschen mit dem Stadtwappen und Christian Behrens in Breslau den Figurenschmuck modellirten. Der Sockel wurde in dem schwarzen Lavatuff des Siebengebirges am Rheine hergestellt und durch die Firma Zervas Söhne in Köln a. Rh. bezogen. Ausser den vorgenannten beiden Hauptportalen führen 6 Nebeneingänge ins Innere der Halle.

Bekrönung des Hauptportals am Rossplatz

Die Maurerarbeiten führten die Maurermeister Daniel Gottlob Vogel und Max Vogel, die Zimmer-Arbeiten W. F. Wenck, die Steinmetz-Arbeiten in Cottaer Stein Chr. Anders und Philipp Krämer, in Beuchaer Diorit G. Günther, sämmtlich in Leipzig, aus; die Beleuchtungskörper lieferte die Bronzewaaren-Fabrik von K. A. Seyfferth in Wurzen. Die wesentlichen Arbeiten des inneren Ausbaues wurden in der Hauptsache ebenfalls durch Leipziger Gewerke hergestellt, aus deren grosser Zahl hier nur der Maler Georg Strasser genannt werden soll, der den Dekorations-Schmuck der Hallendecke und die Kartons für die in Kathedralglas ausgeführte Betonung zweier Horizontalen in den Fenstern der Aussenmauern fertigte.

Dank der Energie der vorgenannten Gewerken und Dank der aufopfernden Thätigkeit des Baubüreaus der Markthalle – an der Spitze des letzteren stand der städtische Bauinspektor Lachmann, den nach seiner schweren Erkrankung in den letzten Wochen Architekt Arland vertrat – ist es gelungen, nachdem der erste Spatenstich am 23. Juli 1889 geschehen war, die gesammte Anlage nach der verhältnissmässig kurzen Bauzeit von 1 Jahr u. 10 Monaten am 26. Mai 1891 zum Betriebe fertig zu übergeben. Dieses Umstandes soll hier ausdrücklich Erwähnung gethan und dabei dankbar der Unterstützung gedacht sein, die dem in Rede stehenden Werke durch den sachverständigen Beirath des Hrn. Ing. Dr. Föppl, der die besondere Bearbeitung und Berechnung der eisernen Dach- und Galerie-Konstruktionen bewirkte, sowie durch Benutzung von Erfahrungen, die bei den Markthallen von Berlin und Frankfurt a. M. gemacht worden sind, zutheil geworden ist.

Neben der Markthalle und zwar auf dem Bauplatze an der Ecke der Kurprinz- und Brüderstrasse wird durch die Stadt zur Zeit noch ein Zinshaus errichtet, dessen Erdgeschoss Läden enthält und dessen erstes Geschoss städtischen Verwaltungszwecken dienen soll, während die 2 oberen Geschosse Miethwohnungen enthalten. Dieses Eckgebäude wurde im Zusammenhange mit der Markthalle aus dem Grunde erbaut, um über einen unmittelbaren Zugang von der Kurprinzstrasse aus verfügen zu können. Die Bauweise desselben ist die der Markthalle; die bezüglichen Baukosten belaufen sich bei 586 qm bebauter Fläche auf 227 000 M.

Anschliessend hieran genügen wir einer Bitte, indem wir mittheilen, dass die Dächer über sämmtlichen Nebenräumen an der Nord- und Ostgrenze nicht, wie im 1. Artikel angegeben, aus Monier-Konstruktion, sondern mittels Hartgipsdielen zwischen eisernen Trägern hergestellt sind. Die Eindeckung ist in Holzzement erfolgt. Die grossen doppelten Klärgruben der Abortanlagen sowie die Kloset-Tröge sind aus Monier gearbeitet und ausser zahlreichen grösseren und kleineren Monier-Wasserbehältern sämmtliche Fischbehälter nach System Monier hergestellt und im Innern mit Kacheln ausgekleidet. Die Ausführung geschah durch die Dresdener Filiale der Aktien-Gesellschaft für Monierbauten vormals G. A. Wayss & Co.

Diese Artikel erschienen zuerst 1891 in der Deutschen Bauzeitung.