Die neue Lesehalle und Volksbibliothek in Jena

Die Karl Zeißstiftung des weltberühmten optischen Instituts in Jena, das sich von Anbeginn ihres Daseins an durch hervorragende soziale Bestrebungen und Arbeiterfürsorge sowohl auf körperlichem wie besonders auf geistigem Gebiet ausgezeichnet hat, ist ein vorbildliches Muster für jede echte soziale Reformarbeit geworden.

Eins ihrer bekanntesten Institute ist die große öffentliche Lesehalle in Verbindung mit einer Volksbibliotnek, die schon seit Jahren besteht und weit über Deutschlands Grenzen hinaus Anerkennung und Nachahmung fand. Diese Lesehalle hat in diesem Herbst von ihrer Gründerin ein ihren praktischen und ästhetischen Bedürfnissen entsprechendes Heim in einem schönen, weitschichtigen Bau bekommen, der sich am Jenenser Karl Zeißplatz seiner Bedeutung würdig und imposant erhebt.

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Ansicht des Gebäudes
Blick in den Zeitschriftenlesesaal

Das neue Lesehaus, das zugleich die über 15 000 Bände enthaltende Volksbibliothek birgt, ist vom Baurat Roßbach-Leipzig entworfen und zeigt eine glückliche Vereinigung deutscher Renaissancemotive und moderner Architektonik. Im Erdgeschoß sind die große Garderobe, der 210 Quadratmeter Grundfläche umfassende Lesesaal, in dem sämtliche irgendwie bedeutsamen Tageszeitungen aushängen, ein großer Jugendsaal und ein Rauchzimmer untergebracht. Außerdem wird hier in einigen Räumen das von dem verstorbenen Jenenser Professor Dr. Schaeffer hinterlassene physikalische Museum Aufstellung finden. Im ersten Stock befinden sich die Volksbibliothek, die Büchereiausgabestelle, das Bücherlesezimmer, das litterarische Museum und der Zeitschriftensaal, der über hundert Wochen- und Monatsschriften aller Parteirichtungen und aller wissenschaftlichen und künstlerischen Gebiete birgt.

Dieser Artikel erschien zuerst am 25.10.1902 in Die Woche.