Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg

Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg

Nachdem nach Jahre langen Vorarbeiten von den gesetzgebenden Körperschaften von Preussen und Hamburg die Vorlagen zur Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg genehmigt und die dazu erforderlichen Mittel bewilligt sind, dürfte es von Interesse sein, die Umgestaltung einer Besprechung zu unterziehen. Hierbei müssen wir uns aber darauf beschränken, an Hand des veröffentlichten Senatsantrages die Gesammt-Anlagen ohne Eingehen auf Einzelheiten nur in grossen Zügen zu besprechen. Zum besseren Kies möge eine kurze Uebersicht der bestehenden Eisenbahn-Verhältnisse und ihre Vorgeschichte vorausgeschickt werden.

Die zurzeit in Hamburg-Altona einmündenden Eisenbahnen sind zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Eisenbahn-Gesellschaften unabhängig von einander angelegt worden. Im Anfange der vierziger Jahre entstand die Berlin-Hamburger Bahn mit dem Berliner Bahnhof, Ende der vierziger Jahre die Altona-Kieler Bahn mit dem Endbahnhof in Altona, Mitte der fünfziger Jahre die Hannover-Harburger Bahn mit dem Endbahnhof in Harburg, Mitte der sechziger Jahre die Lübeck-Hamburger Bahn mit dem Bahnhof in dem östlichen Stadttheil von Hamburg, im Hammerbrook. Durch die Erbauung der Venlo-Hamburger Bahn im Anfange der siebenziger Jahre entstand der Venloer Bahnhof (jetzt Hannoverscher Bahnhof), in welchen gleichzeitig die Bahn von Hannover und Ende der siebenziger Jahre auch die Cuxhavener Bahn mit eingeführt wurden. Mitte der sechziger Jahre war die Altona-Hamburger Verbindungs-Bahn mit den Zwischenbahnhöfen Schulterblatt, Sternschanze, Dammthor und dem Endbahnhofe Klosterthor erbaut. Wenn dieser letztere Bahnhof auch mit dem Berliner Bahnhofe und später auch mit dem Hannoverschen Bahnhofe durch Gleise verbunden war, so fand doch vorerst keine Personen-Beförderung auf diesen Verbindungsgleisen statt.

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Als nun im Anfange der achtziger Jahre alle in Hamburg einmündenden Eisenbahnen, mit Ausnahme der Lübecker Bahn, an Preussen übergingen und die preussische Eisenbahn-Verwaltung den Betrieb übernahm, wurde die Unhaltbarkeit dieser Eisenbahn-Zustände eingesehen und durchgehende Schnellzüge von dem Hannoverschen und von dem Berliner Bahnhof auf den in den Strassen liegenden Verbindungsgleisen nach der Endstation der Verbindungsbahn eingeführt. Die getrennte Lage der Bahnhöfe, ihre theils veralteten, theils ganz unzureichenden Stationsgebäude, die vielen Strassenkreuzungen mit den Eisenbahngleisen im Niveau riefen endlose Klagen bei den Einheimischen wie bei den Fremden, die Hamburg berührten, schon seit Jahrzehnten hervor.

Als daher bei der Umgestaltung Hamburgs durch den bevorstehenden Anschluss an das deutsche Zollgebiet Mitte der achtziger Jahre die preussische Eisenbahn-Verwaltung mit dem Antrage hervortrat, die Niveauübergänge der Verbindungsbahn zu beseitigen und die Bahnhöfe Klosterthor und Dammthor zu vergrössern, wurde seitens der Stadt Hamburg hierauf nicht eingegangen, weil den Behörden derselben nur eine durchgreifende Verbesserung der gesammten Eisenbahn-Verhältnisse und eine Zusammenführung aller in Hamburg einmündenden Bahnen für die Entwicklung der Stadt und ihres Geschäftsverkehres unerlässlich erschien. Nachdem nun auch die preussische Staatsbahn-Verwaltung sich diesen erweiterten Anforderungen geneigt zeigte, wurde im Sommer des Jahres 1887 in die Einleitung kommissarischer Verhandlungen zwischen der preussischen und der hamburgischen Regierung eingetreten.

Es würde zu weit führen, hier diesen Vorverhandlungen schrittweise zu folgen, es mag vielmehr genügen, hervorzuheben, dass bei denselben gleich als Grundgedanke festgelegt wurde, die Verbindungsbahn der Art auszubauen, dass dieselbe imstande sei, alle in Hamburg mündenden Eisenbahnen aufzunehmen, um sie auf diese Weise sowohl für den Durchgangs- als auch für den Lokalverkehr möglichst auszunutzen. Zu diesem Zwecke wurden auch die Vertreter der Lübecker Eisenbahn-Direktion hinzugezogen und im J. 1892 ein Vorvertrag festgestellt. Von Preussen und von Hamburg wurden auf diesen Grundlagen eingehende Pläne ausgearbeitet, die sodann in den weiter fortgesetzten gemeinschaftlichen Verhandlungen beleuchtet und behandelt wurden, ohne dass man jedoch zu endgiltigen Abschlüssen gelangen konnte.

Während dieser Zeit wurde von den hamburger Behörden eine sogen. Verkehrs-Kommission eingesetzt, welche zunächst die zurzeit auf dem Gebiete des Verkehrswesens, insbesondere die bezüglich der Eisenbahnen, Strassenbahnen und der Verkehrsmittel auf den Flüssen schwebenden Fragen erörtern sollte. Es fiel also dieser Kommission auch zu, an den Berathungen der Umgestaltung der Eisenbahn- und Bahnhofs-Anlagen theil zu nehmen. Das Ergebniss der Berathungen in dem Schoosse der Kommission war nun eine Aenderung des seitherigen Systemes. Bisher hatte man seitens Hamburgs die mit den übrigen Eisenbahn-Anlagen zusammen geplante sogenannte Alsterringbahn als eine erweiterte Stadtbahn betrachtet und hierbei angenommen, dass diese, dem Vorvertrage von 1892 gemäss, auch der preussischen Staatsbahn, im Anschluss an den Betrieb der Verbindungsbahn, in Pacht gegeben werden sollte. Es wurde nunmehr aber von der genannten Kommission in Vorschlag gebracht, die Lokalbahnen in Hamburg, ganz unabhängig von dem grossen Eisenbahnbetriebe auf hamburgischem Gebiete, als eine zweite selbständige Bahnanlage für den Lokalverkehr mit noch näher festzustellenden Betriebsmitteln und zahlreichen Haltepunkten einzurichten. Dieses einen geschlossenen Ring bildende und im Entwurf vorläufig festgelegte Lokalbahnsystem sollte sodann unter Umst. von einer Privatgesellschaft angelegt oder dieser doch in Pacht gegeben werden.

Nach diesen Vorverhandlungen konnten nunmehr von der königl. Eisenbahn-Direktion zu Altona und den technischen Behörden zu Hamburg, unter Zuziehung der technischen Beamten der Lübecker Eisenbahn-Direktion, diejenigen Entwürfe ausgearbeitet werden, die dem von den beiderseitigen Kommissaren unterschriebenen Vertrage vom 15. Juni 1894 und dem Endvertrage vom 30. Dezember 1898 zugrunde gelegt waren und die nunmehr vom preussischen Landtage, sowie am 29. März d. J. von der Bürgerschaft zu Hamburg ihre Genehmigung gefunden haben.

Die für die gesammte Umgestaltung leitenden Gesichtspunkte waren: Beseitigung der jetzt bestehenden 21 Niveau-Uebergänge und der Eisenbahngleise aus den öffentlichen Strassen und Plätzen; Herstellung gemeinschaftlicher Anlagen für den Personenverkehr sämmtlicher in Hamburg und Altona einmündenden Bahnlinien unter Beibehaltung der Trace der Verbindungsbahn; Durchführung der in Hamburg einmündenden Linien bis nach Altona und der in Altona einmündenden bis nach Hamburg, zum Zweck der bequemeren und vielseitigeren Benutzung der Bahnen für das Publikum; Schaffung ausreichender Anlagen für den Lokalverkehr zwischen der Stadt Hamburg und ihren engeren und weiteren Umgebungen auf eigenem und benachbartem Gebiet; möglichst vollständige Trennung des Personen- und Güterverkehres sowohl auf den Bahnhöfen, wie auf den Verbindungsstrecken zwischen denselben; Anlage getrennter Rangirbahnhöfe für die einzelnen Bahnlinien. Der unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ausgearbeitete Vertragsentwurf hat nun folgende Gestalt: Sämmtliche in Hamburg einmündende Eisenbahnen werden in einem zwischen der Ernst-Merckstrasse und dem Steinthor zu errichtenden Haupt-Personenbahnhofe vereinigt. Die Berliner Gleise werden im Hammerbrook hochgelegt und über das Gelände des ehemaligen Niedrigwasser-Bassins, am jetzigen Lübecker Personenbahnhof entlang und durch die am Hühnerposten unbebaut gelassene Fläche geführt. Die Lübecker Gleise werden vom Berliner Thor an ebenfalls hochgelegt und gemeinschaftlich mit den Berliner Gleisen durch den Hühnerposten geführt. Da auf den in den jetzigen Hannoverschen Bahnhof einmündenden Gleisen seit Verbreiterung der Eisenbahn-Elbbrücke die Trennung der Personengleise von den Gütergleisen von dem Elbinsel-Bahnhof Wilhelmsburg bis nach Hamburg bereits durchgeführt ist, so ist die Einführung der Personengleise der Bahn von Harburg in den neuen Hauptbahnhof in der Weise geplant, dass diese von der Elbbrücke aus auf einem Viadukte über den Hannoverschen Bahnhof (der als Güterbahnhof erhalten wird) über den Oberhafen und den Deichthorquai nach dem Hauptbahnhofe geführt werden (s. die Planbeilage in No. 40).

Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg
Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg

Die Verbindungsbahn wird viergleisig ausgebaut; von ihren vier Gleisen dienen zwei für den Fernverkehr und einen Theil des Vorortverkehrs, sowie für den Güterverkehr, so lange die geplante Güterumgehungsbahn über Barmbeck, Winterhude, Lockstedt und Langfelde, die den grössten Theil des Güterverkehrs von und nach dem Norden an sich zu ziehen bestimmt ist, noch nicht hergestellt sein wird. Die beiden anderen Gleise der Verbindungsbahn dienen ausschliesslich für den Stadt- und Vorort-Personenverkehr. Diese Trennung ist erforderlich wegen der sehr verschieden gearteten Bedürfnisse des Fern- und des Lokalverkehres. Die Lokalgleise der Verbindungsbahn werden von dem Steinthor-Bahnhof gemeinschaftlich mit den Berliner und den Lübecker Ferngleisen durch den Hühnerposten bis zum Berliner Thor und von da weiter nach dem Hasselbrook geführt, zu welchem Zweck die Lübecker Eisenbahn viergleisig ausgebaut wird. Es sind somit vom Hauptbahnhof bis zum Berliner Thor 6 beziehungsweise 8 Gleise anzulegen.

Im Hasselbrook kann sich eine Vororte-Ringbahn an die Stadtbahn anschliessen, ebenso ist auch am Dammthor-Bahnhof eine solche Abzweigung vorgesehen. Falls Hamburg sich entschliesst, von Hasselbrook nach Ohlsdorf (neuer Hamburger Kirchhof) eine Bahn auszuführen, hat sich Preussen verpflichtet, den Betrieb und die Unterhaltung dieser Bahn gegen eine jährliche Pacht von 20 %, der Brutto-Einnahme zu übernehmen. Es ist ferner im Vertrage vorgesehen, dass bei dem unter Umständen erfolgenden Ausbau der Alster-Ringbahn die preussischen wie die Lübecker Eisenbahn-Verwaltungen die Ueber- oder Unterführung dieser Bahn und die Anschlüsse gestatten müssen.

Auch die etwa auszuführenden Anschlüsse dieser Bahn zwischen Sternschanzen und Dammthor-Bahnhof an die Verbindungsbahn-Gleise sind vorgesehen.

Ausser dem Hauptbahnhof sollen auf dem hamburgischen Gebiet folgende Bahnhöfe bezw. Haltestellen ausgebaut werden.

1. Auf der Verbindungsbahn: Bahnhof Dammthor und Schanzenstrasse,

2. Auf der Strecke Hauptbahnhof bis Wandsbeck: Haltestellen Berliner Thor und b. d. Landwehr und Bahnhof Hasselbrook.

3. Auf der Strecke Hauptbahnhof bis Bergedorf: Haltestellen Anckelmannsplatz, Billhörner Deich und Tiefstack.

4. Auf der Strecke Hauptbahnhof bis Harburg: Haltestellen Oberhafen, Elbbrücke und Veddel. –

Für den Güterverkehr dienen ausser den jetzigen Güterbahnhöfen der Berliner, Hannoverschen und Lübecker Eisenbahnen und dem Güterbahnhof auf der Sternschanze die 3 grossen Rangirbahnhöfe in Rothenburgsort, Wilhelmsburg und Langfelde. Dieselben werden unter sich in unmittelbare Verbindung gesetzt werden, wobei zu bemerken ist, dass die Ausfürhung der Güterumgehungsbahn zwischen Rothenburgsort und Langfelde zwar nicht sofort erfolgt, aber doch gesichert ist. Es ist ferner vorgesehen, mit dieser Güterumgehungsbahn einen in Barmbeck geplanten Güterbahnhof in unmittelbare Verbindung zu bringen. Von den Rangirbahnhöfen in Rothenburgsort werden ausserdem Verbindungsgleise nach dem Lübecker, dem Berliner und dem Hannoverschen Güterbahnhof hergestellt werden.

Ein neuer Güterbahnhof wird ferner zwischen der verlängerten Billhörner-Brückenstrasse und dem Billhörner Deich angelegt. Das hierzu erforderliche Gelände wird von Preussen erworben und derart gestaltet, dass eine etwa herzustellende Güterbahn von der Veddel über die neue Hamburgische Elbbrücke in den Rangirbahnhof Rothenburgsort eingeführt werden kann. Neben dem bestehenden Rangirbahnhof Rothenburgsort für die Berliner Bahn, dessen Erweiterung vorgesehen ist, wird ein besonderer Rangirbahnhof für die Lübecker Bahn angelegt. Zwischen diesen Rangirbahnhöfen Rothenburgsort und dem Bahnhof Wandsbeek wird vorläufig eine eingleisige Güterbahn hergestellt, die auf Wandsbecker Gebiet an die Lübecker Hauptgleise anschliesst. Ein späterer zweigleisiger Ausbau ist vorgesehen und es soll diese Gleisstrecke für die später auszubauende Güterumgehungsbahn bis zum Langfelder Rangirbahnhof mitbenutzt werden.

Im Folgenden wird nun der Versuch unternommen, eine kurze Beschreibung der umzubauenden und der neuen Eisenbahn-Anlagen zu geben.

Die jetzt bestehende zweigleisige Verbindungsbahn wird von dem Altonaer Bahnhofe bis zum Hauptbahnhofe in Hamburg viergleisig angelegt. Auf der Strecke von Altona bis zur hamburger Grenze ist dieser Ausbau bei dem Umbau des Altonaer Hauptbahnhofes und des Bahnhofes „Holsten-Strasse“ schon ausgeführt, so dasszuzeit nur die Strecke von der Altonaer Grenze auf Hamburger Gebiet infrage kommt. Bei allen vorhandenen Unterführungen dieser, wie auch aller anderen im städtischen Weichbilde liegenden Strecken, deren Durchfahrtsweiten nicht mehr dem wachsenden Verkehr entsprechen, werden je nach der Bedeutung der durchzuführenden Strasse auf 18, 20 oder 25 m Weite gebracht; und wo bisher Pfeiler oder Säulen in der Fahrstrasse zur Unterstützung der Eisenkonstruktion standen, werden diese beseitigt. Weil ferner bei allen Unterführungen von Strassen eine lichte Durchfahrt -Höhe von 4,4 m in Hamburg vorgeschrieben ist, um der Feuerwehr ein ungestörtes Passiren zu gewähren, so müssen bei einigen Brücken die Eisenkonstruktionen höher gebracht oder erneuert werden. Besonders soll bei allen vorhandenen neuen eisernen Brücken darauf gesehen werden, dass möglichst wasserdichte und schalldämpfende Decken eingefügt werden.

Die jetzt vorhandenen Bahnhöfe Sternschanze u. Dammthor gehen ein. Für den ersteren wird etwas weiter nach Westen, dem jetzigen Zentral-Viehhof gegenüber, ein neuer Bahnhof „Schanzen-Strasse“ mit hochliegenden Gleisen angelegt. Hier sollen die Bahnsteige so angeordnet werden, dass sie durch Treppenanlagen mit den Bahnsteigen der später seitens Hamburgs zu erbauenden Vorortebahn verbunden werden können.

Der Bahnhof Dammthor wird westlich der Strasse des Dammthordammes verschoben und hier auch mit hochliegenden Gleisen angelegt. Vor der Südseite des Empfangs-Gebäudes dieser neuen Station (der Ankunftseite) wird ein etwa 100 m langer und 30 m breiter Platz angeordnet. Die beiden jetzt noch vorhandenen Stationsgebäude Sternschanze und Dammthor werden Preussen zu Verwaltungszwecken bezw. für Dienstwohnungen überlassen. Die Anordnung des Dammthorbahnhofes mit hochliegenden Gleisen bedingt eine bedeutende Strassenverlegung an dieser Stelle. Während die Strasse „Dammthordamm“ mittels Rampe und Brücke die jetzigen Verbindungsgleise überschreitet, wird dieselbe später unter den Gleisen mittels einer 30 m breiten Unterführung durchgeleitet werden und es wird zu dem Zweck eine Verschiebung dieser Strasse nach Osten erforderlich.

Da von dem neuen Dammthorbahnhof bis zur Lombardsbrücke die Gleise weiter hochgeführt werden, so wird der jetzt vorhandene Niveau-Uebergang zwischen Alsterglacis und Esplanade durch eine gwölbte Unterführung von 20 m Weite ersetzt. Auf der Strecke zwischen dieser Unterführung und der des Dammthordammes sollen Kasematten eingebaut werden. Die Lombardsbrücke wird ihre jetzige Höhenlage beibehalten, dagegen wird sie aber um 16 m verbreitert werden, wovon 8 m auf die beiden Stadtbahngleise, 6 m zur Verbreiterung des Fahrdammes an der Binnenalsterseite und 2 m zur Verbreiterung des Fussweges an der Aussenalsterseite entfallen.

Die jetzige Niveau-Ueberführung der Strasse am Ferdinandsthor wird beseitigt und hierfür an dieser Stelle nur eine Fussweg-Unterführung eingelegt, während der Fahrdamm, der nöthigen Durchfahrtshöhe von 4,4 m wegen, weiter nach Westen geleitet werden muss, um hier vermittels einer Brücke mit eisernem Ueberbau unterführt zu werden. Ausser der eben genannten Fussweg-Unterführung am Ferdinandsthore werden noch solche der Grindelallee gegenüber und an der Westseite der Lombardsbrücke eingefügt, während die vorhandene bei der Alsterlust nur entsprechend verlängert wird. Gleich hinter dem Ferdinandsthor beginnt bei den Einlaufsweichen der Hauptbahnhof und erstreckt sich bis zur Westseite des Münzplatzes, bis zum Deichthor bezw. bis zum Mittelkanal bei der Lippeltstrasse; er dient, wie erwähnt, zur Aufnahme sämmtlicher in Hamburg und Altona einmündenden Eisenbahnen. Der Bahnhof kommt also zwischen die innere Stadt und die frühere Vorstadt St. Georg zu liegen. Als Gelände hierfür wird ein Theil der Ernst-Merckstrasse mit den anliegenden Häusern, der alten schon seit langem geschlossenen Kirchhöfe und ein Theil der an der Stadtseite hier belegenen Wall-Anlagen in Anspruch genommen.

Von der Kunsthalle, die etwas östlich an der Stadtseite und 18 m von der Mitte des nächsten Gleises liegen bleibt, bis zur Altmannstrasse hat der Bahnhof eine tiefe Lage, so dass die gekreuzte Ernst-Merckstrasse in einer Länge von 75 m und einer Breite von 25 m, der Steinthordamm in einer Länge von 115 m und einer Breite von 25 m und die Altmannstrasse mittels 2 Brücken von je 23 m Breite und etwa 100 bezw. 50 m Länge über den Bahnhof geführt werden können. Von der Altmannstrasse steigen die Eisenbahngleise in der Richtung nach dem Berliner Thor und nach dem Deichthor zu an, um die zur Ueberführung der Strassen in der Marsch erforderliche Höhe zu erreichen.

Während man bei der Linienführung der jetzigen Verbindungsbahn die alten Stadtgräben z. Th. benutzt hatte, also auf der Strecke bedeutende Kurven und Gegenkurven vorhanden waren, hat man jetzt die ganze Strecke möglichst begradigt und nur Kurven mit grossen Radien eingelegt. Das Empfangsgebäude wird zwischen der Ernst-Merckstrasse und dem Steinthordamm in hoher Lage quer über die Geleise gestellt und wird, sowohl von dem Glockengiesserwall, also von der inneren Stadt, wie auch von St. Georg aus zugänglich gemacht. An der St. Georgen-Seite wird zwischen dem Bahnhofe und der Kirchenallee ein geeigneter Platz für Aufstellung von Wagen für die ankommenden Reisenden angelegt, von welchem eine 25 m breite Abfahrt nach der Ernst-Merckstrasse hergerichtet wird. Dadurch, dass zwischen dem Empfangsgebäude und dem Maria-Magdalenenkloster am Glockegiesserwall eine Strassenbreite von 48 m festgesetzt ist, wird eine gute Anfahrt für das abreisende Publikum geschaffen werden können.

Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg.

(Schluss.) Hierzu eine Planbeilage.

Ebenso, wie die preussische Eisenbahnverwaltung sich verpflichtet hat, für immer den Betrieb auf den Stadt-, den Vorortsbahnen, wie auch auf den Hafen- und Kai-Gleisen auszuführen. wird auch der gesammte Betrieb, die Verwaltung und die Unterhaltung der gemeinschaftlich benutzten Anlagen des Hauptbahnhofes von der preuss. Staatseisenbahn-Verwaltung unter gleichmässiger Berücksichtigung der Interessen der Lübecker Bahn auf gemeinschaftliche Kosten bewirkt. Die Vertheilung dieser Kosten (abzüglich der Einnahmen aus der Verpachtung der Bahnhofswirthschaften, dem Verkauf von Bahnsteigkarten usw.) erfolgt nach der Zahl der ein- und auslaufenden Züge, wobei jedoch durchgehende Personenzüge nur einfach, endigende und beginnende Eilgüterzüge zur Hälfte gerechnet werden, während die durchgehenden Güterzüge ausser Betracht bleiben, Nach demselben Verhältniss werden auch die Kosten der Beleuchtung vertheilt.

Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg
Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg (Beilage, farbig im Original)

Die Mitbenutzung des Hauptbahnhofes und der zugehörigen Betriebsanlagen, einschliesslich des Betriebsbahnhofes, wird der Lübecker Eisenbahngesellschaft mit der Maassgabe unkündbar eingeräumt, dass ihr zwei Bahnsteiggleise zur Abfertigung ihrer Züge überwiesen werden. Da aber die Züge der Lübecker Gesellschaft nur von und bis zu dem Hamburger Hauptbahnhof fahren und nicht nach Altona durchgeführt werden, so ist auf dem Hauptbahnhof ein ausreichendes Ausziehgleis zum Umrangiren der Züge dieser Gesellschaft vorgesehen, jedoch mit der Bestimmung, dass dieses Gleis nicht zum Aufstellen von Wagen benutzt werden darf. Während der Verhandlungen über die Gestaltung der Bahnanlagen trat die kais. Ober-Postdirektion mit dem Wunsche hervor, auf dem neuen Bahnhofsgebiete diejenigen Räume zur Verfügung zu verhalten, die zur Ausführung des umfassendes Hamburger, mit dem Bahnpostdienst in Zusammenhang stehenden Postdienstes erforderlich sind. Es wurde daher beschlossen, ein neues Eisenbahn-Postgebäude in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hauptbahnhof auf dem am „Hühnerposten” belegenen Gelände zu errichten. Da die für den Postdienst bestimmten Gleise bis an dieses Gebäude heranreichen, und da für eine jederzeitige Anfahrt der Briefkarriolen durch eine besondere 15 m breite Anfahrt Sorge getragen wird, auch durch einen besonderen Bahnsteig die unmittelbare Verbindung mit den im Hauptbahnhof befindlichen Eisenbahnzügen hergestellt werden soll, so wird eine den Hamburger Geschäfts-Verhältnissen Rechnung tragende ausserordentlich schnelle Abwicklung des Postverkehrs ermöglicht werden. Das Gebäude wird ein sehr umfangreiches werden, da seine Hauptfront etwa 110 m und die Nebenfront etwa 60 m betragen wird.

Unmittelbar hinter der grossen Ueberführung des Steinthordammes theilen sich die Gleise und zwar gehen in der Richtung nach dem Berlinerthor, also nach Nordosten, in unmittelbarer Nähe der Südostecke des Gewerbeschul-Gebäudes, die Stadtbahn-, die Berliner- und Lübecker-Gleise, und unmittelbar nach dem Süden, über das Gelände des jetzigen Klosterthor und des jetzigen Berliner Bahnhofes, die Gleise nach Cuxhaven, Bremen und Hannover, und endlich die Rangir- und Zufuhrgleise nach dem auf dem jetzigen Berliner Bahnhof einzurichtenden Betriebsbahnhof.

Von der sechsgleisigen Strecke vom Hauptbahnhof nach dem Berlinerthor gehören das erste und vierte Gleis, von Süden aus gerechnet, zur Berliner Bahn, das zweite und dritte zur Lübecker Bahn und das fünfte und sechste Gleis zur Stadtbahn. Am Berlinerthor wird das vierte Gleis (Ferngleis von Berlin) über die beiden Lübecker Gleise geführt. In der Nähe der Hammerbrookstrasse werden aus den Stadtbahngleisen zwei besondere Gleise für den Vorortsverkehr der Berliner Bahn abgezweigt, welche bei dem Berlinerthor die Lübecker-Gleise überschreiten und hinter dem Anckelsmannsplatz in die Berliner Ferngleise einmünden. Diese Berliner Gleise werden weiter stets hochliegend, die vorhandenen Strassen und Wasserläufe mittels Ueberführungen überschreitend, über das Gelände des ehemaligen Niedrigwasser-Beckens und an der Nordseite des Rangirbahnhofes Rothenburgsort entlang geführt, um etwa bei Tiefstack in die alte Berlin-Hamburger Bahn wieder einzumünden. Auf dieser Strecke werden für die Vorortsbahn am Anckelmannsplatz, am Billhornerdeich und unter Umständen bei Tiefstack Stationen für den Personenverkehr eingelegt. Eine getrennte Durchführung dieser Vorortsgleise von den Berliner Gleisen bis Bergedorf bezw. Friedrichsruh bleibt vorbehalten.

Unter der eben genannten sechsgleisigen Bahnstrecke werden für den Münzplatz, für den Fussweg zwischen Norderstrasse und Rosenallee, für den Nagelsweg, für die Hammerbrookstrasse und für den Heidenkampsweg Unterführungen hergestellt werden.

Die Stadtbahn-Gleise und die Lübecker-Gleise werden von dem Berlinerthor bis zu dem neu anzulegenden Bahnhofe Hasselbrook zusammen, von hier aus bis Wandsbeck die Lübecker-Gleise allein fortgeführt. Da vom Berlinerthor aus die Linie der Lübecker Bahn benutzt und die Höhenlage der Gleise nur wenig geändert werden soll, so werden die Strassen-Ueber- und Unterführungen entsprechend verbreitert bezw. nach den oben schon angeführten Grundsätzen verändert, die jetzt bestehenden hölzernen Ueberführungen durch steinerne und die jetzt vorhandenen Niveau-Uebergänge durch Ueber- bezw. Unterführungen ersetzt. Die Stadtbahn erhält auf dieser Strecke am Berlinerthor, an der Landwehr und am Hammer-Steindamm Stationen für den Personenverkehr.

Wie oben erwähnt, gehen hinter der grossen Unterführung des Steinthordammes nach dem Süden die Gleise nach Cuxhaven, Bremen und Hannover, sowie die Zufuhrgleise nach dem Betriebs-Bahnhof gleich mit Steigung ab, um alle Strassen, die gekreuzt werden, in genügender Höhe überschreiten zu können. Hierbei erleidet der grosse Platz zwischen dem jetzigen Klosterthor-Bahnhof und dem Berliner Bahnhof eine grosse Umwälzung. Die Strasse „Bei dem Hühnerposten“ wird nur als Fussweg in einer Breite von 15 m unterführt, dagegen werden die Amsinck-, Spalding- und Bahnstrasse zusammen mittels einer 48 m breiten Unterführung durchgeleitet und von hier über einen grossen Platz nach der Bergdorferstrasse bezw. nach dem Klosterwall geführt. Dann überschreiten die 4 Gleise nach Harburg das Deichthor und den Oberhafen, um über den bisherigen Hannoverschen Bahnhof zur Elbbrücke und dann über die Insel Wilhelmsburg nach Harburg geführt zu werden.

Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg
Die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen in Hamburg (Beilage in grau, farbig im Original)

Die Brücke bei dem Deichthor erhält eine Weite von 30 m, während die über den Oberhafen zu erbauende Brücke eine Doppelbrücke wird, welche oben die 4 hochliegenden Eisenbahngleise und darunter eine Verkehrsstrasse für Fuhrwerk und Personen aufnimmt. Ein Theil dieser Doppelbrücke soll noch ausserdem als Drehbrücke mit zwei freien Durchfahrten von je 14,6 m lichter Weite ausgebildet werden.

Der an der Ecke der Bahnhofstrasse und Deichthor übrig bleibende grosse Platz von 11 500 qm des alten Berliner Bahnhofes wird für Eisenbahnzwecke entbehrlich, er wird daher dem Hamburger Staate unentgeltlich zur Benutzung für städtische Zwecke (etwa Gemüsemarkt) überlassen. Um eine solche Ausnutzung möglichst rationell zu gestalten, soll der anliegende Bahnkörper auf Verlangen mit Kasematten ausgebaut werden. Inbetreff des Güterverkehrs mag noch kurz erwähnt werden, dass vorerst die alten Güterbahnhöfe der Lübecker, der Berliner und der Hannoverschen Eisenbahnen verbleiben, dass ferner westlich von dem bestehenden Rangirbahnhof Rothenburgsort noch ein neuer Güterbahnhof angelegt werden soll, der mit allen 3 genannten Bahnhöfen in Verbindung gesetzt und unter Umständen auch durch ein Gütergleis über die Elbbrücke mit den Bahnhöfen auf der Insel Wilhelmsburg verbunden werden soll. Ferner wird der bestehende Rangirbahnhof der Berliner Bahn bei Rothenburgsort bedeutend erweitert und neben ihm ein weiterer Rangirbahnhof der Lübecker Bahn angelegt und zwar im Anschluss an die ebenfalls auszubauende Güterbahn Wandsbeck-Hasselbrook-Rothenburgsort. Beide Rangirbahnhöfe werden natürlich auch mit den oben genannten Güterbahnhöfen verbunden werden. Während vorerst angenommen war, diese von der Lübecker Bahn zu erbauende Güterbahn von Rothenburgsort nach Wandsbeck tiefliegend anzulegen, ist in den späteren Verhandlungen festgelegt, dieselbe mit hochliegenden Gleisen und vorläufig eingleisig auszubauen; dagegen soll der Grunderwerb gleich für 2 Gleise erfolgen, um diese Bahn für die später anzulegende Güterumgehungs-Bahn Hasselbrook-Barmbeck-Langfelde mit benutzen zu können. Erst mit Erbauung dieser letzteren Güterumgehungs-Bahn wird es möglich sein, den Hauptbahnhof in Hamburg und die Verbindungsbahn von dem grössten Theil der Güterzüge zu entlasten. Nachdem von den maassgebenden Körperschaften die Vorlagen genehmigt worden sind, wird schon in der allernächsten Zeit mit den Bauarbeiten begonnen werden. Während manche Theile der neuen Bauanlagen, wie z.B. die Güterbahn Wandsbeck-Rothenburgsort, die Verbindungsstrecken von Rothenburgsort nach dem Hannoverschen Bahnhofe und die viergleisige Strecke von diesem Bahnhofe nach dem Deichthor und auch die sechsgleisige Strecke vom Münzplatze bis zum Nagelsweg, ohne Störung des auf allen Strecken möglichst aufrecht zu erhaltenden Eisenbahnbetriebes ausgeführt werden können, ist es für viele Theile nur möglich, dieselben stückweise und hinter einander in Ausführung zu bringen. So muss u. a. der Umbau der Verbindungsbahn selbst in zwei Perioden erfolgen. Zunächst werden die beiden nördlichen Gleise dieser Bahn hergestellt und die beiden Bahnhöfe am Dammthor und an der Schanzenstrasse soweit ausgebaut, dass der Betrieb im Herbst 1901 voraussichtlich auf diesen Gleisen eröffnet werden kann. Die Fertigstellung sämmtlicher 4 Gleise wird erst im Herbst 1903 erfolgen. Zu diesem Zeitpunkte ist die Fertigstellung der verlängerten Stadtbahn und die Ueberleitung der Berliner und der Hannoverschen Personenzüge in den Hauptbahnhof ebenfalls zu erwarten.

Da die Herstellung der sogen. sechsgleisigen Strecke vom Hühnerposten bis zum Berlinerthor die Schüttung eines hohen Eisenbahndammes auf dem ohnehin schon beengten Lübecker Personen-Bahnhofe bedingt, so ist es erforderlich, weil dieser Damm erst nach Beseitigung des Güterverkehres der Lübecker Bahn von dem jetzigen Lübecker Personen-Bahnhofe in Angriff genommen werden kann, möglichst sofort mit der Herstellung der Güterbahn von Wandsbeck nach Rothenburgsort zu beginnen. Es ist ferner angenommen, dass es gelingen wird, die Lübecker Personenzüge Oktober 1902 in den Hauptbahnhof einzuführen, dagegen alle Arbeiten auf der sechsgleisigen Strecke bis Oktober 1903 zu beenden. Da inzwischen auch die Stadtbahngleise bis Hasselbrooker Bahnhof fertig gestellt sein werden, so wird es möglich sein, die Stadtbahnzüge bis zu diesem Bahnhofe durchzuführen. Für die Errichtung des Hauptbahnhofes ist es erforderlich, die Verbindung zwischen dem Berliner Bahnhofe und dem Bahnhof Klosterthor zu sperren; zu dem Zwecke wird die Verbindungslinie Rothenburgsort-Hannoverscher Bahnhof sofort ausgeführt, sodass etwa im Oktober 1901 die von Berlin nach Altona durchgehenden Schnellzüge über den Hannoverschen Bahnhof nach dem Klosterthor-Bahnhofe, und so weiter geleitet werden können. Auch die Berliner Güterzüge werden über den Hannoverschen Bahnhof geführt werden, so dass spätestens Oktober 1902 der Berliner Bahnhof gänzlich gesperrt und umgebaut werden kann.

Inzwischen ist auch die Strecke von dem Berlinerthor nach dem Hammerbrook (Tiefstack) für die Berliner Bahn fertig gestellt, sodass im Oktober 1903 die Berliner Züge auf dieser Strecke über den jetzigen Lübecker Bahnhof der sechsgleisigen Strecke nach dem Hauptbahnhofe eingeführt werden können. Unter der Voraussetzung, dass alle die genannten Arbeiten ohne Störung ausgeführt werden können, kann man also annehmen, dass bereits 1903 die Hamburgischen Eisenbahn-Anlagen eine der Bedeutung Hamburgs angemessene Gestaltung erhalten haben werden. Es würde zu weit führen, die durch den Vertrag genau festgesetzte Arbeitstheilung mitzutheilen; es mag genügen hier hervorzuheben, dass man mit Rücksicht auf den besonderen Charakter der auszuführenden Bauaufgabe vereinbart hat, dass nicht unbedingt jede Betriebsstrecke auch von der betriebsführenden Verwaltung ausgeführt werden soll, sondern dass vonseiten der preussischen Eisenbahn-Verwaltung alle Arbeiten ausgeführt werden sollen, die innerhalb des eigentlichen Eisenbahn-Geländes liegen, mit Ausnahme des von dem Hamburgischen Staate zu erbauenden Unterbaues der Gleisstrecke von der Unterführung bei der Esplanade bis zum Ferdinandsthor. Die hier inbetracht kommenden einzelnen Bauwerke sollen durch besondere Vereinbarung festgestellt und verrechnet werden.

Von den Hamburgischen Behörden sind ausser dem oben Angeführten auszuführen die Neuherstellungen und Veränderungen sämmtlicher Strassen und Plätze (einschl. der Bahnhofs-Zufuhrstrassen und Plätze), sowie die erforderlichen Veränderungen aller Siel-, Gas-, und Wasserleitungen und endlich alle provisorischen Anlagen, welche bei dem eigentlichen Bau zur Aufrechterhaltung des Strassenverkehres bedingt sind.

Da seitens des Ingenieurwesens in Hamburg stets auf eine möglichst künstlerische und stilvolle äussere Ausstattung aller in ihrem Bereiche auszuführenden Bauwerke ein sehr grosses Gewicht gelegt wird, so ist hierauf Rücksicht genommen und vertragsmässig durch Typen festgelegt, dass für sämmtliche wichtigere Bauwerke, ihrer Lage entsprechend, eine den jeweiligen örtlichen Verhältnissen Rechnung tragende äussere künstlerische Gestaltung zu wählen ist. Ebenso ist vereinbart, dass zur Erlangung eines Entwurfes des Empfangs-Gebäudes auf dem Hauptbahnhofe ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben werden soll. Hierbei ist dem Hamburgischen Staate die Vertretung im Preisrichter-Kollegium zugesichert und falls keiner der preisgekrönten Entwürfe in seiner architektonischen Gestaltung die Zustimmung der betr. preussischen und hamburgischen Behörden zur Ausführung erhält, soll Hamburg vor Feststellung eines anderweitigen Bauentwurfes über die architektonische Gestaltung gehört werden und es sollen seine Wünsche nach Möglichkeit Berücksichtigung finden. Die Unterhaltung der gesammten fertig. gestellten Bahnanlagen (mit Ausnahme des Hauptbahnhofes, dessen Unterhaltungs-Bedingungen oben angeführt sind) einschliesslich aller Bauwerke zur Ueber- und Unterführung von Strassen, Wegen und Wasserläufen liegt jedesmal derjenigen Eisenbahn-Verwaltung ob, in deren Benutzung sich die betreffende Strecke befindet. Wo Bahnkörper gemeinschaftlich von mehren Verwaltungen benutzt werden, wird von Preussen die Unterhaltung besorgt und die Kosten pro rata vertheilt. Hamburg hat dagegen bei allen Strassenüberführungen für wasserdichte Eisenkonstruktion bezw. Gewölbe zu sorgen und alle Brückentheile oberhalb der Abdeckung zu unterhalten, sowie auch die Unterhaltung, Beleuchtung und Reinigung der Strassenanlagen,einschliessl. der über und unter den Eisenbahn-Anlagen liegenden Strassentheile und Bahnhofsvorplätze zu übernehmen.

Bei der Berechnung der Kostenanschläge der gesammten Umgestaltung ist man von dem Grundsatze ausgegangen, dass zu den Kosten der Eisenbahn-Anlagen auch die Kosten der durch dieselben bedingten Aenderungen an Strassenanlagen einschliesslich der zugehörigen Verlegungen von Sielen, Gas- und Wasserleitungen und sonstigen Nebenanlagen gehören, dass aber die Kosten von Strassenarbeiten, die lediglich eine Verbesserung der städtischen Hamburgischen Anlagen bezwecken, von Hamburg selbst getragen werden. Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten der gesammten Umgestaltung auf rd. 40 Mill. M. veranschlagt worden.

Die Eigenthums-Verhältnisse gestalten sich derart, dass die sechsgleisige Strecke gemeinsames Eigenthum der drei den Vertrag abschliessenden Verwaltungen zu gleichen idealen Antheilen wird. Der Hamburgische Staat bleibt, bezw. wird Eigenthümer der viergleisig auszubauenden Verbindungsbahn von der Altonaer Grenze bis zum Hauptbahnhof und der verlängerten Stadtbahn von dem Berlinerthor bis zum Bahnhof Hasselbrook. Die Lübecker Eisenbahn-Gesellschaft bleibt, bezw. wird Eigenthümerin der zweigleisigen Strecke der Lübeck-Hamburger Bahn vom Berlinerthor bis zum Bahnhof Hasselbrook, ihres alten Güterbahnhofes in Hamburg, des für sie neu anzulegenden Rangirbahnhofes Rothenburgsort, der Verbindungsstrecke zwischen diesem Rangirbahnhof und dem alten Lübecker Güterbahnhofe und endlich der neuen Güterbahn zwischen Wandsbeck und Rothenburgsort. Dafür, dass Hamburg das gesammte Baugelände dieser letzten Bahn der Lübecker Eisenbahn-Gesellschaft unentgeltlich überweist, erwirbt Hamburg für sich, wie auch für Preussen das Mitbenutzungsrecht dieser Güterbahn nach Herstellung der Güterumgehungsbahn von Hasselbrook nach Langfelde. Der preussische Staat bleibt, bezw. wird Eigenthümer von allen übrigen Eisenbahn-Anlagen auf dem ganzen Hamburger Gebiet. Von dem preussischen Staat, wie auch von der Lübecker Gesellschaft werden von dem ihnen bisher zugehörenden Besitz an den Hamburgischen Staat unentgeltlich abgetreten, ausser dem schon oben erwähnten 1140 qm grossen Platz an dem alten Berliner Bahnhofe, alle nicht mehr zu Eisenbahnzwecken erforderlichen, sodann alle zu Strassenanlagen nothwendigen Flächen und endlich noch der dem preussischen Fiskus gehörende grosse Eisenbahn-Zollabfertigungs-Schuppen am Messberge. Während nun bei all diesen Gebietsabtretungen Hamburg in das unbeschränkte Eigenthums-Verhältniss tritt, werden dem preussischen Staate sowie der Lübecker Eisenbahn-Gesellschaft die von Hamburg herzugebenden Flächen nur unter dem Vorbehalt überwiesen, dass dieselben ohne Genehmigung des Hamburgischen Senates nicht zu anderen Zwecken als denen des Eisenbahn-Betriebes verwendet werden dürfen.

Unter Berücksichtigung der vorerwähnten Eigenthums-Bestimmungen werden die Kosten der gesammten Bauanlagen etwa wie folgt vertheilt:

Die Kosten der sogen. sechsgleisigen Strecke vom Hauptbahnhof bis zum Berlinerthor werden, abgesehen von dem Oberbau, von den vertragsschliessenden drei Verwaltungen zu gleichen Theilen getragen. Die Baukosten der Güterbahn zwischen Wandsbeck und Rothenburgsort, die Kosten des Ausbaues des Rangirbahnhofes bei Rothenburgsort für die Lübecker Bahn und endlich die Kosten der Verbindung dieses Bahnhofes mit dem alten Lübecker Güterbahnhof trägt die Lübecker Eisenbahn-Gesellschaft; ferner hat diese Eisenbahn-Gesellschaft dem preussischen Staate von dem Tage der Einführung ihrer Gleise in den Hauptbahnhof an die Summe von 845 000 M, mit 3 ¾ % jährlich zu verzinsen.

Die Kosten der umzubauenden viergleisigen Verbindungsbahn und der verlängerten Stadtbahn bis Hasselbrook trägt Hamburg. Die hierfür verausgabte Summe wird jedoch von Preussen, als Betriebspächterin dieser Bahnstrecke, mit 3 % jährlich verzinst. Alle Bau- und Grunderwerbskosten der aus Anlass der verlängerten Stadtbahn von dem Berlinerthor nach dem Hasselbrook-Bahnhofe vorzunehmenden Veränderungen der Lübecker Bahn mit den dazu erforderlichen Ueber- und Unterführungen trägt Hamburg. Endlich zahlt Hamburg als unverzinslichen und nicht rückzahlbaren Beitrag die Summe von 9 250 000 M. Die gesammten übrigen Kosten zur Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen trägt Preussen. Demgemäss stellen sich die Kosten der Lübecker Eisenbahn-Gesellschaft zusammen auf etwa 3 Mill. M.

Von den Hamburg. Behörden sind dagegen bewilligt:

für den Umbau der Verbindungsbahn4 197 000 M.,
für 1/3 der sechsgleisigen Strecke868 000 M.,
für die verlängerte Stadtbahn von dem Berlinerthor bis zum Hasselbrook Bahnhofe2 325 000 M.,
für den unverzinslichen und nicht rückzahlbaren Beitrag zum Bahnbau9 250 000 M.,
für sonstige Ausgaben, welche nicht verzinst werden und theils noch auf Eisenbahn-Anlagen selbst, theils auf die mit denselben in organischem Zusammenhange stehenden städtischen Anlagen entfallen1 776 000 M.,
für Ausgaben verschiedener Art, wie z.B. Ankauf des Geländes der Güterbahn von Wandsbeck-Rothenburgsort, für Herstellung der Postanlagen an dem Hühnerposten u. dergl. m.1 006 000 M.,
sodass imganzen19 422 000 M.

für die Umgestaltung der Eisenbahn-Anlagen von den Hamburger Behörden hergegeben werden. Es ist nun einleuchtend, dass diese gewaltigen Bauten inmitten der Stadt in das gesammte städtische Bau- und Verkehrswesen in der einschneidendsten Weise eingreifen; es ist daher auch natürlich, wenn bei dieser Gelegenheit Verbreiterungen und Verbesserungen von anliegenden Strassen gleichzeitig vorgenommen werden. Diese also nur im Interesse des baulichen Bestandes der Stadt vorzunehmenden Verbesserungen können aber den Eisenbahn-Verwaltungen nicht wohl zur Last gelegt, sondern müssen von der Stadt Hamburg allein getragen werden. Für diese umfangreichen städtischen Aptirungsarbeiten sind daher von den Hamburger Behörden noch 4 860 000 M. bewilligt.

Zum Schluss möge noch erwähnt werden, dass seitens der Hamburgischen Behörden eine ständige Kommission eingesetzt ist, die zu einer gedeihlichen Förderung der Arbeiten auf ein stetiges Einvernehmen der betheiligten Verwaltungen hinzuarbeiten hat. Sie soll ferner den Eisenbahn-Verwaltungen die Ueberwindung örtlicher Schwierigkeiten erleichtern und den Verkehr mit den Hamburger Behörden vermitteln. Als berathendes Mitglied dieser Kommission ist der Oberingenieur F. A. Meyer ernannt, der zugleich zur Erledigung der technischen Fragen mit den Eisenbahn-Verwaltungen die erforderliche Vertretung der Hamburgischen Behörden zu übernehmen hat. Während von den betheiligten Verwaltungen die vorstehend beschriebenen Entwürfe der Eisenbahn-Umgestaltung berathen und ausgearbeitet wurden, traten die Hamburgischen Behörden, wie schon oben angedeutet, zu gleicher Zeit den übrigen Verkehrsfragen und insbesondere der Frage der Vorortsbahnen näher. Bei der Ausarbeitung der Stadterweiterungs-Pläne wurde, ausser der Stadtbahn nach Hasselbrook und der verlängerten Bahn nach dem neuen Zentral-Friedhof Ohlsdorf ein ganzes System von Vorortsbahnen festgelegt; man war bei den Verhandlungen immer darauf bedacht, dieses Kleinbahn-System mit den übrigen Eisenbahn-Anlagen in Einklang zu bringen.

Es werden also nach Fertigstellung der nunmehr genehmigten Entwürfe die Eisenbahn-Verkehrsverhältnisse in der Stadt selbst sich so gestalten, wie sie der Jetztzeit und einer Grosstadt, wie sie Hamburg ist, in jeder Hinsicht entsprechen. Es sind ferner durch die Festlegung der Vorortsbahnen die späteren Verkehrs-Entwicklungen nach aussen hin in der vorsorglichsten Weise auf lange Jahre hinaus gesichert.

Wenn nun Hamburg auch lange hat warten müssen, bis seine Eisenbahn-Verhältnisse, den berechtigten Ansprüchen der Neuzeit folgend, verbessert wurden, und wenn auch diese Verbesserungen von der Stadt recht theuer erkauft werden müssen, so leuchtet aber doch ein, dass Hamburg stolz sein kann, dass es nicht den kleinsten Theil dieser Verbesserungen sich selber und der Intelligenz und Rührigkeit seiner Bürger zu verdanken hat. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 13. & 20.05.1899 in der Deutsche Bauzeitung.