Der Entwurf der „Wienzeile“ von Schönbrunn bis zum Stadtparke in Wien

Von Prof. Karl Mayreder. In weiterer Folge des allgemeinen Wettbewerbes zur Erlangung eines General-Regulirungsplanes von Wien beschloss der Wiener Gemeinderath im September v. J. die Bildung eines eigenen Büreaus als Bauamtsabtheilung, dem er die Aufgabe zutheilte, die Stadtplan-Aufnahme von Wien zu vervollständigen und einen General-Regulirungsplan anzufertigen, welcher zur endgiltigen Feststellung und Durchführung sich eigne.

Dieses Büreau hat weiters auch die mittlerweile nothwendig werdenden Baulinien- und Niveaupläne zu verfassen und die bezügl. Anträge zu stellen.

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Die Leitung dieses Büreaus wurde dem Stadtbaudirektor, Oberbaurath F. Berger übertragen und als Büreauvorstand der städtische Baurath R. Winkler bestellt. Für die Ausführung der Arbeiten beschloss man die Berufung eines Architekten und schrieb zu diesem Zwecke eine allgemeine Bewerbung aus mit besonderer Einladung an die preisgekrönten Theilnehmer der Konkurrenz. Von den eingelangten 11 Angeboten wurde dasjenige des Verfassers dieser Mittheilungen angenommen und mit demselben ein Vertrag auf die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen. Als Hilfskräfte erhielt er 9 für Zeichnungs- und Vermessungsarbeiten fähige jüngere Beamte beigegeben, welche zumtheil dem Stadtbauamte entnommen wurden und von denen besonders Ingenieur H. Goldemund zu nennen ist, der seine besondere Befähigung u. a. durch Erlangung des 2. Preises bei dem Wettbewerb für die Regulirung des Wiener Stubenviertels erwiesen hat.

Zum Behufe einer eingehenden Berathung über die bei Durchführung der Arbeiten für den festzustellenden General-Regulirungsplan zu beobachtenden Grundsätze wurde ein Ausschuss, bestehend aus 5 Mitgliedern des Gemeinderaths gewählt, welcher berechtigt ist, sich durch sachverständige Gutachter (Mitglieder des Gemeinderaths oder ausserhalb desselben stehende Fachmänner) zu verstärken.

Das neue Büreau trat am 19. November v. J. in Wirksamkeit und übernahm als erste Arbeit die Aufstellung eines einheitlichen Regulirungsplanes für die vom Wienflusse durchschnittenen Stadttheile; eine Aufgabe, welche deshalb besonders dringlich war, weil der Bau der Wienthallinie des Stadtbahnnetzes und die Regulirung des Wienflusses baldigst in Angriff genommen werden sollten.

In dem oberen Gebiete, zwischen dem kaiserlichen Lustschlosse „Schönbrunn“ und dem Punkte, wo der Fluss das Gebiet der „Innern Stadt“ trifft, d. i. bis zum heutigen Schikanederstege, waren sogar die Einzelpläne für den Bahnbau und für die Flussregulirung bereits genehmigt und theilweise auch schon die „politischen“ Begehungen vorgenommen worden. Die Führung der „Wienzeile“, dieses mächtigen Strassenzuges, der sich durch die gänzliche Einwölbung des Wienflusses und der Bahn innerhalb des Stadtgebietes einst ergeben würde, war dadurch in dieser Strecke der Hauptsache nach bereits festgestellt und es konnten mit Rücksicht auf eine ästhetische Ausgestaltung der Zeile nur kleine Verschiebungen der Tracen beantragt werden. Auch ist durch mehre neu errichtete Zinshäuser, sowie durch den theilweise fertig gestellten rechtsseitigen Sammel-Unrathskanal die Freiheit der Planung einigermaassen beschränkt gewesen. Anders verhält sich die Sache mit der weitaus wichtigeren unteren Strecke, die sich bis zum Stadtparke zieht, und wo die Führung von Bahn und Fluss unentschieden geblieben war, so dass in diesem Stadttheile jene Tracen erst durch das Regulirungsbüreau bestimmt wurden.

Der Bebauungsplan für beide Strecken wurde in jenem Büreau durch den Verfasser im Einvernehmen mit dem Stadtbaudirektor und Ausschuss des Gemeinderathes ausgearbeitet. Dieser Ausschuss veranlasste nach Fertigstellung der Pläne eine Begutachtung derselben durch hervorrarende heimische Fachmänner, wie er auch die k. k. Zentral-Kommission für Kunst- und historische Denkmale um ihre Wohlmeinung bezüglich des künstlerisch wichtigsten Plantheiles, d. i. der Umgebung der Karlskirche, befragte. Nachdem sowohl jene Sachyerständigen wie auch die Zentral-Kommission den Plan einstimmig gebilligt hat derselbe am 20. Juni d. J. nach erfolgter Einvernahme des derzeitigen „Beirathes‘ vom k. k. Bezirkshauptmann Dr. v. Friebeis, dem einstweiligen Leiter der Wiener Gemeinde-Angelegenheiten, genehmigt. Hierdurch ist nunmehr die Möglichkeit geboten, die Einzelpläne für die Wien-Regulirung und die Wienthal-Bahnlinie auch in Theilen fertig zu stellen, so dass jene Arbeiten in ihrer Vollendung entgegengeführt werden können.

Abbildg. 4 – Alter Zustand
Abbildg. 5 – Lageplan der Wienzeile

In der ganzen Strecke oberhalb des Schikanedersteges wird die Stadtbahn im Untergrunde und gekuppelt mit dem regulirten Wienflusse geführt und die Anlage derart getroffen werden, dass je nach Bedarf Fluss oder Bahn oder beide Einschnitte zugewölbt werden können. Auf die Ausgestaltung des Lageplanes für diesen Strassenzug soll hier nicht näher eingegangen werden. Sein Querprofil ergab sich aus der Annahme, dass während des Uebergangs-Zustandes zu beiden Seiten des offenen Einschnittes seitliche Fahrstrassen mit je 5 m breiten Trottoirs längs der Häuser und 2 m breiten Wiesenstreifen mit Baumreihen längs der Brüstungen angelegt werden sollen, während ihre Fahrbahnen, je nach den örtlichen Verhältnissen eine Breite von 6-12m erhalten. Bei eingewölbtem Flusse ergäbe sich noch eine Geh-Allee und mittlere Fahrbahn; deckt man auch die Eisenbahn, überdies eine Allee für Sportzwecke. Die beigefügte Abbildg. 1 zeigt das Querprofil an einer der schmalsten, Abbildg. 2 dasjenige an einer der breitesten Stellen, wobei der erste Uebergangs-Zustand (mit offenen Einschnitten) durch volle Linien, der zweite (mit gedecktem Flusse und offener Bahn) durch punktirte Linien angedeutet ist.

Die Ausgestaltung der Strecke unterhalb des Schikanedersteges bis zur Tegetthoff-Brücke, deren gegenwärtigen Bestand Abbildg. 4 zeigt, ist auf dem Lageplan Abbildg. 5 sowie in den Abbildg. 6 u. 7 dargestellt. Der Verfasser hat dieselbe bei Einreichung des Baulinien-Antrages durch einen eingehenden Bericht begründet, aus dem ein Auszug hier folgen mag.

Abbildg. 1 – Querprofil zwischen der Fall- und Brückengasse (1 : 600)
Abbildg. 2 – Querprofil zwischen der Kettenmühlen- und Heumühlgasse (1 : 600)
Abbildg. 3 – Querprofil bei der Handelsakademie (1 : 600)

Die geplanten Anordnungen, welche auf dem Konkurrenz-Entwurfe der Brüder Mayreder fussen und eine Mitverwendung der heutigen Lothringer Strasse bedingen, sehen auch hier eine Kuppelung des Wienflusses und der im Untergrunde geführten Stadtbahn vor, die jedoch sowohl aus verkehrstechnischen wie aus künstlerischen Gründen sofort einzuwölben wären. Die hierdurch herzustellende boulevardartig ausgestattete „Zeile“ wäre in ihrem ersten, 45 m breiten, von der Kärnthner Str, bis zum Musikvereins-Gebäude reichenden Theile durch einen 4 m breiten gepflasterten „Rettungsstreifen“ (vergl. Abbildg. 3), in ihrem zweiten 60 m breiten, bis zum Stadtpark reichenden Theile durch eine 20 m breite Gartenanlage in eine innere Fahrbahn für den Luxus-Verkehr und in eine Äussere Fahrbahn für den Lastenverkehr zu theilen. Der letztere würde seinen Weg bis zum Schwarzenberg-Platz und von da zwischen Block VIII und X zum Heumarkt nehmen oder schon zwischen Block VI und VIII zur Technikerstr. und Heugasse abschwenken können.

Hierbei ergeben sich im Anschlusse an die vorhandenen möglichst zu schonenden Verhältnisse 3 grosse mit der Wienzeile zusammenhängende Plätze, die – von einander getrennt – zu selbständiger künstlerischer Wirkung kommen würden.

1. Der Platz vor der Technischen Hochschule mit dem Vorplatze der Karlskirche. Derselbe erstreckt sich (einschl. des betreffenden Theiles der Wienzeile) vom Künstlerhause bis zur Technischen Hochschule einerseits, von der verläng. Kärnthner Str, bis zur Karlskirche andererseits und umfasst einen Flächenraum von ungefähr 60 000 qm.

Der Wiener Rathhausplatz misst bei einer um 40 m grösseren Tiefe 80 000 qm, die ganz gepflasterte Place de la Coneorde in Paris rd. 79 000 qm.

Es ist von verschiedenen Seiten (u. a. von Stübben auf S. 133, Jahrg. 94 d. Bl.) hervorgehoben worden, dass die ihm gegebenen Abmessungen zu gross seien, um einen künstlerischen Eindruck zu verbürgen. Der Augenschein lehrt indessen schon jetzt, dass diese Annahme eine irrige ist. Die Karlskirche kommt von der Lothringer Str. her zu mächtigster Wirkung und auch die Technische Hochschule wird sich genügend behaupten, sobald sie um ein Geschoss erhöht sein wird; zu berücksichtigen ist vor allem, dass der Platz durch die beiden Häusergruppen Block IV und Block VI einen kräftigen seitlichen Abschluss erhält. Wesentlich ist es auch, dass dem Platze in sich selbst eine gewisse Gliederung dadurch zutheil wird, dass der gegenwärtig zwischen der Lothringer Str. und dem Ressel-Park (vor der Techn. Hochschule) bestehende Höhenunterschied von durchschn. 1,5 m nicht ausgeglichen wird, sondern in einer längs der äusseren Fahrbahn der Wienzeile geführten von einer Ballustrade gekrönten Terrassenmauer sich ausspricht (m. vergl. das Querprofil Abbildg. 3). Hierdurch wird es zugleich möglich, die vorhandenen Anlagen des (von 18 000 qm auf 30 000 qm zu vergrössernden) Resselparks im wesentlichen zu erhalten. Auf der erwähnten Ballustrade, die erwünschte gelegneheit giebt, die für die im Untzergrund liegende Stadtbahn-Haltestelle „Kärthener Strasse“ nothwendigen Lichtschachte unauffällig zu machen, sollen die schönen Standbilder der jetzigen Elisabethbrücke einen neuen würdigen Aufstellungsort finden. Das z. Z. Vor der Techn. Hochschule stehende Ressel-Denkmal ist allerdings zu unscheinbar, als dass es unter den neuen Verhältnissen sei Platz behalten könnte. Der letztere würde für ein mächtigeres, reich gestaltetes Denkmal etwa des für die Entwicklung Wiens so bedeutsamen Kaisers Karl VI. – zu bestimmen, jenem eine andere Stelle anzuweisen sein.

Abbildg. 7 – Entwurf zu der Platzanlage vor der Karlskirche

Ganz besonderer Werth ist darauf gelegt worden, die Erscheinung der Karlskirche – des Meisterwerks von Fischer v. Erlach und der bedeutsamsten Schöpfung, welche u deutsche Barock überhaupt hervorgebracht hat – zu einer möglichst günstigen zu machen. Hierbei gilt es ebenso, die vorhandenen Fernsichten auf dasselbe zu erhalten, wie seine durch die unpassende und vernachlässigte Umgebung z. Z. stark beeinträchtigte Wirkung in der Nähe durch entsprechende Anordnungen zu steigern.

Der erste Gesichtspunkt hat neben dem Wunsche auf Erhaltung der z. Z. dort vorhandenen Gartenanlagen am meisten dazu beigetragen, das Gelände zwischen der Lothringer und der Techniker Str. fast in ganzer Ausdehnung als einen einheitlichen Platz zu gestalten. Aus den Mündungen der Opern- und Nibelungen-Gasse, der Kärnthner- und Akademie-Str., sowie der Künstler-G. kann man nach wie vor das bewegte Umrissbild der Karlskirche erblicken.

Abgesehen von dem oberen Theile der Friedrichstr. wird nur eine einzige Fernsicht auf das Bauwerk, diejenige aus der Canova-Gasse, beseitigt – allerdings diejenige, durch welche dasselbe z. Z., wenn auch nur mangelhaft, von der Ringstrasse aus gesehen werden kann. Die Bedeutung dieses letzten Moments wird jedoch wesentlich geringer, wenn erst die Wienzeile als vornehme und verkehrsreiche Strasse besteht; im übrigen muss es vor dem Gewinn, der durch die geplante Anlage eines Vorplatzes vor der Karlskirche für die Nahwirkung des Baudenkmals erzielt wird, unter allen Umständen zurücktreten.

Die aus sorgfältigen und gewissenhaften Studien hervorgegangene, von den zugezogenen Sachverständigen nach eben so sorgfältiger Prüfung gut geheissene Anordnung dieses Vorplatzes wird durch die Abbildg. 6 und 7 veranschaulicht. Zweck derselben ist es, die Kirche durch 2 neben ihr hervortretende, kulissenartig wirkende Gebäudegruppen von symmetrischer Gestalt mit einem ruhigen monumentalen Rahmen zu umschliessen und sie dadurch zum dominirenden Mittelpunkte eines einheitlichen Architekturbildes zu machen. Auf der rechten (westlichen) Seite der Kirche war die Form jener Gebäude-Kulissen dadurch vorgezeichnet, dass die Karls- und Allee-Gasse in ihrer Ausmündung unverändert bleiben sollten. Das um ein Geschoss zu erhöhende Gebäude der Technischen Hochschule wird bis zur Karlsgasse fortgeführt und erhält an der Ecke derselben einen mit einem Mansarddache bekrönten Pavillon – entsprechend denjenigen, welche die alte Fassade des Hauses einschliessen. Das Eckhaus zwischen Alleegasse und Karlsgasse wird – um nicht mit den Seitenpavillons der Kirche in Konkurrenz zu treten – auf eine Frontbreite von 15 m gebracht und mit einem schlichten, ruhig wirkenden Dache abgeschlossen. Auf der linken (östlichen) Seite der Kirche bilden die dem Platze zugekehrten Fronten der neuen Baublocks VI. und VII. das symmetrische Gegenstück und erhalten eine den gegenüber liegenden Gruppen im Umrissbilde verwandte Architektur. Selbstverständlich müssen die Geschosshöhen dieser Häuser ebenso gesetzlich festgelegt und ihre Fassaden-Bildungen ebenso gewissen Beschränkungen unterworfen werden, wie dies bei den Wohnhäusern in der Umgebung der Votivkirche und des Rathhauses geschehen ist. Dass die Wirkung der Kirche durch diese Umbauung nicht geschädigt, sondern gehoben werden wird, darf mit Sicherheit angenommen werden. Ans dem (nicht zu vermeidenden) Umstande, dass die Seitenwände des Platzes etwas nach rückwärts divergiren – eine Anordnung, die bekanntlich auch der Petersplatz in Rom zeigt – kann sich nur der Eindruck ergeben, dass die Kirche dem Blicke etwas näher gerückt erscheint.

Abbildg. 6 – Entwurf zu der Platzanlage vor der Karlskirche

Zu der Erhöhung, welche der Wirkung der letzteren in Aussicht steht, wird übrigens auch die in künstlerischer Ausnutzung des Niveau-Unterschiedes vor ihr geplante Terrasse wesentlich beitragen. Sie erhält bei einer Breite von 75 m eine Tiefe von 45 m und wird durch eine breite Freitreppe von 8 Stufen erstiegen, während weitere 4 Stufen von ihr bis zum Kirchenplanum empor führen. Reicher plastischer Schmuck ist ihr zugedacht. In der vorliegenden Skizze sind auf der Terrassenfläche selbst zwei monumentale Brunnen (a) an den 4 Ecken der grossen Treppenzugänge die Standbilder der 4 Evangelisten (b), an den beiden vorderen, in der Strassenaxe liegenden Ausbuchtungen (c) kleinere Laufbrunnen geplant, über welchen sich – in Verwerthung einer von Hrn. Oberbrth. Otto Wagner in seinem preisgekrönten Konkurrenz – Entwurfe gegebenen Anregung – hohe Figurengruppen, etwa die Segnungen der Religion und Wissenschaft darstellend, erheben könnten.

2. Der Platz vor dem Schwarzenberg-Palais. Symmetrisch nach der Axe des Schwarzenberg-Platzes gestaltet und den schönen Blick von der Ringstrasse auf das Palais wahrend, ist die Anlage derart angeordnet, dass auch die Einmündung der heutigen Verkehrslinien, Heugasse und Rennweg und die Verbindung der beiden Bezirke Landstrasse und Wieden, knapp vor der Palais-Terrasse erhalten bleiben. Obgleich eine Auflassung der Heumarkt-Kaserne vorläufig noch nicht in Aussicht steht, so musste doch auf die künftige Verwerthung des von ihr eingenommenen Geländes Rücksicht genommen werden; die Eintheilung desselben hat sich durch eine Verlängerung der Neuling-, Traun- und Oetzeltgasse ergeben. Auf der westlichen Seite soll die Gusshaus-Strasse bis zum Platze durchgelegt werden. Auf den seitlichen Erweiterungen des letzteren könnten gegebenen Falls kleinere Denkmäler aufgestellt werden, während für die monumentale Ausgestaltung des grossen, den Hochstrahl-Brunnen umschliessenden Wasserbeckens vielleicht die interessanten Entwürfe der Prof. Tilgner und Weyr heranzuziehen wären. Selbstverständlich wäre für eine Bebauung der den Platz einschliessenden Baublöcke in einheitlichem Sinne Sorge zu tragen.

3. Der an den Beethoven-Platz anschliessende Platz. Auf der Strecke zwischen der Pestalozzi- und der Johannes-Gasse ist auf der äusseren Seite der Zeile ein dritter Platz vorgesehen, der in dem Lageplane als „Sängerfest- und Eislauf-Platz“ bezeichnet ist und verschiedene, den Zwecken der Kunst, der Leibesübung und des Vergnügens dienende Gebäude aufnehmen soll. Die letzten müssen so gestellt werden, dass sie symmetrisch zu der Axe des auf der inneren Seite der Zeile liegenden Beethoven-Platzes sich ordnen, weil die Anlage mit diesem und dem dazwischen liegenden, mehr gartenartig zu behandelnden Theile der Zeile ein Ganzes bilden soll.

Hinter der Johannesgasse, am Stadtpark findet die neue Strassenanlage ein Ende; die Wien verlässt den überwölbten Kanal, in dem sie bis dahin geleitet worden ist und erhält wieder ein offenes Bett, dessen terrassirte Ufer in die Parkanlagen einbezogen sind. Die Stadtbahn verlässt die Richtung des Flusses und wird unterhalb des sog. Kinderparkes in schlanker Wendekurve nach der in den Untergrund zu verlegenden Station „Hauptzollamt“ geführt. Am Eingange des Stadtparks ist vor der äusseren Strasse der Wienzeile noch eine Haltestelle „Johannesgasse“ geplant, der vor der inneren Strasse in einer Eingangshalle zum Park ein Gegenstück gegeben werden soll. In der Mitte zwischen beiden Gebäuden, die vielleicht mit einer Brunnen-Anlage zu schmücken wäre, soll der Blick auf die Wienufer frei gehalten werden.

Zum Schlusse ist noch einiger Veränderungen zu gedenken, die in den an den Anfang der Strecke angrenzenden Stadtquartieren geplant sind.

Auf dem rechten Wienufer, der Wiedener Seite, handelt es sich um die künftige Verwerthung des grossen Geländes, das zurzeit von dem Freihause eingenommen wird. Hier ist von dem Schnittpunkte der Margarethenstr. mit der Schleifmühlengasse eine Abschwenkung der ersten in der Richtung auf den Schikanedersteg in Aussicht genommen, durch welche es ermöglicht würde, den grossen Verkehr derselben nicht mehr in die ohnehin stark belastete Wiedener Hauptstrasse, sondern über der überwölbten Wien, unmittelbar in die Operngasse zu leiten. Die Mühlgasse ist mit der Mühlbachgasse verbunden, die Paniglgasse bis zur Wienstrasse durchgeführt. Der grosse Baublock zwischen der Wiedener Hauptstrasse und der verlängerten Margarethenstrasse bezw. zwischen den westlichen Verlängerungen der Paniglgasse und der Technikerstrasse würde zur Anlage einer von Zinshäusern umschlossenen Markthalle sich eignen, könnte aber auch durch eine Längsstrasse aufgetheilt werden. Der nördlich vom Freihause liegende Naschmarkt wird mit dem Baublock IV überbaut, der den westlichen Abschluss des grossen Platzes vor der Technischen Hochschule bildet.

Auf dem linken Wienufer, der Mariahilfer Seite, soll der östliche Theil des Getreidemarktes so abgeschwenkt werden, dass der Lastenverkehr von diesem Platze aus besser in die Aussere Strasse der Wienzeile übergeleitet werden kann. Durch diese Anordnung, welche in drei verschiedenen Lösungen geplant ist, wird auch hier ein neuer, zur Errichtung eines öffentlichen Gebäudes geeigneter Baublock (III des Lageplanes, Abbildg. 5) gewonnen, der für das städtische Museum in Aussicht genommen ist.

Soweit – in freier Behandlung – der wesentliche Inhalt des oben erwähnten Berichts. Stellt man sich die zukünftige Ausgestaltung des ganzen neuen Strassenzuges vor, wie sich derselbe, 5,5 km lang und 60-90 m breit, in mächtigen Krümmungen von Schönbrunn bis zum Stadtparke zieht, getheilt in mehre bequeme Fähr- und Gehstrassen, geschmückt mit Alleen, Gartenanlagen und Denkmälern, unterbrochen von vornehmen Einsteighallen zur Untergrundbahn und verbunden mit einer Reihe verschiedener, zumtheil grossartigster Plätze – alles belebt von einer tausendköpfigen geschäftigen Menge zu Fuss und zu Wagen – so darf man wohl hoffen, dass sich diese „Wienzeile“ trotz aller Schwierigkeiten einst zu einer der interessantesten und grossartigsten Strassen entwickeln werde.

Dieser Artikel erschien zuerst am 17.08.1895 in der Deutsche Bauzeitung.